VG Gelsenkirchen – Az.: 7 L 1468/10 – Beschluss vom 30.12.2010
Der Antrag wird auf Kosten des Antragstellers abgelehnt.
Der Streitwert wird auf 2.500 EUR festgesetzt.
Gründe
Der sinngemäß gestellte Antrag,
die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers 7 K 5408/10 gegen die Ordnungsverfügung des Antrags-gegners vom 19. November 2010 anzuordnen,
ist gemäß § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässig, aber unbegründet. Die im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens vorzunehmende Interessenabwägung fällt zu Lasten des Antragstellers aus. Das öffentliche Interesse an der in § 2a Abs. 6 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) gesetzlich vorgesehenen sofortigen Vollziehung der Fahrerlaubnisentziehungsverfügung – diese ist vom Antragsgegner nicht angeordnet worden und bedarf deshalb auch keiner besonderen Begründung – überwiegt gegenüber dem privaten Interesse des Antragstellers an einem Vollstreckungsaufschub, weil die Ordnungsverfügung bei summarischer Prüfung rechtmäßig ist. Zur Begründung verweist die Kammer zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen in der angefochtenen Verfügung, denen sie im Grundsatz folgt (vgl. § 117 Abs. 5 VwGO).
Im Hinblick auf die Klage- und Antragsbegründung ist hinzuzufügen, dass gemäß § 2a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 StVG demjenigen die Fahrerlaubnis zu entziehen ist, der nach Ablauf der in Nr. 2 dieser Vorschrift genannten Frist innerhalb der Probezeit eine weitere schwerwiegende oder zwei weitere weniger schwerwiegende Zuwiderhandlungen begangen hat. In diesem Fall hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, ohne dass ihr ein Ermessensspielraum eingeräumt wäre. Deshalb ist es weder dem Antragsgegner noch dem Gericht möglich, etwaige berufliche oder sonstige Schwierigkeiten des Antragstellers, die sich aus dem Verlust der Fahrerlaubnis ergeben, zu seinen Gunsten zu berücksichtigen. Die insoweit geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken teilt die Kammer nicht; vielmehr ist gerade das in § 2a StVG geregelte abgestufte System der Reaktionen auf Zuwiderhandlungen von Führerscheininhabern auf Probe Ausdruck des Verhältnismäßigkeitsprinzips und deshalb verfassungsrechtlich unbedenklich.
Die Voraussetzungen der Entziehung gemäß § 2a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 StVG liegen auch offensichtlich vor. Zunächst hat der Antragsteller im September 2008 gemäß Nr. 1 dieser Vorschrift ein Aufbauseminar besucht, nachdem er am 24. Oktober 2007 wegen überhöhter Geschwindigkeit (26 km/h – 3 Punkte) mit einer schwerwiegenden Zuwiderhandlung aufgefallen ist. Wie Zuwiderhandlungen gegen Verkehrsvorschriften zu bewerten sind, wird dabei gemäß § 34 Abs. 1 der Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV – zwingend nach dem Katalog der zugehörigen Anlage 12 bestimmt. Ein Ermessen bei der Bewertung der dort aufgeführten Zuwiderhandlungen steht dem Antragsgegner nicht zu. Die nächste Ordnungswidrigkeit, ein erneuter Geschwindigkeitsverstoß mit 23 km/h (1 Punkt), beging der Antragsteller am 17. September 2008; da dieser Verstoß während des Aufbauseminars (!) erfolgte, blieb er aber vorliegend ohne weitere Folgen.
Nach Absolvierung des Aufbauseminar (September 2008) ist der Antragsteller dann am 1. April 2009 erneut mit einem (schwerwiegenden) Geschwindigkeitsverstoß aufgefallen (28 km/h – 3 Punkte), weshalb er mit Schreiben vom 17. Juni 2009 gemäß § 2a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StVG verwarnt wurde. Diese Verwarnung wurde ausweislich der Postzustellungsurkunde (Blatt 39 des Verwaltungsvorgangs des Antragsgegners) dem Antragsteller am 20. Juni 2009 ordnungsgemäß zugestellt.
Mit dem (ebenfalls schwerwiegenden) Rotlichtverstoß am 1. Oktober 2009 waren dann die Voraussetzungen für die Entziehung der Fahrerlaubnis gemäß § 2a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 StVG durch die hier streitige Verfügung gegeben.
Soweit der Antragsteller vorträgt, der Anhörung wie der Entziehungsverfügung mangele es an Bestimmtheit und Transparenz, weil weder die konkrete Zuwiderhandlung benannt noch deren Bewertung begründet worden sei, ist ihm zuzugeben, dass die entsprechenden Schreiben des Antragsgegners insoweit hätten klarer formuliert sein können. Allerdings hat dem Anhörungsschreiben vom 8. November 2010 eine Anlage beigelegen, die sämtliche Verkehrsverstöße aufführte, so dass der Antragsteller selbst in der Lage gewesen ist, diese nachzuvollziehen. Im Übrigen ist – wie schon erläutert – die Entziehung eine rechtsgebundene Entscheidung ohne Ermessen, so dass ihre Rechtmäßigkeit allein vom objektiven Vorliegen ihrer tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen abhängt.
Da aus alledem folgt, dass die Entziehungsverfügung rechtmäßig ist, ist der Antrag mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes und entspricht der aktuellen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen bei Streitigkeiten um eine Fahrerlaubnis in einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren, Beschluss vom 4. Mai 2009 – 16 E 550/09 -, nrwe.de / juris.