KG Berlin – Az.: 3 Ws (B) 197/19 – 162 Ss 81/19 – Beschluss vom 05.07.2019
Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 2. April 2019 wird gemäß § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG i.V.m. § 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet verworfen.
Der Betroffene hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
I.
Der Polizeipräsident in Berlin hat mit Bußgeldbescheid vom 28. Juni 2018 gegen den Betroffenen wegen vorsätzlich begangener Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 47 km/h eine Geldbuße in Höhe von 400 Euro sowie einen Monat Fahrverbot verhängt und eine Wirksamkeitsbestimmung nach § 25 Abs. 2a StVG getroffen.
Auf seinen Einspruch hat ihn das Amtsgericht Tiergarten mit Urteil vom 2. April 2019 – unter Verhängung der im Bußgeldbescheid zugrunde gelegten Rechtsfolgen – wegen der zuvor genannten Verkehrsordnungswidrigkeit verurteilt.
Mit seiner Rechtsbeschwerde rügt der Betroffene die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin hat mit Zuschrift vom 6. Juni 2019 beantragt, die Rechtsbeschwerde nach § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, § 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.
II.
Die nach § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 OWiG zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Mit der Verfahrensrüge dringt der Betroffene nicht durch, weil diese nicht den Formerfordernissen nach § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG i.V.m. § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO entspricht. Nach dieser Vorschrift muss der Rechtsbeschwerdeführer die Tatsachen, die den behaupteten Verfahrensmangel begründen, so vollständig und genau mitteilen, dass das Rechtsbeschwerdegericht aufgrund der Begründungsschrift prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn die behaupteten Tatsachen bewiesen werden (vgl. BGH NStZ 2015, 541). Diesen Anforderungen wird der Vortrag nicht gerecht, der bereits nicht erkennen lässt, welche Verfahrensvorschrift verletzt worden sein soll.
2. Die auf die allgemeine Sachrüge gebotene umfassende Überprüfung des Urteils zeigt keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen auf, der die Aufhebung und Zurückverweisung der Sache gebietet.
a) Die Urteilsgründe tragen die Feststellungen hinsichtlich der begangenen Geschwindigkeitsüberschreitung.
Die Beweiswürdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Das Gericht entscheidet über das Ergebnis der Beweisaufnahme nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung (§ 261 StPO i.V.m. § 71 Abs. 1 OWiG). Der Tatrichter hat ohne Bindung an gesetzliche Beweisregeln und nur seinem Gewissen verantwortlich zu prüfen, ob er an sich mögliche Zweifel überwinden und sich von einem bestimmten Sachverhalt überzeugen kann oder nicht (vgl. BGH NJW 1979, 2318). Das Rechtsbeschwerdegericht ist nur in begrenztem Male befugt, die Überzeugungsbildung des Tatrichters nachzuprüfen. Insbesondere ist es ihm verwehrt, die Beweiswürdigung des Tatrichters durch seine eigene zu ersetzen (BGH NJW 1996, 1420). Die Überprüfung des Rechtsbeschwerdegerichts ist auf die Frage beschränkt, ob dem Tatrichter dabei Rechtsfehler unterlaufen sind. Dies ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht unter anderem dann der Fall, wenn die Beweiswürdigung gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstößt oder die in den Urteilsgründen niedergelegte Beweiswürdigung lückenhaft oder unklar ist (vgl. BGH NStZ-RR 2017, 90). Die Schilderung der Beweiswürdigung muss angesichts dessen so beschaffen sein, dass sie dem Rechtsbeschwerdegericht die Überprüfung auf Rechtsfehler ermöglicht (Seitz/Bauer in Göhler, OWiG 17. Aufl., § 71 Rn. 43).
In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass es sich bei Geschwindigkeitsmessungen mit dem hier verwendeten Messgerät LEIVTEC XV 3 um ein standardisiertes Messverfahren handelt (vgl. Senat, Beschlüsse vom 4. Juli 2017 – 3 Ws (B) 134/17, vom 20. März 2018 – 3 Ws (B) 86/18 – und vom 16. April 2019 – 3 Ws (B) 125/19 – jeweils m.w.N.). Im Falle standardisierter Messverfahren kann sich das Tatgericht auf die Mitteilung des verwendeten Messverfahrens, welches Gegenstand der Verurteilung ist, der gefahrenen Geschwindigkeit und der gewährten Toleranz beschränken; dies gilt nur dann nicht, wenn es konkrete Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Gebrauchsanweisung für das Messgerät nicht eingehalten worden ist, oder wenn Messfehler konkret behauptet werden (Senat, Beschluss vom 20. März 2018 a.a.O.)
Diesem Maßstab hat das Amtsgericht entsprochen. Es hat das eingesetzte Messverfahren und die gefahrene Geschwindigkeit abzüglich der Toleranz – hier: 97 km/h statt der zulässigen Geschwindigkeit von 50 km/h – mitgeteilt.
Soweit sich die Rechtsbeschwerdebegründung darauf beruft, die Messung sei zu beanstanden, da im Messbild „Messung-Start“ ein weiteres Fahrzeug zu sehen sei, dringt die Rechtsbeschwerde mit diesem Vorbringen nicht durch. Das Amtsgericht hat sich unter diesem Gesichtspunkt mit der Zuverlässigkeit der Messung auseinandergesetzt und zu dieser Frage weitere Aufklärung durch die Vernehmung eines Sachverständigen betrieben. Die auf dieser Grundlage vom Amtsgericht vorgenommene Beweiswürdigung ist nicht zu beanstanden. Entgegen dem Vorbringen des Betroffenen dient das Messbild „Messung-Start“ nur als zusätzlicher Nachweis, wenn im Messbild „Messung-Ende“ ein zweites Fahrzeug im Messfeldrahmen sichtbar ist; das Messbild „Messung-Start“ wird hingegen im Rahmen der Auswertung des Messvorganges nicht benötigt, wenn – wie hier – im Messfeldrahmen des Messung-Ende-Bildes nur ein einzelnes Fahrzeug zu erkennen ist (vgl. Senat, Beschluss vom 4. Juli 2017 a.a.O.). Das Gericht hatte angesichts dessen keine Anhaltspunkte dafür, dass bei der Geschwindigkeitsmessung die Gebrauchsanweisung für das Messgerät nicht eingehalten wurde oder Messfehler aufgetreten sind.
b) Auch im Übrigen deckt die auf die Sachrüge gebotene umfassende Überprüfung des Urteils keine Rechtsfehler zu Lasten des Betroffenen auf.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 Abs. 1 OWiG, § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.