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Fahrerlaubnisentziehung wegen Konsum von Amphetamin

VG Oldenburg – Az.: 7 B 1503/20 – Beschluss vom 18.06.2020

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Der Streitwert wird auf 2.500,00 € festgesetzt.

Gründe

Der nach § 80 Abs. 5 VwGO zu beurteilende Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes, über den nach Übertragungsbeschluss der Kammer vom 18. Juni 2020 der Berichterstatter als Einzelrichter entscheidet, ist unbegründet.

Fahrerlaubnisentziehung wegen Konsum von Amphetamin
Symbolfoto: Von juefraphoto/Shutterstock.com

Die in der Hauptsache am 11. Juni 2020 erhobene Klage des Antragstellers gegen den unter Anordnung der sofortigen Vollziehung ergangenen Bescheid des Antragsgegners vom 12. Mai 2020 (Anlage zur Antrags- und Klageschrift) wird ohne Erfolg bleiben müssen, insbesondere soweit es die Entziehung der Fahrerlaubnis (nebst Ablieferungspflicht) anbelangt. Da diese Klage nach § 113 Abs. 1 VwGO voraussichtlich ohne Erfolg bleibt, sieht sich das Gericht nach § 80 Abs. 5 VwGO aus Gründen der materiell-rechtlichen Akzessorietät gehindert, dem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachzukommen.

Dies gilt daneben (selbständig tragend) ebenso auf der Grundlage einer Folgenabschätzung bzw. Güterabwägung zwischen dem Interesse des Antragstellers daran, bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens von der Fahrerlaubnis Gebrauch machen zu dürfen, gegenüber dem dieses Privatinteresse überwiegenden öffentlichen Interesse am Schutz der Allgemeinheit vor ggf. von ihm ausgehenden Gefahren.

Zunächst hält das Gericht fest, dass der mit Klage und Eilantrag angegriffene Bescheid des Antragsgegners vom 12. Mai 2020 aller Voraussicht nach (insgesamt) rechtmäßig sein dürfte. Mit diesem Bescheid entzieht er dem Antragsteller unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Fahrerlaubnis wegen des Konsums von Hartdrogen (Amphetamin). Insoweit bezieht sich der beschließende Einzelrichter dazu zunächst auf die materiellen Gründe des angegriffenen Bescheides, weil weitaus Überwiegendes für die Richtigkeit des dort Niedergelegten spricht und weil der Antragsteller diese Gründe kennt, § 117 Abs. 5 VwGO (entsprechend). Nur ergänzend noch hält das Gericht Folgendes fest:

Hier hatte der Antragsgegner zwingend die Fahrerlaubnis zu entziehen (gehabt), weil Konsum von Amphetamin vorlag – insoweit tragen schon die Gründe des angegriffenen Bescheides vom 12. Mai 2020 alleine die Entziehung der Fahrerlaubnis.

Dagegen greifen die Mitteilungen, Hinweise und das Vorbringen des Antragstellers insgesamt, insbesondere aber hinsichtlich des Bestreitens eines Konsums von Betäubungsmitteln überhaupt, nicht durch. Diese vermögen nicht das Gericht zu überzeugen. Die Laborwerte stehen dem entgegen. An deren Richtigkeit sind Zweifel nicht angebracht. Der Antragsteller meint auch lediglich, die Messwerte seien durch die ihm verordneten Anti-Depressiva bedingt. Dem folgt das Gericht nicht. Der Antragsgegner hat zutreffend ermittelt, dass dies hier nicht der Fall sein kann.

Soweit der Antragsteller im gerichtlichen Verfahren nunmehr der Auffassung zuneigen sollte, dass der Antragsgegner bei seiner Recherche nicht die richtigen Bezeichnungen der eingenommenen Medikamente angegeben habe, um insoweit den TÜV-Nord um Auskunft zu bitten, geht er fehl mit einer solchen Annahme. Denn mit seiner E-Mail vom 9. April 2020, 13:57 Uhr, fragt der Antragsgegner ausdrücklich unter Bezugnahme auf die korrekte Wiedergabe der Namen der hier maßgeblichen Medikamente bei dem TÜV-Nord an, ob diese Medikamente einen Nachweis von Amphetamin hervorrufen können – im Wortlaut (Blatt 36 Beiakte):

„Sehr geehrte Frau C.,

ich benötige in einem Fall Ihre Einschätzung bzw. kurze Stellungnahme. Ein Fahrerlaubnisinhaber wurde kürzlich von der Polizei … kontrolliert. Es wurde eine Blutprobe … entnommen. Es konnte die Substanz Amfetamin in einer Menge von 499,0 ng/ml nachgewiesen werden. Der Betroffene gab gegenüber der Polizei an, dass er Antidepressiva nehme, und zwar morgens in Tablettenform und abends durch Tropfen. Den Konsum von Amphetaminen hat er verneint. Er gab an Morgens Duloxetin-neuraxpharm 40 mg und abends Amitriptylin-neuraxpharm 40 mg/ml einzunehmen.

Zunächst die Frage, können diese Medikamente einen Nachweis von Amfetamin und dann in dieser Höhe hervorrufen? Falls ja, wozu werden diese Medikamente grundsätzlich eingesetzt? Bei Depressionen, wie der Betroffene es angegeben hat?

…“

Damit hat der Antragsgegner die Medikamente dem Namen nach zutreffend bezeichnet, die auch der Arzt D. der Gemeinschaftspraxis E. in seiner ärztlichen Bescheinigung vom 9. Juni 2020 (Blatt 10 Gerichtsakte) angibt, wo es nämlich heißt, der Antragsteller nehme

„folgende Medikation regelmäßig:

Amitriptylin-Neurax,LSE 50 ml N2

Duloxetin-Neurax 40 mg, HKM 56 St<A>“

Mithin ist eine etwaige Verwechslung der Inhaltsstoffe ausgeschlossen.

Auf diese angeführte ärztliche Bescheinigung des Arztes D. vom 9. Juni 2020 kann sich der Antragsteller insgesamt nicht erfolgreich stützen.

Ihr kommt kein eigener Wert bei. Denn dort heißt es nur allgemein und ohne Bezugnahme auf die gerade bei dem Antragsteller vorliegende Medikation, dass das Führen von Fahrzeugen unter dieser Medikation erlaubt sei und dass Antidepressiva Drogenteste beeinflussen bzw. als positiven Befund melden lassen könnten. Ob dieses hier der Fall sei, müsse mit dem beauftragten Labor abgeklärt werden. Damit bleibt sie vage und unbestimmt. Sie zieht auch nicht etwa den Schluss, dass die beim Antragsteller angetroffenen Werte an Amphetamin im Blut auf diese Medikamentengabe zurückzuführen seien. Es ergibt sich aus dieser ärztlichen Bescheinigung vom 9. Juni 2020 gerade eben nicht, dass die beim Antragsteller angetroffenen Amphetamin- und MDMA-Blutwerte von den dort bezeichneten Medikamenten stammen oder nicht, sondern wird dies gerade ausdrücklich offengelassen. Mithin ist insoweit ein Aussagewert zugunsten des Antragstellers hier nicht ersichtlich.

Dass zudem der Antragsgegner auch eine weitere Abklärung zunächst vorgesehen und auch zuvor durchgeführt hat, ergibt sich aus der Antwort auf o.a. E-Mail-Anfrage bei dem TÜV-Nord. Der TÜV-Nord (Frau F.) beantwortete die Anfrage mit E-Mail vom 21. April 2020, 16:06 Uhr, wörtlich wie folgt (Blatt 39 Beiakte):

„… Die Medikamente können den Amphetaminbefund nicht verursachen.“

Außerdem kommt der ärztlichen Bescheinigung des Arztes D., E., vom 9. Juni 2020 deshalb keine ausschlaggebende Bedeutung zu, weil es sich bei diesem Arzt nach den eigenen Angaben in dieser Bescheinigung um den behandelnden Hausarzt des Antragstellers handelt. Generell müssen hausärztliche Bescheinigungen gegenüber den Stellungnahmen von Fachärzten unabhängiger Prüfstellen, wie hier Frau C. vom TÜV-Nord, in ihrem Aussagewert zurückstehen. Auch verweist das Gericht auf die Wertung des Verordnungsgebers in § 11 Abs. 2 letzter Satz FeV („Der Facharzt nach Satz 3 Nummer 1 soll nicht zugleich der den Betroffenen behandelnde Arzt sein.“). Mithin reicht dann für ein ärztliches Gutachten eines zuständigen Facharztes mit verkehrsmedizinischer Qualifikation eine hausärztliche Stellungnahme (wie hier) des behandelnden Arztes nicht aus; jedenfalls soll insoweit eine Identität der Ärzte vermieden werden. Auch daher kommt hier dem vorgelegten Attest des Arztes D., E., vom 9. Juni 2020 kein eigenständiger Wert überhaupt zu.

Damit sind die Annahmen und Angaben des Antragstellers in seiner Klage- und Antragsschrift von vornherein widerlegt.

Danach kam sodann auch nicht mehr nach Satz 3 der Vorbemerkung zu Anlage 4 FeV („Ergeben sich im Einzelfall in dieser Hinsicht Zweifel, kann eine medizinisch-psychologische Begutachtung angezeigt sein.“) zunächst etwa ein weiterer Ermittlungsschritt der Fahrerlaubnisbehörde in Betracht, sondern hatte diese – wie geschehen – unmittelbar und zwingend die Fahrerlaubnis zu entziehen.

Daneben betrachtet das Gericht seine – des Antragstellers – Behauptungen, der (mehrfache) Befund von Amphetaminen in seinem Blut beruhe auf der Medikamenteneinnahme, als bloße Schutzbehauptung.

Auch sein weitergehendes, übriges Vorbringen vermag gegenüber den Gründen des angegriffenen Bescheides, die insgesamt zutreffend sind, nicht durchzudringen.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründungen verweist das Gericht an dieser Stelle auf seine einschlägige Rechtsprechung insbesondere zur Entziehung der Fahrerlaubnis bei Hartdrogenkonsum (wie hier bei Amphetamin). Diese Rechtsprechung ist im Wesentlichen in juris dokumentiert und zudem in der einschlägigen Niedersächsischen Rechtsprechungsdatenbank für jedermann kostenfrei einsehbar.

Dabei handelt es sich insbesondere um die folgenden Entscheidungen:

Beschluss vom 13. Mai 2020 – 7 B 1093/20 –

Beschluss vom 10. Januar 2020 – 7 B 3622/19 –

Beschluss vom 14. Dezember 2019 – 7 B 3414/19 –

Beschluss vom 12. Dezember 2019 – 7 B 3434/19 –

Beschluss vom 29. März 2019 – 7 B 820/19 –

Beschluss vom 13. Januar 2014 – 7 B 6993/13 –

Die Gründe dieser Entscheidungen macht sich das Gericht hierfür erneut zu eigen und darauf aufmerksam, dass aus diesen Gründen die erhobene Klage aller Voraussicht nach abzuweisen sein dürfte. Entsprechendes gilt angesichts der materiell-akzessorischen Qualität auch für das Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes, weil in einem solchen Fall auch dem Eilantrag der Erfolg versagt bleiben muss.

Selbst wenn man dem aber nicht folgen wollte, so wäre im Rahmen einer isoliert vorzunehmenden Abwägung unabhängig vom Ausgang des Hauptsacheverfahrens und der voraussichtlichen Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides hier maßgeblich darauf abzustellen, dass selbst die vom Antragsteller im Eilverfahren hierzu geltend gemachten Gründe das allgemeine Schutzinteresse vor den im Straßenverkehr ansonsten drohenden Gefahren nicht zu überwiegen geeignet sind. Mit der Fahrerlaubnisentziehung verbundene besondere persönliche und berufliche Erschwernisse ändern an dieser Rechtslage nichts. Das Interesse, derartige Nachteile zu vermeiden, muss hinter dem öffentlichen Interesse, die übrigen Verkehrsteilnehmer wirksam vor gefährdendem Verhalten zu schützen, zurücktreten (OVG Lüneburg, Beschluss vom 1. April 2009 – 12 LA 130/08 -), ständige Rechtsprechung. Danach müssen selbst bei Berufskraftfahrern, mithin Personen, die aufgrund ihrer Berufstätigkeit auf eine Fahrerlaubnis angewiesen sind, angesichts der hohen Bedeutung der Verkehrssicherheit und des Interesses der übrigen Verkehrsteilnehmer, dass ungeeignete Kraftfahrer im öffentlichen Straßenverkehr ferngehalten werden, private, insbesondere berufliche Interessen des betroffenen Fahrerlaubnisinhabers zurücktreten, weshalb der drohende Verlust des Arbeitsplatzes bei Entziehung der Fahrerlaubnis nicht dem öffentlichen Interesse am Entzug der Fahrerlaubnis entgegengesetzt werden kann (OVG Lüneburg, Beschluss vom 21. Januar 2000 – 12 M 231/00 -, juris, std. Rspr. d. 12. Senats, vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 19. Februar 1997 – 12 L 216/97 -, juris, sowie Beschluss vom 1. Oktober 1996 – 12 M 5477/96 -). Mithin greift auch das diesbezügliche Vorbringen des Antragstellers – wie auch sein Vorbringen insgesamt – nicht durch.

Danach verbleibt es bei der sofortigen Vollziehbarkeit der Entziehung der Fahrerlaubnis (nebst Ablieferungspflicht).

Der angegriffene Bescheid ist – dies bemerkt das Gericht mit Blick auf das Hauptsacheverfahren – auch im Übrigen, mithin insgesamt rechtmäßig.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist nach Allem wegen Fehlens seiner erforderlichen Erfolgsaussichten unbegründet, §§ 166 VwGO, 114 ZPO.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Höhe des Streitwertes orientiert sich an Nr. 46.3 iVm. Nr. 1.5 SW-Kat.

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