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Fahrtenbuchauflage – Mitwirkungspflichten

Verwaltungsgerichtshof bestätigt Fahrtenbuchauflage bei Geschwindigkeitsverstoß

In einem Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof ging es um die Anordnung zur Führung eines Fahrtenbuchs für ein Fahrzeug, das bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung beteiligt war, wobei der Fahrer nicht ermittelt werden konnte. Trotz verschiedener Bemühungen, die Identität des Fahrers zu klären, gelang dies nicht, weshalb das Landratsamt die Führung eines Fahrtenbuchs anordnete. Die Antragstellerin argumentierte, sie sei nicht Halterin des Fahrzeugs, und es seien keine angemessenen Ermittlungen durchgeführt worden. Der Gerichtshof wies die Beschwerde jedoch zurück, da alle zumutbaren Maßnahmen zur Ermittlung des Fahrers unternommen wurden und die Antragstellerin effektiv als Halterin angesehen werden konnte.

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✔ Das Wichtigste in Kürze

  1. Geschwindigkeitsüberschreitung: Mit dem Fahrzeug der Antragstellerin wurde eine zulässige Geschwindigkeit deutlich überschritten.
  2. Unmögliche Fahrerermittlung: Trotz Anfragen und Untersuchungen konnte der Fahrer nicht identifiziert werden.
  3. Fahrtenbuchauflage: Aufgrund der nicht möglichen Fahrerfeststellung wurde eine Fahrtenbuchauflage erteilt.
  4. Widerspruch der Antragstellerin: Sie argumentierte, nicht die Halterin zu sein und kritisierte das Ermittlungsverfahren.
  5. Gerichtsentscheidung: Die Beschwerde wurde zurückgewiesen, da das Gericht die durchgeführten Ermittlungen als angemessen betrachtete und die Antragstellerin als Halterin ansah.
  6. Wichtigkeit der Haltermitwirkung: Die Mitwirkung des Halters bei der Ermittlung des Fahrers ist essentiell.
  7. Keine ausreichende Entkräftung der Haltereigenschaft: Die Antragstellerin konnte ihre Argumentation gegen die Haltereigenschaft nicht ausreichend belegen.
  8. Rechtsfehlerfreie Entscheidung: Das Gericht befand, dass alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen zur Ermittlung unternommen wurden.

Fahrtenbuchauflage: Eine Rechtsfrage mit Auswirkungen

Im Verkehrsrecht gibt es verschiedene Instrumente, um die Sicherheit auf den Straßen zu gewährleisten. Eine solche Maßnahme ist die Fahrtenbuchauflage. Dabei wird Fahrzeughaltern vorgeschrieben, ein detailliertes Fahrtenbuch zu führen und Aufzeichnungen über die Nutzung des Fahrzeugs vorzunehmen.

Diese Verpflichtung kann Folge einer Geschwindigkeitsüberschreitung oder einer anderen Verkehrsordnungswidrigkeit sein, bei der der verantwortliche Fahrer nicht zweifelsfrei ermittelt werden konnte. Die Fahrtenbuchauflage soll gewährleisten, dass der Halter seine Mitwirkungspflichten erfüllt und zukünftig den Fahrzeugführer eindeutig benennen kann. Doch wie weit reichen diese Pflichten? Und wann ist eine solche Auflage gerechtfertigt?

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Rechtsstreit um Geschwindigkeitsüberschreitung: Gericht bestätigt Fahrtenbuchauflage

Im Zentrum des Falls stand eine Geschwindigkeitsüberschreitung, die am 2. August 2014 mit einem Fahrzeug begangen wurde, das auf die Antragstellerin zugelassen war. Die Polizei ermittelte, dass das Fahrzeug die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 32 km/h überschritt. In der Folge versuchte die Zentrale Bußgeldstelle im Landratsamt Ostalbkreis, den Fahrer des Fahrzeugs zu identifizieren, was sich als komplexes Unterfangen herausstellte.

Vergebliche Versuche der Fahrerermittlung

Nach der Geschwindigkeitsüberschreitung leitete die Bußgeldstelle ein Verfahren ein und forderte die Antragstellerin auf, die Personalien des Fahrers mitzuteilen, falls sie nicht selbst gefahren sei. Als Antwort darauf gab die I… mbH, vertreten durch eine unleserliche Unterschrift und ohne Angabe des Geschäftsführernamens, bekannt, dass das Fahrzeug als Firmenfahrzeug von einem wechselnden Personenkreis genutzt werde und bat um Übersendung eines Fotos von der Geschwindigkeitsmessung, um anschließend unaufgefordert auf den Sachverhalt zurückzukommen. Eine konkrete Aufklärung des Falls oder die Mitteilung der Fahreridentität erfolgte jedoch nicht.

Juristische Auseinandersetzung um Fahrtenbuchauflage

Das Unvermögen, den Fahrer zu identifizieren, führte zur Anordnung einer Fahrtenbuchauflage durch das Landratsamt, gegen die die Antragstellerin Einspruch erhob. Sie argumentierte, dass eine solche Maßnahme unzulässig sei, da zuvor keine Halteranhörung stattgefunden habe. Zudem sei sie ausschließlich als Betroffene und nicht als Fahrzeughalterin angehört worden. Die Behörde habe ihrer Auffassung nach angenommen, dass sie die Fahrerin gewesen sei, weshalb es unverständlich sei, dass kein Bußgeldbescheid erlassen wurde.

Schlüsselrolle der Haltereigenschaft

Die Kernfrage der juristischen Auseinandersetzung drehte sich um die Haltereigenschaft der Antragstellerin. Trotz ihrer Behauptung, nicht die Halterin zu sein und das Fahrzeug lediglich gelegentlich genutzt zu haben, konnte sie diese Position nicht überzeugend darlegen. Insbesondere die Weiterleitung des Anhörungsbogens an die I…-GmbH, die angebliche Halterin, und die unzureichenden Informationen über ihre Beziehungen zur Firma waren ausschlaggebend für die Entscheidung des Gerichts. Die Antragstellerin konnte nicht glaubhaft machen, dass sie nicht die Halterin des Fahrzeugs war.

Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof wies die Beschwerde der Antragstellerin zurück. Das Gericht stellte fest, dass alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen zur Ermittlung des Fahrers unternommen wurden, jedoch ohne Erfolg. Die Ermittlungen scheiterten nicht zuletzt an der mangelnden Kooperation seitens der Antragstellerin und der I…-GmbH. Das Gericht betonte, dass die Antragstellerin effektiv als Halterin des Fahrzeugs angesehen werden konnte, insbesondere da sie die Anhörung als solche verstanden und dementsprechend gehandelt hatte.

Insgesamt kann gesagt werden, dass die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs die Bedeutung der Haltereigenschaft und der Mitwirkungspflichten im Rahmen von Verkehrsordnungswidrigkeiten unterstreicht. Die konsequente Anwendung der rechtlichen Vorschriften auf die vorliegenden Fakten führte zur Bestätigung der Fahrtenbuchauflage, was die Notwendigkeit der Kooperation mit den Behörden im Ermittlungsverfahren hervorhebt.

✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt

Was versteht man unter einer Fahrtenbuchauflage?

Unter einer Fahrtenbuchauflage versteht man eine verwaltungsrechtliche Maßnahme, die von den Behörden angeordnet werden kann, wenn nach einem Verkehrsverstoß die Identität des Fahrers nicht festgestellt werden konnte. Die Auflage verpflichtet den Fahrzeughalter dazu, für das betreffende Fahrzeug ein Fahrtenbuch zu führen, in dem jede Fahrt mit bestimmten Angaben dokumentiert wird. Ziel ist es, bei zukünftigen Verkehrsverstößen den Fahrer leichter identifizieren zu können.

Die Fahrtenbuchauflage ist in § 31a der Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) gesetzlich normiert und setzt einen Verkehrsverstoß von einigem Gewicht voraus. Sie gilt nicht als Strafe, sondern als Maßnahme zur Gefahrenabwehr. Die Dauer der Auflage liegt im Ermessen der Verwaltungsbehörde und kann zwischen 6 und 36 Monaten variieren, abhängig von der Schwere des Verstoßes. In manchen Fällen können auch längere Zeiträume angeordnet werden.

Die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage kann auch für Firmenwagen gelten, wenn das Fuhrparkmanagement bei der Aufklärung eines Verkehrsverstoßes nicht mitwirkt. In solchen Fällen kann die Auflage für alle Fahrzeuge des Unternehmens verhängt werden. Bei Nichtbeachtung der Auflage drohen Bußgelder.

Zusammengefasst ist die Fahrtenbuchauflage eine behördliche Anordnung, die nach Verkehrsverstößen erfolgen kann, um die Überwachung der Fahrzeugnutzung zu verbessern und die Ermittlung von Fahrern bei zukünftigen Verstößen zu erleichtern.

Wann kann eine Fahrtenbuchauflage angeordnet werden?

Eine Fahrtenbuchauflage kann von den zuständigen Behörden angeordnet werden, wenn nach einem Verkehrsverstoß der Fahrzeugführer nicht ermittelt werden konnte. Diese Maßnahme dient dazu, bei zukünftigen Verstößen die Identifizierung des Fahrers zu erleichtern. Die Auflage verpflichtet den Fahrzeughalter, für das betreffende Fahrzeug ein Fahrtenbuch zu führen, in dem jede Fahrt mit spezifischen Angaben dokumentiert wird. Die Voraussetzungen für eine solche Auflage sind in § 31a der Straßenverkehrs-Zulassungsordnung (StVZO) festgelegt und umfassen im Wesentlichen:

  • Erheblicher Verkehrsverstoß: Die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage ist nur zulässig, wenn ein erheblicher Verkehrsverstoß vorliegt. Dies bedeutet, dass der Verstoß von einem Gewicht sein muss, das die Anordnung rechtfertigt. Beispiele für solche Verstöße können Geschwindigkeitsüberschreitungen, Rotlichtverstöße oder ähnlich schwere Vergehen sein.
  • Erfolglose Ermittlungen: Die Behörden müssen nachweisen, dass sie alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen ergriffen haben, um den Fahrzeugführer zu ermitteln, bevor sie eine Fahrtenbuchauflage anordnen. Erst wenn diese Ermittlungen erfolglos bleiben, ist die Anordnung eines Fahrtenbuches rechtmäßig.
  • Anhörung des Fahrzeughalters: Vor der Anordnung einer Fahrtenbuchauflage muss der Fahrzeughalter angehört werden. Ihm muss die Möglichkeit gegeben werden, sich zu dem Verkehrsverstoß zu äußern. Dies dient der Wahrung des rechtlichen Gehörs.
  • Veräußerung des Fahrzeugs: Die Fahrtenbuchauflage erlischt mit der Veräußerung des Fahrzeugs. Allerdings kann die Verwaltungsbehörde in die Anordnung der Fahrtenbuchauflage mögliche Ersatzfahrzeuge mit einbeziehen.

Die Dauer der Fahrtenbuchauflage liegt im Ermessen der Verwaltungsbehörde und kann zwischen 6 und 36 Monaten variieren, abhängig von der Schwere des Verstoßes. In manchen Fällen können auch längere Zeiträume angeordnet werden. Bei Nichtbeachtung der Auflage drohen dem Fahrzeughalter Bußgelder.

Welche Folgen hat die Nichtführung eines angeordneten Fahrtenbuchs?

Die Nichtführung eines angeordneten Fahrtenbuchs hat rechtliche Konsequenzen. Wenn ein Fahrzeughalter der Auflage, ein Fahrtenbuch zu führen, nicht nachkommt, gilt dies als Ordnungswidrigkeit und zieht ein Bußgeld nach sich. Das Bußgeld beträgt in der Regel 100 Euro. Dies gilt sowohl für Fälle, in denen das Fahrtenbuch gar nicht geführt wurde, als auch für Fälle, in denen es nicht der verlangten Form entspricht oder verspätet bei der zuständigen Behörde abgegeben wird.

Zusätzlich zu dem Bußgeld kann die Fahrtenbuchauflage auf bis zu zwei Jahre verlängert werden, wenn es innerhalb der Dauer der Auflage zu einem weiteren Verkehrsvergehen kommt. Jeder weitere Verstoß kostet dann zusätzlich 50 Euro.

Es ist auch zu beachten, dass die Anordnung, ein Fahrtenbuch zu führen, selbst mit einer Gebühr verbunden sein kann. Diese beträgt 50 Euro.

Die Nichtführung des Fahrtenbuchs kann also finanzielle Strafen nach sich ziehen und die Auflage verlängern, was den administrativen Aufwand für den Fahrzeughalter erhöht.

Wie lange muss ein Fahrtenbuch in der Regel geführt werden?

Die Dauer, für die ein Fahrtenbuch geführt werden muss, liegt im Ermessen der zuständigen Verwaltungsbehörde und hängt von der Schwere des Verkehrsverstoßes sowie dem Verhalten des Halters bei der Täterfeststellung ab. In der Regel wird eine Fahrtenbuchauflage für eine Dauer von mindestens sechs Monaten angeordnet. Bei schwereren Verstößen kann die Auflage auch länger dauern, beispielsweise bis zu zwei Jahre bei einem groben Rotlichtverstoß. In Ausnahmefällen kann die Auflage sogar auf Lebenszeit ausgesprochen werden. Nach Ablauf der Auflage muss das Fahrtenbuch noch für weitere sechs Monate aufbewahrt werden.

§ Wichtige Gesetze und Paragraphen in diesem Urteil

  • § 31a Abs. 1 Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO): Regelt die Möglichkeit für die Behörde, einem Fahrzeughalter die Führung eines Fahrtenbuchs aufzuerlegen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Verkehrszuwiderhandlung nicht möglich ist. Im vorliegenden Fall wurde eine Fahrtenbuchauflage aufgrund einer Geschwindigkeitsüberschreitung und der darauffolgenden Unmöglichkeit der Fahrerermittlung angeordnet.
  • § 7 Straßenverkehrsgesetz (StVG): Bestimmt die Haltereigenschaft eines Fahrzeugs. Im Kontext des Urteils ist die Klärung der Haltereigenschaft zentral, da die Fahrtenbuchauflage an den Halter des Fahrzeugs gerichtet ist. Die Antragstellerin wurde als Halterin betrachtet, obwohl sie behauptete, das Fahrzeug gehöre zur Firma.
  • § 35a GmbH-Gesetz: Vorgaben für die Gestaltung von Geschäftsbriefen einer GmbH, einschließlich der Angabe aller Geschäftsführer. Dieser Punkt ist relevant, da die Kommunikation zwischen der Antragstellerin und der Behörde teilweise unzureichend war und nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprach.
  • § 55 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG): Regelt die Anhörung des Betroffenen im Ordnungswidrigkeitenverfahren. Die Antragstellerin wurde gemäß diesem Paragraphen im Rahmen des Bußgeldverfahrens angehört, was für die Feststellung der Verantwortung und die darauf folgende Fahrtenbuchauflage von Bedeutung war.
  • § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO): Bestimmt die Kostenfolge für unterliegende Beschwerdeführer in verwaltungsgerichtlichen Verfahren. Im Urteil wurde die Antragstellerin zur Übernahme der Kosten des Beschwerdeverfahrens verpflichtet.
  • § 152 Abs. 1 VwGO: Legt fest, dass bestimmte Beschlüsse unanfechtbar sind, was bedeutet, dass gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs kein Rechtsmittel eingelegt werden kann. Dies unterstreicht die Endgültigkeit der Entscheidung in Bezug auf die Fahrtenbuchauflage.


Das vorliegende Urteil

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof – Az.: 11 CS 15.950 – Beschluss vom 23.06.2015

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.400 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich gegen die Anordnung zur Führung eines Fahrtenbuchs für das auf ihren Namen zugelassene Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen ….

Bei einer Geschwindigkeitsmessung am 2. August 2014 um 9.41 Uhr in D… stellte die Polizei fest, dass mit dem Fahrzeug der Antragstellerin die zulässige Geschwindigkeit von 50 km/h um 32 km/h überschritten wurde.

Mit Schreiben vom 11. August 2014 hörte die Zentrale Bußgeldstelle im Landratsamt Ostalbkreis die Antragstellerin im Bußgeldverfahren als Beschuldigte an. Mit dem Schreiben wurde sie zugleich gebeten, innerhalb einer Woche ab Zugang neben ihren Personalien die Personalien des Verantwortlichen mitzuteilen, sollte sie die Ordnungswidrigkeit nicht selbst begangen haben. Des Weiteren wurde ausgeführt, der Halterin oder dem Halter des Kraftfahrzeugs könne die Führung eines Fahrtenbuchs auferlegt werden, wenn nicht festgestellt werden könne, wer zur Tatzeit das Fahrzeug geführt habe.

Mit Schreiben vom 18. August 2014 teilte die I… mbH, mit unleserlicher Unterschrift und ohne Angabe des Namens des Geschäftsführers unter der Wohnadresse der Antragstellerin mit, dass der Sachvorgang von der Antragstellerin übergeben worden sei, da es sich um ein Firmenfahrzeug handele, das von einem stetig wechselnden Personenkreis genutzt werde. Es werde um Übermittlung eines Fotos gebeten. Man werde dann unaufgefordert auf den Vorgang zurückkommen.

Mit Schreiben vom 1. September 2014 wurde das Lichtbild der Geschwindigkeitsmessung an die Firma I…GmbH übersandt und gebeten, die vollständigen Personalien des Fahrers innerhalb einer Woche mitzuteilen. Eine Antwort der Firma erfolgte nicht.

Mit Schreiben vom 15. September 2014 wurde die Polizeiinspektion Landsberg am Lech um Ermittlung des verantwortlichen Fahrzeugführers gebeten. Der Vorgang kam mit Schreiben vom 1. Oktober 2014 unerledigt zurück. Die Polizeiinspektion teilte mit, die Antragstellerin konnte nicht angetroffen werden. Ihr Ehemann habe nach Belehrung angegeben, dass er die Person auf dem Foto nicht kenne. Bei einem späteren Anruf gab er an, er wolle sich nicht äußern. Auch der Vater der Antragstellerin habe angegeben, die Person sei nicht seine Tochter und er würde diese Person nicht kennen.

Bei einem am 8. Oktober 2014 durchgeführten Passbildabgleich hinsichtlich des mit Schreiben vom 21. August 2014 bei der Personalausweisbehörde angeforderten Lichtbilds der Antragstellerin konnte sie nicht zweifelsfrei identifiziert werden. Das Landratsamt Ostalbkreis stellte das Ordnungswidrigkeitenverfahren daraufhin am 10. Oktober 2014 ein.

Mit Schreiben vom 24. November 2014 hörte das Landratsamt Landsberg am Lech (Landratsamt) die Antragstellerin zur Anordnung einer Fahrtenbuchauflage an. Sie machte geltend, die Auferlegung der Fahrtenbuchauflage sei unzulässig, da keine Halteranhörung durchgeführt worden sei. Sie sei nur als Betroffenen angehört worden. Unabhängig davon sei die Feststellung des Fahrers nicht unmöglich gewesen. Die Behörde sei offensichtlich davon ausgegangen, dass sie die Fahrerin gewesen sei. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb kein Bußgeldbescheid erlassen worden sei.

Mit Bescheid vom 19. Januar 2015 verpflichtete das Landratsamt die Antragstellerin, bis 18. Januar 2016 ein Fahrtenbuch für das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen … zu führen (Nr. 1 des Bescheids) und ordnete die sofortige Vollziehung an (Nr. 2).

Über die dagegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht München nach Aktenlage noch nicht entschieden. Den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 2. April 2015 abgelehnt. Der Bescheid richte sich nicht an den falschen Adressaten, denn die Vermutung ihrer Haltereigenschaft habe die Antragstellerin nicht widerlegt. Genauere Angaben zu den Beziehungen der Antragstellerin zu der – offenbar mit dem Ehemann gemeinsam geführten – I…-GmbH habe sie nicht gemacht, sondern in der Anhörung gerügt, sie sei nicht als Halterin angehört worden. Die erst im Klage- und Antragsverfahren vorgetragenen Behauptungen, sie sei nicht die Halterin und erhalte das Fahrzeug lediglich gelegentlich zur vorübergehenden Nutzung, seien nicht glaubhaft gemacht worden. Die Voraussetzungen für eine Fahrtenbuchauflage würden auch im Übrigen vorliegen.

Dagegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde, der der Antragsgegner entgegentritt. Sie macht geltend, sie sei nicht Halterin des streitgegenständlichen Fahrzeugs sondern es handele sich um ein Firmenfahrzeug der I…-GmbH. Dies ergäbe sich bereits daraus, dass sie den Fragebogen der Verwaltungsbehörde an die Firma weitergereicht habe und diese sich bei der Verwaltungsbehörde als Halter gemeldet habe. Darüber hinaus habe die Antragstellerin eine Bescheinigung des Steuerberaterbüros der I… vorgelegt, wonach sich das Fahrzeug im Firmenvermögen befinde. Sollte die Antragstellerin als Halterin angesehen werden, dann sei ihr zu keinem Zeitpunkt ein Zeugenfragebogen übersandt worden, der ihre Mitwirkungspflichten hätte auslösen können. Zudem sei sie bereits in einem frühen Stadium des Verfahrens als Fahrerin identifiziert worden und ein Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen sie eröffnet worden. Einer Haltermitwirkung habe es daher nicht bedurft.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde, bei deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf die form- und fristgerecht vorgetragenen Gründe beschränkt ist, hat keinen Erfolg.

Das Verwaltungsgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass die Ermittlung des verantwortlichen Fahrers nicht möglich war. Nach § 31a Abs. 1 Straßenverkehrs-Zulassung-Ordnung (StVZO) vom 26. April 2012 (BGBl I S. 679), zuletzt geändert durch Gesetz vom 11. Dezember 2014 (BGBI I S. 2010), kann die nach Landesrecht zuständige Behörde gegenüber einem Fahrzeughalter für ein oder mehrere auf ihn zugelassene oder künftig zuzulassende Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuchs anordnen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war. Die Feststellung des Kraftfahrzeugführers ist im Sinne von § 31a Abs. 1 StVZO unmöglich, wenn die Behörde nach den Umständen des Einzelfalls alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen getroffen hat, um ihn zu ermitteln. Art und Ausmaß der Ermittlungen hängen insbesondere von der Art des jeweiligen Verkehrsverstoßes und der Bereitschaft des Kraftfahrzeughalters zur Mitwirkung bei der Feststellung des Fahrers ab (vgl. etwa BVerwG, U.v. 17.12.1982 – 7 C 3.80 – BayVBl 1983, 310; B.v. 21.10.1987 – 7 B 162/87 – Buchholz 442.16 § 31a StVZO Nr. 18; B.v. 23.12.1996 – 11 B 84/96 – juris; BayVGH, B.v. 23.2.2015 – 11 CS 15.6 – juris). Verweigert der Fahrzeughalter seine Mitwirkung bei der Ermittlung des Fahrzeugführers, sind weitere Ermittlungen in der Regel nicht zumutbar (BVerwG, U.v. 17.12.1982, a.a.O.). Das Verwaltungsgericht hat zutreffend und rechtsfehlerfrei ausgeführt, dass alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen zur Sachverhaltsaufklärung getroffen wurden.

Soweit die Antragstellerin mit der Beschwerde fast wortgleich mit dem erstinstanzlichen Vorbringen aus dem Schriftsatz vom 19. Februar 2015 vorträgt, sie sei nicht Halterin des Fahrzeugs, weil sie den Fragebogen der Verwaltungsbehörde an die Firma I… weitergereicht habe und diese sich als Halter gemeldet habe, trifft dies nach Aktenlage nicht zu. Mit Schreiben vom 18. August 2014 hat die Firma mitgeteilt, die Antragstellerin, die bei der Firma als Halterin vermerkt sei, habe den Sachvorgang übergeben, da das Fahrzeug als Firmenfahrzeug von einem ständig wechselnden Personenkreis benutzt werde. Dass die Firma selbst Halterin nach § 7 StVG sei, wurde damit gerade nicht mitgeteilt, sondern bestätigt, dass die Antragstellerin auch bei der Firma als Halterin geführt wird. Das Schreiben entspricht im Übrigen auch nicht den Vorgaben des § 35a Abs. 1 GmbH, wonach auf Geschäftsbriefen alle Geschäftsführer angegeben werden müssen. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass sich auch aus gesellschaftsrechtlichen Verbindungen der Antragstellerin zu der Firma ihre Haltereigenschaft ergibt.

Hinsichtlich der schon im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Bestätigung des Steuerberaters setzt sich die Beschwerdeschrift auch nicht ansatzweise mit der ausführlichen Begründung des Verwaltungsgerichts auseinander, dass diese Bestätigung nicht ausreiche, um die Haltereigenschaft der Firma I…-GmbH zu belegen. Auch hier gilt, dass ohne Offenlegung der gesellschaftsrechtlichen oder vertraglichen Verbindungen der Antragstellerin zu der Firma I…-GmbH eine Zuordnung des Fahrzeugs zu der Firma nicht möglich ist. Es wäre Sache der Antragstellerin gewesen, mit ihrer Beschwerde ihre Verbindungen zu der Firma und vertragliche Vereinbarungen über die Nutzung des Fahrzeugs näher aufzuklären.

Die Zentrale Bußgeldstelle im Landratsamt Ostalbkreis hat die Antragstellerin auch als Halterin angehört, denn mit dem Anhörschreiben vom 11. August 2014 wurde sie aufgefordert, die Personalien des Verantwortlichen mitzuteilen, sollte sie die Ordnungswidrigkeit nicht selbst begangen haben. Darüber hinaus wurde in dem Schreiben ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Halterin oder dem Halter des Kraftfahrzeugs die Führung eines Fahrtenbuchs auferlegt werden kann. Die Antragstellerin hat das Schreiben auch offensichtlich als Halteranhörung verstanden, denn sie hat es an die Firma I…-GmbH weitergeleitet, der sie das Fahrzeug nach ihren Angaben überlassen hat und die nach den Ausführungen im Schreiben vom 18. August 2014 wohl Kenntnis über die jeweiligen Nutzer hat. Wäre die Antragstellerin davon ausgegangen, es handele sich um eine bloße Beschuldigtenvernehmung, dann hätte sie den Anhörbogen entsprechend ausgefüllt an die Behörde zurückgesandt und nicht an die Firma zur Aufklärung des Sachverhalts weitergeleitet. Dass eine Aufklärung nicht möglich war, da weder die Antragstellerin noch die Firma I…-GmbH sachdienliche Angaben gemacht haben, geht zu Lasten der Antragstellerin als Fahrzeughalterin.

Die Ermittlungen waren auch ausreichend und die Feststellung des Fahrers unmöglich i.S.d. § 31a Abs. 1 StVZO. Insbesondere war der Bußgeldstelle nicht schon bei Einleitung des Ordnungswidrigkeitenverfahrens mit dem Anhörschreiben vom 11. August 2014 bekannt, dass die Antragstellerin die Fahrzeugführerin gewesen ist. Es bestand ein entsprechender Verdacht und deshalb wurde eine Anhörung nach § 55 OWiG durchgeführt. Auch im Ordnungswidrigkeitenverfahren gilt der Grundsatz der Unschuldsvermutung und dem Betroffenen ist Gelegenheit zur Äußerung zu geben, bevor Maßnahmen ergriffen werden.

Die Feststellung des Fahrers ist auch dann unmöglich, wenn die Ermittlungen zwar auf einen bestimmten Täter hindeuten, die Behörde jedoch keine ausreichende Überzeugung von der Täterschaft des Verdächtigen gewinnen konnte (BayVGH, B.v. 23.2.2015 – 11 CS 15.6 – juris Rn. 16; SächsOVG, B.v. 4.8.2014 – 3 B 90/14 – DÖV 2014, 987; OVG NW, B.v. 25.3.2008 – 8 A 586/08 – NZV 2008, 536). Hier blieb der Abgleich mit dem über zehn Jahre alten Passbild der Antragstellerin ohne Erfolg, denn das Bild hat zwar eine gewisse Ähnlichkeit mit dem bei der Geschwindigkeitsmessung gefertigten Bild, kann aber keine ausreichende Sicherheit für die Überführung der Antragstellerin geben. Auf dem Fahrerfoto ist abweichend von dem Passbild eine Frau mit Brille abgebildet, die Haare wirken wesentlich heller und die Gesichtszüge schmaler.

Es ist nicht ersichtlich, welche weiteren, dem Verkehrsverstoß angemessenen Aufklärungsmaßnahmen noch hätten durchgeführt werden können, um die Fahrerin zu ermitteln. Die Antragstellerin hat solche auch in ihrer Beschwerdebegründung nicht genannt.

Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. den Empfehlungen in Nrn. 1.5 Satz 1 und 46.11 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit2013 (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, Anh. § 164 Rn. 14).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

 

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