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Verkürzung Regelfahrverbot bei Teilnahme an verkehrspsychologischer Maßnahme

Fahrverbot verkürzt: Die Macht der verkehrspsychologischen Maßnahme

Das Amtsgericht Bernkastel-Kues hat in einem bemerkenswerten Fall über die Konsequenzen einer erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitung entschieden. Der Betroffene wurde wegen einer vorsätzlichen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 78 km/h zu einer Geldbuße von 1.200 € verurteilt. Zusätzlich wurde ihm für die Dauer von einem Monat untersagt, Kraftfahrzeuge jeglicher Art zu führen. Dieses Fahrverbot tritt jedoch erst in Kraft, sobald der Führerschein nach der Rechtskraft der Bußgeldentscheidung offiziell verwahrt wird, spätestens jedoch nach vier Monaten.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.:8 OWi 8142 Js 7327/15   >>>

Das Wichtigste in Kürze


Das Amtsgericht Bernkastel-Kues hat das Regelfahrverbot für einen Betroffenen, der an einer verkehrspsychologischen Maßnahme teilgenommen hat, von drei Monaten auf einen Monat verkürzt, obwohl er die zulässige Höchstgeschwindigkeit erheblich überschritten hatte.

  • Der Betroffene wurde wegen vorsätzlicher Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 78 km/h zu einer Geldbuße von 1.200 € verurteilt.
  • Ihm wurde für einen Monat untersagt, Kraftfahrzeuge zu führen.
  • Das Fahrverbot wird erst wirksam, wenn der Führerschein nach Rechtskraft der Bußgeldentscheidung in amtliche Verwahrung gelangt.
  • Das Gericht berücksichtigte die Teilnahme des Betroffenen an der verkehrspsychologischen Maßnahme „Mobil PLUS Prävention“.
  • Ein früheres Urteil des Oberlandesgerichts Bamberg sah die Teilnahme an einem Aufbauseminar nicht als ausreichend an, um von einem Regelfahrverbot abzusehen.
  • Der Betroffene argumentierte, dass ein dreimonatiges Fahrverbot zum Arbeitsplatzverlust führen würde.
  • Das ursprünglich dreimonatige Regelfahrverbot wurde auf einen Monat verkürzt.
  • Die Geldbuße wurde aufgrund der erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitung von 600 € auf 1.200 € verdoppelt.

Reaktion des Gerichts auf verkehrspsychologische Maßnahmen

Der Kern dieses Falles liegt in der Frage, wie das Gericht auf die Teilnahme des Betroffenen an einer verkehrspsychologischen Maßnahme reagiert. DasGericht berücksichtigte insbesondere eine Teilnahmebestätigung für die verkehrspsychologische Maßnahme „Mobil PLUS Prävention“. Ein früheres Urteil des Oberlandesgerichts Bamberg hatte festgestellt, dass die freiwillige Teilnahme an einem Aufbauseminar allein nicht ausreicht, um von einem Regelfahrverbot bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung abzusehen. In diesem speziellen Fall argumentierte der Betroffene jedoch, dass ein dreimonatiges Fahrverbot den Arbeitsplatzverlust bedeuten würde. Untermauert wurde dies durch eine Aussage seines Arbeitgebers, der bei einem solchen Fahrverbot während der Probezeit eine Kündigung in Erwägung zog.

Verkürzung des Regelfahrverbots und erzieherische Wirkung

Fahrverbot reduziert: Geldbuße und Verkehrspsychologie
(Symbolfoto: Third key /Shutterstock.com)

Trotz dieser Argumentation und der Teilnahme an der verkehrspsychologischen Maßnahme wurde das ursprünglich dreimonatige Regelfahrverbot lediglich auf einen Monat verkürzt. Die Teilnahmebestätigung zeigte, dass der Betroffene sich intensiv mit seiner Ordnungswidrigkeit auseinandergesetzt hat. Er hat die Verantwortung für sich und andere Verkehrsteilnehmer erkannt und wurde angeleitet, ein sicherheitsorientiertes Fahrverhalten konsequent und nachhaltig umzusetzen. Aus Sicht des leitenden Diplompsychologen deuteten die Gespräche und das Verhalten während der Sitzungen darauf hin, dass die beabsichtigte erzieherische Wirkung durch die aktive Teilnahme am Programm erreicht wurde.

Konsequenzen und Urteilsbegründung

Trotz dieser positiven Entwicklungen war das Gericht nicht überzeugt, dass die Maßnahme die gleiche Wirkung wie ein dreimonatiges Fahrverbot hätte. Daher wurde das Fahrverbot, unter Berücksichtigung der verkehrspsychologischen Beratung, auf einen Monat verkürzt. Als zusätzliche Maßnahme wurde die Geldbuße aufgrund der erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitung und der vorsätzlichen Handlungsweise von 600 € auf 1.200 € verdoppelt.

Zusätzlich zu diesen Entscheidungen musste der Betroffene die Kosten des Verfahrens tragen. Allerdings wurden die notwendigen Auslagen des Betroffenen für einen Termin, der wegen Krankheit der zuständigen Richterin ausfiel, aus Gründen der Fairness von der Staatskasse übernommen.

Schlussfolgerung und Bedeutung des Urteils

Das Urteil zeigt, dass das Gericht sowohl die Schwere der Verkehrsverstöße als auch die Bemühungen des Betroffenen, sich zu bessern und die Konsequenzen seiner Handlungen zu verstehen, berücksichtigt. Es verdeutlicht die Bedeutung von verkehrspsychologischen Maßnahmen und die Notwendigkeit, die individuellen Umstände jedes Falles zu berücksichtigen.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Verkürzung des Regelfahrverbots

Eine Verkürzung des Regelfahrverbots ist unter bestimmten Umständen möglich, jedoch nicht grundsätzlich gegeben. Die Möglichkeit zur Verkürzung der Fahrverbotsdauer oder ein Absehen vom Regelfahrverbot kann in Betracht kommen, wenn besondere Umstände vorliegen. Hierbei wird oft geprüft, ob eine unbillige Härte für den Betroffenen entstehen würde. Es ist zu beachten, dass eine Verkürzung des Fahrverbots eine dezidierte Urteilsbegründung erfordert.

Für Ersttäter gibt es die Möglichkeit, den Antritt des Fahrverbots zu verschieben, allerdings ist eine Verkürzung oder Unterbrechung des Fahrverbots grundsätzlich nicht möglich. Das Fahrverbot muss im Ganzen abgeleistet werden.

Es gibt auch Überlegungen, ein Fahrverbot in ein höheres Bußgeld umzuwandeln, um eine unbillige Härte zu vermeiden. Allerdings steht diese Möglichkeit nicht grundsätzlich zur Verfügung, sondern wird von der Behörde oder dem Gericht in Ausnahmefällen entschieden.

Um ein Fahrverbot zu umgehen oder eine Verkürzung zu beantragen, sollte zunächst ein Einspruch gegen den Bußgeldbescheid eingelegt werden. Es wird empfohlen, einen Anwalt für Verkehrsrecht zu konsultieren, der eine geeignete Argumentation ausarbeiten kann, um darzulegen, dass ein Härtefall vorliegt.

Die Verkürzung eines Regelfahrverbots kann auch bei Trunkenheit im Straßenverkehr oder bei einem groben Pflichtenverstoß in Betracht gezogen werden. Die gleichen Grundsätze wie für ein vollständiges Absehen vom Fahrverbot gelten auch für die Verkürzung der Dauer des Regelfahrverbots.

  • Rechtskraft der Bußgeldentscheidung: Die Rechtskraft einer Bußgeldentscheidung bezeichnet den Zeitpunkt, ab dem die Entscheidung endgültig und nicht mehr anfechtbar ist. Dies bedeutet, dass weder der Betroffene noch die Behörde gegen die Entscheidung Rechtsmittel einlegen können. Im Kontext eines Verkehrsverstoßes wird das entsprechende Fahrverbot erst wirksam, wenn die Bußgeldentscheidung rechtskräftig ist. Dies ist von Bedeutung, da der Betroffene bis zur Rechtskraft der Entscheidung weiterhin berechtigt ist, ein Fahrzeug zu führen.
  • Regelfahrverbot: Ein Regelfahrverbot bezieht sich auf das standardmäßige Fahrverbot, das in der Regel für eine bestimmte Dauer verhängt wird, wenn jemand gegen bestimmte Verkehrsregeln verstößt. Die Länge des Fahrverbots kann je nach Art und Schwere des Verstoßes variieren. Im Rahmen des deutschen Straßenverkehrsgesetzes beträgt das Regelfahrverbot normalerweise einen Monat, kann aber in bestimmten Fällen auf bis zu drei Monate erhöht werden. Im vorliegenden Fall wurde das ursprüngliche Regelfahrverbot von drei Monaten auf einen Monat reduziert.
  • Verkehrspsychologische Maßnahme: Verkehrspsychologische Maßnahmen sind Interventionen, die darauf abzielen, das Verhalten von Verkehrssündern zu ändern und ein sicherheitsorientiertes Fahren zu fördern. Sie können verschiedene Formen annehmen, wie zum Beispiel Kurse oder Beratungen, und sind oft auf die spezifischen Bedürfnisse des Einzelnen zugeschnitten. Die Teilnahme an einer verkehrspsychologischen Maßnahme kann sich positiv auf die Dauer eines Fahrverbots auswirken und dazu führen, dass das Fahrverbot reduziert oder in einigen Fällen sogar aufgehoben wird. In diesem Fall wurde die Teilnahme an einer solchen Maßnahme bei der Entscheidung über die Dauer des Fahrverbots berücksichtigt.

§ Relevante Rechtsbereiche für dieses Urteil:


  1. Verkehrsstrafrecht: Hierbei handelt es sich um den Bereich des Strafrechts, der Verstöße im Straßenverkehr behandelt. Im vorliegenden Fall geht es um die vorsätzliche Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit und die darauf basierende Geldbuße.
  2. Verkehrsverwaltungsrecht: Dieser Bereich des Verwaltungsrechts betrifft die Verwaltung von Verkehrsangelegenheiten, einschließlich der Verhängung von Fahrverboten. Das Fahrverbot für den Betroffenen und seine Bedingungen sind relevant.
  3. Ordnungswidrigkeitenrecht: Hierbei handelt es sich um einen Rechtsbereich, der sich mit Ordnungswidrigkeiten und den entsprechenden Sanktionen befasst. Im vorliegenden Fall wird das Ordnungswidrigkeitenrecht in Bezug auf die Geldbuße und das Fahrverbot angewendet.
  4. Bußgeldkatalogverordnung (BKatV): Die BKatV ist ein spezifisches Gesetz, das die Höhe der Bußgelder für Verkehrsverstöße festlegt. In diesem Fall wird sie zur Bestimmung der Geldbuße herangezogen.

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Das vorliegende Urteil

AG Bernkastel-Kues-  Az.: 8 OWi 8142 Js 7327/15 – Urteil vom 15.09.2015

1. Der Betroffene wird wegen vorsätzlicher Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 78 km/h zu einer Geldbuße von 1.200 € verurteilt.

Dem Betroffenen wird für die Dauer von 1 Monat verboten, Kraftfahrzeuge aller Art zu führen.

Das Fahrverbot wird erst wirksam, wenn der Führerschein nach Rechtskraft der Bußgeldentscheidung in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von 4 Monaten seit Eintritt der Rechtskraft.

2. Der Betroffene hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die notwendigen Auslagen des Betroffenen hinsichtlich des Termins vom 28.07.2015 fallen der Staatskasse zur Last.

Angewendete Vorschriften: §§ 41 Abs.2,49 StVO; 24, 25 StVG; 4 Abs.2, 11.3.10 BKatV

Gründe

Wegen der Gründe nimmt das Gericht insbesondere Bezug auf die zur Akte gereichte Teilnahmebestätigung für die verkehrspsychologische Maßnahme Mobil PLUS Prävention. Zwar hat das Oberlandesgericht Bamberg unter dem 17.03.2008 und dem Az: 2 Ss OWi 265/2008 entschieden, dass wegen freiwilliger Teilnahme an einem Aufbauseminar allein von einem Regelfahrverbot nicht abgesehen werden sollte bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung. Im vorliegenden Fall ist es jedoch so, dass über die Teilnahme an diesem Seminar hinaus der Betroffene plausibel dargelegt hat, dass im Falle eines 3-monatigen Fahrverbotes der Verlust seines Arbeitsplatzes droht Dazu führte der Arbeitgeber aus, dass im Falle der Verhängung eine dreimonatigen Fahrverbots die Kündigung während der Probezeit ausgesprochen werden müsste (Bl 83 d. A.).

Zudem wurde von dem Regelfahrverbot nicht vollständig abgesehen, sondern das 3-monatige Regelfahrverbot wurde lediglich auf 1 Monat verkürzt. Überdies weist die Teilnahmebestätigung an der verkehrspsychologischen Maßnahme Mobil PLUS Prävention 3 Einzelsitzungen à 60 Minuten aus, auch weist die Teilnahmebestätigung aus, dass der Betroffene sich mit der begangenen Ordnungswidrigkeit befasst hat, die Verantwortung für sich und andere Verkehrsteilnehmer bewusst wahrgenommen und Anleitung erhalten ein, ein sicherheitsorientiertes Fahrverhalten durchgehend und nachhaltig umzusetzen. Ihm wird bestätigt, dass er sich zuverlässig in der Einhaltung der Termine und der vereinbarten Bearbeitung der Kursaufgaben und Beobachtungsübungen gezeigt hat. Nach den Gesprächsinhalten und dem gezeigten Verhalten während der Sitzungen war aus Sicht des leitenden Diplompsychologen abzuleiten, dass die beabsichtigte Erziehungswirkung bei Herrn G. durch die aktive Teilnahme an Mobil PLUS Prävention in Gang gesetzt wurde und er sich konkrete Handlungsanleitungen für ein zukünftig regelgerechtes Verhalten erarbeiten konnte. Aus verkehrspsychologischer Sicht wurde deshalb empfohlen, da von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, von einem Fahrverbot abzusehen. Da es sich jedoch vorliegend um ein Regelfahrverbot von 3 Monaten handelte, nicht lediglich um ein solches von 1 Monat, ist das Gericht trotz der erzieherischen Wirkung des Seminars nicht davon überzeugt, dass dieses die Wirkung eines 3-monatigen Fahrverbotes bereits erreicht. Das Gericht hat deshalb unter Berücksichtigung der Teilnahme an dieser verkehrspsychologischen Intensivberatung jedoch das Fahrverbot auf 1 Monat verkürzt.

Schließlich wurde die Geldbuße angesichts der Verringerung des Fahrverbots und der bei einer Überschreitung von 78 km/h offenbar vorsätzlichen Begehungsweise von von 600 € auf 1.200 € verdoppelt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 465 Abs. 1 StPO.

Die notwendigen Auslagen des Betroffenen hinsichtlich des anberaumten und ausgefallenen Termins vom 28.07.2015 waren aus Billigkeitsgründen der Staatskasse aufzuerlegen. Dieser Termin ist aufgrund Krankheit der damals zuständigen Richterin ausgefallen und konnte nicht rechtzeitig abgesagt werden, so dass der Verteidiger des Betroffenen bei Gericht erschienen ist.

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