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Fahrerlaubnisentziehung – nicht fristgerechte Gutachtensbeibringung bei Alkoholgewöhnung

Alkoholgewöhnung: Fahrerlaubnisentzug droht bei Fristversäumnis

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof bestätigte die Entziehung der Fahrerlaubnis einer Antragstellerin aufgrund von Anzeichen für Alkoholmissbrauch. Trotz fehlender nachgewiesener Alkoholabhängigkeit wurde die Nichtvorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens als Indiz für mangelnde Fahreignung gewertet. Die Entscheidung basiert auf der Annahme, dass die Antragstellerin das Führen von Fahrzeugen und Alkoholkonsum nicht sicher trennen kann.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 11 CS 22.1529  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Entziehung der Fahrerlaubnis: Bestätigung der Fahrerlaubnisentziehung aufgrund von Alkoholmissbrauchsverdacht.
  2. Anzeichen für Alkoholmissbrauch: Trotz fehlender Alkoholabhängigkeit lagen Hinweise auf Alkoholmissbrauch vor.
  3. Medizinisch-psychologisches Gutachten: Die Antragstellerin legte das angeforderte Gutachten nicht fristgerecht vor.
  4. Schlussfolgerung der Nichteignung: Aus der Nichtvorlage des Gutachtens wurde auf fehlende Fahreignung geschlossen.
  5. Rechtmäßigkeit der Begutachtungsanordnung: Die Anordnung zur Gutachtensvorlage wurde als rechtlich korrekt angesehen.
  6. Fehlendes Trennungsvermögen: Die Unfähigkeit, Fahren und Alkoholkonsum zu trennen, war ein zentraler Punkt.
  7. Entscheidung des Verwaltungsgerichts: Der Verwaltungsgerichtshof folgte der Argumentation der Fahrerlaubnisbehörde.
  8. Berücksichtigung ärztlicher Einschätzungen: Ärztliche Gutachten und polizeiliche Mitteilungen flossen in die Entscheidung mit ein.

Fahrerlaubnisentzug bei Verdacht auf Alkoholmissbrauch

In der Rechtsprechung stellt der Entzug der Fahrerlaubnis aufgrund von Alkoholmissbrauch ein bedeutendes und oft diskutiertes Thema dar. Dabei steht die Frage im Mittelpunkt, inwieweit der Verdacht auf Alkoholgewöhnung oder -missbrauch ausreicht, um eine Person ihrer Fahrerlaubnis zu entheben. Die rechtliche Grundlage bildet hierbei die Notwendigkeit der Gutachtensbeibringung, insbesondere eines medizinisch-psychologischen Gutachtens, um die Fahreignung des Betroffenen beurteilen zu können. In solchen Fällen ist die Rolle der Fahrerlaubnisbehörde sowie der Verwaltungsgerichte, wie des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, entscheidend, um die Rechtmäßigkeit des Entzugs zu bewerten.

Die Beurteilung der Fahrerlaubnisentziehung basiert auf einer sorgfältigen Abwägung zwischen der Verkehrssicherheit und den individuellen Rechten der Antragstellerin oder des Antragstellers. Dabei ist die Frage zentral, wie mit der Nichtvorlage des geforderten Gutachtens umgegangen wird und welche Schlüsse daraus gezogen werden können. Die nachstehenden Ausführungen beleuchten ein konkretes Urteil zu diesem Thema und bieten tiefe Einblicke in die rechtlichen Erwägungen, die zu einer solchen Entscheidung führen. Lassen Sie uns gemeinsam in die Details eintauchen und die juristischen Nuancen dieses interessanten und wichtigen Rechtsbereichs erkunden.

Der Fall der Fahrerlaubnisentziehung bei Alkoholgewöhnung

Im Zentrum des vorliegenden Falles steht die Entziehung der Fahrerlaubnis einer Frau durch die Behörden. Ausgangspunkt war ein Vorfall im Juli 2019, bei dem die Betroffene, eine Altenpflegerin, nach Arbeitsende nicht nach Hause kam und später alkoholisiert in einem Pkw angetroffen wurde. Ein Atemalkoholtest ergab eine Konzentration von 0,92 mg/l. Obwohl keine Fahrt unter Alkoholeinfluss nachgewiesen wurde, erhob sich die Frage nach der Alkoholgewöhnung der Antragstellerin.

Die Rolle des medizinisch-psychologischen Gutachtens

Ein daraufhin angefordertes nervenfachärztliches Gutachten konnte keine Alkoholabhängigkeit feststellen, wohl aber eine erhöhte Alkoholgewöhnung. Es empfahl eine medizinisch-psychologische Untersuchung zur Frage der Trennung von Alkoholkonsum und Fahrsicherheit. Die Antragstellerinlegte das geforderte Gutachten jedoch nicht fristgerecht vor, woraufhin die Fahrerlaubnisbehörde ihr die Fahrerlaubnis entzog. Sie begründete dies mit der Annahme, dass aus der Nichtvorlage des Gutachtens auf eine fehlende Fahreignung zu schließen sei.

Die gerichtliche Auseinandersetzung und Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs

Das Verwaltungsgericht Regensburg hob zunächst die sofortige Vollziehbarkeit der Fahrerlaubnisentziehung auf, was vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof jedoch wieder aufgehoben wurde. Der Verwaltungsgerichtshof bestätigte die Entscheidung der Behörde und stellte fest, dass die Antragstellerin die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen müsse. Der Gerichtshof begründete seine Entscheidung damit, dass die Anforderung des Gutachtens rechtlich korrekt war und aus der Nichtvorlage des Gutachtens auf eine mangelnde Fahreignung geschlossen werden dürfe.

Schlussfolgerungen und Weiterführung des Urteils

In seiner Urteilsbegründung betonte der Gerichtshof, dass das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids das Interesse der Antragstellerin überwiege. Hervorgehoben wurde die Bedeutung der Verkehrssicherheit und die Gefahren, die von ungeeigneten Kraftfahrern ausgehen. Der Beschluss des Gerichts ist unanfechtbar und unterstreicht die strenge Haltung der deutschen Rechtsprechung in Fällen von Alkoholmissbrauch und Fahrsicherheit. Dieser Fall illustriert die komplexe Interaktion zwischen individuellen Rechten und öffentlicher Sicherheit im Verkehrsrecht.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Welche Rolle spielt die nicht fristgerechte Gutachtensbeibringung im Verkehrsrecht?

Die nicht fristgerechte Beibringung eines Gutachtens spielt eine bedeutende Rolle im Verkehrsrecht, insbesondere in Bezug auf die Fahrerlaubnis. In Deutschland kann die Fahrerlaubnisbehörde gemäß § 11 Abs. 8 Satz 1 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anordnen. Wenn der Betroffene sich weigert, sich untersuchen zu lassen, oder das von der Behörde geforderte Gutachten nicht fristgerecht beibringt, darf die Behörde auf die Nichteignung des Betroffenen schließen.

Diese Regelung ist besonders relevant, wenn Zweifel an der Fahreignung aufgrund von Verkehrsverstößen oder Straftaten im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr bestehen. In solchen Fällen werden oft medizinisch-psychologische Untersuchungen (MPU) angefordert.

Allerdings darf aus der Nichtbeibringung eines von der Fahrerlaubnisbehörde verlangten Gutachtens nur dann auf die Fahrungeeignetheit geschlossen werden, wenn die Anordnung, ein solches Gutachten beizubringen, in formeller und materieller Hinsicht rechtmäßig, namentlich anlassbezogen und verhältnismäßig war und die nicht fristgemäße Vorlage des Gutachtens ohne ausreichenden Grund erfolgte.

Die Schlussfolgerung darf aber nur dann gezogen werden, wenn die Beibringung eines Gutachtens zu Recht angeordnet wurde. An die Rechtmäßigkeit der Gutachtensanordnung sind dabei grundsätzlich strenge Maßstäbe anzulegen.

Bisher sind alle Versuche gescheitert, den Betroffenen die Möglichkeit einzuräumen, die Anordnung der Untersuchung oder der Beibringung eines Gutachtens auf Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen.

Wie wird eine Alkoholgewöhnung rechtlich bewertet und welche Konsequenzen kann sie nach sich ziehen?

Die rechtliche Bewertung von Alkoholgewöhnung in Deutschland und die daraus resultierenden Konsequenzen sind insbesondere im Verkehrsrecht von Bedeutung. Alkoholgewöhnung bezieht sich auf die Toleranzentwicklung gegenüber Alkohol bei regelmäßigem Konsum, was dazu führen kann, dass eine Person trotz hoher Blutalkoholkonzentration (BAK) keine oder nur geringe Ausfallerscheinungen zeigt.

Im Straßenverkehrsrecht wird die Alkoholgewöhnung im Kontext der Fahrtüchtigkeit betrachtet. Ab einer BAK von 0,5 Promille drohen bereits Bußgelder, Punkte im Fahreignungsregister und ein Fahrverbot. Bei wiederholten Verstößen oder höheren Promillewerten kann es zum Entzug der Fahrerlaubnis oder sogar zu Freiheitsstrafen kommen. Die Alkoholgewöhnung kann in diesem Zusammenhang eine Rolle spielen, wenn es um die Beurteilung der Fahrtüchtigkeit geht. So kann ein hoher BAK-Wert bei einer Person mit Alkoholgewöhnung möglicherweise nicht die gleichen Ausfallerscheinungen hervorrufen wie bei einer Person ohne diese Gewöhnung.

Im Strafrecht kann Alkoholgewöhnung bei der Beurteilung der Schuldfähigkeit relevant sein. Ab einer BAK von etwa 2,0 Promille wird von einer verminderten Schuldfähigkeit ausgegangen, während ab etwa 3,0 Promille von Schuldunfähigkeit ausgegangen werden kann. Bei Tötungsdelikten liegt die Grenze für Schuldunfähigkeit sogar bei 3,3 Promille. Die Alkoholgewöhnung kann hierbei Einfluss auf die Beurteilung haben, da sie die Wirkung des Alkohols auf die psychische Verfassung des Täters beeinflusst.

Im Arbeitsrecht kann Alkoholgewöhnung ebenfalls Konsequenzen haben. Alkohol- und Drogenmissbrauch kann eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen, insbesondere wenn die Arbeitsleistung beeinträchtigt wird oder wenn durch den Konsum eine Gefährdung für den Arbeitnehmer oder andere besteht. Bei krankhaftem Alkoholismus, der eine psychische oder physische Abhängigkeit darstellt, kann eine personenbedingte Kündigung in Betracht gezogen werden.

Zusammenfassend hat Alkoholgewöhnung in Deutschland rechtliche Konsequenzen, die sich vor allem im Verkehrsrecht, Strafrecht und Arbeitsrecht manifestieren. Die individuelle Toleranzentwicklung kann die Beurteilung der Fahrtüchtigkeit, der Schuldfähigkeit und der Arbeitsfähigkeit beeinflussen und zu unterschiedlichen rechtlichen Folgen führen.


Das vorliegende Urteil

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof – Az.: 11 CS 22.1529 – Beschluss vom 23.11.2022

I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 30. Mai 2022 wird in Nr. I und II aufgehoben.

Der Antrag auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 5. Januar 2022 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. Juni 2022 wird abgelehnt.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit der Entziehung ihrer 1994 erteilten Fahrerlaubnis der Klasse 3 (alt).

Im Juli 2020 erhielt die Antragsgegnerin, die Stadt Passau, Kenntnis davon, dass die Antragstellerin am 1. Juli 2019 wegen des Konsums von Alkohol auffällig geworden war. Nach der polizeilichen Mitteilung hatte die Tochter der Antragstellerin gegen 23 Uhr die für den damaligen Wohnsitz der Antragstellerin zuständige Polizeiinspektion verständigt, weil sie sich Sorgen mache. Die Antragstellerin habe an jenem Tag eine neue Arbeitsstelle angetreten, sei „Alkoholikerin“ und nach Arbeitsende nicht nach Hause gekommen, obwohl sie am nächsten Tag gegen 6:30 Uhr wieder arbeiten müsse. Gegen 2 Uhr nachts am 2. Juli 2019 traf eine Streife die Antragstellerin mit einem Pkw ihres Arbeitgebers, eines ambulanten Pflegedienstes, auf einem Parkplatz in der Nähe ihrer Wohnung an. Die Antragstellerin gab an, sie stehe bereits mindestens zweieinhalb Stunden auf diesem Parkplatz und habe dort „eine halbe Flasche Wodka“ getrunken. Ein freiwillig durchgeführter Atemalkoholtest ergab eine Atemalkoholkonzentration von 0,92 mg/l. Die Polizei stellte daraufhin zur Unterbindung der Weiterfahrt den Fahrzeugschlüssel sicher, da der Blutalkohol bis zum Arbeitsbeginn am nächsten Morgen nicht abgebaut sein werde. Nach Einschätzung der Beamten war der Alkoholkonsum der Antragstellerin kaum anzumerken. Eine Fahrt unter dem Einfluss von Alkohol sei nicht nachzuweisen, auch wenn der Motor noch warm gewesen sei und die Antragstellerin keine zweieinhalb Stunden auf dem Parkplatz gestanden haben könne, da die Streife dort in dieser Zeit bereits vorbeigefahren sei.

Im Mai 2021 legte die Antragstellerin auf Anforderung der Antragsgegnerin ein nervenfachärztliches Gutachten vom 3. Mai 2021 zur Abklärung einer Alkoholabhängigkeit vor. Dieses kommt zu dem Ergebnis, Abhängigkeit könne nicht festgestellt werden, da sich allein eine erhöhte Alkoholgewöhnung nachweisen lasse. Es ergebe sich aber die Frage des Alkoholmissbrauchs und die Notwendigkeit einer medizinisch-psychologischen Untersuchung zu der Frage, ob die Antragstellerin das Führen eines Kraftfahrzeugs und einen die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Alkoholkonsum sicher trennen könne. Bei den Laborbefunden falle auf, dass der CDT-Wert, ein Marker für chronischen Alkoholkonsum, mit 5,6 % deutlich über dem Normbereich (2 %) liege. Obwohl der Motor des Pkw zum Zeitpunkt der Alkoholkontrolle noch warm gewesen sei, könne eine Differenzierung zwischen einer Fahrt unter erhöhter Alkoholkonzentration und einer unterbundenen Weiterfahrt nicht vorgenommen werden. In jedem Fall ergebe sich die Problematik, wie die Antragstellerin sich mit Blick darauf verhalten hätte, dass der Alkohol bis zum Dienstantritt am nächsten Morgen noch nicht hinreichend abgebaut gewesen wäre.

Mit Schreiben vom 15. Oktober 2021 forderte die Antragsgegnerin die Antragstellerin gestützt auf § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a FeV auf, ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen. Zu klären sei u.a., ob die Antragstellerin das Führen von Kraftfahrzeugen und einen die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Alkoholkonsum hinreichend sicher trennen könne. Nach dem nervenfachärztlichen Gutachten lägen Anzeichen für Alkoholmissbrauch vor.

Nachdem innerhalb der bis zum 15. Dezember 2021 gesetzten Frist kein Gutachten vorgelegt wurde, entzog die Antragsgegnerin der Antragstellerin nach Anhörung mit Bescheid vom 5. Januar 2022 die Fahrerlaubnis und verpflichtete sie, den Führerschein spätestens fünf Tage nach Zustellung des Bescheids abzugeben. Ferner ordnete sie die sofortige Vollziehung dieser Verfügungen an. Aus der Nichtvorlage des Gutachtens sei auf fehlende Fahreignung zu schließen.

Am 11. Februar 2022 erhob die Antragstellerin Widerspruch und stellte zugleich einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO beim Verwaltungsgericht Regensburg.

Mit Beschluss vom 30. Mai 2022 stellte das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wieder her bzw. ordnete diese – hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung – an. Der Schluss aus der Nichtvorlage des Gutachtens auf mangelnde Eignung sei nicht gerechtfertigt, da die Beibringungsanordnung bei summarischer Prüfung rechtswidrig gewesen sei. Es liege zwar ein ärztliches Gutachten vor, das eine medizinisch-psychologische Begutachtung für geboten halte. § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 1 FeV setze jedoch voraus, dass das Gutachten auf fahreignungsrelevante Informationen Bezug nehme, die die Annahme rechtfertigten, der Betroffene werde zukünftig ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss führen. Daran und an einer nachvollziehbaren Herleitung der Anzeichen für Alkoholmissbrauch in dem Gutachten fehle es hier. Der erhöhte CDT-Wert spreche zwar für eine hohe Alkoholgewöhnung, sage jedoch nichts über das Trennungsvermögen aus. Letztlich sei nicht nachgewiesen, dass die Antragstellerin im Rahmen des genannten Vorfalls tatsächlich gefahren sei. Weitere Auffälligkeiten unter Alkoholeinfluss im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr seien im Gutachten nicht zur Sprache gekommen. Auf § 13 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 FeV könne die Anordnung ebenfalls nicht gestützt werden, da sich aus der Mitteilung der Polizei keine Tatsachen ergäben, die sonst die Annahme eines Alkoholmissbrauchs begründeten.

Zur Begründung der hiergegen eingereichten Beschwerde führt die Antragsgegnerin aus, das nervenfachärztliche Gutachten sei nachvollziehbar, wenn es Anzeichen für Alkoholmissbrauch bejahe. Eine Trunkenheitsfahrt der Antragstellerin sei zwar nicht nachgewiesen. Ein Verdacht auf zukünftige Verkehrsteilnahme unter Alkoholeinfluss könne sich aber auch aus auffälligem Verhalten außerhalb des Verkehrs im Zusammenhang mit einer hohen Alkoholisierung ergeben. Dies sei hier mit Blick auf die in der Rechtsprechung anerkannten Fallgruppen zu bejahen, da die Antragstellerin wegen ihrer beruflichen Tätigkeit als Altenpflegerin im Außendienst nahezu täglich auf das Führen eines Kraftfahrzeugs angewiesen sei. Zudem weise der genannte Vorfall auf Fahrbereitschaft unter signifikanter Alkoholkonzentration hin. Die Antragstellerin hätte am folgenden Morgen mit dem Auto ihres Arbeitgebers zur Arbeit fahren müssen und wäre zu diesem Zeitpunkt noch nicht wieder nüchtern gewesen. Deswegen habe die Regierung von Niederbayern den Widerspruch der Antragstellerin auch mit Widerspruchsbescheid vom 9. Juni 2022 zurückgewiesen.

Die Antragstellerin tritt der Beschwerde entgegen und verweist dabei auch auf die mittlerweile eingereichte Klage gegen den Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Aus dem Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, ergibt sich, dass der Rechtsbehelf der Antragstellerin im Hauptsacheverfahren, nach zwischenzeitlich erfolgter Zurückweisung des Widerspruchs also die beim Verwaltungsgericht anhängige Anfechtungsklage, voraussichtlich ohne Erfolg bleiben wird. Damit fällt die Interessenabwägung zu Gunsten der sofortigen Vollziehbarkeit des angegriffenen Bescheids aus und war der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO, der sich nunmehr gegen den Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids richtet, unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung abzulehnen.

1. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes vom 5. März 2003 (StVG, BGBl I S. 310), zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids zuletzt geändert durch zum Teil zum 1. Mai 2022 in Kraft getretenes Gesetz vom 15. Januar 2021 (BGBl I S. 530), und § 46 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom 13. Dezember 2010 (Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV, BGBl I S. 1980), im maßgeblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch zum Teil zum 1. Juni 2022 in Kraft getretene Verordnung vom 18. März 2022 (BGBl I S. 498), hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich ihr Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV gilt dies insbesondere dann, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 der FeV vorliegen oder erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen wurde. Nach Nr. 8.1 der Anlage 4 zur FeV ist ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, wer das Führen von Fahrzeugen und einen die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher trennen kann (Alkoholmissbrauch).

Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die Eignung begründen, so kann die Fahrerlaubnisbehörde die Beibringung eines Fahreignungsgutachtens anordnen (§ 2 Abs. 8 StVG, § 46 Abs. 3 i.V.m. §§ 11 bis 14 FeV). Nach § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a FeV ist zur Klärung von Eignungszweifeln bei Alkoholproblematik ein medizinisch-psychologisches Gutachten anzuordnen, wenn nach dem – zur Klärung einer Alkoholabhängigkeit gemäß § 13 Satz 1 Nr. 1 FeV eingeholten – ärztlichen Gutachten zwar keine Alkoholabhängigkeit, jedoch Anzeichen für Alkoholmissbrauch vorliegen (Alt. 1), oder sonst Tatsachen die Annahme von Alkoholmissbrauch begründen (Alt. 2). Alkoholmissbrauch ist dabei in beiden Alternativen im vorgenannten fahrerlaubnisrechtlichen Sinn (fehlendes Trennungsvermögen) zu verstehen, nicht medizinisch im Sinn eines schädlichen Gebrauchs (vgl. BVerwG, U.v. 21.3.2013 – 3 C 6.12 – NZV 2013, 462 Rn. 17; BayVGH, B.v. 4.1.2006 – 11 CS 05.1878 – juris Rn. 22, 32; Koehl in Haus/Krumm/Quarch, Gesamtes Verkehrsrecht, 3. Aufl. 2021, § 13 FeV Rn. 12).

Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf diese bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen (§ 11 Abs. 8 Satz 1 FeV). Der Schluss aus der Nichtvorlage eines angeforderten Fahreignungsgutachtens auf die fehlende Fahreignung ist gerechtfertigt, wenn die Anordnung formell und materiell rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig war (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2016 – 3 C 20.15 – BVerwGE 156, 293 Rn. 19). Bei feststehender Ungeeignetheit ist die Entziehung der Fahrerlaubnis zwingend, ohne dass der Fahrerlaubnisbehörde ein Ermessensspielraum zukäme. Dies gilt auch bei Nichtvorlage eines zu Recht geforderten Fahreignungsgutachtens.

2. Gemessen daran begegnet die von der Antragsgegnerin verfügte Entziehung der Fahrerlaubnis in Gestalt des Widerspruchsbescheids keinen rechtlichen Bedenken. Der Schluss aus der Nichtvorlage des angeforderten medizinisch-psychologischen Gutachtens auf die Nichteignung ist nicht zu beanstanden, denn die auf § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a FeV gestützte Begutachtungsanordnung war rechtmäßig. Die Antragsgegnerin hat zu Recht angenommen, dass hier nach dem ärztlichen Gutachten Anzeichen für Alkoholmissbrauch vorlagen.

a) Anzeichen für Alkoholmissbrauch im Sinn des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 1 FeV liegen vor, wenn sich aus dem ärztlichen Gutachten Informationen ergeben, die die Annahme zukünftigen Alkoholmissbrauchs rechtfertigen (vgl. Hahn/Kalus in MüKo StVR, 1. Aufl. 2016, § 13 FeV Rn. 28; Koehl in Haus/Krumm/Quarch, § 13 FeV Rn. 12). Dabei dürfen weitere Erkenntnisse, etwa aus Mitteilungen der Polizei, berücksichtigt werden. Bejaht der ärztliche Gutachter – so wie hier – selbst Anzeichen für Alkoholmissbrauch im fahrerlaubnisrechtlichen Sinn, hat die Behörde dies auf Nachvollziehbarkeit zu überprüfen (vgl. BayVGH, B.v. 30.3.2021 – 11 ZB 20.1138 – juris Rn. 17; Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 46. Aufl. 2021, § 11 FeV Rn. 31, jeweils zu § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FeV). Dem persönlichen Eindruck des Arztes zu tatsächlichen Gegebenheiten sowie einer daraus abgeleiteten Prognose zur zukünftigen Trennung von Fahren und Alkoholkonsum darf sie allerdings durchaus Bedeutung beimessen.

Bei der Beantwortung der Frage, ob hinreichend gewichtige Anzeichen für Alkoholmissbrauch vorliegen, sind, nicht anders als bei der Prüfung, ob sonst Tatsachen die Annahme von Alkoholmissbrauch begründen i.S.d. § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 2 FeV, auch die Wertungen des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b und c FeV zu berücksichtigen. Danach ist die Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens ohne Weiteres nur bei wiederholten Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss (Buchst. b) oder bei einer Trunkenheitsfahrt mit einer Blutalkoholkonzentration von wenigstens 1,6 Promille oder einer Atemalkoholkonzentration von wenigstens 0,8 mg/l (Buchst. c) gerechtfertigt. Diese Grundentscheidung des Verordnungsgebers ist auch bei der Auslegung des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 1 FeV zu beachten (so BVerwG, U.v. 17.3.2021 – 3 C 3.20 – BVerwGE 172, 18 Rn. 17 zu § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 2 FeV).

§ 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b und c FeV entfalten jedoch für eine auf § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a FeV gestützte Beibringungsanordnung keine „Sperrwirkung“ in dem Sinn, dass der Betroffene in der Vergangenheit schon einmal alkoholisiert am Straßenverkehr teilgenommen haben muss. Erst recht keine Voraussetzung hierfür ist eine wiederholte Trunkenheitsfahrt oder eine solche mit einer Blutalkoholkonzentration von wenigstens 1,6 Promille bzw. einer Atemalkoholkonzentration von wenigstens 0,8 mg/l. Dagegen sprechen der Regelungszweck des § 13 Satz 1 Nr. 2 FeV, alkoholbedingte Risiken für die Verkehrssicherheit so weit wie möglich auszuschließen (vgl. BVerwG, U.v. 17.3.2021, a.a.O. Rn. 36), sowie die präventive Ausrichtung der Fahrerlaubnisentziehung, die auf die Abwehr zukünftiger Gefahren zielt (vgl. BVerwG, U.v. 17.3.2021, a.a.O. Rn. 21; U.v. 21.5.2008 – 3 C 32.07 – BVerwGE 131, 163 Rn. 14; Siegmund in Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, Stand Juni 2022, § 13 FeV Rn. 42.) Rückschlüsse auf die Wahrscheinlichkeit einer Fahrt unter Alkoholeinfluss können sich auch aus Tatsachen ergeben, die nicht unmittelbar in Zusammenhang mit der Teilnahme am Straßenverkehr stehen (vgl. OVG NW, B.v. 29.7.2015 – 16 B 584/15 – Blutalkohol 52, 350 = juris Rn. 9; VGH BW, B.v. 19.8.2013 – 10 S 1266/13 – NJW 2014, 484 = juris Rn. 7; NdsOVG, B.v. 2.12.2016 – 12 ME 142/16 – DAR 2017, 159 = juris Rn. 37; OVG Bremen, U.v. 13.8.2020 – 2 B 143/20 – Blutalkohol 57, 298 = juris Rn. 10; BayVGH, B.v. 10.3.2021 – 11 CS 20.2474 – juris Rn. 23). Zudem ist zu bedenken, dass die Gutachtensanordnung gemäß § 13 FeV eine vorbereitende Aufklärungsmaßnahme ist, für die sachlich fundierte Zweifel an der Fahreignung genügen (vgl. BVerwG, U.v. 17.3.2021, a.a.O. Rn. 23).

Übermäßiger Alkoholkonsum oder übermäßige Alkoholgewöhnung allein reichen insoweit nicht aus (vgl. BVerwG, U.v. 21.3.2013 – 3 C 6.12 – NZV 2013, 462 Rn. 17; OVG Bremen, a.a.O.), solange keine Alkoholabhängigkeit gegeben ist. Eine medizinisch-psychologische Begutachtung ist aber dann gerechtfertigt, wenn deutliche Indizien für eine weit überdurchschnittliche Alkoholgewöhnung des Betroffenen vorliegen und außerdem weitere tatsächliche Umstände festzustellen sind, die in einer Gesamtschau mit der vermuteten Alkoholproblematik die Annahme von Alkoholmissbrauch begründen (vgl. VGH BW, B.v. 19.8.2013, a.a.O. Rn. 7; OVG NW, B.v. 29.7.2015, a.a.O. Rn. 15; NdsOVG, B.v. 2.12.2016, a.a.O. Rn. 37; Dauer in Hentschel/König/Dauer, § 13 FeV Rn. 21). Dies wird insbesondere bei Personen angenommen, die – z.B. als Berufskraftfahrer – in besonderer Weise auf das regelmäßige Führen eines Kraftfahrzeugs im Straßenverkehr angewiesen sind und bei denen aufgrund eines häufigen und intensiven unkontrollierten Alkoholkonsums davon auszugehen ist, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis sie in die Lage geraten, am Straßenverkehr teilnehmen zu müssen, obwohl sie alkoholbedingt fahruntüchtig sind (sog. Dauerkonflikt zwischen Trinken und Fahren, vgl. OVG Bremen, a.a.O.; BayVGH, B.v. 2.12.2011 – 11 B 11.246 – SVR 2012, 236 = juris Rn. 21; 23). Als weiteren Umstand im vorgenannten Sinn, der auf fehlendes Trennungsvermögen schließen lässt, hat der Senat, wie die Antragsgegnerin zutreffend ausführt, zudem offensichtliche Fahrbereitschaft bei signifikanter Alkoholkonzentration angesehen (vgl. BayVGH, B.v. 2.12.2011, a.a.O. Rn. 23; B.v. 22.9.2008 – 11 C 08.2341 – juris Rn. 9; U.v. 17.11.2015 – 11 BV 14.2738 – DAR 2016, 41 = juris Rn. 24).

b) Nach diesen Maßstäben lagen hier zunächst deutliche Indizien für eine weit überdurchschnittliche Alkoholgewöhnung der Antragstellerin vor. Aus dem ärztlichen Gutachten ergibt sich, dass der CDT-Wert, ein Marker für chronischen Alkoholkonsum, deutlich erhöht war, was auf einen längerdauernden Konsum schließen ließ. Diese Annahme ist nachvollziehbar. Der CDT-Wert gibt Auskunft über einen länger zurückliegenden, erheblichen Alkoholkonsum. Eine Erhöhung ist jedenfalls nach zwei bis vier Wochen Alkoholmissbrauch (im medizinischen Sinn) bei regelmäßiger täglicher Aufnahme von mehr als 60 g reinen Alkohols nachweisbar (vgl. BVerwG, B.v. 8.4.2021 – 2 B 2.21 – juris Rn. 18 unter Verweis auf Institut für medizinische Diagnostik Berlin, Diagnostikinformation Nr. 128, http://www.imd-berlin.de). Im Übrigen passt die Angabe der Antragstellerin gegenüber dem ärztlichen Gutachter, täglich „etwa drei Gläser Rotwein“ zu trinken, ohne Weiteres zu einem solchen Konsummuster.

Ein weiterer gewichtiger Anhaltspunkt für Alkoholtoleranz folgte aus dem Atemalkoholtest, der einen Wert von 0,92 mg/l ergab. Es wird davon ausgegangen, dass bereits vom Erreichen oder Überschreiten einer Blutalkoholkonzentration von 1,1 Promille auf eine hohe und ungewöhnliche Trinkfestigkeit geschlossen werden kann, die durch ein über dem gesellschaftlichen Durchschnittskonsum liegenden Trinkverhalten erworben sein muss (vgl. Schubert/Huetten/Reimann/Graw, Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung, Kommentar, 3. Aufl. 2018, S. 249 f.; BVerwG, U.v. 17.3.2021 – 3 C 3.20 – BVerwGE 172, 18 Rn. 43; BayVGH, B.v. 10.3.2021 – 11 CS 20.2474 – juris Rn. 24). Es spricht zwar einiges dafür, dass die Polizei, wie die Antragstellerin geltend macht, hier allein ein Vortestgerät verwendet hat, das keine „beweissichere“ Atemalkoholanalyse und somit weder im Ordnungswidrigkeiten- noch im Strafverfahren einen „gerichtsfesten“ Wert zu liefern vermag (vgl. dazu König in LK-StGB, 12. Aufl. 2008, § 316 StGB Rn. 47 ff.; ders. in Hentschel/König/Dauer, § 316 StGB Rn. 52). Jedenfalls für den präventiven Bereich des Straßenverkehrsrechts können sich jedoch auch aus einem solchen Test hinreichende Indizien für eine hohe Alkoholisierung ergeben (vgl. VGH BW, B.v. 11.7.1996 – 10 S 1332/96 – NZV 1996, 469 = juris Rn. 6; s. auch König in Hentschel/König/Dauer, § 316 StGB Rn. 52 f.). Eine falsche Bedienung des Geräts, z.B. mit Blick auf etwaige Wartezeiten, kann nicht ohne Weiteres unterstellt werden. Damit kann, auch wenn eine direkte Konvertierbarkeit von Atemalkoholkonzentration in Blutalkoholkonzentration ausgeschlossen ist und die gängige Umrechnungsformel, nach der für die Bestimmung des Blutalkoholwerts in Promille rechnerisch der doppelte Betrag des Atemalkohols in mg/l anzunehmen wäre, nur einen Hinweis auf die Blutalkoholkonzentration liefert (vgl. BGH, B.v. 3.4.2001 – 4 StR 507/00 – BGHSt 46, 358 = juris Rn. 17 ff.; OVG NW, B.v. 29.7.2015 – 16 B 584/15 – Blutalkohol 52, 350 = juris Rn. 11), mit großer und für weitere Aufklärungsmaßnahmen ausreichender Wahrscheinlichkeit von einer Alkoholisierung der Antragstellerin ausgegangen werden, die nach den vorgenannten Erkenntnissen auf eine hohe Alkoholgewöhnung schließen lässt. Dies gilt umso mehr, als die Polizei in ihrer Ereignismeldung festgehalten hat, der Antragstellerin sei die Alkoholisierung kaum anzumerken gewesen (vgl. dazu BVerwG, U.v. 17.3.2021, a.a.O. Rn. 40, 44 f.; Wagner, NZV 2022, 110/111 f.).

Gestützt wird diese Einschätzung im Übrigen durch die Angabe der Antragstellerin, an dem fraglichen Abend eine „halbe Flasche Wodka“ getrunken zu haben. Eine halbe Flasche (0,35 l) Wodka entspricht etwa 100 g Reinalkohol, so dass die Einnahme ohne weiteres dem sog. Hochkonsum zuzuordnen wäre (Schubert/Huetten/Reimann/Graw, a.a.O. S. 249) und auch ohne Kenntnis weiterer Einzelheiten eine hohe Alkoholkonzentration schlüssig erscheinen lässt.

c) Ferner hat die Antragstellerin, wie die Antragsgegnerin zutreffend anführt, trotz signifikanter Alkoholisierung offensichtliche Fahrbereitschaft gezeigt. Sie wurde mit dem Pkw ihres Arbeitgebers angetroffen, mit dem sie nach den vorliegenden Erkenntnissen nur gut vier Stunden später hätte fahren müssen, um die Arbeit anzutreten und ihre Einsatzorte zu erreichen. Darauf stellt auch das ärztliche Gutachten maßgeblich ab, wenn es die Trennungsbereitschaft als fraglich ansieht und daher eine zusätzliche medizinisch-psychologische Untersuchung empfiehlt. Mit Blick auf die Unsicherheiten, die mit der Atemalkoholprobe sowie den Abbauwerten (vgl. dazu König in Hentschel/König/Dauer, § 316 StGB Rn. 40 f., 51) verbunden sind, mag zwar ungewiss sein, welchen Blutalkoholwert die Antragstellerin am nächsten Morgen gegen 6 Uhr noch gehabt hätte. Es war angesichts der vom Gerät gemessenen Atemalkoholkonzentration von 0,92 mg/l und der Einnahme „einer halben Flasche Wodka“ aber ernsthaft zu befürchten, dass die Blutalkoholkonzentration den Wert von 1,1 Promille noch nicht unterschritten hätte und die Antragstellerin damit absolut fahrunsicher gewesen wäre, und lag äußerst nahe, dass sie über der 0,5 Promille-Grenze des § 24a StVG gelegen hätte. Dieses Risiko hat die Antragstellerin jedenfalls in Kauf genommen. Sie hat auch nicht in Abrede gestellt, dass sie am nächsten Morgen fahren wollte. Vielmehr hat sie lediglich vortragen lassen, in Ermangelung einer beweissicher festgestellten hohen Alkoholisierung sei nicht belegt, dass sie am nächsten Morgen nicht wieder nüchtern gewesen wäre.

Dies begründet auch mit Blick auf die Wertungen des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b und c FeV fundierte Zweifel an der Fahreignung, die eine weitere Aufklärung rechtfertigen. Insbesondere lag keine einmalige Fehleinschätzung der Antragstellerin nahe. Vielmehr bestand die begründete Besorgnis, dass der Vorfall Ausdruck einer mit der Alkoholgewöhnung einhergehenden Giftfestigkeit der Antragstellerin war, aufgrund derer sie die Auswirkungen des Konsums auf ihre Fahreignung nicht mehr realistisch einschätzen konnte (vgl. dazu BVerwG, U.v. 17.3.2021 – 3 C 3.20 – BVerwGE 172, 18 Rn. 24; BayVGH, B.v. 10.3.2021 – 11 CS 20.2474 – juris Rn. 24 m.w.N.; Wagner, NZV 2022, 110/112). Eine Wiederholungsgefahr bzw. Gefahr dafür, dass es in absehbarer Zukunft tatsächlich zu einer Trunkenheitsfahrt kommen wird, lag damit ohne Weiteres auf der Hand.

Ferner macht die Antragsgegnerin zu Recht geltend, dass die Antragstellerin wegen ihrer beruflichen Tätigkeit als Altenpflegerin im Außendienst auf das regelmäßige Führen eines Kraftfahrzeugs angewiesen war. Damit war ein Dauerkonflikt zwischen dem Trinken und beruflich notwendiger Teilnahme am Straßenverkehr angelegt, der ebenfalls eine zukünftige Trunkenheitsfahrt ernsthaft besorgen ließ.

dd) Daher war die Einschätzung in dem ärztlichen Gutachten, dass Anzeichen für Alkoholmissbrauch vorliegen, nachvollziehbar. Darauf, ob sich hinreichende Anhaltspunkte für fehlendes Trennungsvermögen auch daraus ergaben, dass die Schilderung der Antragstellerin, sie habe am fraglichen Abend erst nach Abstellen des Fahrzeugs Alkohol getrunken, kaum mit der Feststellung der Polizei in Einklang zu bringen sind, wonach der Motor noch warm war (vgl. dazu auch BayVGH, B.v. 26.5.2021 – 11 CS 21.730 – juris Rn. 21) und das Fahrzeug kurz vor der Kontrolle noch nicht auf dem Parkplatz stand, kam es somit nicht mehr an.

ee) Schließlich genügt die Aufforderung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens den formellen Anforderungen des § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV.

Nach § 11 Abs. 6 Satz 1 FeV legt die Fahrerlaubnisbehörde unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls und unter Beachtung der Anlagen 4 und 5 in der Anordnung zur Beibringung des Gutachtens fest, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind. Gemäß § 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 1 FeV teilt die Behörde dem Betroffenen unter Darlegung der Gründe für die Zweifel an seiner Eignung und unter Angabe der für die Untersuchung in Betracht kommenden Stelle oder Stellen mit, dass er sich innerhalb einer von ihr festgelegten Frist auf seine Kosten der Untersuchung zu unterziehen und das Gutachten beizubringen hat. Außerdem ist ihm mitzuteilen, dass er die zu übersendenden Unterlagen einsehen kann (§ 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FeV). Diese formellen Anforderungen an den Inhalt einer Beibringungsanordnung sollen es dem Betroffenen ermöglichen, eine fundierte Entscheidung darüber zu treffen, ob er sich der geforderten Begutachtung unterziehen will oder nicht (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2016 – 3 C 20.15 – BVerwGE 156, 293 Rn. 21; B.v. 5.2.2015 – 3 B 16.14 – DAR 2015, 216 Rn. 8). Die Aufforderung muss daher im Wesentlichen aus sich heraus verständlich sein und der Betroffene muss ihr entnehmen können, was konkret ihr Anlass ist und ob das dort Mitgeteilte die behördlichen Zweifel an der Fahreignung rechtfertigen kann (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2016 a.a.O.; B.v. 5.7.2001 – 3 C 13.01 – DAR 2001, 522 = juris Rn. 25; U.v. 9.6.2005 – 3 C 21.04 – DAR 2005, 578 = juris Rn. 23; VGH BW, U.v. 14.9.2004 – 10 S 1283/04 – NJW 2005, 234 = juris Rn. 19; OVG RhPf, B.v. 10.8.1999 – 7 B 11398/99 – DAR 1999, 518 = juris Rn. 9).

Diesen Anforderungen genügt die Gutachtensanordnung. Die Antragsgegnerin bezieht sich darin auf das Ergebnis des ärztlichen Gutachtens. Zudem gibt sie den zu Grunde liegenden Vorfall in der Nacht vom 1. auf den 2. Juli 2019 wieder und umschreibt dabei auch die Umstände, aus denen sich die Annahme der Fahrbereitschaft trotz signifikanter Alkoholisierung ergibt. Damit wird zugleich der Konflikt zwischen Trinken und beruflich notwendiger Teilnahme am Straßenverkehr der Sache nach angesprochen. Anhand dieser Angaben war es der Antragstellerin möglich, die Berechtigung der Zweifel an ihrer Fahreignung, ggf. mit Hilfe eines Rechtsanwalts, zu überprüfen.

3. Davon ausgehend überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des angegriffenen Bescheids das Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage. Bei Kraftfahrern, denen die erforderliche Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs fehlt, ist das Erlassinteresse regelmäßig mit dem Vollzugsinteresse identisch (stRspr, vgl. BayVGH, B.v. 8.6.2021 – 11 CS 20.2342 – juris Rn. 17). Dem steht das Interesse der Antragstellerin am Führen von Kraftfahrzeugen nicht entgegen. Denn dem Schutz der Allgemeinheit vor Verkehrsgefährdungen kommt angesichts der Gefahren durch die Teilnahme ungeeigneter Kraftfahrer am Straßenverkehr besonderes Gewicht gegenüber den Nachteilen zu, die einem betroffenen Fahrerlaubnisinhaber in beruflicher oder in privater Hinsicht entstehen (vgl. BVerfG, B.v. 19.7.2007 – 1 BvR 305/07 – juris Rn. 6; B.v. 15.10.1998 – 2 BvQ 32/98 – DAR 1998, 466 = juris Rn. 5, zu einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 111a StPO; BayVGH, B.v. 17.2.2020 – 11 CS 19.2220 – juris Rn. 17; OVG NW, B.v. 22.5.2012 – 16 B 536/12 – juris Rn. 33).

4. Der Beschwerde war demnach mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. den Empfehlungen in Nr. 1.5 Satz 1, 46.3 sowie 46.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (vgl. BayVGH, B.v. 19.7.2021 – 11 CS 21.1280 – juris Rn. 31).

5. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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