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Verjährungsunterbrechende Wirkung einer vorläufigen Verfahrenseinstellung

Oberlandesgericht Brandenburg – Az.: 2 OLG 53 Ss-OWi 414/22 – Beschluss vom 27.10.2022

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Lübben (Spreewald) vom 14. Juni 2022 aufgehoben.

Das Verfahren wird auf Kosten der Staatskasse, der auch die notwendigen Auslagen des Angeklagten zur Last fallen, eingestellt.

Zusammenfassung

Das Oberlandesgericht Brandenburg hat in einem Beschluss die Einstellung eines Bußgeldverfahrens angeordnet. Der Betroffene hatte eine Geldbuße und ein Fahrverbot wegen Geschwindigkeitsüberschreitung außerorts erhalten. Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen führte zur Einstellung des Verfahrens wegen Eintritts der Verfolgungsverjährung. Die dreimonatige Verjährungsfrist wurde unterbrochen, aber es kam bis zum Erlass des Bußgeldbescheids nicht zu einer weiteren wirksamen Unterbrechung. Eine vorläufige Verfahrenseinstellung hat die Verjährung nicht wirksam gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 OWiG unterbrochen.

  • Das Bußgeldverfahren wegen Geschwindigkeitsüberschreitung außerorts wurde eingestellt.
  • Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen führte zur Einstellung des Verfahrens wegen Eintritts der Verfolgungsverjährung.
  • Die dreimonatige Verjährungsfrist aus § 26 Abs. 3 StVG wurde unterbrochen.
  • Eine vorläufige Verfahrenseinstellung hat die Verjährung nicht wirksam gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 OWiG unterbrochen.
  • Die Verjährungsfrist begann mit Vollendung der dem Betroffenen vorgeworfenen Tat vom 28. August 2021 zu laufen.
  • Es kam bis zum Erlass des Bußgeldbescheids nicht zu einer weiteren wirksamen Unterbrechung.
  • Die Kosten des Verfahrens tragen die Staatskasse und der Betroffene.

Gründe

I.

Das Amtsgericht Lübben (Spreewald) verhängte gegen den Betroffenen mit Urteil vom 14. Juni 2022 wegen vorsätzlicher Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit außerorts eine Geldbuße in Höhe von 580 € und ein Fahrverbot von einem Monat.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der mit näheren Ausführungen zur Verfolgungsverjährung die Verletzung materiellen Rechts gerügt wird.

Die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg beantragt, das Verfahren wegen eingetretener Verjährung einzustellen.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Sie führt zur Einstellung des Verfahrens (§ 260 Abs. 3 StPO, § 79 Abs. Abs. 3 Satz 1 OWiG) wegen Eintritts der Verfolgungsverjährung (§ 31 Abs. 1 Satz 1 OWiG).

Die dreimonatige Verjährungsfrist aus § 26 Abs. 3 StVG, die mit Vollendung der dem Betroffenen vorgeworfenen Tat vom 28. August 2021 zu laufen begann, wurde zunächst durch die Anordnung der Anhörung des Betroffenen vom 28. September 2021 unterbrochen (§ 33 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 OWiG). Zu einer weiteren wirksamen Unterbrechung der Verjährung ist es sodann jedoch bis zum Erlass des Bußgeldbescheides am 30. Dezember 2021 nicht gekommen, so dass Verjährung eingetreten ist.

Die in der Vorgangsübersicht (Bl. 12 d.A.) dokumentierte Anordnung der vorläufigen Einstellung des Verfahrens (03.11.2021 13:37:42), die sogleich wieder aufgehoben worden ist (03.11.2021 13:38:12), hat die Verjährung nicht wirksam gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 OWiG unterbrochen.

Dabei kann offenbleiben, ob im Hinblick auf die gebotene Verfahrensfairness eine vorläufige Verfahrenseinstellung die Verjährung auch dann unterbricht, wenn ein verschuldeter behördlicher Irrtum zu Grunde lag (verneinend Senat, Beschl. v. 29. März 2005 – 2 Ss 51 Z/05, NZV 2006, 100; a.A. OLG Bamberg, Beschl. v. 18. April 2007 – 2 Ss OWi 1073/06, NStZ 2008, 532; Göhler/Gürtler/Thoma, OWiG 18. Aufl. § 33 Rn. 27; König NZV 2008,105, 106). Auch liegt der Anordnung der vorläufigen Einstellung des Bußgeldverfahrens entgegen der von der Generalstaatsanwaltschaft vertretenen Auffassung kein „objektiv und subjektiv willkürliches“ Vorgehen zugrunde, das eine Unterbrechungswirkung ausschließen würde (vgl. hierzu Göhler/Gürtler/Thoma, aaO.), denn die – insoweit auch dokumentierte („unzustellbar“, Bl. 12 d.A) – Grundlage für die Einstellung war ersichtlich der Rückbrief des (zusätzlich auch) an eine Geschäftsadresse des Betroffenen versandten Anhörungsschreibens (Bl. 20 d.A.). Ferner genügte zur Dokumentation der vorläufigen Verfahrenseinstellung entgegen der von der Verteidigung vertretenen Auffassung der aktenkundige Ausdruck der „Vorgangshistorie“ (vgl. Senat, Beschl. v. 15. Juli 1998 – 2 Ss [OWi] 74 Z/98; OLG Hamm, Beschl. v. 13. November 2006 – 4 Ss OWi 647/06; BGH, Beschl. v. 22. Mai 2006 – 5 StR 578/05, jeweils zit. nach Juris).

Allerdings bestand hier für eine vorläufige Einstellung des Verfahrens von vornherein keinerlei Veranlassung, weil die vollständige und zutreffende Anschrift des Betroffenen aktenkundig und sein tatsächlicher Lebensmittelpunkt nicht zweifelhaft waren. Die insoweit ersichtlich fehlgehende Übersendung eines Anhörungsschreibens an eine weitere Adresse und die im Anschluss daran getroffene Anordnung einer Verfahrenseinstellung erstrebte subjektiv die Merkmale der Unterbrechungshandlung – einer wirklichen Ermittlung des Aufenthaltes im Sinne von § 33 Abs. 1 Nr. 5 OWiG – nicht; bei dieser Sachlage ist für die Annahme einer verjährungsunterbrechenden Wirkung der Einstellung bzw. Anordnung der Aufenthaltsermittlung kein Raum (vgl. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 6. März 2000 – 2 Ss 163/98, zit. nach Juris).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 Abs. 1 OWiG, § 467 Abs. 1 StPO.

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