Beleidigungen im Straßenverkehr: die wichtigsten Fakten.
Wer kennt es nicht? Der eigene Puls rast, die Hände werden feucht und das Herz klopft bis zum Hals. Beleidigungen im Straßenverkehr sind nicht nur eine große Belastung für die Psyche, sondern können auch teuer werden. In diesem Artikel erfahren Sie, welche Beleidigungen wirklich strafrechtlich relevant sind und was Sie unternehmen können, wenn Sie sich in einer solchen Situation befinden. Ebenso erfahren Sie als Richtwert, welche beliebte Beleidigung bereits in welcher Höhe geahndet wurde.
Aggressiver Verkehr: die Folgen von Beleidigungen und Nötigungen!
Die meisten Autofahrer in Deutschland werden bestätigen können, dass sich die alltägliche Stimmung im Straßenverkehr massiv verschärft hat. Oftmals reichen bereits Kleinigkeiten dafür aus, dass sich Autofahrer wüste Beschimpfungen gegenseitig an den Kopf werfen. Verkehrsteilnehmer drängeln, sie bedrängen einander und reagieren höchst aggressiv. Hierbei wird nicht selten der Umstand vergessen, dass Beleidigungen oder auch Nötigungen gleichsam im Straßenverkehr von dem deutschen Gesetzgeber nicht als Kavaliersdelikt behandelt werden.
Straftat im Sinne des § 185 Strafgesetzbuch (StGB)
Vielmehr handelt es sich hierbei um eine Straftat im Sinne des § 185 Strafgesetzbuch (StGB), welche hohe Geldstrafen oder auch Freiheitsstrafen nach sich ziehen können. Sollte die Aggressivität sogar in Handgreiflichkeiten münden, so kann dies eine Maximalfreiheitsstrafe von zwei Jahren nach sich ziehen. Fallbeispiele hierfür gibt es bedauerlicherweise zur Genüge, so musste etwa ein Autofahrer für eine Beleidigung in Verbindung mit einer Nötigung schon einmal 1.600 EUR Strafe zahlen und ein einmonatiges Fahrverbot hinnehmen.
Problematisch ist in diesem Zusammenhang jedoch der Umstand, dass der Gesetzgeber für verbale Entgleisungen sowie auch deftige Gesten keinen vereinheitlichten Strafenkatalog vorsieht. Dementsprechend erfolgt die Berechnung des Strafbetrages in Tagessätzen. Hierbei handelt es sich um den 30. Anteil des monatlichen Nettoeinkommens. Die Höhe der Strafe ist somit sehr eng an den monatlichen Verdienst gekoppelt, sodass ein gut verdienender Mensch eine merklich höhere Strafe zu zahlen hat als ein Geringverdiener.
Der Regelsatz
In der gängigen Praxis zieht eine Beleidigung im Straßenverkehr eine Strafe im Rahmen von 20 bis 30 Tagessätzen nach sich. Hierbei ist jedoch eine Besonderheit zu berücksichtigen. Wenn sich beispielsweise zwei Autofahrer im Straßenverkehr gegenseitig beleidigen, so kann dieses Verhalten gerichtlich zu einer Aufrechnung der beiden Tatbestände führen. Die gesetzliche Grundlage für diese Vorgehensweise bildet der § 199 StGB. Die Grundvoraussetzung für diese Vorgehensweise ist allerdings, dass es sich bei der Auseinandersetzung um einen inhaltlich identischen Vorgang handelt. Als Konsequenz wäre, dass beide Streithähne gerichtlich freigesprochen werden.
Keine Punkte in Flensburg
In der gängigen Praxis gibt es für Beschimpfungen und Beleidigungen keinerlei Punkte im Verkehrszentralregister in Flensburg. Dies ist seit der Systemreform aus dem Jahr 2014 so der Fall. Punkte im Verkehrszentralregister in Flensburg würden als zusätzliche Bestrafung gelten und diese zusätzliche Bestrafung ist mit dem Jahr 2014 entfallen. Die Frage ist jetzt nur, was genau von den Richtern als strafbare Beleidigung gewertet wird.
Tipp: den Bußgeldkatalog mit Bußgeldern, Punkten und Fahrverboten für Vergehen gegen die Straßenverkehrsordnung finden sie HIER.
Praxisbeispiele für Beschimpfungen, welche eine Geldstrafe nach sich gezogen haben
Der Mensch ist in der gängigen Praxis überaus emotional. Kommt es zu einer Ausnahmesituation, so kann der Mensch schon einmal in Rage geraten und die gute Kinderstube schlicht und ergreifend vergessen. So beschimpfte beispielsweise schon einmal ein Autofahrer den anderen Verkehrsteilnehmer als „Drecksau“ und musste für diese Beleidigung 700 EUR Geldstrafe bezahlen. Ein anderer Autofahrer musste für die Beschimpfung „Schlampen, ihr Elendigen“ welche an eine Politesse gerichtet wurden, sage und schreibe 1.000 EUR bezahlen. Auch die Beschimpfungen „Arschloch, Depp, Vollidiot“ sowie „Hundskrüppel“ schlagen geldstrafentechnisch sehr stark zu Buche. 1.200 EUR müssen dafür bezahlt werden. Ein Autofahrer, welcher einem Lkw-Fahrer mehrfach die Beleidigungen „Bastard, Hurensohn, Hurenbock“ an den Kopf warf, musste dafür 1.600 EUR bezahlen.
Die Ordnungshüter von der Polizei müssen sich nicht von den Verkehrsteilnehmern als „Clowns“ oder auch als „Mädchen“ titulieren lassen. Gleichermaßen verhält es sich auch mit der Beschimpfung „Verbrecher“ respektive „begnadeter Vollpfosten“. Derartige Beleidigungen müssen nicht zwingend verbal geäußert werden. Auch Beleidigungen in Form von Autoaufklebern fallen darunter. So fühlte sich etwa eine Politesse durch einen derartigen Sticker mit der Aufschrift „Fick Dich, Zettelpuppe“ in ihrer privaten sowie beruflichen Ehre gekränkt, sodass der Autobesitzer hierfür 600 EUR Geldstrafe zahlen musste.
Für derartige Beleidigungen mussten Autofahrer 1.000 EUR Strafe zahlen
- Arschloch
- Drecksau
- alte Schlampe
- blöde Schlampe
- Schlampen, ihr elendigen
- Sie sind im Kopf vollkommen blöd
- Sie haben doch einen Knall
- blöde Kuh
- Verbrecher*in
- Arschloch in Verbindung mit dem Aufzeigen des Mittelfingers.
Sollte der sogenannte Stinkefinger in Verbindung mit einem gefährlichen Überholmanöver / einem Ausbremsen erfolgen, so handelt es sich hierbei um eine Beleidigung in Verbindung mit einer Nötigung. Ein derartiges Verhalten kann ein einmonatiges Fahrverbot nach sich ziehen.
Straffreie Schimpfwörter im Überblick
- Du kannst mich mal
- Wegelagerer (als Äußerung gegenüber einem Polizisten)
- Oberförster (als Äußerung gegenüber einem Polizisten)
- komischer Vogel (als Äußerung gegenüber einem Polizisten)
- das ist doch bloße Korinthenkackerei (wenn es um ein sogenanntes Knöllchen geht)
- Parkplatzschwein (als Äußerung gegenüber einem Parksünder)
Die Beamten-Beleidigung zieht immer eine Anzeige nach sich
Es kommt immer häufiger vor, dass die Ordnungshüter der Polizei über mangelnden Respekt ihrer Person gegenüber klagen und dass die dienstlichen Anordnungen starke emotionale Reaktionen bei dem Gegenüber auslösen. Im Rahmen von Verkehrskontrollen werden die Ordnungshüter heftig beschimpft und beleidigt, nicht selten sogar attackiert. Obgleich sich die Bezeichnung der Beamten-Beleidigung in der Volksmeinung etabliert hat, so kennt der Gesetzgeber diesbezüglich keinen eigenen Straftatbestand. Dementsprechend wird die Beamten-Beleidigung auch nicht gesondert, genauer gesagt härter bestraft, als es bei einer Beleidigung gegenüber einer Privatperson der Fall wäre. Der einzige Unterschied ist, dass ein Ordnungshüter immer gegenüber seinem Dienstvorgesetzten eine Anzeige im Kontext der Beleidigung erstattet
Freie Meinungsäußerung oder Beleidigung: Wo liegt die Grenze?
Rechtlich überaus problematisch ist im Kontext der Beleidigung die Abgrenzung zu der grundrechtlich verankerten freien Meinungsäußerung. Es gab bereits einen Fall, bei dem die Bezeichnung „Korinthenkackerei“ gegenüber einem Ordnungshüter gerichtlich keine Strafe nach sich zog. Laut gerichtlicher Ansicht war das Grundrecht der freien Meinungsäußerung gegenüber dem strafrechtlichen Tatbestand der Beleidigung überwiegend. Gleichermaßen verhält es sich auch mit den Äußerungen „lass mich in Ruhe“ oder „Oberförster“ respektive „Bulle“ oder „Wegelagerer“. Bei den letztgenannten Bezeichnungen kommt es jedoch sehr stark auf den individuellen Kontext an, in welchem die Äußerungen gefallen sind.
Das Bundesverfassungsgericht hat diesbezüglich eine ständige Rechtsprechung hervorgebracht. Diese besagt, dass es durch die Beleidigung im Straßenverkehr nicht alleinig auf die Äußerung ehrverletzender Natur ankommt. Es muss vielmehr im Einzelfall eine Abwägung zwischen dem Grundrecht der freien Meinungsäußerung von der schimpfenden Person und dem Opferpersönlichkeitsrecht erfolgen. Der sachliche Zusammenhang der Gesamtsituation spielt hierbei eine wichtige Rolle.
Im Vergleich zu der Menschenwürde der einzelnen Person tritt jedoch das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung stets zurück.
Die Nachweismöglichkeiten einer Beleidigung
Die Straftat erfordert stets als zwingende Voraussetzung einen Täter. Damit eine Straftat auch entsprechend geahndet werden kann, ist es zunächst zwingend erforderlich, dass der Täter als solcher auch entsprechend identifiziert wird. Die Notierung des Fahrzeugkennzeichens ist für die Identifizierung des Täters nicht ausreichend. Der Grund hierfür liegt in dem Umstand, dass auf diese Weise lediglich der Fahrzeughalter als solcher ermittelt werden kann. Dies beweist jedoch nicht automatisch, dass es sich bei dem Fahrzeughalter auch um den Täter handelte. Eine genaue Beschreibung des Täters ist auf jeden Fall sehr hilfreich und falls es für den Vorgang Zeugen gegeben hat, sollten diese im Zuge einer Strafanzeige ebenfalls benannt werden.
Ohne entsprechende Beweismöglichkeiten steht im Fall einer Strafanzeige Aussage gegen Aussage. In der gängigen Praxis läuft das entsprechende Strafverfahren mangels Beweisen zumeist ins Leere.
Nicht selten werden zu Beweissicherungszwecken Videos oder Fotos von den Tätern gefertigt. Dies ist zwar menschlich nachvollziehbar, allerdings wird hierbei sehr gern der Umstand vergessen, dass ein derartiges Vorgehen nur einem sehr eng gesteckten rechtlichen Rahmen von dem Gesetzgeber erlaubt wurde. Aus diesem Grund kann eine derartige Vorgehensweise unter ganz bestimmten Umständen auch ein Bußgeldverfahren aufgrund der Verletzung datenschutzrechtlicher Bestimmungen nach sich ziehen. Dies gilt dann, wenn die entsprechenden Fotos oder Videos ohne die Zustimmung des Rechteinhabers an die Ordnungshüter oder an die Ermittlungsbehörden weitergegeben wurden. Der beste Weg ist daher stets, auch in hitzigen Situationen im Straßenverkehr die Ruhe zu bewahren.
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