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Fahrtenbuchauflage – Verstoß gegen die Zwei-Wochen-Frist

Fahrtenbuchpflicht: Die Bedeutung der Zwei-Wochen-Frist

Ein kürzlich ergangener Gerichtsbescheid des VG Bayreuth (Az.: B 1 K 19.46) vom 04.03.2020 beleuchtet die rechtlichen Feinheiten rund um die Fahrtenbuchauflage und die damit verbundene Zwei-Wochen-Frist.

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Die Hintergründe des Falles

Ein Fahrzeughalter wurde beschuldigt, am 12. Juli 2018 eine Ordnungswidrigkeit begangen zu haben, da er die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 44 km/h überschritten hatte. Trotz der geringen Verkehrsdichte zur Tatzeit wurde dieses Verhalten als gefährlich und unverantwortlich eingestuft. Der Kläger, der Halter des Fahrzeugs, wurde erst nach umfangreichen Ermittlungen an seinem Nebenwohnsitz befragt. Er leugnete, der verantwortliche Fahrer gewesen zu sein und gab den Verstoß nicht zu. Aufgrund dieser Umstände und der Schwere des Verstoßes wurde ihm die Pflicht zur Führung eines Fahrtenbuches auferlegt.

Die Argumentation des Landratsamtes

Das Landratsamt argumentierte, dass die Dokumentation von Fahrten, auch kurzen, notwendig sei, um bei einem Verkehrsverstoß den Fahrer schnell und zuverlässig ermitteln zu können. Dies sei aus dem § 31 a Abs. 2 StVZO und dem Zweck der Fahrtenbuchauflage ersichtlich. Ein Fahrtenbuch würde auch im Interesse des Klägers liegen, da er so seine Unschuld bei einem Verkehrsverstoß nachweisen könnte.

Der Einwand des Klägers

Der Kläger brachte vor, dass zwischen dem ersten Anhörungsschreiben und dem tatsächlichen Verkehrsverstoß vier Wochen vergangen seien. Er verwies auf die Rechtsprechung, die besagt, dass bei einem Verstoß gegen die Zwei-Wochen-Frist eine Fahrtenbuchauflage nur in besonderen Fällen zulässig sei.

Die Entscheidung des Gerichts

Das Gericht stellte fest, dass die Klage keinen Erfolg haben würde. Nach § 31 a Abs. 1 StVZO kann das Landratsamt die Führung eines Fahrtenbuches anordnen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einem Verstoß nicht möglich war. In diesem Fall war die Behörde ihrer Pflicht nachgekommen, den Halter unverzüglich von dem Verstoß in Kenntnis zu setzen. Es wurde festgestellt, dass die verspätete Anhörung nicht der Grund für die nicht mögliche Ermittlung des verantwortlichen Fahrers war, sondern das Schweigen des Klägers.

Abschließende Bemerkungen

Dieser Fall unterstreicht die Bedeutung der Zwei-Wochen-Frist im Zusammenhang mit der Fahrtenbuchauflage. Es zeigt auch, wie wichtig es für Fahrzeughalter ist, proaktiv zu handeln und mit den Behörden zu kooperieren, um mögliche rechtliche Konsequenzen zu vermeiden.


Das vorliegende Urteil

VG Bayreuth – Az.: B 1 K 19.46 – Gerichtsbescheid vom 04.03.2020

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Anordnung der Verpflichtung zur Führung eines Fahrtenbuches.

Der Kläger ist Zulassungsinhaber und Halter des Kraftfahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen ….

Mit Schreiben vom 8. August 2018 hörte der Landkreis … (im Folgenden Landkreis) – Fachbereich Ordnung, Verkehr und Bevölkerungsschutz – Ordnungswidrigkeiten – den Kläger zur Begehung einer Ordnungswidrigkeit an. Dem Kläger werde vorgeworfen, am 12. Juli 2018 um 1:19 Uhr die zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 44 km/h überschritten zu haben. Die zulässige Geschwindigkeit habe 70 km/h betragen, die festgestellte Geschwindigkeit (nach Toleranzabzug) 114 km/h.

Am 29. August 2018 bat der Landkreis … die Stadtverwaltung … – Einwohnermeldeamt – um die Übersendung einer Kopie des Pass- bzw. Ausweisfotos des Klägers. Das entsprechende Ausweisfoto wurde dem Landkreis am 11. September 2018 übermittelt.

Unter dem 11. September 2018 teilte der Landkreis der Stadt … – Ermittlungsdienst – mit, dass der Anhörungsbogen/Zeugenfragebogen vom 8. August 2018 bisher nicht durch den Kläger an den Landkreis zurückgesandt wurde. Daher werde die Stadt gebeten, den verantwortlichen Fahrer festzustellen, anzuhören und die fehlenden Personalien aufzunehmen. Ein beigefügtes Aktenblatt zeigt, dass der Geschwindigkeitsverstoß vom 12. Juli 2018 laut Tatbestandskatalog mit einem Bußgeld von 160,00 EUR, zwei Punkten im Fahreignungsregister sowie einen Monat Fahrverbot geahndet werden würde.

Nach mehreren erfolglosen Versuchen der Polizeiinspektion … sowie der Polizeidirektion … den Kläger an dessen Hauptwohnsitz oder Nebenwohnsitz anzutreffen, erschien der Kläger laut Aktenvermerk der Polizeidirektion … am 22. Oktober 2018 persönlich auf der Polizeistation …. Es sei eine Anhörung durchgeführt worden. Der Kläger habe den Verkehrsverstoß nicht zugegeben. Eine zweifelsfreie Identifizierung des Klägers als verantwortlichen Fahrer sei auf Grund der schlechten Bildqualität nicht möglich gewesen. Am 22. Oktober 2018 wurde dem Landkreis zudem ein Formular „Äußerung zum Sachverhalt“ übermittelt, worin der Kläger angab, dass er nicht der verantwortliche Fahrzeugführer gewesen sei und den Verstoß nicht zugebe.

Dem Landkreis wurde am 15. November 2018 die Einstellung des Ordnungswidrigkeitenverfahrens gegen den Kläger nach § 46 Abs. 1 OWiG i. V. m. § 170 Abs. 2 StPO mitgeteilt.

Nach erfolgter Anhörung durch das Landratsamts … (im Folgenden Landratsamt) am 22. November 2018 zur Auferlegung des Führens eines Fahrtenbuches, äußerte sich der Kläger mit Schreiben vom 5. Dezember 2018 dahingehend, dass sein Fahrzeug im Jahr 2018 zeitweise und mehr als in anderen Jahren von Anderen genutzt worden sei. Das Landratsamt habe bei seiner Abwägung zu berücksichtigen, dass es sich bei der Nichtbenennung des Fahrers um einen absoluten Einzelfall gehandelt habe, die letzten 45 Jahre sei so etwas nicht vorgekommen. Zudem sei viel Zeit zwischen dem Verkehrsverstoß und einem konkreten Versuch, den Sachverhalt aufzuklären, vergangen. Diese lange Zeitspanne habe er nicht zu verschulden. Er biete zudem an, dass jede Fremdbenutzung seines Fahrzeuges künftig registriert werde, sodass hierdurch bereits klar werde, ob er oder ein Dritter das Fahrzeug genutzt habe.

Mit Bescheid vom 10. Dezember 2018 wurde dem Kläger auferlegt, für das auf ihn zugelassene Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen … oder ein evtl. zuzulassendes Ersatzfahrzeug ein Fahrtenbuch zu beschaffen und ab Bestandskraft dieses Bescheides für die Dauer von einem Jahr ordnungsgemäß zu führen (Ziffer 1). Es wurde eine Gebühr von 120,00 EUR sowie eine Auslage in Höhe von 4,11 EUR festgesetzt (Ziffer 2).

Rechtsgrundlage für die Anordnung zum Führen eines Fahrtenbuches sei § 31 a Abs. 1 StVZO. Hiernach könne die Verwaltungsbehörde einem Fahrzeughalter die Führung eines Fahrtenbuches auferlegen, wenn die Feststellung des Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen die Vorschriften der Straßenverkehrsordnung nicht möglich sei. Im vorliegenden Fall könne nach den Tatfotos nicht bestritten werden, dass mit dem Fahrzeug des Klägers am 12. Juli 2018 eine Ordnungswidrigkeit begangen worden sei. Nachdem der Kläger als Halter des Fahrzeuges erst nach umfangreichen Ermittlungen der Behörden an seinem Nebenwohnsitz habe befragt werden können und er dabei erklärt habe, dass er nicht der verantwortliche Fahrzeugführer gewesen sei und den Verstoß nicht zugebe, seien den Behörden weitere Ermittlungen nicht zuzumuten und mangels Mitwirkung des Klägers weder erfolgversprechend noch realistisch gewesen. Zudem habe es sich bei der begangenen Ordnungswidrigkeit um ein gravierendes Fehlverhalten gehandelt, da die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 44 km/h überschritten worden sei und dies, trotz wenig Verkehrsaufkommens zur Tatzeit, unfallgefährdend und unverantwortlich sei. Allein ein solches Verhalten stelle eine Zuwiderhandlung dar, die sogar im Erstfall bei der Nichtfeststellung des Fahrzeugführers die Auflage eines Fahrtenbuches rechtfertige. Auch die Höhe des Bußgeldes und die Tatsache, dass die Ordnungswidrigkeit zur Eintragung von 2 Punkten im Fahreignungsregister und zu einem Monat Fahrverbot geführt habe, würden zeigen, dass diese Verkehrszuwiderhandlung vom Gesetzgeber als schwere Gefährdung der Verkehrssicherheit angesehen werde. Dem Halter des Fahrzeuges, mit dem die Ordnungswidrigkeit begangen worden sei, sei deshalb die Pflicht zur Führung eines Fahrtenbuches aufzuerlegen. Die Dauer der Pflicht von einem Jahr sei im Hinblick auf die Verkehrssicherheit durchaus zumutbar. Bei einer Abwägung der Interessen der Verkehrssicherheit und der persönlichen Interessen der Fahrzeughalter falle die Entscheidung zugunsten der Führung eines Fahrtenbuches aus. Der Einwand des Klägers, dass die von der Rechtsprechung entwickelte „2-Wochen-Frist“ bei der Anhörung überschritten worden sei, sei unerheblich, da sich diese Frist auf sogenannte Regelfälle beziehe. Die erfolgte verspätete Anhörung hätte wohl kaum zu einem anderen Ermittlungsergebnis geführt. Der Kläger habe nämlich keinerlei Aussage über eventuell in Frage kommende Fahrer getätigt. Auch nach Ablauf der 2-Wochen-Frist könne erwartet werden, dass einem Halter noch bekannt sei, wer sein Fahrzeug gegen 1:30 Uhr ca. 200 km vom Nebenwohnsitz bzw. 300 km vom Hauptwohnsitz und ca. 250 km von dessen Kanzlei entfernt, geführt habe. Es sei nicht einmal ansatzweise versucht worden, sich an den Fahrer anhand einer Nachsicht in Unterlagen zu erinnern. Die verzögerte Anhörung sei somit unschädlich. Dass der Kläger weder an seinem Haupt- noch an seinem Nebenwohnsitz anzutreffen gewesen sei und sich dadurch die Befragung weiter verzögert habe, liege in dessen Verantwortungsbereich und nicht im Verantwortungsbereich der Behörde. Dass es sich, wie vom Kläger vorgetragen, um einen absoluten Einzelfall handele, sei unerheblich, da es sich bei der begangenen Tat um einen Verkehrsverstoß von einigem Gewicht gehandelt habe, der die Anordnung zum Führen eines Fahrtenbuches in jeder Hinsicht rechtfertige.

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 14. Januar 2019 Klage und stellte den Antrag:

Der Bescheid der Beklagten vom 10. Dezember 2018, Aktenzeichen …, Anordnung zur Führung eines Fahrtenbuches für das Kfz mit dem Kennzeichen …, zugestellt durch Niederlegung am 12. Dezember 2018, wird aufgehoben.

Zur Begründung führte der Kläger aus, dass ein völliges Absehen von einer Fahrtenbuchauflage wohl rechtlich schwer durchsetzbar sei. Es werde jedoch die Modifizierung der konkreten Anforderungen an das Fahrtenbuch unter Berücksichtigung des konkreten Einzelfalles verlangt (wird näher ausgeführt).

Mit Schriftsatz vom 20. März 2019 beantragte das Landratsamt die Klage abzuweisen.

Das Landratsamt erwiderte, dass der Verordnungsgeber gerade die Dokumentation nur kurzer Fahrten verlange, um jederzeit bei einem Verkehrsverstoß den Fahrer schnell und zuverlässig ermitteln zu können. Dies werde aus dem Wortlaut des § 31 a Abs. 2 StVZO sowie aus dem Sinn und Zweck der Fahrtenbuchauflage erkennbar. Die Führung eines Fahrtenbuches liege zudem im Interesse des Klägers, da er jederzeit seine Unschuld bei einem Verkehrsverstoß nachweisen könne.

Unter dem 8. April 2019 trug der Kläger vor, dass in der Gesamtabwägung bei der Entscheidung des Landratsamtes hätte berücksichtigt werden müssen, dass zwischen der Versendung der ersten Anhörung an ihn und dem angeblichen Verkehrsverstoß vier Wochen Zeit vergangen seien. Die Rechtsprechung habe in der Vergangenheit die Auffassung vertreten, dass bei einem Verstoß gegen die Zwei-Wochen-Frist eine Fahrtenbuchauflage nur unter besonderen Umständen denkbar sei. Er könne zudem aufgrund urlaubsbedingter Abwesenheit im August 2018 nicht genau sagen, ob ihn die Anhörung erreicht habe oder nicht.

Das Landratsamt äußerte sich zur Zwei-Wochen-Frist mit Schriftsatz vom 24. April 2019 dahingehend, dass der Kläger in keiner Weise versucht habe an der Aufklärung der Ordnungswidrigkeit mitzuwirken. Da von Seiten des Halters keine Mitwirkung erfolgt und der Verstoß nicht zugegeben worden sei, sei davon auszugehen, dass die verspätete Anhörung nicht ursächlich für die Nichtidentifizierung des Fahrers gewesen sei. Zudem handele es sich bei dem Pkw des Klägers um einen Geschäfts- und Firmenwagen, bei dem eine detaillierte Dokumentation der Geschäftsfahrten zu erwarten sei.

Mit Schriftsatz vom 10. Juli 2019 teilte der Kläger mit, dass seine Fahrerlaubnis wegen des Erreichens der 8-Punkte-Grenze entzogen worden sei. Der streitgegenständliche Pkw werde seit Anfang Mai dauerhaft an eine Mitarbeiterin verliehen. Unter diesen Umständen sei ihm das Führen eines Fahrtenbuches aus tatsächlichen Gründen nicht möglich.

Mit gerichtlichen Schreiben vom 18. Dezember 2019 und 10. Januar 2020 wurden die Beteiligten zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört. Das Landratsamt stimmte unter dem 2. Januar 2020 zu. Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 29. Januar 2020 Fristverlängerung bis zum 13. Februar 2020, die ihm gewährt wurde. Eine Äußerung bei Gericht ging nicht mehr ein.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird nach §§ 84 Abs. 1 Satz 3, 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Behördenakten ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I. Über die Klage kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid, der als Urteil wirkt, entschieden werden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 84 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Halbsatz 1 VwGO). Die Beteiligten wurden gemäß § 84 Abs. 1 Satz 2 VwGO zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört.

II. Die zulässige Klage ist unbegründet.

1. Die erhobene Anfechtungsklage ist zulässig, da sich die Ziffer 1 des verfahrensgegenständlichen Bescheides nicht zwischenzeitlich erledigt hat. Nach Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG erledigt sich ein Verwaltungsakt erst dann, wenn er rechtlich oder tatsächlich keine Wirkung mehr entfaltet. Die Verpflichtung zur Führung eines Fahrtenbuches wurde für die Dauer von einem Jahr ab Bestandskraft des verfahrensgegenständlichen Bescheides ausgesprochen. Eine Erledigung durch Zeitablauf ist daher nicht eingetreten. Da sich die Fahrtenbuchauflage an den Kläger als Halter des Fahrzeuges richtet, ist es unerheblich, ob er auch als Fahrer des Fahrzeuges in Betracht kommt. Er hat als Halter die ordnungsgemäße Führung eines Fahrtenbuches dahingehend zu gewährleisten, dass sich der jeweilige Fahrzeugführer ordnungsgemäß einträgt. Durch die Entziehung der Fahrerlaubnis des Klägers trat keine Erledigung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen ein. Für den Kläger als Halter besteht weiterhin die tatsächliche Möglichkeit ein Fahrtenbuch für sein Fahrzeug zu führen.

2. Die Klage hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Bescheid vom 10. Dezember 2018 erweist sich als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

a. Nach § 31 a Abs. 1 StVZO kann das Landratsamt gegenüber einem Fahrzeughalter für ein oder mehrere auf ihn zugelassene oder künftig zuzulassende Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuches anordnen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war. Die Verwaltungsbehörde kann ein oder mehrere Ersatzfahrzeuge bestimmen.

Die Feststellung des Kraftfahrzeugführers ist dann i.S.v. § 31a Abs. 1 StVZO unmöglich, wenn die Behörde nach den Umständen des Einzelfalls alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen getroffen hat, um ihn zu ermitteln. Dabei hängen Art und Ausmaß der Ermittlungen insbesondere von der Art des jeweiligen Verkehrsverstoßes und der Bereitschaft des Kraftfahrzeughalters an der Mitwirkung bei der Feststellung des Fahrers ab. Die Behörde hat in sachgemäßem und rationellem Einsatz der ihr zur Verfügung stehenden Mittel nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen zu treffen, die in gleichgelagerten Fällen erfahrungsgemäß zum Erfolg führen (vgl. etwa BVerwG, U.v. 12.12.1982 – 7 C 3.80 – juris Rn. 7; BayVGH, B.v. 25.1.2016 – 11 CS 15.2576 – juris Rn. 14). Verweigert ein Fahrzeughalter seine Mitwirkung bei der Ermittlung des Fahrzeugführers, sind weitere Ermittlungen regelmäßig nicht zumutbar (BVerwG a.a.O), wobei die Verfolgungsbehörde auch in solchen Fällen naheliegenden und mit wenig Aufwand durchführbaren Ansätzen zur Fahrerermittlung nachgehen und das Ergebnis ihrer Bemühungen dokumentieren muss (BayVGH, U.v. 18.2.2016 – 11 BV 15.1164 – juris Rn. 17).

aa. Legt man diesen Maßstab zugrunde, sind die tatsächlichen Voraussetzungen für die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage erfüllt. In den Akten des Landratsamts ist hinreichend dokumentiert, dass mit dem klägerischen Fahrzeug (amtl. Kennzeichen …) am 12. Juli 2018 ein Geschwindigkeitsverstoß begangen wurde. Bei einer Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit um 44 km/h (nach Abzug der Toleranz), die mit zwei Punkten und einem Fahrverbot von einem Monat geahndet wird, handelt es sich, was § 31 a StVG voraussetzt, um einen Verstoß von einigem Gewicht im Sinne der obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. BayVGH, B.v. 15.10.2018 – 11 CS 18.1240 – juris Rn. 19, m.w.N.).

bb. Die Feststellung des Fahrzeugführers war auch unmöglich im Sinne des § 31 a Abs. 1 Satz 1 StVZO. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass die Behörde ihrer in § 31 a StVZO vorausgesetzten Pflicht, zunächst selbst alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen zur Feststellung des Täters zu ergreifen, nur dann genügt, wenn sie den Kraftfahrzeughalter unverzüglich von der mit seinem Kraftfahrzeug begangenen Zuwiderhandlung in Kenntnis setzt und dass sie die hierzu eingeräumte Anhörungsfrist – im Regelfall zwei Wochen – nicht überschreiten darf, wobei allerdings bei Vorliegen besonderer Umstände des Einzelfalles ein Abweichen von dieser Regelfrist begründet sein kann. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist zudem anerkannt, dass eine verspätete Anhörung die Anordnung der Fahrtenbuchauflage dann nicht ausschließt, wenn feststeht, dass die Verzögerung für die unterbliebene Ermittlung des Täters nicht ursächlich gewesen ist (vgl. BVerwG, B.v. 14.5.1997 – 3 B 28/97 – juris Rn. 3, 5; BayVGH, B.v. 8.11.2010 – 11 ZB 10.950 – juris Rn. 9).

Der Landkreis … übersandte dem Kläger den Anhörungsbogen vom 8. August 2018. Das Anhörungsschreiben an den Kläger wurde korrekt adressiert (Hauptwohnsitz) und kam nicht als unzustellbar in Rücklauf der Behörde. Der Kläger hat den Zugang des Anhörungsbogens lediglich pauschal bestritten und keinen atypischen Geschehensablauf schlüssig vorgetragen, aus dem sich Anhaltspunkte dafür ergeben könnten, dass das Schreiben nicht in den Briefkasten des Klägers eingeworfen wurde. Der Kläger erklärte nur, dass er nicht mit Sicherheit sagen könne, ob ihm das Schreiben zugegangen bzw. generell in seinen Machbereich (Briefkasten) gelangt sei. Daher liegen nach den Grundsätzen des Beweises des ersten Anscheins Tatsachen vor, aus denen nach allgemeiner Lebenserfahrung geschlossen werden kann, dass der Kläger das Anhörungsschreiben tatsächlich durch Einwurf in seinen Briefkasten erhalten hat und davon Kenntnis nehmen konnte (vgl. hierzu BayVGH, U.v. 18.2.2016 – 11 BV 15.1164 – juris Rn. 21). Der Vortrag des Klägers, er sei an seinem Hauptwohnsitz nur sporadisch anzutreffen, ist daher unerheblich, da ihm die Kenntnisnahme des Anhörungsbogens zumindest möglich gewesen ist.

Zwischen dem begangenen Verkehrsverstoß am 12. Juli 2018 und der Übermittlung des Anhörungsbogens an den Kläger lagen ca. vier Wochen. Damit wurde der Kläger nicht innerhalb der von der Rechtsprechung entwickelten Zweiwochenfrist für die Benachrichtigung des Halters angehört. Die Zweiwochenfrist gilt jedoch nicht für vom Regelfall abweichende Gestaltungen, in denen – bei typisierender Betrachtung – auch eine spätere Anhörung zur effektiven Rechtsverteidigung genügt. Ihre Nichteinhaltung ist außerdem unschädlich, wenn feststeht, dass die Rechtsverteidigung des Fahrzeughalters durch dessen verzögerte Anhörung nicht beeinträchtigt worden ist. An einem derartigen Kausalzusammenhang fehlt es dementsprechend, wenn die Ergebnislosigkeit nicht auf Erinnerungslücken des Fahrzeughalters beruht (vgl. BayVGH, B. v. 15.10.2018 – 11 CS 18.1240 – juris Rn. 16 m.w.N.). Die verspätete Anhörung des Klägers war nicht ursächlich für die unterbliebene Ermittlung des verantwortlichen Fahrzeugführers. Der Kläger äußerte sich zum Anhörungsbogen überhaupt nicht. Erst als sich der Landkreis … zur Ermittlung des verantwortlichen Fahrers an die Stadt … gewandt hat, die wiederum die Polizeiinspektion … sowie die Polizeidirektion … zur Kontaktierung des Klägers einschaltete, sprach der Kläger persönlich am 22. Oktober 2018 bei der Polizeistation … vor. Hierbei gab er an, dass er nicht der verantwortliche Fahrer gewesen sei und er den Verkehrsverstoß nicht zugeben werde. Eine Benennung möglicher Fahrer oder die Bemühung den potentiellen Personenkreis durch die Heranziehung von Unterlagen, beispielsweise Terminkalender oder steuerliche Fahrtenbücher einzuschränken, um weitere Ermittlungen voranzutreiben, fand zu keinem Zeitpunkt statt. Daher war das Schweigen des Klägers und nicht dessen verspätete Anhörung ursächlich für die nicht mögliche Ermittlung des verantwortlichen Fahrers.

cc. Schließlich ist die Anordnung zur Führung eines Fahrtenbuches auch unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit und einer zweckgerechten Ermessensausübung gerechtfertigt. Bei der am 12. Juli 2018 begangenen Ordnungswidrigkeit handelt es sich, wie dargestellt wurde, um die Begehung einer Ordnungswidrigkeit von einigem Gewicht. Bereits die erste derartige Zuwiderhandlung rechtfertigt die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage. Insoweit genügt, dass sich der Verstoß verkehrsgefährdend auswirken kann oder Rückschlüsse auf die charakterliche Unzuverlässigkeit eines Kraftfahrers zulässt. Nicht erforderlich ist es hingegen, dass es zu einer konkreten Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer gekommen ist (vgl. BayVGH, B. v. 15.10.2018 – 11 CS 18.1240 – juris Rn. 19 m.w.N.). Auch im Hinblick auf die angeordnete Dauer (zwölf Monate ab Bestandskraft) erweist sich die Fahrtenbuchauflage als rechtens. Bei der Bemessung ist im Einzelnen vorrangig das Gewicht des festzustellenden Verkehrsverstoßes zu berücksichtigen. Bei Geschwindigkeitsverstößen, die selbst mit nur einem Punkt bewertet werden, ist bereits eine Fahrtenbuchauflage von zwölf Monaten verhältnismäßig (vgl. OVG NRW, B.v. 13.1.2016 – 8 A 1030/15 – juris Rn. 15 ff.; Siegmund in Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 1. Aufl. 2016, § 31a StVZO Rn. 81 ff. m.w.N.). Bedenken bezüglich der Dauer von einem Jahr bestehen daher bei der begangenen Ordnungswidrigkeit, die mit zwei Punkten geahndet worden wäre, nicht.

dd. Ergänzend, jedoch nicht streitentscheidend, weist das Gericht darauf hin, dass § 31 a Abs. 2 StVZO genau bestimmt, welche Daten in ein Fahrtenbuch einzutragen sind. Hiernach sind vor Beginn jeder einzelnen Fahrt Name, Vorname, Anschrift des Fahrzeugführers, amtliches Kennzeichen des Fahrzeugs sowie Datum und Uhrzeit des Beginns der Fahrt einzutragen. Nach Ende der Fahrt ist unverzüglich Datum und Uhrzeit des Fahrtendes mit Unterschrift zu notieren. § 31 a Abs. 2 StVZO gibt die Muss-Inhalte des Fahrtenbuches exakt vor. Das Gesetz räumt den Behörden hierbei kein Ermessen ein, sodass aufgrund der gesetzlichen Intention kein „modifiziertes Fahrtenbuch“ – wie vom Kläger gewollt – möglich ist.

b. Die Kostenentscheidung in Ziffer 2 und 3 des streitgegenständlichen Bescheides ist rechtlich nicht zu beanstanden. Sie beruht auf §§ 1 ff. Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr (GebOSt). Die Gebühren sind nach §§ 1 Abs. 1, 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 Nr. 1 GebOSt dem Kläger aufzuerlegen. Die festgesetzte Höhe von 120,00 EUR bewegt sich im Gebührenrahmen der Nr. 252 der Anlage 1 zur GebOSt. Die Auslagen für die Postzustellungsurkunde in Höhe von 4,11 EUR sind nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 GebOSt vom Kläger zu tragen.

III. Der Kläger trägt als unterliegender Beteiligter die Kosten des Verfahrens gemäß § 154 Abs. 1 VwGO.

IV. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung basiert auf § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 Zivilprozessordnung (ZPO). Der Einräumung einer Abwendungsbefugnis bedurfte es angesichts der – wenn überhaupt anfallenden – jedenfalls geringen, vorläufig vollstreckbaren Aufwendungen der Beklagten nicht, zumal diese auch die Rückzahlung garantieren kann, sollte in der Sache eine Entscheidung mit anderer Kostentragungspflicht ergehen.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 4.800,00 EUR festgesetzt (§ 63 Abs. 1 Satz 1 GKG und § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Ziffer 46.11 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013).

 

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