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Paketbeförderung – Ladungssicherung mit Netzen, Ankerschienen, Sperrstangen oder Seitenwänden

AG Tübingen – Az.: 16 OWi 14 Js 26095/19 und 16 OWi 16 Js 8164/20 – Urteil vom 03.06.2020

1. Der Betroffene wird wegen des fahrlässigen Zulassens der Inbetriebnahme eines Fahrzeugs unter Verstoß gegen die Ladungsvorschriften zu einer Geldbuße von 50,- Euro verurteilt.

2. Der Betroffene wird wegen des fahrlässigen Zulassens der Inbetriebnahme eines Fahrzeugs unter Verstoß gegen die Ladungsvorschriften zu einer Geldbuße von 50,- Euro verurteilt.

3. Der Betroffene trägt die Kosten der Verfahren 16 owi 14 Js 26095/19 und 16 owi 14 Js 8164/20.

Angewendete Vorschriften: §§ 31 Abs. 2, 69a Abs. 5 Nr. 3 StVZO, 24 StVG, 20 OWiG.

Gründe

I.

Der Betroffene wurde 1968 in der Türkei geboren. Er ist türksicher Staatsbürger und verheiratet. Seit 25 Jahren ist er selbständig in der Branche Logistik und Paketzustellung tätig. Seine Firma least Transporterfahrzeuge und überläßt diese den angestellten Fahrern, um Pakete auszuliefern. Er verdient nach eigenen Angaben netto etwa 3.000,- Euro im Monat.

II.

Als Geschäftsführer der D. GmbH mit Sitz in H. ist der Betroffene für den Fuhrpark des Unternehmens verantwortlich. Auf das Unternehmen waren u. a. ein VW Transporter mit dem amtlichen Kennzeichen HCH-XXX und ein weiterer Transporter mit dem amtlichen Kennzeichen HCH-YYY zugelassen. Außer den werksseitig gelieferten Bodenmatten befanden sich in den Laderäumen keinerlei Sicherungsmittel für die Ladung. Deshalb stellte die Verkehrspolizei bei einer Kontrolle

a) des Fahrzeugs HCH-XXX am 26. April 2019 um 16.45 Uhr in R., S.-Straße und

b) des Fahrzeugs HCH-YYY am 12. November 2019 um 15.40 Uhr in R., W.-Straße,

fest, daß im Laderaum der Fahrzeuge jeweils mehrere Päckchen und Pakete ohne erkennbare Sicherung auf dem Innenboden lagen und verrutschen konnten.

Der Betroffene hätte als verantwortlicher Betriebsinhaber und Fahrzeugverantwortlicher dafür sorgen können und müssen, daß in den Fahrzeugen entsprechende Ladungssicherungsmittel, wie Ankerschienen mit vertikal oder horizontal eingebauten Stützen, (automatischen) Netzen oder Regalsystemen enthalten sind, die dafür Sorge tragen, daß die Fracht auch bei einer Bremsung von 9 m/sek² oder einer Ausweichbewegung von 5 m/sek² sicher an Ort und Stelle liegen bleiben. Der Betroffene hätte als Betriebsinhaber auch erkennen können, daß es entsprechendes Systeme für die Fahrzeuge gibt.

Wegen beider Verstöße erließ die Bußgeldbehörde gegen den Betroffenen einen Bußgeldbescheid über jeweils 270,- Euro. Hiergegen hat der Betroffene jeweils rechtzeitig Einspruch erhoben.

III.

Der Sachverhalt steht zur Überzeugung des Gerichts als erwiesen fest.

1.)

Die Feststellungen zur Person beruhen auf den eigenen Angaben des Betroffenen in der mündlichen Verhandlung. Das Gericht hat die Angaben des Betroffenen in der ersten Sitzung vom XX. 2020 protokolliert. In der zweiten Verhandlung vom YY. 2020 hat das Gericht dem Betroffenen die Angaben nochmals vorgehalten. Er hat sie als zutreffend bestätigt. Das Gericht hat an den Angaben des Betroffenen auch keine Zweifel.

Die Feststellungen zu den Voreintragungen beruhen auf der Verlesung des Auszugs aus dem Fahreignungsregister vom 19. Dezember 2019.

2.)

Die Feststellungen zu den Befugnissen des Betroffenen als Geschäftsführer ergeben sich ebenfalls aus den eigenen Angaben des Betroffenen. Dem Gericht verblieb kein Zweifel, daß der Betroffene sich um die Anschaffung und Finanzierung der Fahrzeuge ebenso kümmert wie um die Zuweisung der Fahrzeuge an die einzelnen Zusteller. Er gab an, die Fahrer würden für gewisse Ortschaften eingeteilt. Er kontrolliere auch ab und zu die Ladung am Betriebssitz. Er habe auch früher Zwischenwände aus Holz genutzt und ebenso Schienen. Beides hätte jedoch zu Problemen bei den Fahrern geführt, weil diese sich regelmäßig verletzt hätten. Für die kleinen Transporter gebe es auch keine geeigneten Ladungssicherungsmittel. Er sorge auch dafür, daß die Fahrer regelmäßig geschult würden. Hinsichtlich der Ladungssicherheit würden die Fahrer auf Netze eingelernt. Das Gericht ist danach davon überzeugt, daß der Betroffene eine Mitverantwortung für die Fahrzeuge und ihre Ausstattung trägt.

3.)

Die Feststellung, daß die Ladung nicht ordnungsgemäß gesichert war und es verschiedene Sicherungsmittel gibt, beruht auf einem Augenschein der jeweils zur Akte gelangten Lichtbilder und den Ausführungen des Sachverständigen F.

a)

Die Lichtbilder 1 und 2 (Bl. 1) im Verfahren 16 owi 16 Js 16095/19 sowie die Lichtbilder 1 bis 3 (Bl. 2) im Verfahren 16 owi 16 Js 8164/20 zeigen jeweils das Innere eines Transportfahrzeugs mit verstreut herumliegenden Paketen. Wegen der Einzelheiten in den Abbildungen verweist das Gericht gemäß §§ 46 Abs. 1 OWiG i. V. m. § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO auf die genannten Lichtbilder.

Das Gericht hat auch die Lichtbilder in Augenschein genommen, die der Sachverständige von der Polizei zusätzlich bekommen und in Farbe ausgedruckt hat. Das Gericht bezieht sich wegen der Einzelheiten in den Abbildungen gemäß §§ 46 Abs. 1 OWiG, 267 Abs. 1 Satz 3 StPO auf die Fotoanlage zum Gutachten des Sachverständigen F.

Aus den Lichtbildern entnimmt das Gericht, daß die Pakete einzeln und verstreut auf dem Boden der Ladfläche ohne erkennbare Sicherung liegen und bei Krafteinwirkung rutschen können.

b)

Das Gericht hat den Sachverständigen F. damit beauftragt, die anerkannten Regeln der Ladetechnik darzustellen und danach die Ladung, wie auf den Lichtbildern gezeigt, zu begutachten. Der Sachverständige F. ist dem Gericht aus anderen Gerichtsverfahren als kompetent und zuverlässig bekannt. Das Gericht kann seinen Angaben auch im vorliegenden Fall folgen.

Nach den Lichtbildern sei die Ladung erkennbar nicht hinreichend gegen Verrutschen gesichert. Die anerkannte Regel der Technik, auf die § 22 Abs. 1 Satz 2 StVO verweise, sei im konkreten Fall die VDI 2.700 Blatt 16.7.3. Es handle sich um Spezialvorschriften für Kurier-, Expreß- und Paketbeförderungen (KEP). Die Vorschrift gehe davon aus, daß die Ladung bei solchen Fahrten gesichert sei, wenn ein für Stückgut geeignetes Fahrzeug verwendet würde und Stückgut bis zu einer Bremsung von 9 m/s² oder einem Ausweichmanöver bis 5 m/s² sicher am Platz liegen bliebe. Vorliegend sei zwar das Fahrzeug mit einer großen, geschlossen Ladefläche zum Transport von Paketen geeignet. Insbesondere seien die Insassen durch eine starke Stirnwand davor geschützt, daß die Ladung bei einer starken Bremsung in den Fahrgastraum gelangen könne. Gleichwohl seien im vorliegenden Fall die Vorgaben der Richtlinie nicht eingehalten, weil die meisten der lose verladenen Pakete bei den genannten Beschleunigungswerten nicht am Platz verbleiben könnten.

Um die von der Richtlinie geforderte Rutschfestigkeit zu erreichen, gebe es zahlreiche Hilfsmittel, die zur Ladungssicherung eingesetzt werden könnten, etwa Ankerschienen mit Sperrstangen, die sowohl horizontal als auch vertikal eingesetzt werden könnten. Neben den Sperrstangen gebe es verschiedene Arten von Transportnetzen. Mithilfe der Netze könnte man die Ladefläche horizontal in unterschiedliche Ebenen teilen. Aufwendigere Varianten legten sich beim Öffnen und Schließen der Ladetüren sogar nahezu selbsttätig über das Stückgut. Daneben könnten Seitenwände eingebaut werden. Diese verfügten dann über fünf Zentimeter hohe Kanten und eine Rutschschutzmatte. All diese Hilfsmittel seien geprüft und würden Stückgut bis zu einer Bremsung von 9 m/s² oder einem Ausweichmanöver bis 5 m/s² sicher am Platz halten. Sie seien allgemein auf dem Markt erhältlich. Ihr Platzbedarf sei zu vernachlässigen. Die Regale würden vielleicht fünf Prozent der Ladefläche einnehmen. Beim wilden Beladen würde aber in jedem Fall auch eine solche Fläche frei bleiben. Auch der Mehraufwand für den Fahrer halte sich in Grenzen. Insbesondere die Netze könnten schnell auf- und wieder abgezogen werden.

Vorliegend sei die Ladung nicht einmal formschlüssig von der Stirnwand bis zur hinteren Tür verstaut. Die Rutschmatten in dem Fahrzeug allein böten nicht genügen Rutschfestigkeit. Hier müßten besondere, rutschfeste Matten verwendet werden. Dem Sachverständigen sei nicht bekannt, daß die genannten Hilfsmittel eine Gefahrenquelle für die Fahrer darstellen würden.

Eine Gefahr für die Insassen oder andere Verkehrsteilnehmer drohe aber auch bei der vorliegenden Beladung nicht. Selbst wenn das Fahrzeug eine Vollbremsung machen müßte, würde die Stirnwand die Pakete zurückhalten. Beschädigungen der Ladung und der Stirnwand seien aber möglich. Ein Aufschaukeln des Fahrzeugs oder gar ein Umkippen drohe aus seiner Sicht nicht.

Das Gericht kann diesen Ausführungen folgen. Der Sachverständige hat die einschlägigen technischen Vorschriften benannt und den Sachverhalt anhand dieser technischen Vorgaben begutachtet. Er hat sowohl die Gefahrenquellen benannt als auch Überlegungen dazu angestellt, welche Gefahren tatsächlich von einem Verrutschen der Ladung ausgehen. Es handelt sich um ein objektives Gutachten, das Gedanken in verschiedene Richtungen einbezieht und gerade deshalb für das Gericht nachvollziehbar und überzeugend ist.

Der Sachverständige hat zur Vorbereitung nur die Lichtbilder aus dem Verfahren 16 Owi 14 Js 16095/19 zur Verfügung gehabt und diese analysiert. Das Gericht hat aber aufgrund der Ähnlichkeit keine Zweifel, daß die Ausführungen des Sachverständigen auch auf die Ladung im Fahrzeug HCH-YYY zutreffen. Insbesondere kann das Gericht – was für die Verantwortung des Betroffenen maßgeblich ist – in keinem Fahrzeug entsprechende Sicherungsmittel feststellen.

IV.

Nach § 31 Abs. 2 StVZO darf der Halter die Inbetriebnahme eines Fahrzeugs nicht zulassen, wenn ihm bekannt ist oder bekannt sein muß, daß die Ladung nicht vorschriftsmäßig ist.

1.)

Der Betroffene ist selbst „Halter“ der beiden Fahrzeuge im Sinne des § 31 Abs. 2 StVZO.

Halter des Fahrzeugs ist – grundsätzlich unabhängig von der Eigentümerstellung – derjenige, der das Fahrzeug für eigene Rechnung in Gebrauch hat (d. h. die Nutzungen aus der Verwendung zieht und die Kosten für die Unterhaltung und den laufenden Betrieb trägt) und die tatsächliche Verfügungsgewalt innehat, die ein solcher Gebrauch voraussetzt (d. h. Anlass, Zeit, Dauer und Ziel der Fahrten selbst bestimmen kann; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 2.9.1997 – 10 S 1670/97 -, DÖV 1998, 297, juris Rdn. 3 ff., u. v. 30.10.1991 – 10 S 2544/91 -, NZV 1992, 167, juris Rdn. 3; OVG Lüneburg, Beschluss vom 30. Mai 2016 – 12 LA 103/15 –, Rn. 10, juris).

Unabhängig davon, daß eine juristische Person als Halterin im Fahrzeugregister eingetragen sein mag, trifft die Halterhaftung nach § 31 StVZO auch natürliche Personen und damit auch in einer juristischen Person die natürliche Person, die die Verantwortung für das Fahrzeug übernommen hat (OLG Hamm, Beschluß vom 28. Oktober 1970 – 4 Ss Owi 423/70 – NJW 1971, 817). Insbesondere können auch mehrere Personen – wie eine GmbH und ihr Geschäftsführer – nebeneinander Halter sein (BayObLG, Beschluß vom 20. Februar 1974 – RReg 6 St 650/73 OWi – NJW 1974, 1341).

Der Betroffene teilt die Fahrzeuge den Fahrern zu und bestimmt das Einsatzgebiet. Er kümmerte sich auch um Sicherungsmaterial wie etwa Trennwände aus Holz. Er gab auch an, für die kleinen Fahrzeuge kein Sicherungsmaterial zu finden. Er besorgt und finanziert die Fahrzeuge.

All dieses Wissen und auch das Engagement des Betroffenen wertet das Gericht dahin, daß der Betroffene verantwortlicher Fahrzeughalter im Sinne des § 31 Abs. 2 StVZO ist.

2.)

Die Ladung war nicht vorschriftsmäßig, weil sie nicht rutschfest verstaut war. Sie entsprach nicht den Anforderungen der VDI-Richtlinie 2700 Bl. 16.7.3. Damit verstieß die Ladung gegen die anerkannten technischen Vorschriften, § 22 Abs. 1 Satz 2 StVO, und war nicht vorschriftsmäßig.

3.)

Indem der Betroffene jeweils seine Fahrer beauftragte, mit den Fahrzeugen Pakete in vorgegebenen Zustellbezirken auszuliefern, ließ er die Inbetriebnahme der Fahrzeuge zu.

4.)

Der Tatbestand des § 31 StVZO setzt nicht voraus, daß infolge des Verstoßes die Verkehrssicherheit wesentlich beeinträchtigt ist. Dies wird durch das Wort „oder“ deutlich, mit dem der Satzteil „die Verkehrssicherheit des Fahrzeugs durch die Ladung leidet“ von dem Satzteil „wenn ihm bekannt sein muß, daß die Ladung nicht vorschriftsmäßig ist“ getrennt ist. Die Voraussetzungen bestehen alternativ, nicht zwingend kumulativ. Dasselbe gilt für die Bußgeldvorschrift in § 69a Abs. 5 Nr. 3 StVZO, die entsprechend formuliert ist.

Das Gericht kann nach den Ausführungen des Sachverständigen nicht feststellen, daß eine wesentliche Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit vorgelegen hat, wie dies im Bußgeldbescheid ausgesprochen ist. Dies ist jedoch bei der Strafzumessung zu berücksichtigen und kein Ausschluß für den objektiven Tatbestand.

5.)

Der Betroffene kann sich insbesondere nicht darauf berufen, daß allein die Fahrer verantwortlich seien, weil der Betroffene nicht mitbekomme, was auf den täglichen Fahrten mit der Ladung geschehe.

Dies ist zwar ebenso richtig wie die Tatsache, daß der Betroffene einer Verpflichtung nachkommt, wenn er seine Mitarbeiter regelmäßig schulen läßt.

Davon zu trennen ist jedoch die Frage, wie der Betroffene die Fahrzeuge ausrüstet.

Das erkennende Gericht sieht die Verantwortung für die Ausstattung eines Fahrzeugs mit Sicherungseinrichtungen beim Fahrzeughalter. Es kann nicht sein, daß der angestellte Fahrer selbst Transportnetze oder gar Ladewände beschaffen und in die Fahrzeuge einbauen muß. Vielmehr ist vom Arbeitgeber und Fahrzeughalter zu erwarten, daß er den Mitarbeitern die notwendigen Sicherungsmittel in ausreichender Zahl zur Verfügung stellt. In der unzureichenden Ausrüstung der Fahrzeuge mit Ladungssicherungstechnik sieht das Gericht eine eigene, dem Betroffenen als Fahrzeughalter anzulastende Pflichtverletzung.

Das Gericht ist davon überzeugt, daß der Betroffene dieser Verpflichtung nicht ausreichend nachgekommen ist. Selbst wenn den Fahrern einzelne Netze zur Verfügung stehen sollten, wie der Betroffene zuletzt noch behauptet hat, reichte dies nicht aus. Der Verteidiger hat selbst darauf hingewiesen, daß in den Fahrzeugen eines Konkurrenzunternehmens Seitenwände eingebaut seien. Auch die Lösung mit Ankerschienen und Netzen ist nach den Angaben des Sachverständigen möglich. Diese Sicherungsmittel setzte der Betroffene nicht ein, sie wären ansonsten auf den Lichtbildern zu erkennen. Fest steht, daß es eine ganze Reihe unterschiedlicher Sicherungsmittel auf dem Markt gibt. Der Betroffene hat sich nicht ausreichend darum gekümmert, diese Sicherungsmittel seinen Fahrern zur Verfügung zu stellen.

6.)

Der Betroffene hätte dies auch erkennen und vermeiden können.

Schon seine eigenen Angaben, daß er es mit Holztrennwänden und Schienen versucht habe, deuten darauf hin, daß dem Betroffenen die Ladungssicherung als Problem bekannt war. Auch die Tatsache, daß er erfolglos nach Sicherungsmitteln gesucht habe, deutet darauf hin.

Das Gericht ist aber der Auffassung, daß der Betroffene diese Bemühungen hätte verstärken müssen und er dann auf die vom Sachverständigen genannten Sicherungsmittel gestoßen wäre. Der Sachverständige gab an, daß die Sicherungsmittel für alle gängigen Transportfahrzeuge zur Verfügung stünden.

Der Betroffene kann sich schlußendlich nicht darauf berufen, daß die Fahrzeuge geleast seien und er deshalb keine Einbauten vornehmen könne. Das Gericht sieht insbesondere nicht, weshalb der Betroffene nicht schon, bevor die Fahrzeuge geleast werden, auf eine entsprechende Ausrüstung des Fahrzeugs beim Verkäufer hinwirken könnte. Auch kann es nicht im Sinne des Leasinggebers sein, dem Betroffenen Fahrzeuge zu finanzieren, mit denen ein vorschriftsmäßiger Geschäftsbetrieb nicht möglich ist. Insofern kann sich der Betroffene nicht darauf berufen, daß er in den Fahrzeugen keine Sicherungsmaßnahmen ergreifen könne, weil sie geleast seien.

6.) Der Betroffene hat folglich als Halter die Inbetriebnahme eines Fahrzeugs angeordnet, obwohl er wissen konnte, daß die Ladung nicht vorschriftsmäßig war, und sich deshalb entgegen §§ 31 Abs. 2, 69a Abs. 5 Nr. 3 StVZO ordnungswidrig verhalten.

V.

1.)

Die Verwaltungsbehörde hat sich zur Ahndung dieses Verstoßes entschlossen.

Das ist nicht zu beanstanden. Auch das Gericht hält eine Ahndung vor folgendem Hintergrund für geboten:

In kurzer Zeit hat allein der erkennende Spruchkörper des Amtsgerichts Tübingen Anzeigen wegen vier Verstößen gegen die Ladungssicherungspflichten erhalten. Es handelt sich um die Verfahren 16 Owi 44 Js 27744/19, 16 Owi 16 Js 2622/20, 16 Owi 14 Js 8164/20 und das vorliegende Verfahren. In anderen Spruchkörpern sind ähnliche Verfahren anhängig. Dies deutet darauf hin, daß es weit verbreitet ist, wenn Paketzusteller ihre Fracht ohne jegliche Sicherung befördern. Es ist aber Aufgabe des Staates, für die Einhaltung der entsprechenden Regelungen zu sorgen. Der Verteidiger gab sogar an, daß nur ein ihm bekanntes Zustellunternehmen mit braunen Fahrzeugen sich tatsächlich an die Ladungsregelungen halte und den Laderaum etwa durch Regale gliedere. Er stellte den Sinn der Regelung insgesamt infrage, weil sich sowieso keiner daran halte.

Der Sachverständige gab in der mündlichen Verhandlung an, daß die ordnungsgemäße Sicherung der Ladung zwar nur einen kleinen, aber eben doch einen gewissen zusätzlichen Aufwand bedeute. Bei der Ausstattung der Fahrzeuge müsse der Zustellbetrieb investieren, bei Netzen oder Ankerschienen müsse der Zusteller selbst Handgriffe anlegen. Diese seien zwar zeitlich kaum zu messen, aber es liege auf der Hand, daß das Unterlassen der Sicherung Zeit spare und bequemer sei.

Nach Ansicht des erkennenden Spruchkörpers ist es nicht hinzunehmen, daß sich insoweit die Zusteller und Zustellbetriebe auf Kosten der Verkehrssicherheit wenn auch nur geringe Vorteile sichern oder dies auch nur versuchen. Deshalb ist ein Einschreiten geboten.

2.)

§ 24 StVG sieht als Rechtsfolge eine Geldbuße bis 2.000,- Euro vor.

Der Bußgeldbescheid stützt sich auf Ziffer 189.2.1 BKAtV, der indes eine wesentliche Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit voraussetzt. Dagegen ist der hier vorliegende, einfache Verstoß des Halters gegen die Ladung nicht im Bußgeldkatalog enthalten.

Das bedeutet nicht, daß deswegen kein Bußgeld auszusprechen wäre. Der Bußgeldkatalog gilt nach § 1 BKatV für die Ordnungswidrigkeiten, die darin aufgeführt sind. Für andere Ordnungswidrigkeiten verbleibt es bei dem Rahmen des § 24 StVG.

Das Gericht orientiert sich deshalb an vergleichbaren anderen Geldbußen im Bußgeldkatalog. Für den Verstoß gegen die Ladungsvorschriften des Fahrzeugführers sieht Ziffer 102 BKatV bei LKW eine Regelbuße von 60,- Euro vor. Ein Verstoß gegen vorgeschriebene Ladungssicherungsmittel wird in Ziffer 106 mit 25,- Euro bewertet. Das persönliche Verschulden des Betroffenen wertet das Gericht geringer als den Verstoß des (geschulten) Fahrers, aber höher als das Fehlen einer Sicherungsfahne. Insgesamt erscheint beim nicht einschlägig, aber deutlich vorgeahndeten Betroffenen eine Geldbuße von 50,- Euro je Sachverhalt angemessen, aber auch ausreichend, um den Verstoß zu sanktionieren.

Gemäß § 20 OWiG setzt das Gericht für jeden Verstoß die Geldbuße gesondert fest.

VI.

Als Verurteilter hat die Betroffene die Kosten des Verfahrens zu tragen, §§ 46 Abs. 1 OWiG, 465 Abs. 1 StPO.

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