VG Ansbach 1 – Az.: AN 10 K 11.00487 – Urteil vom 02.08.2011
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Tatbestand
Dem am … geborenen Kläger wurde am 26. April 2010 eine Fahrerlaubnis der Klassen B samt Einschlussklassen neu erteilt.
Am 25. Oktober 2010 wurde er als Führer eines Kraftfahrzeuges einer polizeilichen Kontrolle unterzogen. Da er hierbei drogenspezifische Anzeichen aufwies wurde eine Blutprobe durchgeführt, deren Auswertung gemäß dem toxikologischen Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin der Universität … vom … Amphetamin in einer Größenordnung von weniger als 0,5 ng/ml und Methamphetamin in einer Konzentration von 38 ng/ml aufwies.
Nachdem die Fahrerlaubnisbehörde hiervon Kenntnis erhielt, hörte sie den Kläger unter Bezugnahme auf diesen Vorfall zur nunmehr beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis bzw. zur Ablehnung eines anhängigen Antrags auf Erteilung einer Fahrerlaubnis der Klasse A an. Hierauf ließ der Kläger durch seinen Bevollmächtigten vortragen, dass wegen dieses Vorfalls zwar ein Bußgeldbescheid erlassen worden sei, gegen diesen sei jedoch Einspruch eingelegt worden. Der Kläger werde, um dem Vorwurf zu entgegnen, eine Haarprobe veranlassen und das Ergebnis schnellstmöglich der Behörde übermitteln. Es werde deshalb gebeten, die Entziehung der Fahrerlaubnis bis zur rechtskräftigen Entscheidung im anhängigen Ermittlungsverfahren auszusetzen. Es müsse dem Kläger möglich sein nachzuweisen, dass er keine Drogen konsumiere. Dies werde durch das Haargutachten erfolgen. Es bestehe die Möglichkeit, dass dem Kläger – einmalig – Drogen unbemerkt durch Dritte beigebracht worden seien.
Mit Bescheid vom 12. Januar 2011 wurde dem Kläger die Fahrerlaubnis entzogen (Ziffer 1 des Bescheidstenors) und der Antrag auf Erteilung einer Fahrerlaubnis der Klasse A (unbeschränkt) abgelehnt (Ziffer 2 des Bescheidstenors). Hinsichtlich der Entziehung der Fahrerlaubnis wurde der Sofortvollzug angeordnet.
Dieser Bescheid wurde im Wesentlichen dahingehend begründet, dass durch die chemisch-toxikologische Untersuchung der Blutprobe die Einnahme von Amphetamin und Methamphetamin nachgewiesen sei. Deshalb sei der Kläger fahrungeeignet und es sei ihm gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 StVO, 46 Abs. 1 FeV i.V.m. Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV die Fahrerlaubnis zu entziehen gewesen. Nach ständiger Rechtsprechung führe bereits der einmalige Konsum von Betäubungsmitteln im Regelfall zum Verlust der Fahreignung. Die Behörde sehe keine außergewöhnlichen Umstände, welche eine Abweichung vom Regelfall gebieten würden. Behaupte ein Fahrerlaubnisinhaber, bei dem Betäubungsmittel nachgewiesen worden seien, die Aufnahme des betreffenden Betäubungsmittels sei ohne sein Wissen erfolgt, so müsse er einen detaillierten, in sich schlüssigen und auch im Übrigen glaubhaften Sachverhalt vortragen, der einen solchen Geschehensablauf als ernsthaft möglich erscheinen lasse. Die Behauptung des Klägers, die Einnahme sei unbemerkt durch Dritte veranlasst worden, sei insoweit als Schutzbehauptung anzusehen, da keine konkreten und detaillierten nachweisbaren Angaben zum Hergang gemacht worden seien.
Gegen diesen am 17. Januar 2011 zugestellten Bescheid ließ der Kläger am 16. Februar 2011 Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage stellen und im Hauptsacheverfahren beantragen, den Bescheid vom 2. Januar 2011 aufzuheben.
Zur Begründung von Klage und Antrag wurde unter Bezugnahme auf den Vorfall vom 25. Oktober 2010 ausgeführt, dass die Behörde gebeten worden sei, mit einer Entziehungsentscheidung abzuwarten bis zur rechtskräftigen Entscheidung im anhängigen Bußgeldverfahren. Auch sei damals bereits darauf hingewiesen worden, dass der Kläger schon eine Haarprobe veranlasst gehabt habe. Der Kläger bestreite nicht das Ergebnis der chemisch-toxikologischen Untersuchung, jedoch die willentliche Einnahme von Betäubungsmitteln. Er sei am Tattag in der Diskothek „…“ in … mit zwei Bekannten gewesen, welche er nur oberflächlich kenne. Man habe sich gemeinsam mit anderen Gästen im Bereich der Theke aufgehalten. Der Kläger bestreite Betäubungsmittel zu sich genommen zu haben und könne sich das Ergebnis der Untersuchung nur dadurch erklären, dass man ihm durch dritte Personen die entsprechenden Betäubungsmittel in eines der Getränke geschüttet habe. Das zwischenzeitlich vom Kläger veranlasste Haargutachten sei zum Ergebnis gekommen, dass keine Rückstände von Amphetamin, Methamphetamin oder Ecstasy für einen Zeitraum von fünf bis sechs Monaten vor der Haarabnahme am 30. Dezember 2010 nachzuweisen seien. Dies zeige, dass der Kläger keineswegs regelmäßig oder unregelmäßig Betäubungsmittel konsumiere. Auch wenn üblicherweise der einmalige Konsum von Amphetamin oder Methamphetamin ausreiche für den Entzug der Fahrerlaubnis, so müsse hier berücksichtigt werden, dass der Kläger glaubhaft vortrage, nicht bewusst und aktiv entsprechende Betäubungsmittel konsumiert zu haben, wofür im Übrigen auch das Ergebnis der Haaranalyse spreche.
Mit Schriftsatz vom 28. Februar 2011 teilten die Klägerbevollmächtigten mit, dass der Kläger im bußgeldrechtlichen Verfahren in der Hauptverhandlung vom 21. Februar 2011 freigesprochen worden sei, da das Gericht der Überzeugung gewesen sei, dass ein Tatnachweis nicht geführt werden könne. Die Bevollmächtigten hätten um eine Übermittlung des Urteils in Schriftform gebeten und würden dieses kurzfristig vorlegen. Hierzu wurde mit Schriftsatz vom 16. März 2011 eine Kopie des Sitzungsprotokolls des Strafgerichts vorgelegt. Zudem wurde ergänzend darauf hingewiesen, dass der Sachvortrag (entgegen dem, welcher sich aus der Niederschrift des Amtsgerichts ergebe) gegenüber dem Verwaltungsgericht hinsichtlich des Besuchs in der Diskothek … auf Grund eines kanzleiinternen Kommunikationsfehlers sich ergeben habe. Der Besuch in der Diskothek sei geplant gewesen, habe jedoch auf Grund der polizeilichen Maßnahmen nicht mehr stattgefunden.
Aus dem Protokoll der öffentlichen Sitzung des Amtsgerichts … vom 21. Februar 2011 ergibt sich unter anderem, dass der sachbearbeitende Polizeibeamte sowie ein wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts für Rechtsmedizin der Universität … vernommen wurden. Die Angaben des Klägers sind in der Niederschrift dahingehend angegeben, dass er (vor der Kontrolle) von seinem Bekannten …, seinem Trainingspartner, gekommen sei. Sie hätten am Abend gemeinsam im Fitness-Studio in …. an den Geräten trainiert. Sie seien gemeinsam gegen 20 Uhr gegangen und der Kläger sei dann noch mit zu den Bekannten gegangen und habe dort noch ein halbes Radler getrunken. Im Fitness-Studio habe er Wasser mit Fruchtsaftkonzentrat gemischt getrunken. Das Wasser sei dort in Wasserbehältern aufgestellt, auf den Behältern stünden verschiedene Flaschen mit diversen Fruchtsaftkonzentraten. Von seinem Bekannten sei er kurz vor der Kontrolle durch die Polizei weggefahren.
Der Sachverständige Dr. …. hat unter anderem angegeben, dass im Bereich des Kraftsports die Einnahme von Amphetamin öfters vorkomme, Erschöpfungserscheinungen und Müdigkeit sollten hiermit gemindert werden. Das unbemerkte Einflößen von Amphetamin bzw. Methamphetamin könne nicht ausgeschlossen werden. Grundsätzlich könne Methamphetamin oder Amphetamin einer Speise oder einem Getränk zugegeben werden, in niedriger Dosierung sei es auch nicht herausschmeckbar.
Hinsichtlich des vom Kläger veranlassten Haargutachtens gab der Sachverständige unter anderem an, dass die Haarprobe den Untersuchungszeitraum abgedeckt habe. Über einen Zeitraum von fünf bis sechs Monaten sei kein Drogenkonsum feststellbar gewesen. Allerdings seien die Haare schwarz gefärbt gewesen. Auf Grund dieser Schwarzfärbung könne theoretisch ein eventuell vorangegangener Drogenkonsum etwas eingeschränkt bzw. maskiert worden sein. Ein sporadischer Drogenkonsum bis drei- bis viermal monatlich könne durch die Färbung der Haare unter die Nachweisgrenze fallen.
Der Beklagte beantragte am 18. April 2011 unter Bezugnahme auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid Antragsablehnung und beantragte ferner im Klageverfahren Klageabweisung und führte ergänzend aus, dass ein detaillierter, in sich schlüssiger und auch im Übrigen glaubhafter Sachverhalt vom Betroffenen vorgetragen werden müsse, der es als ernsthaft möglich erscheinen lasse, dass ein bei einem Betroffenen nachgewiesenes Betäubungsmittel von diesem ohne sein Wissen aufgenommen worden sei. Es genüge nicht die pauschale Behauptung, es könne jemand Drogen in ein Getränk des Betroffenen gegeben haben. Auch erscheine das Zumischen der betreffenden Drogen durch einen Dritten schon angesichts der Kosten als unwahrscheinlich, zum anderen seien keinerlei Umstände ersichtlich oder vorgetragen, warum jemand dem Kläger derart böse mitspielen solle. Zudem seien zwei Varianten der Tatumstände angeboten worden (Fitness-Studio einerseits und Diskothek andererseits), was an der Richtigkeit des Vortrages Zweifel aufkommen lasse. Auch dem Ergebnis der vom Kläger veranlassten Haaranalyse komme kein entscheidender Aussagewert zu. Die Frage, ab welcher Konsumfrequenz und -intensität Drogenrückstände in Haaren individuell zuverlässig nachweisbar seien, sei nach wissenschaftlicher Ansicht nicht ausreichend sicher zu beantworten. Im Übrigen habe auch der Gutachter im amtsgerichtlichen Verfahren ausgeführt, dass durch die Färbung der Haare des Klägers ein sporadischer Drogenkonsum habe kaschiert werden können.
Der Eilantrag wurde mit Beschluss der Kammer vom 10. Mai 2011 (AN 10 S 11.00492) abgelehnt. Gegen diesen Beschluss wurde Beschwerde eingelegt, diese jedoch mit Schriftsatz vom 21. Juni 2011 zurückgenommen.
Die Beteiligten wurden mit Schreiben des Gerichts vom 28. Juni 2011 zur beabsichtigten Entscheidung per Gerichtsbescheid auch durch den Einzelrichter angehört.
Hieraufhin wiederholten bzw. vertieften die Klägerbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 14. Juli 2011 den bisherigen Vortrag und erklärten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren sowie mit einer Entscheidung durch den Einzelrichter.
Der Beklagte schloss sich mit Schriftsatz vom 21. Juli 2011 diesen Erklärungen an.
Die Entscheidung wurde mit Beschluss der Kammer vom 2. August 2011 auf den Einzelrichter übertragen.
Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die vom Beklagten, vorgelegte Verwaltungsakte und die Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Das Gericht geht auch im Hauptsacheverfahren in sach- und interessengerechter Auslegung des Klägervorbringens davon aus, dass sich die erhobene Anfechtungsklage nur insoweit gegen den Bescheid des Landratsamtes vom 12. Januar 2011 richtet, als mit diesem die Fahrerlaubnis entzogen wurde. Dies entspricht auch dem Klageantrag, welcher keinen Verpflichtungsteil enthält und im Übrigen dem Prozessverhalten des Klägers, welcher auch nach entsprechender Auslegung des klägerischen Vorbringens ein Eilverfahren und im Hauptsacheverfahren nichts in Richtung auf ein Verpflichtungsbegehren äußerte.
Die so verstandene Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Der Bescheid vom 12. Januar 2011, soweit er angefochten wurde, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Nach §§ 3 Abs. 1 Satz 1 StVG, 46 Abs. 1 Satz 1 FeV ist eine Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn der Fahrerlaubnisinhaber sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Dies ist unter anderem der Fall, wenn in der Person des Fahrerlaubnisinhabers Mängel nach Anlage 4 zur FeV vorliegen (§ 46 Abs. 1 Satz 2 FeV).
Diese Anlage richtet sich in ihrem Aufbau u.a. nach den (früheren) Begutachtungs-Leitlinien „Krankheit und Kraftverkehr“ – 5. Auflage 1996 – des Gemeinsamen Beirats für Verkehrsmedizin beim Bundesminister für Verkehr, nunmehr Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahrereignung (amtliche Begründung VkBl 1998, 1067), einem antizipierten Sachverständigengutachten, dem ein entsprechendes verkehrsmedizinisches Erfahrungswissen zu Grunde liegt und das deshalb nach der ständigen Rechtsprechung zur Würdigung des Sachverhalts und zur Beurteilung der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen heranzuziehen ist.
Nach Ziffer 9.1 der Anlage 4 und Ziffer 3.12.1 der Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahrereignung (6. Auflage 2000) ist u.a. derjenige nicht in der Lage, den gestellten Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen gerecht zu werden, und damit ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, wer Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (wie z.B. Amphetamin oder Ecstasy oder Kokain – vgl. Anlagen zu § 1 Abs. 1 BtMG) konsumiert.
In § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV i.V.m. der Anlage 4 zur FeV hat der Verordnungsgeber eine Bewertung der Auswirkungen bestimmter Verhaltensweisen auf die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen vorgenommen, indem er die auf wissenschaftlicher Grundlage gewonnenen und bereits im Gutachten „Krankheit und Kraftverkehr“ zusammengefassten Erkenntnisse in die FeV integriert und damit normativ als für den Regelfall zutreffend gekennzeichnet hat. § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV i.V.m. Ziffer 9.1 der Anlage 4 zur FeV beinhaltet daher den Erfahrungssatz, dass schon die Einnahme (nur) eines der oben genannten Betäubungsmittel regelmäßig die Fahreignung ausschließt. An diese normative Wertung sind die Behörden und die Gerichte gebunden, solange im Einzelfall keine Umstände vorliegen, welche ausnahmsweise eine andere Beurteilung rechtfertigen, die Regelannahme (vgl. hierzu die Vorbemerkung zur Anlage 4 zur FeV) also entkräften könnten (vgl. dazu OVG Koblenz, Urteil vom 23.5.2000 – VRS 99, 238; OVG Brandenburg vom 22.7.2004, VRS 107, 397 m.w.N.).
Für den Eignungsausschluss nach §§ 46 Abs. 1 Satz 2 FeV i.V.m. Ziffer 9.1 der Anlage 4 zur FeV genügt bereits der Nachweis des einmaligen Konsums eines im Betäubungsmittelgesetz angeführten Rauschmittels (außer Cannabis). Dies folgt zum einen aus der Verwendung des Begriffs „Einnahme“, der auch ein erstes/einmaliges Konsumieren erfasst, aber ebenso aus der Systematik der Ziffer 9 der Anlage 4 zur FeV. Der Verordnungsgeber differenziert in Ziffer 9 zwischen der Abhängigkeit von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen (Ziffer 9.3), der missbräuchlichen Einnahme (= regelmäßig übermäßiger Gebrauch) von psychoaktiv wirkenden Arzneimitteln oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen (Ziffer 9.4), der regelmäßigen Einnahme von Cannabis (Ziffer 9.2.1) sowie einer gelegentlichen Einnahme (Ziffer 9.2.2) und der Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (ohne Cannabis) in Ziffer 9.1. Die letztgenannte, die Fahreignung ausschließende Verhaltensweise ist weder an eine Abhängigkeit von Betäubungsmitteln noch an ihre missbräuchliche, regelmäßige oder gelegentliche Einnahme geknüpft. Die hierin zum Ausdruck kommende Strenge des Verordnungsgebers ist in der Aufnahme des jeweiligen Betäubungsmittels in den Katalog des Betäubungsmittelgesetzes begründet, die wegen seiner besonderen Gefährlichkeit im Falle des Konsums erfolgte (vgl. OVG Koblenz Beschluss vom 21.11.2000 – 7 B 11967/00; OVG Weimar Beschluss vom 30.9.2002 VRS 103, 391; VGH Mannheim Beschluss vom 28.5.2002 – 10 S 2213/01; VGH München Beschluss vom 12.8.2002 – 11 CS 02.1816).
Für den Eignungsausschluss im Falle eines Konsums von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes ist somit in der Regel maßgeblich allein die (erwiesene) Tatsache eines solchen Konsums, unabhängig davon, wann und in welchem Umfang ein solcher Konsum erfolgt ist, somit selbst im Falle eines nur einmaligen Konsums (vgl. BayVGH Beschluss vom 12.8.2002 – 11 CS 02.1816) und unabhängig davon, ob unter dem Einfluss eines solchen Betäubungsmittels ein Kfz geführt worden war (so ausdrücklich BayVGH Beschluss vom 8.4.2003 – 11 CS 02.2775).
Ein die Fahreignung im vorstehenden Sinne ausschließender Konsum von Amphetamin und Methamphetamin ergibt sich jedoch aus dem toxikologischen Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin der Universität … vom …, dessen Ergebnis auch der Antragsteller nicht in Frage stellt.
Bestritten wird jedoch, dass die Einnahme dieser Betäubungsmittel willentlich erfolgt sei.
Soweit sich der Kläger dahingehend einlässt, er habe die hier in Rede stehenden Betäubungsmittel Amphetamin und Methamphetamin unbewusst aufgenommen, wertet das Gericht dies letztlich bei Gesamtbetrachtung der Umstände als Schutzbehauptung. Angesichts des hohen Ranges der mit dem hier angefochtenen Bescheid geschützten Rechtsgüter müssen an die Überzeugungsgewissheit hinsichtlich von Einlassungen zu atypischen Umständen grundsätzlich hohe Ansprüche gestellt werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn letztlich nur eigene Erklärungen des Betroffenen vorliegen, da bei diesem die Möglichkeit einer erheblichen Zielgerichtetheit in Rechnung zu stellen ist. Der Kläger hätte hierfür nähere Umstände schildern müssen, welche das Geschehen nachvollziehbar machen könnten. Der Kläger hat es jedoch nicht vermocht, nachvollziehbar und plausibel darzulegen, wer ihm Amphetamin/Methamphetamin aus welchem Grund und in welcher Weise verabreicht haben soll. Die unsubstantiierte Behauptung, die Drogen könnten ihm von fremden Dritten ohne sein Wissen zugeführt worden sein, genügt hierfür keinesfalls (vgl. hierzu etwa BayVGH, Beschluss vom 4.9.2007, Az.: 1 CS 07.308 <juris>).
Auch wenn man davon absieht heranzuziehen, dass der Vortrag insoweit gewechselt hat (von der Verabreichung im örtlichen Rahmen einer Diskothek zur nunmehrigen Aufnahme wohl in den Räumlichkeiten eines Sportstudios) ist auch letzterer Vortrag – zumindest im verwaltungsgerichtlichen Verfahren – nicht weiter detailliert, geschweige denn belegt worden.
Soweit der Kläger sich in der Sache darauf beruft, dass er im Ordnungswidrigkeitenverfahren nach § 24 a StVG freigesprochen wurde, führt dies nicht indiziell oder gar zwingend dazu, seinen Vortrag auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren als ausreichend anzusehen. Soweit der Kläger aus dem Ordnungswidrigkeitenverfahren Unterlagen vorgelegt hat, hier die Niederschrift über die mündliche Verhandlung, ist dieser nicht zu entnehmen, welche Gründe das Amtsgericht letztlich zu einem Freispruch bewegt haben. Hierbei ist grundsätzlich in Rechnung zu stellen, dass im Strafverfahren der Grundsatz des „im Zweifel für den Angeklagten“ Geltung beansprucht und der Freispruch wahrscheinlich in Verfolgung dieses Grundsatzes erfolgte.
Dass eine rechtskräftige Verurteilung zudem nicht Voraussetzung für die Annahme der fehlenden Fahreignung auf Grund Betäubungsmittelkonsums ist, ergibt sich aus den obigen Ausführungen.
Ohne dass es bei der hier zu beurteilenden Situation noch darauf ankäme, ist jedoch auch darauf hinzuweisen, dass die im strafgerichtlichen Verfahren wohl vorgelegte Begutachtung über eine Haarprobe des Klägers seinen Betäubungsmittelkonsum an sich nicht in Frage stellt. Es entspricht der gerichtlichen Erkenntnis aus einer Vielzahl von ähnlichen Verfahren, dass durch eine Haarprobe es regelmäßig nicht möglich ist, die Abstinenz eines Betroffenen nachzuweisen, da – in Abhängigkeit von der jeweiligen Substanz – ein geringer Konsum durchaus möglich ist, ohne dass dieser im Rahmen einer Haarprobe sich niederschlägt. Dies hat letztlich grundsätzlich und auch für den Fall des Klägers (hier zusätzlich wegen gefärbter Haare) der rechtsmedizinische Sachverständige im Strafverfahren ausweislich der vom Kläger vorgelegten Niederschrift über die dortige Verhandlung bestätigt.
Es liegen keine Umstände des Einzelfalls vor, die ausnahmsweise eine andere Beurteilung rechtfertigen. Die normative Wertung in Nr. 9.1 der Anlage 4 der FeV entfaltet strikte Bindungswirkung, so lange keine Umstände des Einzelfalles vorliegen, die ausnahmsweise eine andere Beurteilung rechtfertigen. Durch die entsprechende Regelung in der Vorbemerkung 3 der Anlage 4 der FeV, wonach die Bewertungen der FeV nur für den Regelfall gelten, wird dem in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Genüge getan. Ausnahmen von den Regelvermutungen der Anlage 4 der FeV sind dann anzuerkennen, wenn in der Person des Betäubungsmittelkonsumenten Besonderheiten bestehen, die darauf schließen lassen, dass seine Fähigkeit, ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr sicher, umsichtig und verkehrsgerecht zu führen, sowie sein Vermögen, zwischen dem Konsum von Betäubungsmitteln und der Teilnahme am Straßenverkehr zuverlässig zu trennen, nicht erheblich herabgesetzt sind. Beispielhaft sind in Satz 2 der Vorbemerkung 3 der Anlage 4 zur FeV besondere menschliche Veranlagung, Gewöhnung, besondere Einstellung oder besondere Verhaltenssteuerungen und -umstellungen genannt, durch die eine Kompensation zum Beispiel der drogenbedingten Einschränkungen erfolgen kann. Es obliegt insoweit dem Betroffenen, durch schlüssigen Vortrag die besonderen Umstände darzulegen und nachzuweisen, die ein Abweichen von der Regelvermutung rechtfertigen sollen (so BayVGH, Beschluss vom 8.3.2006 – 11 CS 05.1572 – <juris>).
Es ist auch nichts ersichtlich dafür, dass der Kläger seine Eignung mittlerweile wiedererlangt haben könnte. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof – und ihm folgt dieses Gericht – geht in gefestigter Rechtsprechung davon aus, dass eine wegen Betäubungsmittelkonsums verloren gegangene Eignung erst nach mindestens einjähriger, nachgewiesener Betäubungsmittelabstinenz erlangt werden kann. Hinzu kommen muss eine Prognose, dass die Verhaltensänderung von Dauer ist, was sich nur bejahen lässt, wenn von einer positiven Veränderung der körperlichen Befunde ein stabiler, tiefgreifender Einstellungswandel hinzutritt, der es wahrscheinlich macht, dass der Betroffene auch in Zukunft die notwendige Abstinenz einhalten wird. Um einen solchen inneren Wandel eruieren zu können, bedarf es – gegebenenfalls neben ärztlichen Feststellungen – einer psychologischen Bewertung (vgl. zum Vorstehenden zusammenfassend BayVGH vom 9.5.2005 – 11 CS 04.2526 <juris>). Diese Anforderungen erfüllt der Kläger deshalb nicht, weil der letzte nachgewiesene Konsum nicht länger als ein Jahr vor der (letzten) Behördenentscheidung, auf welche hier abzustellen ist, liegt.
Die Fahrerlaubnisbehörde durfte daher von der erwiesenen Nichteignung des Klägers zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgehen, so dass es gemäß § 11 Abs. 7 FeV der vorherigen Einholung eines Gutachtens nicht bedurfte und die Fahrerlaubnis gemäß §§ 3 StVG, 46 FeV zwingend entzogen werden musste. Deshalb war im Übrigen auch kein Raum für eine Ermessensausübung, in deren Rahmen etwa die Wichtigkeit des Führerscheins für den Kläger hätte berücksichtigt werden können, gegeben.
Ist somit von der Ungeeignetheit des Klägers zum Führen von Kraftfahrzeugen auszugehen, so ist es im Hinblick auf die Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer rechtlich unbedenklich, dass die Behörde bei der Entziehung der Fahrerlaubnis die sofortige Vollziehung anordnet, dies nicht nur ausnahmsweise, sondern in der Masse der Fälle. Erweist sich ein Kraftfahrer – selbst im Rahmen einer nur summarischen Prüfung – als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, so wäre es nicht zu verantworten, ihn weiter am motorisierten Straßenverkehr teilnehmen zu lassen mit der Folge, dass dadurch andere Verkehrsteilnehmer gefährdet würden. Angesichts der irreparablen Folgen, zu denen ein von einem ungeeigneten Kraftfahrer verursachter Verkehrsunfall führen kann, ist es unbedenklich, wenn die Behörde bei der Entziehung von Fahrerlaubnissen regelmäßig den Sofortvollzug anordnet (so OVG Hamburg NJW 2006, 1367).
Auch nach der ständigen Rechtsprechung dieses Gerichts sowie des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs besteht ein besonderes öffentliches Interesse am Sofortvollzug des angefochtenen Bescheides, welches die Behörde formell ausreichend im Sinne des § 80 Abs. 3 VwGO begründet hat. Insoweit ist auf die ständige Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, der dazu ausführt, dass es zwar richtig sei, dass die Anordnung des sofortigen Vollzugs eines Verwaltungsaktes regelmäßig besondere Gründe voraussetze, die über die Gesichtspunkte hinausgingen, welche den Verwaltungsakt selbst rechtfertigten. Im Bereich des Sicherheitsrechts könne dies aber nicht uneingeschränkt gelten, wozu auch die Fälle gehören würden, in denen die Fahreignung in Frage stehe, weshalb die weitere Führung eines Kraftfahrzeuges durch einen Fahrer unverzüglich verhindert werden müsse, wenn ernsthafte Zweifel an dessen Fahreignung bestünden.
Die Klage war deshalb mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Über die Klage konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, da sich die Beteiligten hiermit im Sinne von § 101 Abs. 2 VwGO mit Schriftsatz vom 14. Juli 2011 bzw. Schriftsatz vom 21. Juli 2011 einverstanden erklärt haben.
Die Entscheidung konnte ferner durch den Einzelrichter ergehen, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten haben sich überdies mit der Entscheidung durch den Einzelrichter im Sinne von § 87 a Abs. 2 und 3 VwGO einverstanden erklärt.
Die Berufung war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO nicht vorliegen.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.