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Fahrverbot – Aufschub der Vollstreckung bei Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens

AG Köln, Az.: 817 OWi 91/17, Beschluss vom 02.03.2017

Der Antrag aus dem Schriftsatz vom 20.02.2017 auf Aufschub der Vollstreckung des Fahrverbots wird zurückgewiesen

Gründe

Gem. § 85 OWiG i.V.m. § 360 StPO wird durch einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens die Vollstreckung nicht gehemmt. Nach § 360 Abs. 2 StPO kann das Gericht jedoch einen Aufschub sowie eine Unterbrechung der Vollstreckung anordnen. Hierzu besteht jedoch nur Anlass, wenn der Wiederaufnahmeantrag Erfolgsaussichten hat. Die behaupteten Tatsachen und die benannten Beweise müssen einen solchen Grad innerer Wahrscheinlichkeit haben, dass die Vollstreckung bedenklich erscheint (vgl. Meyer – Goßner /Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 360, Rn. 3, m.w.N.). Diese Erfolgsaussichten bestehen im vorliegenden Fall nicht.

Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens ist nach vorläufiger Bewertung bereits unzulässig.

Einzig hier in Betracht kommender Wiederaufnahmegrund ist § 359 Nr. 5 StPO, der an das Vorliegen neuer Tatsachen und/oder Beweismittel anknüpft.

Für diesen Wiederaufnahmegrund bestimmt § 85 OWiG, dass die Wiederaufnahme nicht zulässig ist, wenn

1.

gegen den Betroffenen lediglich eine Geldbuße bis zu zweihundertfünfzig Euro festgesetzt ist oder

2.

seit Rechtskraft der Bußgeldentscheidung drei Jahre verstrichen sind.

Satz 1 Nr. 1 gilt entsprechend, wenn eine Nebenfolge vermögensrechtlicher Art angeordnet ist, deren Wert zweihundertfünfzig Euro nicht übersteigt.

Dies bedeutet, dass bei einer verhängten Geldbuße von über 250 Euro und/oder der Verhängung eines Fahrverbotes – als einer Nebenfolge vermögensrechtlicher Art über dieser Wertgrenze – grundsätzlich ein Wiederaufnahmeverfahren zulässig sein könnte.

Unter Tatsachen im Sinne von § 359 Nr. 5 StPO versteht man konkrete Vorgänge der Vergangenheit oder Gegenwart, die dem Beweis zugänglich sind. Neu ist eine Tatsache, wenn sie dem erkennenden Gericht bzw. der erkennenden Behörde zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht bekannt war oder durch das Gericht bzw. die Behörde bei der Entscheidung nicht zugrunde gelegt wurde (OLG Düsseldorf, NJW 1987, 2030; LG Stuttgart, Beschluss vom 09.06.2008, Az. 19 Qs 41/08 OWI – zitiert nach juris). Nicht darunter fällt aber die Änderung von Rechtsnormen oder der Rechtsprechung. Fehlerhafte Rechtsanwendung stellt keinen Wiederaufnahmegrund in diesem Sinne dar. Selbst die auf offensichtlich falscher Rechtsauffassung beruhende Entscheidung kann im Wiederaufnahmeverfahren nur bei Unrichtigkeit des der fehlerhaften Entscheidung zu Grunde liegenden Sachverhalts beseitigt werden (vgl. BGHSt 39, 75, 79).

Vorliegend ist kein Fall des Vorliegens neuer Tatsachen und/oder Beweismittel anzunehmen. Die Bußgeldstelle hat ihrer Entscheidung den für die Tatzeit maßgeblichen Beschilderungsplan zugrundegelegt. Dieser korrespondierte mit der faktisch vorhandenen Beschilderung zur Tatzeit. Hiernach erfolgte in der der Messstelle vorgelagerten Baustelle durch Verkehrszeichen 274 der StVO eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 60 km/h, dies teilweise in Kombination mit dem Verkehrszeichen 123 (Baustelle). Nach Durchfahren der Baustelle bei Kilometer 0,95 wurde die Geschwindigkeitsbeschränkung auf 60 km/h zunächst durch Bodenbeschilderung nicht sofort wiederholt. Allerdings fuhren Betroffene nach Verlassen der Baustelle auf die in 150 m Entfernung gelegene Schilderbrücke (Wechselverkehrszeichenanlage) zu, die für jede Fahrspur durchgängig zur Tatzeit eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h anzeigte. Diese Schilderbrücke war bereits bei Verlassen der Baustelle aufgrund des geraden Straßenverlaufes gut zu erkennen.

Die Stadt Köln hat hiervon ausgehend eine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit geahndet und dabei zugrunde gelegt, dass infolge Streckenverbots von einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h auszugehen ist. Welche zulässige Höchstgeschwindigkeit aufgrund der vorgenannten Schilderkombination unter Berücksichtigung von laufender Nr. 55 zu § 41 Abs. 1 Anl. 2 StVO, wonach ein Streckenverbot unter anderem ungekennzeichnet endet, wenn das Streckenverbotszeichen zusammen mit einem Gefahrzeichen angebracht ist und sich aus der Örtlichkeit zweifelsfrei ergibt, von wo an die angezeigte Gefahr nicht mehr besteht (vergleiche hierzu auch Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 42. Auflage, § 3 StVO Rn. 45 b mit weiteren Nachweisen), bestand, ist eine rechtliche und keine tatsächliche Fragestellung.

Maßgeblich für die von der Behandlung durch die Verwaltungsbehörde abweichende Beurteilung, die in den vergangenen Monaten mitunter zu einem Freispruch, einer Einstellung der Verfahrens oder zu Anpassungen der in den Bußgeldbescheiden angenommenen Tatbestände durch das Amtsgericht Köln geführt hat, ist insoweit kein abweichender oder neuer Lebenssachverhalt und/oder das Vorliegen neuer Beweismittel, sondern allein eine abweichende rechtliche Wertung im Kontext mit lfd. Nr. Spalte 3 zu § 41 Abs. 1 Anlage 2.

Insoweit dürfte weder ein Fall des § 359 Nr. 5 StPO einschlägig sein, noch einer der weiteren, in § 359 StPO abschließend aufgeführten Wiederaufnahmegründe, insbesondere auch nicht der in dem Antrag aufgeführte Fall des § 359 Nr. 3 StPO.

Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass – soweit lediglich die Herabsetzung der Geldbuße und Verurteilung wegen einer anderen Tatbestandsnummer nach dem Bundeseinheitlichen Tatbestandskatalog angestrebt wird – der Zulässigkeit des Antrags auch § 363 StPO entgegen stehen dürfte.

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