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Alkohol am Steuer: MPU auch nach einmaliger Trunkenheitsfahrt mit hoher Blutalkoholkonzentration

Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung nach Trunkenheitsfahrt deutlich schneller

Im Bereich des Verkehrsrechts kommt es in regelmäßigen Abständen zu Änderungen, welche gravierende Auswirkungen auf die Inhaber eines Führerscheins haben können. Gerade denjenigen Autofahrern, welche die nicht nachvollziehbare Meinung vertreten, dass eine alkoholisierte Autofahrt von dem Gesetzgeber als „Kavaliersdelikt“ aufgefasst wird, werden künftig so manche böse Überraschung erleben. Bedingt durch neue Gerichtsurteile verschärft sich die Rechtslage für diejenigen Autofahrer, die sich eine alkoholisierte Autofahrt leisten, massiv. Sollten gewisse Voraussetzungen vorliegen können weitaus gravierendere Folgen drohen, als es bislang der Fall gewesen ist.

Künftig können die Folgen für einen Autofahrer bereits auch dann drohen, wenn die alkoholisierte Fahrt folgenlos blieb. Bei einer sogenannten Trunkenheitsfahrt mit einem Promillewert von 1,1 sind die Konsequenzen sogar noch gravierender.

MPU nach Trunkenheitsfahrt
(Symbolfoto: Von gwolters/Shutterstock.com)

Welche Folgen können bei einer Trunkenheitsfahrt mit einem Promillewert von 1,1 drohen?

Die Konsequenzen, welche bei einer derartigen Trunkenheitsfahrt – unabhängig von den Folgen der Fahrt – drohen können, sind durchaus vielfältig.

Auf der einen Seite können dem Fahrer strafrechtliche Folgen in Form von

  • Geldstrafen
  • Punkteintragungen in dem Fahrerlaubnisregister
  • Fahrerlaubnisentzug mit einer Sperre in Bezug auf die Wiedererteilung

drohen und auf der anderen Seite darf der Fahrer erst dann die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis im Zuge des Verwaltungsrechts beantragen, wenn die strafrechtliche Sperrfrist abgelaufen ist.

Die MPU droht nun schneller

Viele Autofahrer werden mit der Kurzform „MPU“ vielleicht überhaupt nichts anfangen können, da die Medizinisch Psychologische Untersuchung landläufig eher als „Idiotentest“ bekannt ist. Im Zusammenhang mit dem Idiotentest gab es in der Vergangenheit zahlreiche Gerichtsverfahren und entsprechende Urteile. In den Bundesländern Bayern sowie auch Baden-Württemberg waren die Verwaltungsgerichte sehr stark mit dem „Idiotentest“ beschäftigt. Es gab Entscheidungen, welche besagen, dass ein Autofahrer erst bei einer Trunkenheitsfahrt mit einem Promillewert im Bereich von 1,2 bis 1,6 zu der MPU antreten musste. In der gängigen Praxis wurde jedoch die MPU erst nach einer Trunkenheitsfahrt mit Folgen angeordnet. Dementsprechend geringen auch zahlreiche Widersprüche oder auch Anträge auf gerichtliche Entscheidungen bei den Gerichten ein, wenn die MPU bereits frühzeitiger von den zuständigen Behörden oder Gerichten angeordnet wurde.

Es gab jedoch diesbezüglich mit dem 06/04/2017 eine höchstrichterliche Entscheidung von dem Bundesverwaltungsgericht, welche ausdrücklich besagt, dass bei einer einmaligen Trunkenheitsfahrt mit einer BAK (Blutalkoholkonzentration / Promillewert) unterhalb des Wertes von 1,6 Promille die zuständige Verwaltungsbehörde ihre Entscheidung auf die Neubeurteilung der Fahrtauglichkeit des Verkehrssünders nicht alleinig von der Teilnahme an der MPU nebst dem medizinisch-psychologischen Gutachten abhängig machen darf. Dieser Umstand wird jedoch anders bewertet, wenn weitergehende Tatsachen vorliegen, die eine Annahme des künftigen Alkoholmissbrauchs des Verkehrssünders ausdrücklich begründen.

Mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts blieb es also zunächst bei der Grenze von 1,6 Promille, welche eine zwingende Teilnahme an einer MPU sowie ein entsprechendes Gutachten für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis erforderlich machte. Dies hatte ebenfalls gravierende Auswirkungen auf den sogenannten „Führerscheintourismus“.

Das Bundesverwaltungsgericht hat nunmehr jedoch eine anderweitige und juristisch durchaus spektakuläre Entscheidung getroffen, die Auswirkungen auf das gesamte Bundesgebiet hat. Mit seiner jüngsten Entscheidung hat das Bundesverwaltungsgericht festgelegt, dass auch eine einmalige Trunkenheitsfahrt in Verbindung mit einem hohen BAK ohne Folgen sowie auch ohne Ausfallerscheinungen eine MPU begünstigen kann. Selbstverständlich erfolgte die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aufgrund eines vorherigen aktuellen Vorfalls.

In dem besagten Vorfall wurde ein Autofahrer mit einem BAK von 1,3 Promille von den Ordnungshütern im Rahmen einer Verkehrskontrolle erwischt. Aus strafrechtlicher Sicht wurde dieser Fall als fahrlässige Trunkenheit im Straßenverkehr gewertet, woraufhin der Autofahrer eine Geldstrafe sowie auch eine weitergehende Sperre zur Wiedererteilung der ihm in dem Strafverfahren entzogenen Fahrerlaubnis erhielt. Nachdem diese Sperre verstrichen war hat sich der Verkehrssünder an die zuständige Fahrerlaubnisbehörde gewandt und auch eine Neuerteilung seiner Fahrerlaubnis im Zuge des Verwaltungsrechtsweges beantragt.

Betrunken Autofahren - härtere Konsequenzen
(Symbolfoto: Von MRo/Shutterstock.com)

Die zuständige Fahrerlaubnisbehörde forderte den Verkehrssünder zu der Teilnahme an einer MPU auf, da die Fahrtüchtigkeit des Verkehrssünders im Zusammenhang mit Hinweisen auf Alkoholmissbrauch angezweifelt wurde. Die Fahrerlaubnisbehörde zweifelte dementsprechend an, dass der Verkehrssünder künftig ein Fahrzeug in dem Straßenverkehr sicher führen könnte.

Der Verkehrssünder kam der Aufforderung zur Vorlage eines entsprechenden Gutachtens nicht nach, woraufhin sein Antrag auf die Neuerteilung seiner Fahrerlaubnis von der zuständigen Fahrerlaubnisbehörde abgelehnt wurde. Gegen diese Entscheidung der Fahrerlaubnisbehörde erhob der Verkehrssünder eine Klage, die bei dem Verwaltungsgericht Kassel eingereicht wurde. Die von dem Kläger eingereichte Klage wurde von dem Verwaltungsgericht Kassel abgewiesen, woraufhin der Kläger Berufung gegen dieses Urteil einlegte. Der Verwaltungsgerichtshof in Kassel änderte das vorangegangene Urteil des Verwaltungsgerichts Kassel auf und verpflichtete die beklagte Führerscheinstelle dazu, die Fahrerlaubnis auch ohne die Beibringung einer MPU dem Kläger wieder zu erteilen.

Der Verwaltungsgerichtshof in Hessen begründete sein Urteil damit, dass eine einmalige Trunkenheitsfahrt mit einem BAK von 1,3 Promille ohne fehlende Ausfallerscheinungen und Folgen nicht ausreichend sei, eine MPU mit „sonstigen Tatsachen“ als Begründung einzufordern. Die „sonstigen Tatsachen“ in dem eigentlichen Sinne der entsprechenden Fahrerlaubnisverordnung sei nicht gegeben. Überdies ist der Aspekt der mangelnden Wirkungsempfindung mit dem Bezug auf Alkohol seitens des Verordnungsgebers bereits bei der Festlegung des Grenzwertes 1,6 Promille bereits berücksichtigt worden.

Das Verwaltungsgericht Kassel seinerseits rief daraufhin das Bundesverwaltungsgericht als höchste verwaltungsbehördliche Instanz mit der Bitte um eine Entscheidung an. Das Bundesverwaltungsgericht seinerseits folgte der Argumentation des Verwaltungsgerichts Kassel und nahm eine Abänderung des Berufungsurteils vor, woraufhin die Berufung des Verkehrssünders zurückgenommen wurde. Laut Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts durfte die zuständige Fahrerlaubnisbehörde die Neuerteilung der eingezogenen Fahrerlaubnis des Verkehrssünders verweigern, da ein entsprechendes MPU-Gutachten seitens des Verkehrssünders nicht erbracht wurde. Die Fahrerlaubnisbehörde durfte überdies auch ein derartiges Gutachten anfordern.

Im fahrrechtlichen Sinne wird von einem Alkoholmissbrauch ausgegangen, wenn die Fahrsicherheit durch den Alkoholkonsum beeinträchtigt wird und der Alkoholkonsum sowie die Führung eines Fahrzeugs nicht mit hinreichender Sicherheit voneinander getrennt werden.

Durch diese höchstverwaltungsrichterliche Entscheidung werden die zuständigen Fahrerlaubnisbehörden in die Lage versetzt, bei einer Annahme von „sonstigen Tatsachen“ die MPU für eine Wiedererteilung einer aufgrund einer Trunkenheitsfahrt eingezogenen Fahrerlaubnis einzufordern.

Dies gilt auch bei einer einmaligen Trunkenheitsfahrt mit einem BAK im Bereich von 1,1 bis 1,6, wenn die Trunkenheitsfahrt keine Ausfallerscheinungen erzeugt hat und ohne Folgen blieb. Der „Giftfestigkeit“ des Verkehrssünders kommt dabei eine erhöhte Bedeutung zu, sofern Anhaltspunkte im Hinblick auf eine überdurchschnittliche Alkoholgewöhnung des Verkehrssünders vorliegen.

Es wird nunmehr davon ausgegangen, dass diejenigen Verkehrsteilnehmer, die eine erhöhte Alkoholgewöhnung aufweisen, auch eine erhöhte Rückfallgefahr aufweisen. Die sogenannte „Giftfestigkeit“ führt dazu, dass die betroffenen Personen die jeweiligen Auswirkungen des Alkoholkonsums auf die Fahrtüchtigkeit bzw. Fahrsicherheit nicht realistisch werden einschätzen können.

Wird im Rahmen einer Verkehrskontrolle bei einer Trunkenheitsfahrt festgestellt und schriftlich dokumentiert, dass der Alkoholkonsum und ein BAK von 1,1 bis 1,6 bei dem aktiven Fahrer keinerlei Ausfallerscheinungen erzeugt haben, so kann die zuständige Fahrerlaubnisbehörde für die Wiedererteilung einer eingezogenen Fahrerlaubnis eine entsprechende MPU sowie ein entsprechendes Gutachten verlangen.

Die höchstverwaltungsrichterliche Instanz wird in der gängigen Praxis mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit noch sehr viele Änderungen mit sich bringen. Gerade im Hinblick auf die Trunkenheitsfahrt werden demnächst sehr viele Autofahrer, die sich im Rahmen der 1,1 bis 1,6 Promille im Straßenverkehr mit dem Fahrzeug bewegen, ein böses Erwachen erleiden. Es ist jedoch davon auszugehen, dass bei Weitem nicht jede Fahrerlaubnisbehörde auch tatsächlich ein Gutachten einer MPU für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis abverlangen werden. Dennoch ist es auf jeden Fall sehr ratsam, im Fall des Falles die Beratung eines Rechtsanwalts für Verkehrsrecht in Anspruch zu nehmen. Wir stehen als erfahrene Rechtsanwaltskanzlei in derartigen Fällen sehr gern für Sie zur Verfügung.

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