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Kraftfahrzeugführereigenschaft eines Fahrlehrers – Verantwortlichkeit für Verkehrsverstoß

Fahrlehrer als Verkehrsteilnehmer: Verantwortung für Verkehrsverstöße

Das Oberlandesgericht Stuttgart hat im Fall eines Fahrlehrers, der während einer Ausbildungsfahrt an einem Verkehrsunfall beteiligt war, entschieden, dass der Fahrlehrer nicht als Fahrzeugführer, sondern als Verkehrsteilnehmer gilt. Er wurde für eine Ordnungswidrigkeit verurteilt, weil er fahrlässig nicht ausreichend auf die Einhaltung des Rechtsfahrgebots durch die Fahrschülerin geachtet hat. Das Gericht legte eine Geldbuße von 35 € fest und wies Teile der Rechtsbeschwerde zurück.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 4 Ss 721/13  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Verantwortlichkeit des Fahrlehrers: Das Gericht beurteilte den Fahrlehrer als Verkehrsteilnehmer, nicht als Fahrzeugführer.
  2. Fahrlässige Verletzung der Sorgfaltspflicht: Der Fahrlehrer hat die notwendige Sorgfaltspflicht fahrlässig verletzt, indem er nicht ausreichend auf die Einhaltung des Rechtsfahrgebots achtete.
  3. Ordnungswidrigkeit: Der Fahrlehrer wurde wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 Nr. 1, § 1 Abs. 2 StVO verurteilt.
  4. Geldbuße: Das Gericht verhängte eine Geldbuße von 35 €.
  5. Einschränkung der Rechtsbeschwerde: Einige Teile der Rechtsbeschwerde wurden als unbegründet zurückgewiesen.
  6. Kein Führer des Fahrzeugs: Der Fahrlehrer galt im konkreten Fall nicht als Führer des Fahrzeugs.
  7. Hohes Maß an Sorgfalt: Das Gericht betonte die hohen Sorgfaltspflichten eines Fahrlehrers während der Ausbildungsfahrt.
  8. Einflussnahme durch den Fahrlehrer: Das Gericht stellte fest, dass der Fahrlehrer durch Unterlassen eines Eingriffs zum Unfall beigetragen hat.
Fahrlehrer-Verantwortung: Verkehrsverstoß bei Ausbildung
(Symbolfoto: Iryna Inshyna /Shutterstock.com)

Ein Fahrlehrer hat als Kraftfahrzeugführer eine besondere Verantwortung im Straßenverkehr. Gemäß der FahrlAusbV (Fahrlehrer-Ausbildungsverordnung) und dem FahrlG (Gesetz über das Fahrlehrerwesen) sind Fahrlehrer verpflichtet, während der Ausbildung ihrer Fahrschüler besondere Sorgfalt walten zu lassen. Laut § 41 des FahrlG sind Fahrlehrer für die verantwortliche Leitung der Fahrlehrerausbildungsstätte verantwortlich und haben Anzeigepflichten zu erfüllen. Dies beinhaltet auch die Überwachung und Kontrolle der Fahrschüler während der praktischen Ausbildung.

Im Falle eines Verkehrsverstoßes durch einen Fahrschüler während der Ausbildung kann der Fahrlehrer für den Verstoß haftbar gemacht werden, wenn er seine Aufsichtspflicht verletzt hat. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn der Fahrlehrer den Fahrschüler nicht ausreichend beaufsichtigt oder ihm keine ausreichenden Anweisungen gegeben hat.

Die Kraftfahrzeugführereigenschaft eines Fahrlehrers bringt somit eine hohe Verantwortung mit sich, da er nicht nur für sein eigenes Handeln, sondern auch für das Verhalten seiner Fahrschüler haftbar gemacht werden kann. Im weiteren Verlauf dieses Artikels wird ein konkretes Urteil zum Thema Verantwortlichkeit eines Fahrlehrers für Verkehrsverstöße vorgestellt und besprochen. Dabei werden die rechtlichen Herausforderungen und die daraus resultierenden Konsequenzen für Fahrlehrer näher beleuchtet.

Unfall auf der Ausbildungsfahrt: Fahrlehrer oder Verkehrsteilnehmer?

Im Mittelpunkt dieses Falles steht ein Unfall, der sich am 2. Januar 2013 ereignete, als ein Fahrlehrer und seine Fahrschülerin in einen Streifvorgang mit einem entgegenkommenden Fahrzeug verwickelt wurden. Der Fahrlehrer befand sich auf dem Beifahrersitz, während die Fahrschülerin das Fahrzeug lenkte. Bei dem Unfall wurden die Außenspiegel beider Fahrzeuge beschädigt. Das Amtsgericht Rottenburg am Neckar verhängte zunächst eine Geldstrafe von 100 Euro gegen den Fahrlehrer wegen fahrlässigen Nichtbeachtens des Rechtsfahrgebots mit Verursachung eines Unfalls. Der Fahrlehrer legte daraufhin Rechtsbeschwerde ein, was zu einer Überprüfung und letztlich zur Änderung des ursprünglichen Urteils führte.

Die rechtliche Debatte: Fahrlehrer als Fahrzeugführer?

Ein zentraler Punkt in der rechtlichen Auseinand

andersetzung war die Frage, ob der Fahrlehrer als Fahrzeugführer im Sinne des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) angesehen werden kann. Das Amtsgericht hatte seine Verurteilung auf § 2 Abs. 15 Satz 2 StVG gestützt, wonach ein Fahrlehrer unter bestimmten Umständen als Fahrzeugführer gelten kann. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte jedoch in einem früheren Beschluss festgelegt, dass ein Fahrlehrer nur dann als Fahrzeugführer gilt, wenn er aktiv in das Fahrverhalten eingreift, was in diesem Fall nicht zutraf. Der Fahrlehrer hatte nicht selbst das Fahrzeug gesteuert, sondern saß lediglich auf dem Beifahrersitz. Diese Unterscheidung war entscheidend für die rechtliche Bewertung des Falles.

Rolle und Verantwortung des Fahrlehrers

Die Rolle des Fahrlehrers im Straßenverkehr wurde intensiv diskutiert. Als Fahrlehrer hat er eine besondere Verantwortung, nicht nur für die Sicherheit der Fahrschülerin, sondern auch für die anderen Verkehrsteilnehmer. Er ist verpflichtet, seine Fahrschüler kontinuierlich zu überwachen und bei Bedarf einzugreifen. Das Gericht stellte fest, dass der Fahrlehrer als Verkehrsteilnehmer angesehen werden muss, der eine aktive Rolle im Verkehrsgeschehen spielt. Dies impliziert ein hohes Maß an Sorgfaltspflicht, die in diesem Fall nicht ausreichend erfüllt wurde.

Das Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart

Das Oberlandesgericht Stuttgart (OLG) änderte das Urteil des Amtsgerichts und beschränkte das Verfahren auf den Vorwurf ordnungswidrigen Verhaltens nach § 49 Abs. 1 Nr. 1, § 1 Abs. 2 StVO. Der Fahrlehrer wurde schließlich wegen fahrlässigen Schädigens eines anderen Verkehrsteilnehmers zu einer Geldbuße von 35 Euro verurteilt. Das OLG stellte fest, dass der Fahrlehrer seine Pflichten verletzt hatte, indem er nicht ausreichend darauf achtete, dass die Fahrschülerin das Rechtsfahrgebot einhält. Diese Entscheidung verdeutlicht die Bedeutung der Verantwortung von Fahrlehrern im Straßenverkehr und deren Pflichten gegenüber ihren Fahrschülern und anderen Verkehrsteilnehmern.

Dieses Urteil unterstreicht, wie wichtig die Rolle des Fahrlehrers im Straßenverkehr ist und welche Verantwortung damit einhergeht. Es dient als Erinnerung daran, dass Fahrlehrer eine aktive Rolle bei der Sicherung des Verkehrs übernehmen müssen, insbesondere in Situationen, in denen die Sicherheit anderer Verkehrsteilnehmer gefährdet sein könnte.

Wichtige Fragen und Zusammenhänge kurz erklärt


Was bedeutet die Kraftfahrzeugführereigenschaft in Bezug auf die Verantwortung während einer Fahrausbildung?

Die Kraftfahrzeugführereigenschaft bezieht sich auf die Person, die ein Fahrzeug lenkt oder steuert. In Bezug auf die Fahrausbildung bedeutet dies, dass der Fahrlehrer während der Fahrstunden die Verantwortung für das verkehrsgerechte Verhalten des Fahrschülers trägt und gegebenenfalls rechtzeitig eingreifen muss.

Der Fahrlehrer gilt als Fahrzeugführer und ist daher für Verkehrsverstöße während der Fahrstunde verantwortlich. Wenn ein Fahrschüler beispielsweise geblitzt wird, liegt die Verantwortung in der Regel beim Fahrlehrer. Allerdings gibt es Ausnahmen von dieser Regel. Wenn der Fahrlehrer aufgrund des Ausbildungsstandes keinen Anlass zum Eingreifen hat, gilt er nicht mehr als Fahrzeugführer und der Fahrschüler kann für den entstandenen Schaden haftbar gemacht werden.

Im Falle eines Unfalls während der Fahrausbildung haftet in der Regel der Fahrlehrer oder die Fahrschule selbst. Die Kfz-Haftpflichtversicherung der Fahrschule tritt in solchen Fällen ein. Wenn dem Fahrschüler jedoch Fahrlässigkeit vorgeworfen werden kann, muss dieser für die entstandenen Schäden am Fahrschulauto haften.

Die Kraftfahrzeugführereigenschaft und die damit verbundene Verantwortung sind daher zentrale Aspekte der Fahrausbildung. Sie lehren Fahrschüler nicht nur die technischen Fähigkeiten des Fahrens, sondern auch die rechtlichen und ethischen Verantwortlichkeiten, die mit dem Führen eines Fahrzeugs verbunden sind.

Was sind die wesentlichen Inhalte des § 1 Abs. 2 StVO und wie beeinflussen sie die Verantwortlichkeit im Straßenverkehr?

Der § 1 Abs. 2 der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) in Deutschland besagt, dass jeder Verkehrsteilnehmer sich so zu verhalten hat, dass kein anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird.

Diese Regelung hat erhebliche Auswirkungen auf die Verantwortlichkeit im Straßenverkehr. Sie legt fest, dass alle Verkehrsteilnehmer eine Pflicht zur Rücksichtnahme haben und verpflichtet sind, Schaden oder Gefahr für andere zu vermeiden. Dies bedeutet, dass jeder Verkehrsteilnehmer ständig aufmerksam und vorsichtig sein muss, um die Sicherheit aller zu gewährleisten.

Verstöße gegen diese Regel können zu rechtlichen Konsequenzen führen. Wenn ein Verkehrsteilnehmer gegen § 1 Abs. 2 StVO verstößt, kann dies als Ordnungswidrigkeit angesehen werden und mit einer Geldbuße, Punkten in Flensburg und einem Fahrverbot sanktioniert werden. Darüber hinaus kann ein Verstoß gegen diese Regel auch zivilrechtliche Folgen haben, wie zum Beispiel Schadensersatzansprüche oder Haftung bei Unfällen.

Es ist auch zu beachten, dass die Einhaltung von § 1 Abs. 2 StVO nicht nur für Autofahrer gilt, sondern für alle Verkehrsteilnehmer, einschließlich Fußgänger und Radfahrer. Jeder, der am Straßenverkehr teilnimmt, hat die Verantwortung, sich so zu verhalten, dass andere nicht geschädigt, gefährdet oder unvermeidbar behindert oder belästigt werden.

Auf welche Weise beeinflusst die Entscheidung des OLG Stuttgart die Auslegung von Verkehrsrecht und Fahrlehrerverantwortung?

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart beeinflusst die Auslegung von Verkehrsrecht und Fahrlehrerverantwortung insofern, als sie die Rolle des Fahrlehrers während der Fahrausbildung präzisiert. Laut OLG Stuttgart ist ein Fahrlehrer, der während einer Ausbildungsfahrt einen Fahrschüler begleitet, nicht als Fahrzeugführer im Sinne des § 2 Abs. 2 StVO anzusehen, sofern keine weiteren Umstände hinzutreten. Er wird jedoch als Verkehrsteilnehmer betrachtet und kann eine Straßenverkehrsordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 Nr. 1, § 1 Abs. 2 StVO begehen, wenn er schuldhaft seine Verpflichtung verletzt, eine Schädigung anderer Verkehrsteilnehmer zu verhindern.

Diese Rechtsprechung unterstreicht, dass der Fahrlehrer zwar nicht direkt als Fahrzeugführer gilt, aber dennoch eine erhebliche Verantwortung trägt. Er muss den Fahrschüler zu verkehrsgerechtem Verhalten anhalten und entsprechend überwachen. Zivilrechtlich wird an die Erfüllung dieser Pflichten ein strenger Maßstab angelegt, was bedeutet, dass der Fahrlehrer sowohl Dritten als auch dem Fahrschüler gegenüber dafür verantwortlich ist, dass Unfälle möglichst vermieden werden.

Die Entscheidung des OLG Stuttgart klärt somit die Abgrenzung zwischen der Rolle des Fahrlehrers als Verkehrsteilnehmer und der des Fahrschülers als Fahrzeugführer. Sie betont die Notwendigkeit, dass Fahrlehrer aktiv in das Verkehrsgeschehen eingreifen müssen, um ihrer Aufsichtspflicht nachzukommen und potenzielle Gefahren zu vermeiden. Dadurch wird die rechtliche Grundlage für die Verantwortlichkeit von Fahrlehrern im Straßenverkehr gestärkt und präzisiert.


Das vorliegende Urteil

OLG Stuttgart – Az.: 4 Ss 721/13 – Beschluss vom 02.02.2015

1. Das Verfahren wird gemäß § 47 OWiG auf den Vorwurf ordnungswidrigen Verhaltens nach § 49 Abs. 1 Nr. 1, § 1 Abs. 2 StVO beschränkt.

2. Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Rottenburg am Neckar vom 20. September 2013 wie folgt abgeändert:

„Der Betroffene wird wegen fahrlässigen Schädigens eines anderen Verkehrsteilnehmers zu einer Geldbuße von 35 € verurteilt.

Der Betroffene trägt die Kosten des Verfahrens.“

Die Liste der angewandten Vorschriften wird wie folgt neu gefasst:

„§ 1 Abs. 2, § 49 Abs. 1 Nr. 1 StVO, § 24 StVG, Nr. 1.4 BKat“

3. Im Übrigen wird die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil als unbegründet

v e r w o r f e n .

4. Der Beschwerdeführer trägt die Kosten seines Rechtsmittels.

Gründe

I.

Das Amtsgericht Rottenburg am Neckar verurteilte den Betroffenen am 20. September 2013 wegen einer fahrlässig begangenen Ordnungswidrigkeit des Nichtbeachtens des Rechtsfahrgebots mit Verursachung eines Unfalls zu der Geldbuße von 100 €.

Hiergegen wandte sich der Betroffene mit einem Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde. Er rügte die Verletzung materiellen Rechts und des Rechts auf rechtliches Gehör und griff insbesondere die Beweiswürdigung des Amtsgerichts an. Die Generalstaatsanwaltschaft beantragte, die Rechtsbeschwerde zuzulassen und auf die Rechtsbeschwerde das Urteil aufzuheben und die Sache an das Amtsgericht Rottenburg am Neckar zurückzuverweisen.

Der Einzelrichter hat die Rechtsbeschwerde zugelassen und die Sache zur Fortbildung des Rechts auf den Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen (§ 80a Abs. 3 Satz 1 OWiG).

II.

1.

Das Amtsgericht hat rechtsfehlerfrei u. a. folgenden Sachverhalt festgestellt:

Am 2. Januar 2013 gegen 14:25 Uhr war der Betroffene mit einem Pkw VW auf einer Kreisstraße unterwegs. Er befand sich als Fahrlehrer auf dem Beifahrersitz. Lenkerin des Fahrzeugs war eine Fahrschülerin. Für die Fahrschülerin war es die dritte, vierte oder fünfte Fahrstunde. Das Fahrschulauto fuhr während der Fahrt teilweise sehr weit rechts, teilweise weit in der Fahrbahnmitte. Nach zwei scharfen Rechtskurven kam dem Fahrschulauto ein Pkw BMW entgegen. Das Fahrschulauto fuhr zu diesem Zeitpunkt mit einer Geschwindigkeit von ca. 30 km/h, der BMW mit einer Geschwindigkeit von ca. 50 bis 60 km/h. Es kam zwischen beiden Fahrzeugen zu einem Streifvorgang, bei dem der linke Außenspiegel des Fahrschulwagens abgebrochen und der linke Außenspiegel des Pkw BMW stark verkratzt wurde. Die Fahrbahn im Bereich der Unfallörtlichkeit ist inklusive der halben Breite der Randstreifenmarkierung 4,43 m breit. Außerhalb der Randstreifenmarkierung befindet sich dann jeweils noch ein 15 – 20 cm breiter asphaltierter Straßenteil. Die Fahrzeugbreite des PKW BMW beträgt inclusive Außenspiegel 2,16 m. Die Fahrzeugbreite des Fahrschulautos inclusive Außenspiegel beträgt 2,14 m. Unfallursächlich war, dass beide Unfallbeteiligten nicht äußerst rechts gefahren sind. Das Fahrschulfahrzeug des Betroffenen befand sich zur Unfallzeit mindestens 7,5 cm auf der Gegenfahrbahn. Da der Betroffene als Fahrlehrer diese Strecke des Öfteren fährt und sich bewusst ist, dass die Fahrbahn dort sehr schmal ist, hätte er ohne weiteres erkennen können, dass an dieser Stelle möglichst weit rechts zu fahren ist, erforderlichenfalls unter Inanspruchnahme der Fläche außerhalb der Fahrbahnbegrenzungslinie.

Hinsichtlich dieser Feststellungen ist die Rechtsbeschwerde unbegründet. Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Begründung der Rechtsbeschwerde hat insoweit keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben. Die Rechtsbeschwerde unternimmt letztlich nur den unbehelflichen Versuch, die eigene Beweiswürdigung an die Stelle der rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung des Amtsgerichts zu setzten, was im Rechtsbeschwerdeverfahren keinen Erfolg haben kann. Auch die vom Betroffenen beanstandete Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör greift aus den zutreffenden Erwägungen der Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Antragschrift vom 19. Dezember 2013 nicht durch.

2.

Hingegen erweist sich die rechtliche Würdigung durch das Amtsgericht als rechtsfehlerhaft.

a) Der festgestellte Sachverhalt trägt eine Verurteilung nach § 49 Abs. 1 Nr. 2, § 2 Abs. 2 StVO wegen fahrlässigen Nichtbeachtens des Rechtfahrgebots mit Verursachung eines Unfalls nicht. Der Betroffene hat nach den Feststellungen nicht selbst das Fahrzeug geführt, sondern war als Fahrlehrer im Rahmen einer Ausbildungsfahrt seiner Fahrschülerin auf dem Beifahrersitz im Fahrzeug zugegen, als sich das Unfallgeschehen ereignete.

Das Amtsgericht hat die Verantwortlichkeit des Betroffenen wohl – ohne dies ausdrücklich darzulegen oder weiter zu problematisieren – auf § 2 Abs. 15 Satz 2 StVG gestützt. Dies ist rechtsfehlerhaft.

(1) Eine Ordnungswidrigkeit nach dieser Bußgeldvorschrift kann nur der Führer eines Fahrzeugs begehen. Die Pflicht zur Einhaltung der Fahrvorschriften des § 2 StVO insbesondere zur Erfüllung des Rechtsfahrgebots nach § 2 Abs. 2 StVO trifft (nur) den Fahrzeugführer (Heß in Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 23. Aufl., § 2 StVO Rn. 6). Darauf deutet schon der Wortlaut von § 2 Abs. 2 StVO („Es ist möglichst weit rechts zu fahren“).

(2) Nach den vom Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 23. September 2014 (4 StR 92/14 – zur Veröffentlichung vorgesehen) dargelegten Erwägungen ist ein Fahrlehrer, der in der konkreten Situation nicht in die Ausbildungsfahrt eingreift, nach allgemeinen Kriterien kein Führer des Kraftfahrzeugs. Führer eines Kraftfahrzeugs ist, wer es unter bestimmungsgemäßer Anwendung seiner Antriebskräfte unter eigener Allein- oder Mitverantwortung in Bewegung setzt oder unter Handhabung seiner technischen Vorrichtung während der Fahrbewegung durch den öffentlichen Verkehrsraum ganz oder wenigstens zum Teil lenkt. Er muss dabei sich selbst aller oder wenigstens eines Teiles der wesentlichen Einrichtungen des Fahrzeugs bedienen, die für seine Fortbewegung bestimmt sind (BGH, aaO, mwN). Zwar können sich auch mehrere Personen die Bedienung der notwendigen Funktionen teilen und dann beide als Fahrzeugführer anzusehen sein. Wer dagegen nicht einmal einen Teil der wesentlichen Einrichtung des Fahrzeugs bedient, führt dieses im maßgeblichen Zeitpunkt nicht (BGH, aaO). Ein Fahrlehrer erfüllt die genannten Voraussetzungen nicht, solange er nicht vom Beifahrersitz aus in die Lenk- oder Antriebsvorgänge eingreift. Auch der beherrschende Einfluss des Fahrlehrers auf die Fahrt, etwa durch sein Weisungsrecht gegenüber dem Fahrschüler, lässt ihn nicht zum Fahrzeugführer werden. Der eigenhändige Charakter derjenigen Ordnungswidrigkeiten, die das Führen eines Fahrzeugs voraussetzen, steht der Annahme einer mittelbaren Täterschaft entgegen (BGH, aaO, mwN).

(3) Auch die Regelung des § 2 Abs. 15 Satz 2 StVG führt nicht dazu, dass der Fahrlehrer, ohne dass weitere Umstände hinzutreten, als Führer des Fahrzeugs im Sinne von § 49 Abs. 1 Nr. 2, § 2 Abs. 2 StVO anzusehen ist. Die Argumente des Bundesgerichtshofs (aaO), die er bezüglich der Ordnungswidrigkeit nach § 23 Abs. 1a StVO anführt, haben auch Geltung für andere Ordnungswidrigkeitentatbestände, die das Führen eines Fahrzeugs verlangen. Die gesetzliche Fiktion in § 2 Abs. 15 Satz 2 StVG soll nur eine partielle Verlagerung der Verantwortung auf den Fahrlehrer (nämlich beschränkt auf die §§ 18, 21 StVG) bewirken (BGH, aaO). Somit gilt die Fiktion für § 49 Abs. 1 Nr. 2, § 2 Abs. 2 StVO eben gerade auch nicht.

b) Das Urteil enthält nicht genügend Feststellungen zur Beurteilung der Frage, ob der Betroffene nach diesen Maßstäben Fahrzeugführer war. Es fehlen über die reine Zahl der Fahrstunden hinaus Angaben zum Ausbildungsstand und zu den individuellen Kenntnissen und Fähigkeiten der Fahrschülerin. Von der von der Generalstaatsanwaltschaft zunächst beantragten Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung an das Amtsgericht sieht der Senat jedoch ab. Die erneute Verhandlung vor dem Amtsgericht zur Klärung der Frage, ob diesbezüglich weitere Feststellungen möglich sind, wäre der Bedeutung der Sache nicht mehr angemessen. Der Senat beschränkt daher das Verfahren nach § 47 OWiG (s. Göhler, OWiG, 16. Auflage, § 47 Rn. 24 ff., insbes. Rn. 26 und 27) mit Zustimmung des Betroffenen und der Generalstaatsanwaltschaft auf den Vorwurf ordnungswidrigen Verhaltens nach § 49 Abs. 1 Nr. 1, § 1 Abs. 2 StVO.

c) Die vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen tragen eine Verurteilung des Betroffenen wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 Nr. 1, § 1 Abs. 2 StVO.

(1) Der Betroffene war als Fahrlehrer, der die Ausbildungsfahrt seiner Fahrschülerin auf dem Beifahrersitz begleitete, Verkehrsteilnehmer i. S. v. § 1 Abs. 2 StVO.

aa) Verkehrsteilnehmer ist, wer öffentliche Wege im Rahmen des Gemeingebrauchs benutzt. Die Verkehrsteilnahme setzt ein verkehrserhebliches Verhalten voraus. Dies erfordert ein Handeln oder pflichtwidriges Unterlassen, das unmittelbar auf einen Verkehrsvorgang einwirkt. Verkehrsbezogen ist dabei ein Verhalten, wenn es sich schon oder noch wenigstens teilweise im öffentlichen Verkehrsraum abspielt (Heß, aaO, § 1 StVO Rn. 15, 16 mwN). Der Mitfahrer wird zum Verkehrsteilnehmer, wenn er in den Ablauf eines Verkehrsvorgangs eingreift (Heß, aaO, § 1 StVO Rn. 20). Kein Verkehrsteilnehmer ist, wer sich zwar auf öffentlichem Gelände aufhält, aber das Verkehrsgeschehen nicht beeinflusst (Heß, aaO, § 1 StVO Rn. 21). Der Begriff des Verkehrsteilnehmers ist weiter als der des Fahrzeugführers (König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Auflage, § 1 StVO Rn. 17), das Führen eines Fahrzeugs ist gegenüber der Teilnahme am Straßenverkehr i. S. d. § 1 StVO als Spezialfall der engere Begriff (Heß, aaO, § 2 StVO Rn. 7; s. auch BGHSt 14, 24 ff.). Die den Verkehrsteilnehmer kennzeichnende Einwirkung auf das Verkehrsgeschehen muss nicht notwendig ein tätiges Handeln, sondern kann auch ein Unterlassen sein, wenn dadurch eine Rechtspflicht zum Tätigwerden verletzt wird (BGHSt 14, 24 ff. [27/28]).

bb) Der Fahrlehrer ist nach diesen Kriterien während einer Ausbildungs- oder Prüfungsfahrt Verkehrsteilnehmer (König, aaO, § 1 StVO Rn. 17; König in Leipziger Kommentar, StGB, 12. Auflage, § 315b Rn. 18 a. E.).

Nach § 2 Abs. 15 Satz 1 StVG darf derjenige, der zur Ausbildung, zur Ablegung der Prüfung oder zur Begutachtung der Eignung oder Befähigung ein Kraftfahrzeug auf öffentlichen Straßen führt, dieses nur tun, wenn er dabei von einem Fahrlehrer im Sinne des Fahrlehrergesetzes begleitet wird. § 6 StVZO, der allerdings durch die Neureglung des Fahrerlaubnisrechts schon seit 1. Januar 1999 außer Kraft getreten ist, benannte die Verantwortlichkeit eines Fahrlehrers für die Ausbildungsfahrt noch ausdrücklich („Wer die Fahrerlaubnis noch nicht erhalten hat, darf fahrerlaubnispflichtige Kraftfahrzeuge auf öffentlichen Straßen führen, wenn er von einem Fahrlehrer (Inhaber der Ausbildungserlaubnis), der hierbei für die Führung des Fahrzeugs verantwortlich ist, beaufsichtigt wird“). An dieser Verantwortlichkeit des Fahrlehrers wollte der Gesetzgeber nichts ändern, er sieht diese Verantwortung weiterhin und setzt sie voraus. Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 FahrlG darf ein Fahrlehrer täglich nur solange praktischen Fahrunterricht erteilten, wie er in der Lage ist, die Verantwortung für die Ausbildungsfahrt zu übernehmen. Gerade damit der Fahrlehrer dieser Verantwortung für die Ausbildungsfahrt auch genügen kann, hat das Fahrschulauto nach § 5 Abs. 2 DVFahrlG eine technische Ausstattung in Form von zusätzlichen Gas- und Bremspedalen zu enthalten, um so dem Fahrlehrer die Möglichkeit zum Eingreifen zu eröffnen. Selbst wenn er davon keinen Gebrauch macht, hat er stets die Möglichkeit und Pflicht, zumindest durch Worte Einfluss auf das Fahrgeschehen zu nehmen.

Gerade auch die in ständiger Rechtsprechung betonte zivilrechtliche Verantwortung mit hohen Sorgfaltspflichten rechtfertigt es, den Fahrlehrer als Verkehrsteilnehmer anzusehen. Er hat den Fahrschüler ständig zu verkehrsgerechtem Verhalten anzuhalten und entsprechend ununterbrochen zu beaufsichtigen. Er ist sowohl Dritten als auch gegenüber dem Fahrschüler dafür verantwortlich, dass Unfälle möglichst vermieden werden; an die Erfüllung dieser Pflichten ist zivilrechtlich ein strenger Maßstab anzulegen (s. BGH, NJW 1969, 2197; OLG Stuttgart, NZV 1999, 470; Dauer, Fahrlehrerrecht, 2010, S. 69/70).

Diese Pflichten unterscheiden den Fahrlehrer vom Beifahrer beim begleiteten Fahren ab 17 Jahren (§ 48a FeV), der nicht als Verkehrsteilnehmer angesehen wird, wenn er nicht konkret aktiv Einfluss auf das Fahrverhalten nimmt (König in Hentschel/König/Dauer, aaO, § 1 StVO Rn. 17). Diese begleitende Person sollte ausdrücklich „keine besonderen Aufgaben, insbesondere keine Ausbildungsfunktion“ bekommen (s. BT-Drucks. 15/5315, S.8).

(2) Nach den Feststellungen des Amtsgerichts hat der Betroffene in der konkreten Situation seine aus der Verantwortlichkeit für die Ausbildungsfahrt herrührende Verpflichtung zum Verhindern einer Schädigung eines anderen Verkehrsteilnehmers nach § 1 Abs. 2 StVO fahrlässig verletzt. Zumindest durch Unterlassen eines ihm möglichen und zumutbaren Eingreifens zum Verhindern der Unfalls hat er fahrlässig die Schädigung eines anderen (mit)verursacht.

Die Feststellungen des Amtsgerichts belegen in einer Gesamtschau angesichts der bestehenden hohen Sorgfaltspflichten den Fahrlässigkeitsvorwurf noch ausreichend. Der Betroffene hätte die Möglichkeit gehabt, entweder durch rechtzeitiges Einwirken auf die Fahrschülerin oder durch eigenständigen Eingriff mittels der zusätzlichen Bremspedale deren Fahrverhalten schon im Vorfeld des Streifvorgangs zu beeinflussen und so eine noch deutlich reduziertere Geschwindigkeit und somit ein vorsichtiges Herantasten und Passieren der ihm bekannten Engstelle zu bewirken.

Das Rechtsfahrgebot des § 2 Abs. 2 StVO, für dessen Einhaltung durch die Fahrschülerin der Betroffene auf Grund seiner Garantenstellung zu sorgen hatte, ist, wie schon der Wortlaut („möglichst weit rechts“) erkennen lässt, nicht starr. Was „möglichst weit rechts“ ist, hängt von der Örtlichkeit, der Fahrbahnart und -beschaffenheit, der Fahrgeschwindigkeit, den Sichtverhältnissen, dem Gegenverkehr und anderen Umständen ab. An Kuppen oder in Kurven oder wenn sonst die Strecke unübersichtlich ist, muss der Fahrer die äußerste rechte Fahrbahnseite einhalten, weil die Gefahr besteht, dass die Unübersichtlichkeit der Strecke ein rechtzeitiges Ausweichen nach rechts vor einem plötzlich auftauchenden Hindernis nicht mehr zulässt. Unter Umständen sind bei einer Fallgestaltung wie der vorliegenden die einander entgegenkommenden Verkehrsteilnehmer gemäß § 3 Abs. 1 Satz 5 StVO zum Fahren auf „halbe Sicht“ verpflichtet (s. zum Ganzen: OLG München, Urteil vom 11. April 2014 – 10 U 4173/13 –, juris). Hier war die Straße derart eng, dass ein zügiger Begegnungsverkehr unter Kraftfahrzeugen von normaler Breite (§§ 22 Abs. 2 Satz 1 StVO; 32 Abs. 1 Nr. 1a StVZO) gar nicht mehr möglich war, so dass schon daher mit sehr niedriger Geschwindigkeit und stets bremsbereit zu fahren war. Der Betroffene musste als Kenner der Verhältnisse zudem davon ausgehen, dass ihm Fahrzeuge entgegenkommen konnten.

3.

Der Senat kann gemäß § 79 Abs. 6 OWiG selbst in der Sache entscheiden und die Geldbuße neu zuerkennen. Die vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen sind hierfür ausreichend. Für eine fahrlässige begangene Ordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 Nr. 1, § 1 Abs. 2 StVO sieht die Bußgeldkatalogverordnung in der Fassung vom 17. Dezember 2010 nach Nr. 1.4 bei Schädigung eines anderen eine Regelgeldbuße in Höhe von 35 € vor. Es ist kein Grund ersichtlich, von der Regelgeldbuße abzuweichen. Bei Würdigung aller relevanter Umstände sieht der Senat diese Geldbuße trotz der mittlerweile verstrichenen Zeit und der erheblichen Mitverursachung des Unfalls durch den Fahrer des BMWs noch als angemessen an.

4.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 OWiG, § 473 Abs. 4 StPO. Der Betroffene erstrebte einen Freispruch und hatte nur einen Teilerfolg. Angesichts der Ausführungen der Rechtsbeschwerdebegründung ist nicht anzunehmen, dass die Einlegung des Rechtsmittels unterblieben wäre, wenn schon das Urteil des Amtsgerichts so wie das des Rechtsbeschwerdegerichts gelautet hätte (s. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Auflage, § 473 Rn. 26; Göhler aaO, vor § 105 Rn. 128a).

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