Vorgeworfener Verstoß:
Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 30 km/h
System zur Messung:
Zeugen, Angaben des Betroffenen
Bearbeitende Behörde:
Polizeipräsidium Rheinpfalz
Datum:
10.10.2017
Sachverhalt & Ergebnis
Unserem Mandaten wurde vom Polizeipräsidium Rheinpfalz vorgeworfen, am 10.10.2017 in Kirchen, Siegtalstraße die dort zulässige Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften von 50 km/h um 30 km/h überschritten zu haben. Die Beweismittel in diesem Fall waren die Zeugenaussagen der Polizeibeamten sowie die Angaben des Betroffenen.
Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren mit Fahrzeug mit ungeeichtem Tachometer
Bei einer Geschwindigkeitsmessung ohne geeichten bzw. justierten Tachometer und ohne Fotodokumentation, wie im vorliegenden Fall, wird aus der am ungeeichten Tachometer abgelesenen Eigengeschwindigkeit des Messfahrzeugs auf die Geschwindigkeit des überwachten Fahrzeugs geschlossen. Dieses Verfahren ist äußerst fehleranfällig, da nicht nur die Eigengeschwindigkeit des ungeeichten und nicht justierten Tachometers deutlich von der tatsächlichen Geschwindigkeit abweichen kann, sondern auch Abstandsveränderungen berücksichtigt werden müssen, die mangels fotografischer Dokumentation jedoch nicht mehr objektivierbar sind. Aufgrund der Fehleranfälligkeit dieses Verfahrens setzt dies sowohl eine längere Messtrecke als auch die Einräumung großzügiger Fehlertoleranzen voraus.
Nach einhelliger Rechtsauffassung eignet sich die Messmethode für die Geschwindigkeitsermittlung innerhalb geschlossener Ortschaften daher nicht. Der Einsatz ungeeichter Messgeräte für die amtliche Überwachung des Straßenverkehrs ist im übrigen gem. § 25 Abs. 1 Nr. 3 EichG verboten. Den Belangen des Betroffenen ist daher bei Geschwindigkeitsmessungen mit einem ungeeichten Tachometer durch die Vornahme eines hohen Sicherheitsabschlags Rechnung zu tragen.
Im Bundesland NRW soll die Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren nur mit geeichtem oder justiertem Tachometer erfolgen. Voraussetzung ist weiterhin, dass ein annähernd gleicher Abstand zu dem überprüften Fahrzeug eingehalten wird, der 50m bei Geschwindigkeiten bis zu 90 km/h und 100m bei Geschwindigkeiten über 90 km/h betragen muss. Die Nachfahrstrecke muss bei Geschwindigkeiten bis zu 90 km/h mindestens 500m betragen. Erfolgt die Messung mit einem nicht justierten Tachometer, so sind von der abgelesenen Geschwindigkeit 10 % des Skalenwertes des Messfahrzeugs sowie weitere 15 % der abgelesenen Geschwindigkeit als Messtoleranz abzuziehen.
Nach der überwiegenden obergerichtlichen Rechtsprechung kann eine Geschwindigkeitsüberschreitung durch Hinterherfahren auch mittels eines Fahrzeugs mit einem ungeeichten Tacho festgestellt werden, wenn bei guten Sichtverhältnissen der Abstand zwischen vorausfahrendem Fahrzeug und Messfahrzeug nicht mehr als der angezeigte Tachowert beträgt, der Abstand ungefähr gleichbleibend ist und die Nachfahrstrecke mindestens den fünffachen Abstand beträgt. Es ist dann ein Sicherheitsabschlag von mind. 20% des abgelesenen Wertes vorzunehmen, um alle denkbaren Fehlerquellen und Ungenauigkeiten auszuschließen (OLG Hamm, Beschluss vom 07.02.2013, Az.: III-1 RBs 5/13). Es darf zudem ein Messabstand von nicht mehr als 100 m vorliegen.