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Geschwindigkeitsmessung – Einsicht in Messunterlagen – Übersendung Speichermedium

AG Nauen – Az.: 34 OWi 263/22 – Beschluss vom 19.10.2022

In dem Bußgeldverfahren wegen Ordnungswidrigkeit hat das Amtsgericht Nauen durch die Richterin am 19.10.2022 beschlossen:

Dem Verteidiger des Betroffenen ist auf seinen Antrag Einsicht in die Original-Messreihe nebst Passwort und Token zu gewähren, indem die entsprechenden Dateien auf einen vom Verteidiger zur Verfügung gestellten Datenträger übertragen werden. Wird kein Speichermedium zur Verfügung gestellt, ist dem Verteidiger die Möglichkeit der Einsichtnahme in den Räumlichkeiten einer Verwaltungsbehörde in unmittelbarer Nähe zum Kanzleisitz des Verteidigers einzuräumen.

Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Betroffenen trägt die Staatskasse.

Gründe

Geschwindigkeitsmessung – Einsicht in Messunterlagen – Übersendung Speichermedium
(Symbolfoto: topae/Shutterstock.com)

1. Das Land Brandenburg, Zentraldienst der Polizei, Zentrale Bußgeldstelle Gransee (im Folgenden „Verwaltungsbehörde“ genannt), führt gegen den Betroffenen ein Bußgeldverfahren wegen des Verdachts der Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften. Die Messung erfolgte am 22.03.2022 auf der BAB 24, km 232,56 in Fahrtrichtung Hamburg mit dem Geschwindigkeitsüberwachungsmessgerät PoliScan.

Mit Schreiben vom 03.06.2022 (Blatt 29ff der Akte) begehrte der Verteidiger unter anderem die gesamten digitalen Falldateien im gerätespezifischen Format nebst dem dazugehörigen Geräteschlüssel für die gesamte Messreihe. Die Verwaltungsbehörde lehnte das Begehren des Verteidigers ab und räumte dem Verteidiger das Recht zur Einsicht in den Räumen der Behörde ein. Der Verteidiger beantragte mit Schreiben vom 30.08.2022 gerichtliche Entscheidung.

II.

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist gemäß § 62 Abs. 1 Satz 1 OWiG zulässig.

Er hat auch in der Sache überwiegend Erfolg.

Gemäß § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 147 StPO hat der Verteidiger des Betroffenen ein Recht auf Akteneinsicht, das sich auf alle Akten, Aktenteile und weiteren Unterlagen oder Datenträger bezieht, auf die der Vorwurf in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht gestützt wird, die zur Aufklärung des Sachverhaltes beitragen und die möglicherweise auch der Entlastung des Betroffenen dienen können. Sofern sich Unterlagen, die für den Betroffenen belastend oder entlastend relevant sein können, nicht in den Ermittlungs- oder Sachakten, sondern in anderen Akten oder bei anderen Behörden befinden, müssen auch diese den Akten und damit allen Verfahrensbeteiligten zugänglich gemacht werden. Ansonsten könnte der Anspruch des Betroffenen auf rechtliches Gehör verletzt werden.

Darüber hinaus muss die Verteidigung, ggf. unter Zuhilfenahme eines Sachverständigen, die erfolgte Messung in allen Einzelheiten auch und gerade hinsichtlich möglicher Fehlerquellen überprüfen können. Zudem muss sie auch in die Lage versetzt werden, ein vom Gericht eingeholtes Sachverständigengutachten überprüfen zu können.

Hierzu muss dem Verteidiger auf seinen Antrag neben der Falldatei des Betroffenen auch die Original-Messreihe mit Passwort und Token zur Verfügung gestellt werden. Wenn das Gericht ein Sachverständigengutachten einholt, muss der gerichtlich bestellte Sachverständige die gesamte Messreihe überprüfen, da sich Hinweise auf Fehler nicht nur aus der einzelnen Falldatei des Betroffenen, sondern auch aus der Messreihe insgesamt ergeben können. Spiegelbildlich hierzu muss auch der Verteidigung auf ihren Antrag im Hinblick auf den Grundsatz des fairen Verfahrens die Möglichkeit gegeben werden, selbst diese umfassende Überprüfung mit sachverständiger Hilfe bereits vorab vorzunehmen. Nur so kann der Betroffene in die Lage versetzt werden, dem Gericht konkrete Hinweise auf Fehler der Messung vorzutragen, um die Vermutung des standardisierten Messverfahrens entkräften zu können. Die Verteidigung hat hierfür ein geeignetes Speichermedium zur Verfügung zu stellen, auf das die Dateien durch die Behörde übertragen werden können. Sofern ein Speichermedium nicht zur Verfügung gestellt wird, muss dem Verteidiger die Akteneinsicht insoweit in einer Polizeidienststelle oder anderen Verwaltungsbehörde in unmittelbarer Nähe zum Kanzleisitz des Verteidigers bzw. des von ihm beauftragten Sachverständigen eingeräumt werden. Aus der Messreihe sind auch die am Tattag mit dem Messgerät aufgenommenen Verkehrsverstöße ersichtlich.

Da der Antrag der Verteidigung erfolgreich war, waren die Kosten der Staatskasse aufzuerlegen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 62 Abs. 2 Satz 2 OWiG i.V.m. § 473 Abs. 3 StPO.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

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