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Untersagung des Führens erlaubnisfreier Fahrzeuge wegen Alkoholkonsums

Das Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein hat entschieden, dass ein Fahrverbot für erlaubnisfreie Fahrzeuge aufgrund von Alkoholkonsum rechtmäßig sein kann, wenn die Person als ungeeignet zum Führen von Fahrzeugen eingestuft wird. Die Beschwerde gegen einen früheren Beschluss, der ein solches Fahrverbot bestätigte, wurde abgelehnt. Dabei spielte die Weigerung des Betroffenen, ein angefordertes medizinisch-psychologisches Gutachten vorzulegen, eine entscheidende Rolle.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 5 MB 24/22 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Das Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein hat die Beschwerde gegen ein Fahrverbot für erlaubnisfreie Fahrzeuge aufgrund von Alkoholkonsum abgewiesen.
  • Eine wichtige Rolle spielte die Nichtvorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens durch den Betroffenen.
  • Das Gericht betonte, dass bei Nichtvorlage des Gutachtens von der Ungeeignetheit zum Führen von Fahrzeugen ausgegangen werden darf.
  • Das Fahrverbot bleibt bestehen, da die Gutachtenanforderung rechtlich korrekt war.
  • Allerdings wurde festgestellt, dass die Anordnung der Gutachtensvorlage in einem Punkt materiell rechtswidrig war, dies änderte jedoch nichts am Ergebnis des Verfahrens.
  • Frühere Verstöße des Betroffenen dürfen aufgrund von Tilgungsfristen nicht mehr berücksichtigt werden.
  • Das Gericht entschied, dass das erlaubnisfreie Führen von Fahrzeugen untersagt werden kann, wenn die Person als ungeeignet betrachtet wird.
  • Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner, der Streitwert wurde auf 2.500 Euro festgesetzt.

Alkohol am Steuer: Untersagung erlaubnisfreier Fahrzeuge

Alkohol und Fahren sind eine gefährliche Mischung, die oft fatale Folgen haben kann. Doch nicht nur Autofahrer sind betroffen. Auch das Führen von erlaubnisfreien Fahrzeugen, wie Mofas oder E-Scootern, kann unter Alkoholeinfluss untersagt werden. Die rechtlichen Grundlagen und die damit verbundenen Konsequenzen sind vielen jedoch unbekannt. In diesem Artikel wird das Thema „Untersagung des Führens erlaubnisfreier Fahrzeuge bei Alkoholkonsum“ beleuchtet und die wichtigsten Aspekte verständlich erläutert.

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Im Zentrum des Falls steht die Untersagung des Führens erlaubnisfreier Fahrzeuge aufgrund von Alkoholkonsum, ein Thema, das weitreichende Implikationen im Bereich des Verkehrsrechts und der Fahrerlaubnisregulierung aufwirft. Das Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein hat in seinem Beschluss vom 21. Dezember 2022, Aktenzeichen 5 MB 24/22, eine wichtige Entscheidung getroffen, die die Grenzen der Fahrerlaubnisbehörde bei der Anordnung von medizinisch-psychologischen Untersuchungen (MPU) verdeutlicht.

Die rechtliche Auseinandersetzung um die Fahrerlaubnis

Der Streitfall nahm seinen Anfang, als einem Antragsteller vom zuständigen Verwaltungsgericht aufgegeben wurde, ein medizinisch-psychologisches Gutachten vorzulegen, nachdem er wiederholt unter Alkoholeinfluss am Straßenverkehr teilgenommen hatte. Der Antragsteller kam dieser Aufforderung nicht nach, woraufhin die Fahrerlaubnisbehörde ihm das Führen von erlaubnisfreien Fahrzeugen untersagte. Diese Maßnahme wurde mit der Annahme begründet, dass der Antragsteller aufgrund seines Alkoholkonsums ungeeignet zum Führen jeglicher Fahrzeuge sei.

Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts

Das Oberverwaltungsgericht bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz und wies die Beschwerde des Antragstellers zurück. Dabei betonte das Gericht, dass die Fahrerlaubnisbehörde das Recht habe, bei begründeten Zweifeln an der Eignung eines Fahrzeugführers eine MPU anzuordnen. Im vorliegenden Fall war die Anordnung zur Vorlage des Gutachtens formell und materiell rechtmäßig, da der Antragsteller bereits in der Vergangenheit mit erheblichem Alkoholeinfluss am Straßenverkehr teilgenommen hatte.

Verwertungsverbote und rechtliche Feinheiten

Interessanterweise hob das Gericht auch die Bedeutung von Verwertungsverboten hervor. So wurde festgestellt, dass eine der Zuwiderhandlungen des Antragstellers aufgrund der geltenden Tilgungsfristen nicht mehr im Rahmen des aktuellen Verfahrens berücksichtigt werden durfte. Dies zeigt die Komplexität der rechtlichen Rahmenbedingungen, unter denen Fahrerlaubnisbehörden operieren müssen, und unterstreicht die Bedeutung einer sorgfältigen Prüfung jeder einzelnen Entscheidung.

Relevanz für Verkehrsrecht und Fahrerlaubnisregulierung

Dieser Fall verdeutlicht die Grenzen und Möglichkeiten der Fahrerlaubnisbehörden im Umgang mit Verkehrsteilnehmern, die unter Alkoholeinfluss stehen. Die Entscheidung trägt zur Rechtssicherheit bei und stellt klar, dass die Behörden bei nachgewiesenem riskantem Verhalten entsprechende Maßnahmen ergreifen dürfen, um die Verkehrssicherheit zu gewährleisten.

Zusammengefasst bestätigt das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Schleswig-Holstein die Rechtmäßigkeit der Untersagung des Führens erlaubnisfreier Fahrzeuge aufgrund von Alkoholkonsum. Es unterstreicht die Notwendigkeit der Einhaltung rechtlicher Vorgaben sowohl vonseiten der Fahrer als auch der Behörden und dient als wichtige Orientierungshilfe im komplexen Feld des Verkehrsrechts.

✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt

Was bedeutet die Untersagung des Führens erlaubnisfreier Fahrzeuge aufgrund von Alkoholkonsum?

Die Untersagung des Führens erlaubnisfreier Fahrzeuge aufgrund von Alkoholkonsum bezieht sich auf eine behördliche Maßnahme, die Personen verbietet, bestimmte Fahrzeuge zu führen, für die keine Fahrerlaubnis benötigt wird, wie Fahrräder, E-Scooter oder Pedelecs, wenn diese Personen durch Alkohol- oder Drogenkonsum als ungeeignet zum Führen von Fahrzeugen eingestuft werden. Diese Maßnahme basiert auf der Annahme, dass Personen, die unter dem Einfluss von Alkohol oder Drogen stehen, eine Gefahr für die Verkehrssicherheit darstellen, unabhängig davon, ob sie ein fahrerlaubnispflichtiges oder ein erlaubnisfreies Fahrzeug führen.

Die rechtliche Grundlage für solche Maßnahmen findet sich in der Fahrerlaubnisverordnung (FeV). Gemäß § 3 FeV kann die Fahrerlaubnisbehörde das Führen von Fahrzeugen untersagen oder beschränken, wenn sich jemand als ungeeignet oder nur bedingt geeignet zum Führen von Fahrzeugen erwiesen hat. Dies kann auch das Führen von erlaubnisfreien Fahrzeugen einschließen, wenn die betreffende Person durch Fahrten unter Alkohol- oder Drogeneinfluss auffällig geworden ist.

Ein aktuelles Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH) vom 17. April 2023 hebt hervor, dass die Regelung des § 3 Abs. 1 FeV im Hinblick auf erlaubnisfreie Fahrzeuge als zu lückenhaft angesehen wird und keine hinreichende Differenzierung zwischen den Gefahrenlagen bei fahrerlaubnispflichtigen und erlaubnisfreien Fahrzeugen bietet. Der VGH entschied, dass die Untersagung des Führens erlaubnisfreier Fahrzeuge in einem konkreten Fall rechtswidrig war, da die Regelung zu unbestimmt sei und somit zu unverhältnismäßigen Verboten führen könne.

Die Entscheidung zeigt, dass die Anwendung der FeV auf erlaubnisfreie Fahrzeuge rechtlich umstritten ist und eine differenzierte Betrachtung erfordert. Während die Intention, die Verkehrssicherheit zu erhöhen, klar ist, müssen die rechtlichen Grundlagen und die Verhältnismäßigkeit solcher Maßnahmen sorgfältig abgewogen werden.

Welche Rolle spielt ein medizinisch-psychologisches Gutachten bei der Beurteilung der Fahreignung?

Ein medizinisch-psychologisches Gutachten (MPU) spielt eine zentrale Rolle bei der Beurteilung der Fahreignung einer Person. Es wird in Situationen angefordert, in denen Zweifel an der Eignung einer Person zum Führen eines Kraftfahrzeugs bestehen, beispielsweise nach schwerwiegenden oder wiederholten Verkehrsverstößen, insbesondere im Zusammenhang mit Alkohol- oder Drogenkonsum. Die MPU dient dazu, festzustellen, ob die betreffende Person die notwendigen Voraussetzungen erfüllt, um sicher am Straßenverkehr teilzunehmen.

Ablauf und Bestandteile der MPU

Die MPU besteht aus mehreren Teilen, die alle erfolgreich absolviert werden müssen, um ein positives Gutachten zu erhalten:

  • Medizinische Untersuchung: Überprüfung der körperlichen und geistigen Gesundheit, einschließlich Tests auf Alkohol- und Drogenkonsum. Bei Verdacht auf Alkoholmissbrauch werden beispielsweise auch die Leberwerte überprüft.
  • Leistungstests: Überprüfung der Reaktionsfähigkeit, Konzentrationsfähigkeit und weiterer kognitiver Fähigkeiten mittels computergestützter Tests.
  • Psychologisches Gespräch: Ein wesentlicher Bestandteil der MPU, bei dem die Gründe für das bisherige Verkehrsverhalten, die Einsicht in das Fehlverhalten und die Bereitschaft zur Verhaltensänderung im Mittelpunkt stehen. Die Glaubwürdigkeit und die Ernsthaftigkeit der Aussagen der betroffenen Person sind hierbei entscheidend.

Bedeutung des Gutachtens

Das Ergebnis der MPU ist ein Gutachten, das ausschlaggebend dafür ist, ob eine Person ihre Fahrerlaubnis zurückerhält oder neu erteilt bekommt. Ein positives Gutachten ist ein Nachweis dafür, dass keine Bedenken mehr gegen die Fahreignung bestehen. Es muss bei der zuständigen Führerscheinstelle vorgelegt werden, um den Führerschein wiederzuerlangen oder neu zu beantragen.

Ein negatives Gutachten bedeutet hingegen, dass weiterhin Zweifel an der Fahreignung bestehen. In diesem Fall bleibt die Fahrerlaubnis entzogen, und es kann notwendig sein, die MPU nach einer gewissen Zeit zu wiederholen, um die Fahreignung erneut zu überprüfen.

Fazit

Das medizinisch-psychologische Gutachten ist ein entscheidendes Instrument zur Beurteilung der Fahreignung. Es soll sicherstellen, dass nur Personen, die sowohl körperlich und geistig als auch hinsichtlich ihres Verhaltens und ihrer Einstellung zum Straßenverkehr geeignet sind, eine Fahrerlaubnis erhalten oder behalten. Die sorgfältige Vorbereitung auf die MPU und eine ehrliche Auseinandersetzung mit den eigenen Verhaltensweisen sind daher für ein positives Ergebnis unerlässlich.

§ Wichtige Gesetze und Paragraphen in diesem Urteil

  1. § 3 Abs. 1 FeV
    Bestimmt die Untersagung des Führens von Fahrzeugen bei Ungeeignetheit.
  2. § 3 Abs. 2, § 11 Abs. 8 FeV
    Erlaubt die Annahme der Nichteignung bei Nichtvorlage eines geforderten Gutachtens.
  3. § 146 Abs. 4 VwGO
    Regelung des Verfahrens im vorläufigen Rechtsschutz bei Beschwerden.
  4. § 13 Satz 1 Nr. 2 lit. b FeV
    Notwendigkeit eines medizinisch-psychologischen Gutachtens bei wiederholten Zuwiderhandlungen unter Alkoholeinfluss.
  5. § 29 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 iVm § 65 Abs. 3 Nr. 2 Satz 4 lit. a StVG
    Bestimmungen zu Tilgungs- und Verwertungsverboten im Fahreignungsregister.
  6. § 29 Abs. 7 Satz 3 StVG
    Beschränkt die Verwertung von Eintragungen im Fahreignungsregister nach Ablauf bestimmter Fristen.


Das vorliegende Urteil

Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein – Az.: 5 MB 24/22 – Beschluss vom 21.12.2022

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts – 3. Kammer, Einzelrichter – vom 28. Oktober 2022 wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 28. Oktober 2022 ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die aufschiebende Wirkung im Ergebnis zu Recht wiederhergestellt.

Gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO prüft das Oberverwaltungsgericht in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes bei Beschwerden nur die rechtzeitig (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) und in der gebotenen Weise (§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO) dargelegten Gründe. Erweisen sich die Beschwerdegründe als berechtigt, hat die Beschwerde allerdings nicht schon aus diesem Grund, sondern in entsprechender Anwendung des § 144 Abs. 4 VwGO erst dann Erfolg, wenn sich die angefochtene Entscheidung nicht aus anderen Gründen als richtig erweist (vgl. OVG Schleswig, Beschluss vom 21. Mai 2021 – 4 MB 27/21 – n. v.; Beschluss vom 12. Mai 2020 – 1 MB 32/19 –, juris Rn. 10; Beschluss vom 22. August 2019 – 3 MB 24/19 –, juris Rn. 2 f., mwN).

Der vom Antragsgegner geltend gemachte Grund ist zwar berechtigt (1.), die angefochtene Entscheidung erweist sich aber aus anderen Gründen als richtig (2.).

1. Rechtsgrundlage für die Untersagung zum Führen von erlaubnisfreien Fahrzeugen ist § 3 Abs. 1 FeV. Danach hat die Fahrerlaubnisbehörde, wenn sich jemand als ungeeignet zum Führen von Fahrzeugen erweist, ihm das Führen zu untersagen. Gemäß § 3 Abs. 2, § 11 Abs. 8 FeV darf die Fahrerlaubnisbehörde bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen, wenn dieser ein von ihr rechtmäßig gefordertes Gutachten verweigert oder nicht fristgerecht vorlegt, und der Betroffene – wie hier – darauf hingewiesen worden ist.

Der Antragsteller hat das am 21. Juli 2022 von der Fahrerlaubnisbehörde angeforderte medizinisch-psychologische Gutachten nicht innerhalb der Frist vorgelegt. Die Gutachtenanordnung vom 21. Juli 2022 entspricht den Anforderungen des § 11 Abs. 6 FeV und ist damit in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden. Insbesondere hat der Antragsgegner eine hinreichend bestimmte Frist zur Vorlage des Gutachtens gesetzt. Er forderte den Antragsteller zur Vorlage „innerhalb von 2 Monaten“ auf. Zwar nennt der Bescheid keinen konkreten Zeitpunkt für den Beginn der Frist. Der Fristbeginn folgt jedoch aus dem Gesetz. Gemäß § 89 Abs. 2 LVwG beginnt der Lauf einer Frist, die von einer Behörde gesetzt wird, mit dem Tag, der auf die Bekanntgabe der Frist folgt, außer wenn der oder dem Betroffenen etwas anderes mitgeteilt wird. Vorliegend ist dem Antragsteller die Gutachtenanordnung am 27. Juli 2022 zugestellt worden, Fristbeginn war daher der 28. Juli 2022. Die Frist endete am 27. September 2022. Eine zweimonatige Frist zur Vorlage des Gutachtens begegnet keinen Bedenken.

2. Die Gutachtenanordnung ist allerdings materiell rechtswidrig. Rechtsgrundlage der Gutachtenanordnung ist § 3 Abs. 2 FeV iVm § 13 Satz 1 Nr. 2 FeV. Rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass der Führer eines Fahrzeugs zum Führen ungeeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 FeV entsprechende Anwendung, § 3 Abs. 2 FeV. Gemäß § 13 Satz 1 Nr. 2 lit. b FeV ist ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen, wenn wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr und unter Alkoholeinfluss begangen wurden. Die Voraussetzungen sind nicht erfüllt.

Der Antragsteller führte am 7. Februar 2008 einen erlaubnisfreien Motorroller mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,69 ‰ und am 3. April 2022 ein Mofa mit einer Atemalkoholkonzentration von 0,30 mg/l. Dass es sich bei dem letzten Verstoß um eine Ordnungswidrigkeit handelt, ist unerheblich. Zuwiderhandlungen im Sinne des § 13 Satz 1 Nr. 2 lit. b FeV sind sowohl Straftaten als auch Ordnungswidrigkeiten (vgl. Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 46. Auflage 2021, § 13 FeV, Rn. 22).

Allerdings besteht hinsichtlich der Zuwiderhandlung vom 7. Februar 2008 ein Verwertungsverbot. Die Tilgungs- und Verwertungsbestimmungen für Eintragungen in das Fahreignungsregister bestimmen, ob dem Antragsteller sein in der Vergangenheit liegendes Fehlverhalten entgegengehalten werden darf (OVG Schleswig, Beschluss vom 15. März 2012 – 2 MB 20/12 – n. v.; Beschluss vom 26. März 2018 – 4 LA 126/17 –, juris Rn. 6; Dauer, a. a. O., § 13 FeV, Rn. 22). Abzustellen ist auf den Zeitpunkt der Gutachtenanforderung.

Der Antragsteller wurde für die Tat mit Strafbefehl vom 15. Mai 2008 rechtskräftig zu einer Geldstrafe von 25 Tagessätzen verurteilt. Der zuständigen Verwaltungsbehörde wurde untersagt, dem Antragsteller vor Ablauf einer Frist von acht Monaten ab Rechtskraft des Strafbefehls eine Fahrerlaubnis zu erteilen, und dem Antragsteller für die Dauer von drei Monaten verboten, Kraftfahrzeuge jeglicher Art im öffentlichen Straßenverkehr zu führen.

Gemäß § 29 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 iVm § 65 Abs. 3 Nr. 2 Satz 4 lit. a Halbsatz 1 StVG beträgt die Tilgungsfrist für die Eintragung im Fahreignungsregister aufgrund des Strafbefehls vom 15. Mai 2008 zehn Jahre, die grundsätzlich mit dem Tag der Rechtskraft der Entscheidung – hier: 3. Juni 2008 – zu laufen beginnt, vgl. § 29 Abs. 4 Nr. 1 StVG. Dabei ist die Anlaufhemmung zu beachten: Die Tilgungsfrist begann gemäß § 29 Abs. 5 Satz 1 StVG aufgrund der im Strafbefehl angeordneten Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 2 StGB erst fünf Jahre nach der Rechtskraft der beschwerenden Entscheidung. Damit wäre die Eintragung nach gegenwärtig geltendem Recht am 3. Juni 2023 zu tilgen. Zusätzlich ist jedoch zu berücksichtigten, dass gemäß § 65 Abs. 3 Nr. 2 Satz 4 lit. a Halbsatz 2 StVG die nach § 65 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 StVG bisher abgelaufene Tilgungsfrist angerechnet wird. Die bisher – d. h. vor dem 1. Mai 2019 – abgelaufene Tilgungsfrist berechnet sich nach § 29 StVG in der bis zum Ablauf des 30. April 2014 anwendbaren Fassung (§ 29 StVG a. F.). Gemäß § 29 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und Abs. 5 Satz 1 StVG a. F. galt für die Tilgung im Verkehrszentralregister ebenfalls eine zehnjährige Tilgungsfrist und eine fünfjährige Anlaufhemmung, jedoch begann die Anlaufhemmung mit „der beschwerenden Entscheidung“, d. h. bei Strafbefehlen mit dem Tag der Unterzeichnung durch den Richter (vgl. § 29 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und Abs. 4 Nr. 1 StVG a. F.). Der Strafbefehl wurde am 15. Mai 2008 unterzeichnet. Im Ergebnis läuft die Tilgungsfrist der Zuwiderhandlung am 15. Mai 2023 ab und damit erst nach dem Zeitpunkt der Gutachtenanordnung am 21. Juli 2022.

Es liegt jedoch ein Verwertungsverbot gemäß § 29 Abs. 7 Satz 3 StVG vor. Nach dieser Norm darf eine Eintragung im Fahreignungsregister über eine gerichtliche Entscheidung nach Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 lit. a, die einer zehnjährigen Tilgungsfrist unterliegt, nach Ablauf eines Zeitraumes, der einer fünfjährigen Tilgungsfrist nach den vorstehenden Vorschriften entspricht, nur noch zur Durchführung von Verfahren, die eine Erteilung oder Entziehung einer Fahrerlaubnis zum Gegenstand haben oder zum Ergreifen von Maßnahmen nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem nach § 4 Abs. 5 an die nach Landesrecht zuständige Behörde übermittelt und dort verwendet werden. Eine Verwertung im vorliegenden Verfahren ist daher ausgeschlossen. Die Eintragung im Fahreignungsregister über die Zuwiderhandlung vom 7. Februar 2008 beruht auf einer strafgerichtlichen Entscheidung im Sinne des § 29 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 lit. a StVG, weil der Antragsteller wegen Trunkenheit im Verkehr gemäß § 316 StGB verurteilt und eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 2 StGB angeordnet wurde. Vorliegend soll aber kein Verfahren durchgeführt werden, das eine Erteilung oder Entziehung einer Fahrerlaubnis zum Gegenstand hat. Es geht auch nicht um Maßnahmen nach § 4 Abs. 4 StVG. Gegenstand des Verfahrens ist vielmehr die Prüfung, ob dem Antragsteller das erlaubnisfreie Führen von Fahrzeugen untersagt wird. In diesem Fall darf die Eintragung über die Zuwiderhandlung vom 7. Februar 2008 nicht mehr verwertet werden. Das wäre nur innerhalb einer fünfjährigen Tilgungsfrist, d. h. bis zum 15. Mai 2018, möglich gewesen.

Etwas anderes folgt auch nicht aus § 29 Abs. 7 Satz 4 StVG. Die Norm bestimmt, dass für die Prüfung der Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen Entscheidungen der Gerichte nach den §§ 69 bis 69b StGB an die nach Landesrecht zuständige Behörde übermittelt und dort verwendet werden dürfen. Nicht anwendbar ist die Vorschrift daher auf Fälle, in denen – wie hier – aufgrund des wiederholten Führens von Fahrzeugen unter Alkoholeinfluss die Eignung des Fahrers und nicht dessen Berechtigung zu klären ist.

Ob die Gutachtenanordnung auf § 13 Satz 1 Nr. 2 lit. a Alt. 2 FeV gestützt werden kann, ist im vorliegenden Fall von dem Senat im Rahmen des einstweiligen Rechtschutzverfahrens nicht zu prüfen. Nach der Norm ist ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen, wenn sonst Tatsachen die Annahme von Alkoholmissbrauch begründen. Die berücksichtigungsfähige Eintragung im Fahreignungsregister über die Zuwiderhandlung vom 3. April 2022 genügt allein nicht.

Ob als Tatsache im Sinne des § 13 Satz 1 Nr. 2 lit. a Alt. 2 FeV herangezogen werden kann, dass der Antragsteller am 3. April 2022 gegenüber der Polizei gesagt haben soll, seit seiner Kindheit Alkohol zu trinken und mittlerweile Alkoholiker zu sein, ist von dem Antragsgegner zu prüfen. Der Antragsteller trägt im gerichtlichen Verfahren vor, diese Aussage nie getätigt zu haben, sondern von den Polizeibeamten falsch verstanden worden zu sein, weil er schlecht Deutsch spreche. Der Antragsgegner ist dem nicht entgegengetreten, sondern hat im Schreiben vom 11. August 2022 eingeräumt, dies nicht beurteilen zu können. Dementsprechend hat er die sich ursprünglich auf zwei Fragen beziehende Gutachtenanordnung (1. „Lässt sich die aufgrund aktenkundiger Tatsachen bestehende Annahme einer Alkoholabhängigkeit bestätigen? Finden sich, wenn keine Alkoholabhängigkeit vorliegt, Anzeichen für einen Alkoholmissbrauch?“ und 2. „Ist zu erwarten, dass der Untersuchte auch zukünftig ein Kraftfahrzeug (hier: Mofa) unter Alkoholeinfluss führen wird und/oder liegen als Folge eines unkontrollierten Alkoholkonsums Beeinträchtigungen vor, die das sichere Führen eines Kraftfahrzeuges (hier: Mofa) in Frage stellen?“) auf die zweite Frage beschränkt.

Eine andere Rechtsgrundlage für die Anordnung zur Beibringung des medizinisch-psychologischen Gutachtens ist nicht ersichtlich. Der Antragsgegner durfte daher nicht auf die Nichteignung des Antragstellers zum Führen von Fahrzeugen gemäß § 11 Abs. 8 FeV schließen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG iVm Ziffer 46.14 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 31. Mai/1. Juni 2012 und 18. Juli 2013 beschlossenen Änderungen. Der danach anzusetzende Wert von 5.000,00 Euro ist im vorläufigen Rechtschutzverfahren aufgrund der Vorläufigkeit der Entscheidung nach Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs zu halbieren (vgl. Beschluss des Senats vom 13. Mai 2020 – 5 MB 9/20 –, juris Rn. 3).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

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