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Rotlichtverstoß – Beweiserhebung bezüglich Ampelphasenpläne

Rotlichtverstoß: Kammergericht Berlin hebt Urteil auf wegen Verfahrensfehler

Das Kammergericht Berlin (KG Berlin) hat in einem Beschluss vom 06.10.2020 (Az.: 3 Ws (B) 228/20 – 122 Ss 99/20) ein Urteil des Amtsgerichts Tiergarten aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen. Im vorliegenden Fall ging es um einen Rotlichtverstoß an einer Kreuzung. Das Amtsgericht hatte den Betroffenen wegen einer fahrlässigen begangenen Verkehrsordnungswidrigkeit zu einer Geldbuße von 200 Euro und einem einmonatigen Fahrverbot verurteilt. Der Beschluss des Kammergerichts erfolgte aufgrund eines Verfahrensfehlers in Bezug auf die Beweiserhebung der Ampelphasenpläne.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 3 Ws (B) 228/20 – 122 Ss 99/20 >>>

Verurteilung und Rechtsbeschwerde

Das Amtsgericht Tiergarten hatte den Betroffenen gemäß den Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung (StVO) wegen fahrlässigen Rotlichtverstoßes verurteilt. Dem Urteil zufolge fuhr der Betroffene mit seinem Fahrzeug auf einer Linksabbiegerspur, als das Licht der Ampel grün zeigte. Im weiteren Verlauf wechselte er auf die Geradeausspur, die bereits seit mehr als einer Sekunde rotes Licht zeigte. Das Amtsgericht stützte sich bei seiner Entscheidung auf Zeugenaussagen, eine Skizze sowie auf den Ampelphasenplan. Es verhängte eine Geldbuße von 200 Euro, ein einmonatiges Fahrverbot und ordnete eine Wirksamkeitsbestimmung gemäß § 25 Abs. 2a StVG an.

Der Betroffene legte Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts ein und rügte Verfahrensfehler sowie die Verletzung materiellen Rechts. Das Kammergericht Berlin entschied, dass die Verfahrensbeanstandung des Betroffenen Erfolg hat. Es spielte dabei keine Rolle, ob die Inbegriffsrüge ordnungsgemäß erhoben wurde. Die allgemeine Sachrüge ermöglichte dem Kammergericht den Zugriff auf die Urteilsgründe. Das Amtsgericht hatte seine Überzeugung von dem Rotlichtverstoß des Betroffenen auf Zeugenaussagen, eine Skizze und den Ampelphasenplan gestützt. Dabei wurde der Ampelphasenplan nicht korrekt in das Verfahren eingeführt, was einen Verfahrensfehler darstellte.

Bedeutung des Ampelphasenplans und Folgen des Verfahrensfehlers

Der Ampelphasenplan ist für die Begründung des Urteils von entscheidender Bedeutung. Solche Pläne müssen üblicherweise im Rahmen einer Hauptverhandlung durch die Inaugenscheinnahme vorgelegt werden. Eine Verlesung allein genügt nicht, da die darin enthaltenen Informationen nicht verständlich sind. Die Erhebung von Beweisen, wie beispielsweise die Inaugenscheinnahme, ist eine wesentliche Verfahrensformalität und bedarf einer Protokollierung. Da der Ampelphasenplan im vorliegenden Fall nicht ordnungsgemäß in die Hauptverhandlung eingeführt wurde, war das Urteil mit den Feststellungen aufzuheben und an das Amtsgericht zurückzuverweisen.

Neue Verhandlung und Entscheidung

Die aufgebrachten Rügen des Betroffenen waren somit nicht mehr relevant, da der Verfahrensfehler des Amtsgerichts bereits zur Aufhebung des Urteils führte. Es konnte nicht ausgeschlossen werden, dass das Urteil auf diesem Fehler beruhte. Das Kammergericht entschied daher, die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuverweisen. Diese Entscheidung umfasste auch die Kosten der Rechtsbeschwerde.

Insgesamt ist das Urteil des Kammergerichts Berlin ein Beispiel für die Bedeutung einer ordnungsgemäßen Beweiserhebung und die Einhaltung von Verfahrensformalitäten. Die Entscheidung zeigt, dass Ampelphasenpläne im Rahmen einer Hauptverhandlung auf angemessene Weise eingeführt werden müssen, um eine fundierte und rechtskonforme Entscheidung zu ermöglichen. Durch den Verfahrensfehler wurde das Urteil des Amtsgerichts aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.


Das vorliegende Urteil

KG Berlin – Az.: 3 Ws (B) 228/20 – 122 Ss 99/20 – Beschluss vom 06.10.2020

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 3. August 2020 mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde – an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Gründe

I.

Rotlichtverstoß - Beweiserhebung bezüglich Ampelphasenpläne
Kammergericht Berlin hebt Urteil wegen Verfahrensfehler im Rotlichtverstoß-Fall auf. Neue Verhandlung erforderlich. (Symbolfoto: Victor Grow/Shutterstock.com)

Das Amtsgericht Tiergarten hat den Betroffenen am 3. August 2020 wegen einer fahrlässigen begangenen Verkehrsordnungswidrigkeit gemäß §§ 37 Abs. 2, 49 Abs. 3 Nr. 2 StVO i.V.m. §§ 1 Abs. 1 und 2 i.V.m. Anlage I, 4 Abs. 3 Ifd. Nr. 132.3 BKatV, § 24 Abs. 1 StVG zu einer Geldbuße von 200 Euro und ein Fahrverbot von einem Monat gemäß § 25 Abs. 1 StVG verurteilt sowie eine Wirksamkeitsbestimmung nach § 25 Abs. 2a StVG angeordnet.

Nach den Urteilsfeststellungen befuhr der Betroffene mit seinem Fahrzeug die Linksabbiegerspur an der Kreuzung B./F. Straße in … B., deren Lichtzeichenanlage beim Überfahren der Haltelinie grünes Licht abstrahlte und wechselte im Kreuzungsbereich auf die Geradeausspur in südlicher Richtung, für die die Lichtzeichenanlage bereits mehr als eine Sekunde rotes Licht zeigte.

Gegen diese Entscheidung hat der Betroffene Rechtsbeschwerde eingelegt. Er beanstandet das Verfahren und rügt die Verletzung materiellen Rechts.

II.

Die zulässige Rechtsbeschwerde hat bereits mit der Verfahrensbeanstandung Erfolg.

Es kann dahinstehen, ob die Inbegriffsrüge nach § 261 StPO, das Amtsgericht habe seine Überzeugung auf den nicht in die Hauptverhandlung eingeführten Ampelphasenplan gestützt, ordnungsgemäß erhoben ist, jedenfalls eröffnet die zugleich erhobene allgemeine Sachrüge dem Senat Zugriff auf die Urteilsgründe.

Daraus ergibt sich, dass das Amtsgericht seine Überzeugung von dem sog. qualifizierten Rotlichtverstoß des Betroffenen auf die Angaben zweier Zeugen, einer in Augenschein genommenen Skizze sowie des in Augenschein genommenen Ampelphasenplans stützt (UA S. 4). Es nimmt auf diesen Plan ausdrücklich wegen der Einzelheiten nach §§ 71 Abs. 1 OWiG, 267 Abs. 1 Satz 3 StPO Bezug (vgl. UA S. 3 und 5) und zieht die dortigen Angaben zur Begründung seiner Entscheidung heran (UA S. 5/6).

Phasenpläne über Signalzeiten einer Wechsellichtzeichenanlage sind grundsätzlich im Wege der Einnahme des richterlichen Augenscheins in die Hauptverhandlung einzuführen (vgl. Senat, Beschlüsse vom 24. April 2018 – 3 Ws (B) 99/18 -, juris und vom 5. August 1998 – 3 Ws (B) 423/98 -). Der gedankliche Inhalt eines Ampelphasenplans lässt sich durch Verlesung nicht ermitteln, denn die darin enthaltenen zahlen- und Buchstabenreihen sind nicht aus sich heraus verständlich (vgl. Senat, Beschluss vom 24. April 2018, a.a.O.; Mosbacher in Löwe-Rosenberg, StPO 27. Aufl., § 249 Rn. 9). Die Erhebung von Beweisen wie u.a. des Augenscheins ist eine wesentliche Förmlichkeit nach § 273 Abs. 1 StPO (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO 63. Aufl., § 273 Rn. 7 n.w.N.) und bedarf der Protokollierung nach § 274 StPO.

Da die Urteilsgründe auf den in Augenschein genommenen Ampelphasenplan ausdrücklich Bezug nehmen, diese Beweiserhebung aber ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls nicht erfolgt ist, bedurfte es auch nicht der sonst erforderlichen weiteren Darlegung des Betroffenen, dass die Angaben über die Ampelphase in anderer Form – etwa durch Vorhalt gegenüber den Zeugen – in die Hauptverhandlung eingeführt worden sind.

Auf die vom Betroffenen darüber hinaus erhobenen Rügen kam es daher nicht mehr an.

Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Urteil auf diesem Fehler beruht, war die Entscheidung mit den Feststellungen aufzuheben und nach § 79 Abs. 6 OWiG an das Amtsgericht – auch wegen der Kosten der Rechtsbeschwerde – zu einer neuen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

 

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