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Rechtmäßigkeit polizeilicher Anordnung zur Blutuntersuchung nach § 81a Abs. 2 Satz 2 StPO

Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt – Az.: 3 M 181/19 – Beschluss vom 23.08.2019

Gründe

Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die mit der Beschwerdebegründung vorgebrachten Einwände, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, greifen nicht durch.

Das Verwaltungsgericht hat die aufschiebende Wirkung des Widerspruches des Antragstellers vom 25. Juni 2019 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 4. Juni 2019 zu Recht nicht wiederhergestellt bzw. angeordnet. Der Bescheid, mit dem dem Antragsteller unter Anordnung des Sofortvollzuges (Ziffer 3) die Fahrerlaubnis der ihm erteilten Klassen B, AM und L entzogen (Ziffer 1) und die Abgabe des Führerscheins bis zum 13. Juni 2019 aufgegeben (Ziffer 2) sowie ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,00 € für den Fall der Nichtabgabe seines Führerscheines angedroht worden ist (Ziffer 4), erweist sich bei der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren allein veranlassten überschlägigen Prüfung als voraussichtlich rechtmäßig. Der Antragsgegner hat in nicht zu beanstandender Weise aus dem Konsum von Amphetamin auf die Nichteignung des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen geschlossen und ihm deshalb zu Recht gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG, § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV die Fahrerlaubnis entzogen.

Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere rechtliche oder tatsächliche Bewertung.

Erweist sich jemand als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG i. V. m. § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV die Fahrerlaubnis zu entziehen, ohne dass insoweit der Fahrerlaubnisbehörde ein Ermessensspielraum eingeräumt ist. Vorliegend bestehen nach dem Ergebnisbericht des Universitätsklinikums Halle (Saale) vom 25. April 2019 (Bl. 4 f. des Verwaltungsvorganges) hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller am 6. April 2019 Amphetamin und damit sog. harte Drogen i. S. d. Ziffer 9.1 der Anlage 4 zu den §§ 11,13 und 14 FeV konsumiert hat.

Rechtmäßigkeit polizeilicher Anordnung zur Blutuntersuchung nach § 81a Abs. 2 Satz 2 StPO
(Symbolfoto: Von Olena Yakobchuk/Shutterstock.com)

Das Verwaltungsgericht hat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senates (vgl. u. a. Beschluss vom 15. Juni 2017 – 3 M 100/17 -, juris Rn. 4) und der einhelligen obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. BayVGH, Beschluss vom 27. Juni 2019 – 11 CS 19.961 -, juris Rn. 12; OVG Saarland, Beschluss vom 4. Dezember 2018 – 1 D 317/18 -, juris Rn. 5; OVG NRW, Beschluss vom 23. Juli 2015 – 16 B 656/15 -, juris [m. w. N.]) ausgeführt, dass bereits der einmalige Konsum eines Betäubungsmittels i. S. d. § 1 Abs. 1 BtMG – ausgenommen Cannabis – im Regelfall gemäß Ziffer 9.1 der Anlage 4 zur FeV zur Fahrungeeignetheit führt. Auf die Häufigkeit des Konsums, die Höhe der Betäubungsmittelkonzentration, eine Teilnahme am Straßenverkehr in berauschtem Zustand und das Vorliegen konkreter Ausfallerscheinungen beim Betroffenen kommt es nicht an. Damit ist es rechtlich unerheblich, ob der Nachweis geführt werden konnte, dass der Antragsteller am 6. April 2019 ein Fahrzeug unter Einfluss von Betäubungsmitteln führte.

Dass beim Antragsteller die Blutentnahme polizeilich anstatt richterlich angeordnet wurde, macht diese weder rechtswidrig, noch unterliegen deren Ergebnisse einem Verwertungsverbot.

Das Recht zur polizeilichen Anordnung einer Blutentnahme bei einem Beschuldigten zum Zwecke der Feststellung von Tatsachen folgt aus § 81a Abs. 2 Satz 2 StPO. Danach bedarf die Entnahme einer Blutprobe abweichend von Satz 1 keiner richterlichen Anordnung, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass eine Straftat nach § 315a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 und 3, § 315c Abs. 1 Nr. 1 lit. a, Abs. 2 und 3 oder

§ 316 des Strafgesetzbuchs begangen worden ist. Mit der Einfügung des Satzes 2 durch Gesetz vom 17. August 2017 (BGBl I S. 3202) darf nunmehr unabhängig von der Gefährdung des Untersuchungserfolges die Blutentnahme durch die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen (§ 152 GVG) angeordnet werden, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht von Verkehrsstraftaten unter Alkohol- oder Drogeneinfluss begründen.

Die Voraussetzungen des § 81a Abs. 2 Satz 2 StPO liegen hier vor. Sie sind entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht bereits deshalb zu verneinen, weil ihm nicht nachgewiesen werden konnte, dass er am 6. April 2019 das Fahrzeug geführt hat. Vielmehr durfte sich den anordnenden Polizeibeamten der Verdacht einer Verkehrsstraftat unter Alkohol- oder Drogeneinfluss, auf den es für die Anordnung allein ankommt, aufdrängen.

Ausweislich der – unbestritten gebliebenen – Sachverhaltsfeststellungen der Polizei (vgl. Vermerk, Bl. 7 des Verwaltungsvorganges) stellten Beamte am 6. April 2019 um 2.50 Uhr fest, dass ein dem Antragsteller gehörender Pkw auf einem Feldweg in Barleben fuhr, der nach Bemerken des Streifenwagens gestoppt und durch den flüchtenden Fahrzeugführer verschlossen zurückgelassen wurde. Im verschlossenen Pkw befand sich eine namentlich bezeichnete Person, die angab, das Fahrzeug nicht öffnen zu können und den Antragsteller als den geflüchteten Fahrzeugführer bezeichnete. Gegen 3.30 Uhr traf der Antragsteller am verschlossenen Fahrzeug ein. Gegenüber dem Antragsteller wurde um 3.45 Uhr die Blutentnahme angeordnet.

Dieser Geschehensablauf bildet die hinreichende Grundlage für die Anordnung. Die Beamten konnten von der Verdeckung einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit ausgehen, weil der Fahrzeugführer offensichtlich mit dem Ziel, seine Identität zu verschleiern, geflüchtet ist. Aufgrund der belastenden Angaben der im Fahrzeug verbliebenen Person wurde sodann der Verdacht auf den Antragsteller, den Eigentümer des Fahrzeuges, gelenkt, der diesen bei seinem Eintreffen nicht hinreichend entkräften konnte. Angesichts der konkreten Umstände (Zeit, Ort, Flucht, Aussagen des Beifahrers, Eintreffen des Fahrzeuginhabers) ist ohne Weiteres nachvollziehbar, dass die Beamten das Vorbringen des Antragstellers, das Auto sei ihm gestohlen worden, als bloße Schutzbehauptung eingestuft haben und die Verdeckung einer Verkehrsstraftat unter Alkohol- oder Drogeneinfluss für wahrscheinlicher hielten. Anhaltspunkte dafür, dass beim Antragsteller ein Konsum von Alkohol oder Drogen im Zeitpunkt der Anordnung von vornherein auszuschließen gewesen wäre, liegen weder vor, noch behauptet der Antragsteller Entsprechendes. Vielmehr wird der Verdacht dadurch genährt, dass die Polizeibeamten mögliche „Btm-Gegenstände“ im Fahrzeug sicherstellten (vgl. Bl. 7 des Verwaltungsvorganges) und die im Fahrzeug verbliebene Person – wie der Antragsteller selbst vorgibt – alkoholisiert gewesen sein soll. Dass weitere polizeiliche Feststellungen in der nachträglichen polizeilichen Mitteilung vom 8. Mai 2019 teilweise unzutreffend (nicht im Besitz einer Fahrerlaubnis, vgl. Bl. 1 des Verwaltungsvorganges) bzw. nicht bewiesen (Antragsteller gefahren, Vermutung der Abhängigkeit von Betäubungsmitteln; vgl. Bl. 1 des Verwaltungsvorganges) sind, lässt den im Übrigen an konkreten Tatsachen orientierten Verdacht nicht entfallen.

Da sich die Anordnung der Entnahme einer – die Fahreignung ausschließenden – Blutprobe auf § 81a Abs. 2 Satz 2 StPO stützen lässt, kommt es auf das weitere Beschwerdevorbringen des Antragstellers nicht mehr entscheidend an.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

III. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1, 47 Abs. 1 Satz 1 GKG i. V. m. Nr. 1.5 und 46.3 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit und entspricht der verwaltungsgerichtlichen Festsetzung.

IV. Der Prozesskostenhilfeantrag war gemäß § 166 VwGO i. V. m. § 114 ZPO mangels Erfolgsaussichten aus den vorstehenden Gründen unter Ziffer I. abzulehnen.

V. Der Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

 

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