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Fahrerlaubnisentziehung – Anhaltspunkte für hohes Aggressionspotenzial aus Straftaten

Fahrerlaubnisbehörde entzieht Führerschein wegen hoher Aggression: Antragsteller verliert Rechtsstreit

In der rechtlichen Auseinandersetzung um die Entziehung der Fahrerlaubnis steht oft die Frage im Vordergrund, unter welchen Umständen und auf Basis welcher Kriterien eine solche Maßnahme gerechtfertigt ist. Dieses Thema berührt grundlegende Aspekte des Verkehrsrechts und wirft Fragen hinsichtlich der Sicherheit im Straßenverkehr sowie der persönlichen Freiheiten der Fahrer auf. Im Kern geht es um die Bewertung, ob eine Person aufgrund ihres Verhaltens und ihrer Vorgeschichte als ungeeignet zum Führen eines Kraftfahrzeugs gilt. Dabei spielt das Zusammenspiel verschiedener rechtlicher Vorschriften, wie das Straßenverkehrsgesetz (StVG) und die Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV), eine entscheidende Rolle. Zentrale Elemente in solchen Fällen sind oft medizinisch-psychologische Gutachten, die Aufschluss darüber geben sollen, ob von einem Fahrer aufgrund bestimmter Verhaltensweisen oder Straftaten ein erhöhtes Risiko ausgeht. Die Fahrerlaubnisbehörde muss dabei eine sorgfältige Abwägung vornehmen, um festzustellen, ob die Entziehung der Fahrerlaubnis notwendig und verhältnismäßig ist. Solche Entscheidungen haben weitreichende Konsequenzen sowohl für die betroffene Person als auch für die Verkehrssicherheit und werfen daher oft komplexe juristische Fragen auf.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 11 CS 23.1476  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Das Verwaltungsgericht München hat die Beschwerde gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis aufgrund von Aggressionspotenzial und wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche und strafrechtliche Bestimmungen zurückgewiesen, was die strenge Anwendung des Verkehrsrechts bei Risikoverhalten betont.

Liste der zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Entziehung der Fahrerlaubnis: Der Antragsteller wurde seiner Fahrerlaubnis entzogen, da er als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen eingestuft wurde.
  2. Medizinisch-psychologisches Gutachten: Ein von TÜV SÜD Life Service GmbH erstelltes Gutachten stützte die Entscheidung, indem es erhebliche oder wiederholte Verstöße gegen verkehrsrechtliche und strafrechtliche Bestimmungen durch den Antragsteller aufzeigte.
  3. Grundlage der Begutachtung: Die Begutachtung basierte auf mehreren aktenkundigen Straftaten des Antragstellers zwischen 2012 und 2019.
  4. Rechtliche Auseinandersetzung: Der Antragsteller erhob Widerspruch gegen die Entziehung und führte berufliche Gründe sowie Einwände gegen das Gutachten an.
  5. Anordnung eines weiteren Gutachtens: Auf Wunsch des Antragstellers wurde eine erneute Begutachtung angeordnet, die dieser jedoch nicht einreichte.
  6. Rechtliche Beurteilung: Das Gericht bestätigte die Entscheidung der Fahrerlaubnisbehörde als rechtmäßig, da das Gutachten als verwertbar und nachvollziehbar angesehen wurde.
  7. Keine Änderung der Entscheidung: Die Beschwerde des Antragstellers führte zu keiner Änderung der ursprünglichen Entscheidung des Verwaltungsgerichts.
  8. Unanfechtbarkeit des Beschlusses: Der Beschluss des Gerichts ist unanfechtbar, was die Endgültigkeit der Entscheidung unterstreicht.

Entziehung der Fahrerlaubnis: Der Kern des Falles

Im Mittelpunkt des vorliegenden Falles steht die Entziehung der Fahrerlaubnis eines Antragstellers, der sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit dieser Maßnahme zur Wehr setzte. Der Fall wurde vor dem Verwaltungsgerichtshof München (VGH München) verhandelt, unter dem Aktenzeichen 11 CS 23.1476, mit einem Beschlussdatum vom 10. Oktober 2023. Die Hauptfrage war, ob der Antragsteller aufgrund seines Verhaltens und der damit verbundenen Straftaten als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen angesehen werden sollte.

Hintergrund der Fahrerlaubnisentziehung

Auslöser der rechtlichen Auseinandersetzung war die Anordnung der Fahrerlaubnisbehörde der Landeshauptstadt München. Diese Anordnung basierte auf mehreren aktenkundigen Straftaten des Antragstellers im Zeitraum 2012 bis 2019. Besonders hervorzuheben ist hierbei eine Verurteilung zu einer mehrmonatigen Freiheitsstrafe auf Bewährung wegen eines vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung am 15. Juni 2019. Diese Vorfälle führten dazu, dass der Antragsteller ein medizinisch-psychologisches Gutachten vom TÜV SÜD Life Service GmbH vorlegen musste, welches am 19. April 2022 erstellt wurde. Das Gutachten kam zu dem Schluss, dass der Antragsteller erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche sowie strafrechtliche Bestimmungen verstoßen könnte, was seine Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausschließen würde.

Widerspruch und weitere Verfahrensschritte

Aufgrund dieses Gutachtens entzog die Fahrerlaubnisbehörde dem Antragsteller am 23. Juni 2022 die Fahrerlaubnis und forderte ihn unter Androhung eines Zwangsgeldes auf, seinen Führerschein abzugeben. Der Antragsteller erhob daraufhin Widerspruch gegen diesen Bescheid, wobei er insbesondere auf seine berufliche Abhängigkeit von der Fahrerlaubnis als Einzelunternehmer eines Gartenbaubetriebs hinwies. Zudem wurden Einwände gegen das Gutachten vorgebracht und auf eine positive Einschätzung seiner Bewährungshelferin hinsichtlich des Rückfallrisikos verwiesen.

Der Fall nimmt eine weitere Wendung, als die Bevollmächtigten des Antragstellers im September 2022 mitteilten, dass er sich einer erneuten Begutachtung unterziehen wolle. Die Fahrerlaubnisbehörde forderte daraufhin ein neues medizinisch-psychologisches Gutachten, welches jedoch vom Antragsteller nicht fristgerecht beigebracht wurde. Infolgedessen stellte der Antragsteller einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO, der jedoch vom Verwaltungsgericht München abgelehnt wurde.

Das Gericht sah die Entziehung der Fahrerlaubnis als rechtmäßig an, da das vorgelegte Gutachten verwertbar und inhaltlich nachvollziehbar sei und somit die Ungeeignetheit des Antragstellers belege.

Der Verwaltungsgerichtshof München wies die Beschwerde des Antragstellers zurück, da keine ausreichenden Gründe vorlagen, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu ändern. Besonders relevant war hierbei der § 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes und § 46 Abs. 1 Satz 1 der Fahrerlaubnis-Verordnung, wonach die Fahrerlaubnis zu entziehen ist, wenn der Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen gilt. Dies bezieht sich insbesondere auf Fälle, in denen erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen wurde.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Inwiefern beeinflussen aktenkundige Straftaten die Beurteilung der Fahreignung?

Aktenkundige Straftaten können die Beurteilung der Fahreignung in Deutschland erheblich beeinflussen. Dies liegt daran, dass sie Rückschlüsse auf das Verhalten und die Einstellung des Fahrers zulassen, insbesondere in Bezug auf Aggressionspotenzial und die Bereitschaft, die Sicherheit des Straßenverkehrs den eigenen Interessen unterzuordnen.

Ein Beispiel dafür ist ein Fall, in dem das Verwaltungsgericht München die Fahrerlaubnis eines Mannes entzog, der wegen sexueller Nötigung und gefährlicher Körperverletzung bereits eine Freiheitsstrafe erhalten hatte. Die begangenen Straftaten lieferten Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial und eine Neigung zur impulsiven Durchsetzung eigener Interessen. Daher wurde eine medizinisch-psychologische Untersuchung als geeignet angesehen, die Fahreignung des Klägers zu klären.

In einem anderen Fall wurde ein Fahrer wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe verurteilt. Es wurde festgestellt, dass ein spezifischer Zusammenhang zwischen der Straftat und der Verkehrssicherheit besteht und die Straftat tragfähige Rückschlüsse auf die Gefährlichkeit des Fahrers zulässt.

Es ist auch wichtig zu beachten, dass die Fahrerlaubnisbehörde die Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens als Gefahrerforschungsmaßnahme und nicht als Strafe sieht. Dies kann auch durch eine einmalige erhebliche Straftat im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr veranlasst sein.

Schließlich ist zu erwähnen, dass auch Straftaten, die nicht im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen, Rückschlüsse auf das Verhalten im Straßenverkehr zulassen können. Allgemeinrechtliche Straftaten sind in der Regel durch generalisierte, gewohnheitsmäßige Fehleinstellungen und Fehlreaktionen bedingt, welche auch eine adäquate Bewertung der Normen und Gesetze erschweren, die den Straßenverkehr regeln.


Das vorliegende Urteil

VGH München – Az: 11 CS 23.1476 – Beschluss vom 10.10.2023

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit der Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen A, A1, A2, AM, B, BE, C1, C1E und L.

Nach Anordnung durch die Fahrerlaubnisbehörde der Landeshauptstadt München, der Antragsgegnerin, legte der Antragsteller ein medizinisch-psychologisches Gutachten der TÜV SÜD Life Service GmbH vom 19. April 2022 vor. Dieses kommt zu dem Ergebnis, es sei zu erwarten, dass der Antragsteller erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche/strafrechtliche Bestimmungen verstoßen werde, so dass dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen sei. Die zu Grunde liegende Begutachtungsanordnung war auf mehrere aktenkundige Straftaten im Zeitraum 2012 bis 2019 gestützt worden. Ausschlaggebend für die Beibringungsaufforderung war ersichtlich eine Verurteilung zu einer mehrmonatigen Freiheitsstrafe auf Bewährung wegen eines vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung am 15. Juni 2019 (Tattag).

Mit Bescheid vom 23. Juni 2022 entzog die Antragsgegnerin dem Antragsteller die Fahrerlaubnis und forderte ihn unter Androhung eines Zwangsgelds auf, seinen Führerschein innerhalb einer Woche ab Zustellung des Bescheids abzugeben. Ferner ordnete sie die sofortige Vollziehung dieser Verfügungen an. Nach dem Ergebnis des Gutachtens vom 19. April 2022 sei der Antragsteller ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen.

Am 15. Juli 2022 ließ der Antragsteller Widerspruch erheben, über den bislang noch nicht entschieden wurde. Zur Begründung trug er vor, er betreibe als Einzelunternehmer einen kleinen Gartenbaubetrieb und sei aus beruflichen Gründen dringend auf seine Fahrerlaubnis angewiesen. Zudem erhob er eine Reihe von Einwänden gegen das vorgelegte Gutachten und verwies u.a. auf eine positive Einschätzung seiner Bewährungshelferin vom 25. März 2022 zum Rückfallrisiko.

Am 15. September 2022 teilten die nunmehr Bevollmächtigten mit, der Antragsteller wolle sich im Widerspruchsverfahren einer weiteren Begutachtung der bisherigen Begutachtungsstelle unterziehen. Daraufhin forderte die Antragsgegnerin ihn unter dem 23. September 2022 erneut auf, binnen drei Monaten ein medizinisch-psychologisches Gutachten vorzulegen. Der Antragsteller teilte im Oktober 2022 mit, eine neue Begutachtungsstelle gewählt zu haben, bat Ende Dezember 2022 um eine Fristverlängerung, da er erst im kommenden Januar einen Termin erhalten habe, und beanstandete Ende Februar 2023 die Fragestellung. Ein weiteres Gutachten brachte er nicht bei.

Nachdem die Antragsgegnerin ankündigte, den Widerspruch alsbald der Regierung von Oberbayern vorzulegen, ließ der Antragsteller einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO stellen, den das Verwaltungsgericht München mit Beschluss vom 24. Juli 2023 ablehnte. Bei summarischer Prüfung erweise sich die Entziehung der Fahrerlaubnis als rechtmäßig. Nach dem vorgelegten Gutachten, das verwertbar und insbesondere inhaltlich nachvollziehbar sei, sei der Antragsteller ungeeignet. Aus der auf Wunsch des Antragstellers erlassenen Aufforderung zur Beibringung eines weiteren Gutachtens im Widerspruchsverfahren ergebe sich nichts anderes.

Dagegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers, der die Antragsgegnerin entgegentritt.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Aus den im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründen, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Sätze 1 und 6 VwGO), ergibt sich nicht, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu ändern und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wiederherzustellen wäre.

1. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes vom 5. März 2003 (StVG, BGBl I S. 310, 919), zuletzt geändert durch das teilweise zum 1. Juli 2023 in Kraft getretene Gesetz vom 12. Juli 2021 (BGBl I S. 3091), und § 46 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom 13. Dezember 2010 (Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV, BGBl I S. 1980), zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. Juli 2023 (BGBl I Nr. 199), hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich ihr Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV gilt dies insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 vorliegen oder erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen wurde und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist.

Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung (§ 3 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 2 Abs. 8 StVG, § 46 Abs. 3 FeV). Nach § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 FeV kann die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (medizinisch-psychologisches Gutachten) angeordnet werden bei Straftaten, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung stehen, insbesondere, wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen.

Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf diese bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen (§ 11 Abs. 8 Satz 1 FeV). Der Schluss aus der Nichtvorlage eines angeforderten Fahreignungsgutachtens auf die fehlende Fahreignung ist gerechtfertigt, wenn die Anordnung formell und materiell rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig war (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 7.4.2022 – 3 C 9.21 – BVerwGE 175, 206 Rn. 17). Bei feststehender Ungeeignetheit ist die Entziehung der Fahrerlaubnis zwingend, ohne dass der Fahrerlaubnisbehörde ein Ermessensspielraum zukäme. Dies gilt auch bei Nichtvorlage eines zu Recht geforderten Fahreignungsgutachtens.

2. Daran gemessen begegnet die verfügte Entziehung der Fahrerlaubnis keinen rechtlichen Bedenken. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der Antragsteller nach dem Ergebnis des vorgelegten Gutachtens ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist. Das Beschwerdevorbringen beschränkt sich auf den Einwand, mit der erneuten Begutachtungsanordnung habe die Antragsgegnerin zum Ausdruck gebracht, das vorliegende Gutachten sei nicht mehr in der Weise verwertbar, dass es eine abschließende Entscheidung über die Fahreignung erlaubte. Diese Einwendung rechtfertigt keine andere Beurteilung.

Ohne Erfolg beruft der Antragsteller sich insoweit auf den Beschluss des Senats vom 4. Februar 2021 in dem Verfahren 11 ZB 20.2594 (BeckRS 2021, 1661). Dieser betraf eine andere Fallgestaltung, deren Würdigung sich nicht auf den vorliegenden Sachverhalt übertragen lässt. In jenem Verfahren hatte die Fahrerlaubnisbehörde dem Betroffenen nach Vorlage eines negativen Gutachtens im Jahr 2013, aber vor Bescheiderlass, im Jahr 2017 „aufgrund des Zeitablaufs“ nochmals Gelegenheit gegeben, ein Gutachten zur Ausräumung der Fahreignungszweifel vorzulegen. Nachdem kein Gutachten beigebracht wurde, entzog sie ihm im Jahr 2017 die Fahrerlaubnis; der dagegen eingelegte Widerspruch wurde 2018 zurückgewiesen. In jener Konstellation hat der Senat angenommen, die Entziehung der Fahrerlaubnis könne nicht mehr allein auf das negative Gutachten aus dem Jahr 2013 gestützt werden. Es liege auf der Hand, dass die gutachterlichen Befunde zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung im Jahr 2018, nach mehr als viereinhalb Jahren, an Aktualität und damit an Belastbarkeit verloren hätten. Auch die Fahrerlaubnisbehörde sei offenbar der Ansicht gewesen, die Entziehung der Fahrerlaubnis nicht mehr auf das Gutachten stützen zu können, sondern zunächst weitere Aufklärungsmaßnahmen durchführen zu müssen.

Hier hingegen liegt es nicht so, dass das vorgelegte Gutachten aus dem Jahr 2022 wegen Zeitablaufs nicht mehr hinreichend belastbar ist, um die Entziehung der Fahrerlaubnis im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats, der angesichts des offenen Widerspruchsverfahrens maßgeblich ist, zu tragen. Es ist – abgesehen davon, dass die Entziehung bei feststehender Nichteignung zwingend ist und nicht zur Disposition der Fahrerlaubnisbehörde steht (vgl. BayVGH, B.v. 12.4.2021 – 11 ZB 21.163 – juris Rn. 15, 19) – auch nicht ersichtlich, dass die Antragsgegnerin davon ausgegangen ist, das vorliegende Gutachten sei nicht mehr verwertbar. Insbesondere hat sie keine Veranlassung gesehen, den sofort vollziehbaren Bescheid aufzuheben. Sie wollte vielmehr ersichtlich unterhalb der Schwelle der Aufforderung zur Nachbesserung des Gutachtens wegen fehlender Nachvollziehbarkeit dem Antragsteller eine Gelegenheit einräumen, seine Eignung von einem weiteren Gutachter und im Lichte der Entwicklungen seit der ersten Begutachtung erneut prüfen zu lassen. Ob dieses Vorgehen hier ausnahmsweise aufgrund der Zustimmung des Betroffenen zulässig war (vgl. dazu allgemein BayVGH, B.v. 12.4.2021 a.a.O. Rn. 15; Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 47. Aufl. 2023, § 11 FeV Rn. 50), kann dabei dahinstehen.

Im Übrigen hätte der Widerspruch derzeit aber auch dann keine Aussicht auf Erfolg, wenn der Auffassung des Antragstellers zu folgen wäre. Denn dann wäre dieser jedenfalls nach § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV als ungeeignet anzusehen, nachdem er auf die erneute Beibringungsanordnung vom 23. September 2022 hin kein Gutachten beigebracht hat. Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit dieser Anordnung hat der Antragsteller nicht dargelegt, sind aber – jedenfalls sofern man zugunsten des Antragstellers unterstellt, seine Ungeeignetheit stehe nicht schon aufgrund des vorgelegten Gutachtens fest – auch nicht ersichtlich.

3. Die Beschwerde war demnach mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. den Empfehlungen in Nr. 1.5 Satz 1, Nr. 46.1, 46.3 und 46.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.

4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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