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Unterbrechung der Verfolgungsverjährung durch Terminbestimmung der Geschäftsstelle

Verlängerung der Verfolgungsverjährung bei Verkehrsdelikten: Tempolimit und Radarmessungen

Das Oberlandesgericht Bamberg hat im Fall 3 Ss OWi 218/15 ein Urteil des Amtsgerichts aufgehoben, das einen Betroffenen wegen zu schnellen Fahrens verurteilte. Die Einstellung des Verfahrens erfolgte aufgrund der Verfolgungsverjährung, da die richterliche Anberaumung eines Termins nicht ordnungsgemäß dokumentiert war. Dieses Urteil hebt die Wichtigkeit einer korrekten Verfahrensweise und Dokumentation in Gerichtsprozessen hervor.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 3 Ss OWi 218/15  >>>

Das Wichtigste in Kürze


  1. nd, können eine Verfolgungsverjährung unterbrechen.
  2. Rechtssicherheit und Dokumentationspflicht: Das Urteil betont die Wichtigkeit der Rechtssicherheit und der genauen Dokumentation in juristischen Verfahren.
  3. Eintreten der Verfolgungsverjährung: Zum Zeitpunkt der Überprüfung war bereits Verfolgungsverjährung eingetreten, was zur Einstellung des Verfahrens führte.

Die Unterbrechung der Verfolgungsverjährung im Ordnungswidrigkeitenrecht ist ein wichtiges Thema, welches in vielen Fällen zu rechtlichen Herausforderungen führt. Das Oberlandesgericht Bamberg hat in seinem Beschluss vom 23.02.2015, Az.: 3 Ss OWi 218/15 festgelegt, dass eine Terminsbestimmung durch die Geschäftsstelle nicht geeignet ist, die Verjährung zu unterbrechen. Diese Entscheidung wirft Fragen auf, die im Folgenden beantwortet werden.

Im weiteren Verlauf des Artikels wird ein konkretes Urteil zum Thema vorgestellt und besprochen. Dabei werden die rechtlichen Grundlagen, die Bedeutung der Unterbrechung und die Folgen für die Verjährung dargestellt. Zudem wird die Rolle der Geschäftsstelle und des Vorsitzenden beleuchtet und erörtert, wie diese bei der Unterbrechung der Verjährung eine wichtige Rolle spielen.

Abschließend wird die Entscheidung des Oberlandesgerichts Bamberg kritisch betrachtet und bewertet, um ein umfassendes Verständnis des Themas zu vermitteln.

Beginn der juristischen Auseinandersetzung: Ein Fall von Geschwindigkeitsüberschreitung

Im Zentrum des Falles steht ein Vorfall aus dem Jahr 2012, bei dem der Betroffene auf der BAB A 9 mit einer Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 33 km/h geblitzt wurde. Diese Überschreitung führte zu einem Bußgeldbescheid, der eine Geldstrafe von 180 Euro und ein einmonatiges Fahrverbot nach § 25 Abs. 2a StVG beinhaltete. Der Betroffene, der sich durch diesen Bescheid ungerecht behandelt fühlte, legte Rechtsbeschwerde ein, was eine juristische Auseinandersetzung in Gang setzte.

Die rechtliche Herausforderung: Verfolgungsverjährung und ihre Unterbrechung

Der Kern des Rechtsstreits lag in der Frage, ob eine ordnungsgemäße Unterbrechung der Verfolgungsverjährung stattgefunden hatte. Laut Gesetz kann eine Verfolgungsverjährung unter bestimmten Bedingungen, wie der Anberaumung einer Hauptverhandlung, unterbrochen werden. Im vorliegenden Fall war strittig, ob die vom Gericht vorgenommene Terminbestimmung, die lediglich durch die Geschäftsstelle und nicht durch den Richter selbst erfolgte, als eine solche Unterbrechung gelten konnte.

Gerichtliche Entscheidung: Aufhebung des Urteils und Verfahrenseinstellung

Das Oberlandesgericht Bamberg entschied, dass die Art und Weise, wie der Termin festgelegt wurde, nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprach. Eine wirksame Unterbrechung der Verfolgungsverjährung setzt voraus, dass die Terminsbestimmung auf einer richterlichen Anordnung beruht. Da dies nicht der Fall war und keine adäquate Dokumentation vorlag, wurde das Urteil des Amtsgerichts aufgehoben und das Verfahren eingestellt. Diese Entscheidung zeigt, wie entscheidend die Einhaltung formaler Prozesse und die korrekte Dokumentation in juristischen Verfahren sind.

Schlussfolgerungen und Bedeutung für die Rechtspraxis

Das Urteil des OLG Bamberg unterstreicht die Bedeutung der Rechtssicherheit und der präzisen Einhaltung juristischer Formalitäten. Es macht deutlich, dass bei der Unterbrechung der Verfolgungsverjährung klare und nachweisbare richterliche Anordnungen erforderlich sind. Dieses Urteil ist ein lehrreiches Beispiel dafür, wie wichtig Details in rechtlichen Auseinandersetzungen sind und dass selbst kleine Verfahrensfehler weitreichende Konsequenzen haben können.

Der Fall illustriert eindrucksvoll, wie komplexe juristische Prozesse und Entscheidungen von präzisen Verfahrensabläufen und der genauen Einhaltung gesetzlicher Vorgaben abhängen. Mit diesem Urteil setzt das Oberlandesgericht Bamberg ein klares Signal für die Notwendigkeit der akkuraten Durchführung und Dokumentation in allen juristischen Angelegenheiten.

Wichtige Fragen und Zusammenhänge kurz erklärt


Was ist eine Verfolgungsverjährung und wie kann sie unterbrochen werden?

Die Verfolgungsverjährung ist ein rechtliches Konzept, das im Strafrecht die zeitliche Begrenzung der Strafverfolgung einer Tat festlegt. Nach Ablauf der Verjährungsfrist ist eine Strafverfolgung und somit eine Ahndung der Tat nicht mehr möglich. Die Dauer der Verjährungsfrist hängt von der Schwere der Tat ab und ist gesetzlich festgelegt.

Die Verfolgungsverjährung kann durch verschiedene Handlungen unterbrochen werden. Gemäß § 33 OWiG und § 78c StGB wird die Verjährung unter anderem durch folgende Maßnahmen unterbrochen:

1. Die erste Vernehmung des Betroffenen oder des Beschuldigten.
2. Die Bekanntgabe, dass gegen den Betroffenen oder Beschuldigten ein Ermittlungsverfahren eingeleitet ist.
3. Die Anordnung der Vernehmung oder der Bekanntgabe eines Ermittlungsverfahrens.

Nach jeder Unterbrechung beginnt die Verjährungsfrist von neuem. Es ist jedoch zu beachten, dass die Verfolgung spätestens verjährt ist, wenn seit dem in § 31 Abs. 3 OWiG bezeichneten Zeitpunkt das Doppelte der gesetzlichen Verjährungsfrist, mindestens jedoch zwei Jahre, verstrichen sind.

Die Unterbrechung der Verfolgungsverjährung kann auch durch Maßnahmen erfolgen, die dem Betroffenen nicht zur Kenntnis gelangen, weshalb eine individuelle Prüfung des Einzelfalls, vorzugsweise durch einen Rechtsanwalt, empfohlen wird.

Für bestimmte schwere Straftaten, wie beispielsweise Mord, gibt es keine Verjährung. Bei anderen Delikten, wie sexuellem Missbrauch, beginnt die Verjährungsfrist erst mit Vollendung des 30. Lebensjahrs des Opfers.

Die Verjährungsunterbrechung ist von der Verjährungshemmung zu unterscheiden, bei der die Verjährungsfrist lediglich zum Stillstand kommt und nach Wegfall der Hemmungsgründe weiterläuft.

Was sind die Voraussetzungen für eine richterliche Verfügung zur Terminsbestimmung?

Die Voraussetzungen für eine richterliche Verfügung zur Terminsbestimmung sind im deutschen Recht in der Zivilprozessordnung (ZPO) festgelegt. Gemäß § 216 ZPO werden Termine von Amts wegen bestimmt, wenn Anträge oder Erklärungen eingereicht werden, über die nur nach mündlicher Verhandlung entschieden werden kann oder über die mündliche Verhandlung vom Gericht angeordnet ist. Der Vorsitzende hat die Termine unverzüglich zu bestimmen. Auf Sonntage, allgemeine Feiertage oder Sonnabende sind Termine nur in Notfällen anzuberaumen.

Es ist auch möglich, dass richterliche und gesetzliche Fristen abgekürzt oder verlängert werden können, wenn erhebliche Gründe glaubhaft gemacht sind. Im Falle der Verlängerung wird die neue Frist von dem Ablauf der vorigen Frist an berechnet, wenn nicht im einzelnen Fall ein anderes bestimmt ist.

Es ist zu erwähnen, dass eine Terminsänderung aus erheblichen Gründen möglich ist. Ein Termin kann aufgehoben oder verlegt sowie eine Verhandlung vertagt werden. Die erheblichen Gründe sind auf Verlangen des Vorsitzenden, für eine Vertagung auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.

Es ist auch wichtig, dass die Parteien bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung neue Tatsachen vortragen können. Der Gegner muss sich sofort äußern. In Fällen, in denen der maßgebende Sachverhalt nicht von vornherein unstreitig ist, empfiehlt es sich daher, die Partei oder ihren Anwalt zu informieren.

Schließlich ist zu beachten, dass die Frist, die zwischen dem Zeitpunkt der Bekanntmachung des Termins und der mündlichen Verhandlung liegen muss, in § 274 Abs. 3 ZPO geregelt ist.


Das vorliegende Urteil

OLG Bamberg – Az.: 3 Ss OWi 218/15 – Beschluss vom 23.02.2015

I. Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts vom 05. September 2014 aufgehoben.

II. Das Verfahren wird eingestellt.

III. Die Kosten des Verfahrens und die dem Betroffenen erwachsenen notwendigen Auslagen hat die Staatskasse zu tragen.

Gründe

I.

Das Amtsgericht hat den Betroffenen am 05.09.2014 wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 33 km/h zu einer Geldbuße von 180 Euro verurteilt und ein Fahrverbot von einem Monat nach Maßgabe des § 25 Abs. 2a StVG angeordnet. Nach den Feststellungen steuerte der Betroffene am 22.11.2012 gegen 17.14 Uhr einen Pkw auf der BAB A 9 in Richtung M., wobei er bei Kilometer 1.1, Abschnitt 500 bei einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h eine solche von 133 km/h erreichte.

Mit ihrer Rechtsbeschwerde rügt der Betroffene die Verletzung materiellen Rechts.

II.

Die gemäß § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 OWiG statthafte und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde des Betroffenen führt zur Einstellung des Verfahrens.

Auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts war von Amts wegen zu überprüfen, ob ein Verfahrenshindernis besteht (vgl. KK/Senge OWiG 4. Aufl. § 79 Rn. 98). Dies ist hier der Fall. Einer Fortsetzung des Verfahrens steht die Verfolgungsverjährung entgegen, weshalb jenes bereits vom Amtsgericht gemäß § 206a StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG einzustellen gewesen wäre.

Zur Begründung der Entscheidung nimmt der Senat auf die zutreffende Stellungnahme der Staatsanwaltschaft bei dem Rechtsbeschwerdegericht in ihrer Antragsschrift vom 13.02.2015 Bezug, der er sich inhaltlich anschließt und zu der er ergänzend bemerkt:

Eine richterliche Verfügung, mit dem Inhalt „NT bestimmen“ (bspw. Bl. 56 d.A.) ist nicht geeignet, die Verjährung nach § 33 Abs. 1 Nr. 11 OWiG zu unterbrechen, da es sich insoweit nicht um die „Anberaumung einer Hauptverhandlung“ im Rechtssinne handelt. Von einer solchen kann nur gesprochen werden, wenn Ort, Tag und Stunde der vorgesehenen Hauptverhandlung festgesetzt wurden (OLG Köln VRS 69, 451; vgl. auch OLG Jena ZfSch 1998, 277).

Ebenso wenig vermag eine Terminsbestimmung durch die Geschäftsstelle (bspw. Bl. 57/58 d.A.), die Verfolgungsverjährung zu unterbrechen, da gemäß §§ 213, 411 Abs. 1 StPO, 71 Abs. 1 OWiG nur der Vorsitzende, beim Amtsgericht also der allein entscheidende Richter, Hauptverhandlungstermine anberaumen darf (HK-Lemke OWiG § 33 Rn 61).

Selbst wenn die Geschäftsstelle den Termin nach allgemeinen Vorgaben des Richters herausgesucht und sodann im Einzelfall Rücksprache mit diesem genommen hätte, wäre diese Vorgehensweise im konkreten Fall jedenfalls mangels ordnungsgemäßer Dokumentation ungeeignet gewesen, die Verjährung zu unterbrechen.

Verjährungsunterbrechung tritt nur ein, wenn sich aus den Akten selbst feststellen lässt, dass die konkrete Terminsbestimmung auf richterlicher Anordnung beruht (BayObLG DAR 1980, 271 [Rü] für die Terminsverlegungsverfügung; vgl. auch OLG Koblenz MDR 1981, 75). Da die Unterbrechung der Verjährung nach § 33 Abs. 1 Nr. 11 OWiG an einen einfachen und rein formalen Akt des Richters geknüpft ist, handelt es sich bei der Verpflichtung zur Dokumentation seines Willens um ein Gebot der Rechtssicherheit. Jedenfalls bis zur Abgabe der auf Veranlassung der Generalstaatsanwaltschaft eingeholten dienstlichen Erklärungen im Januar 2015 waren weder die allgemeinen Vorgaben des Richters, noch die konkrete Rücksprache mit diesem den nicht unterschriebenen Terminsverfügungen oder einem Vermerk des zuständigen Geschäftsstellenbeamten zu entnehmen. Zu diesem Zeitpunkt war jedoch bereits Verfolgungsverjährung eingetreten.

III.

Gemäß § 79 Abs. 3 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 354 Abs. 1 StPO war das Verfahren unter Aufhebung des angefochtenen Urteils durch Beschluss (§ 79 Abs. 5 Satz 1 OWiG) einzustellen.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 467 Abs. 1 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG.

Gemäß § 80a Abs. 1 OWiG entscheidet der Einzelrichter.

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