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Fahrerlaubnisentziehung – dreimalige Fahrt unter Cannabiseinfluss in wenigen Monaten

Konsequenzen des wiederholten Cannabiskonsums im Straßenverkehr: Entzug der Fahrerlaubnis

Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (Az.: 16 A 2571/18) veröffentlichte am 23.06.2020 einen Beschluss, der erhebliche Auswirkungen auf den Cannabiskonsum im Straßenverkehr hat. Der Fall handelt von einem Kläger, der innerhalb eines Jahres dreimal unter dem Einfluss von Cannabis beim Führen eines Kraftfahrzeugs erwischt wurde. Daraufhin wurde sein Führerschein entzogen. Der Kläger versuchte, die Entscheidung anzufechten, wurde jedoch abgelehnt. Die zugrunde liegende Frage ist, ob eine dreifache Verstoß gegen das sogenannte „Trennungsgebot“ – die Regel, dass der Konsum von Cannabis und das Führen eines Fahrzeugs getrennt werden müssen – eine ausreichende Grundlage für den Entzug der Fahrerlaubnis darstellt.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 16 A 2571/18 >>>

Gelegentlicher Cannabiskonsum und Fahrtauglichkeit

Das Verwaltungsgericht stellte fest, dass der Kläger einen gelegentlichen Cannabiskonsum zeigte, da er in kurzer Zeit dreimal beim Fahren unter Cannabiseinfluss aufgefallen war. Der Kläger argumentierte, dass die bei ihm abgenommenen Blutproben nicht verwertbar seien. Das Gericht lehnte dieses Argument ab und stellte fest, dass der Kläger bei jeder Blutabnahme ausdrücklich seine Zustimmung gegeben hatte und daher eine richterliche Anordnung nicht erforderlich war.

Das Trennungsgebot und dessen Verletzung

Das Gericht zog mehrere Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. April 2019 heran. Diese erklärten, dass die Verneinung der Fahreignung nach einem erstmaligen Verstoß eines gelegentlichen Cannabiskonsumenten gegen das Trennungsgebot die Prognose erfordert, dass der Konsument auch zukünftig nicht zwischen einem seine Fahrsicherheit möglicherweise beeinträchtigenden Cannabiskonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs trennen wird. Das Trennungsgebot ist hierbei von zentraler Bedeutung und dessen Verletzung kann zur Entziehung der Fahrerlaubnis führen.

Fahreignung und hohe THC-Werte

Das Gericht wies darauf hin, dass der Kläger bei seinen Fahrten erheblich hohe THC-Werte aufwies, die über dem vom Bundesverwaltungsgericht gebilligten Grenzwert von 1,0 ng/ml lagen. Dies ließ den Schluss zu, dass der Kläger entweder nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, den Cannabiskonsum und das Fahren zu trennen. Diese Erkenntnis legte die Wiederholung eines Verstoßes gegen das Trennungsgebot nahe, was nach Meinung des Gerichts die Entziehung der Fahrerlaubnis rechtfertigte.

Keine Zulassung der Berufung und Streitwertfestsetzung

Das Gericht lehnte den Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung ab und stellte den Streitwert gemäß § 47 Abs. 2 VwGO fest. Somit bleibt das ursprüngliche Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf, welches den Führerscheinentzug des Klägers anordnete, in Kraft und der Kläger bleibt ohne Fahrerlaubnis.


Das vorliegende Urteil

Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen – Az.: 16 A 2571/18 – Beschluss vom 23.06.2020

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 8. Mai 2018 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 5.152,99 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Zulassungsantrag des Klägers ist unbegründet. Die vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor bzw. sind nicht hinreichend dargelegt.

1. Das Zulassungsvorbringen begründet keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils i. S. v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Ohne Erfolg wendet sich der Kläger gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, er sei gelegentlicher Cannabiskonsument. Sein in großem Umfang wörtlich mit der Klagebegründung übereinstimmender Vortrag (insbesondere zu niedrigen „Werten“ in seiner Blutprobe sowie zur Verwertbarkeit seiner Angaben im Rahmen der Verkehrskontrolle am 8. März 2017 und der Verwertbarkeit der anschließend abgenommenen Blutprobe) genügt nicht den Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO. Der Kläger setzt sich nicht damit auseinander, dass das Verwaltungsgericht seinen gelegentlichen Cannabiskonsum daraus geschlossen hat, dass er innerhalb eines Jahres dreimal als unter Cannabiseinfluss stehender Fahrer eines Kraftfahrzeugs angetroffen worden ist. Auch eine Auseinandersetzung mit der Annahme des Verwaltungsgerichts, es sei nicht ersichtlich, warum ein Beweisverwertungsverbot hinsichtlich der Blutproben vorliegen sollte, fehlt. Dazu hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, der Kläger habe ausweislich der jeweiligen polizeilichen Protokolle nach entsprechender Belehrung ausdrücklich sein Einverständnis mit den jeweiligen Blutentnahmen erklärt, so dass eine richterliche Anordnung nach § 81a StPO entbehrlich gewesen sei. Darauf geht der Kläger nicht weiter ein.

Der – ebenfalls bereits erstinstanzlich vorgebrachte – Hinweis des Klägers auf ein inzwischen angeblich drogenfreies Leben, auf einen Drogen-Screeningvertrag mit der Firma q.-n      und auf negative Screeningergebnisse lässt außer Acht, dass – wie bereits das Verwaltungsgericht ausgeführt hat – entscheidungserheblicher Zeitpunkt der des Erlasses der Entziehungsverfügung vom 29. November 2017 ist. Ernstliche Zweifel an der Annahme des Verwaltungsgerichts, dass zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen für die Fahrerlaubnisentziehung vorlagen, zeigt der Kläger in der Antragsbegründung nicht auf.

Auch unter Berücksichtigung der Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. April 2019 (- 3 C 13.17, 3 C 14.17, 3 C 25.17, 3 C 2.18, 3 C 7.18, 3 C 8.18, 3 C 9.18 -, juris) bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils. Diesen Urteilen ist zu entnehmen, dass Voraussetzung für die Verneinung der Fahreignung nach einem erstmaligen Verstoß eines gelegentlichen Cannabiskonsumenten gegen das Trennungsgebot die Prognose ist, dass er auch künftig nicht zwischen einem seine Fahrsicherheit möglicherweise beeinträchtigenden Cannabiskonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs trennen wird. Damit diese Prognose auf eine tragfähige tatsächliche Grundlage gestützt werden kann, ist in der Regel die Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens erforderlich (§ 46 Abs. 3 i. V. m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV).

Vgl. BVerwG, Urteile vom 11. April 2019 – 3 C 13.17, 3 C 7.18 -, juris, Rn. 27, – 3 C 14.17 -, juris, Rn. 37, – 3 C 25.17 -, juris, Rn. 28, – 3 C 2.18 -, juris, Rn. 33, – 3 C 8.18 -, juris, Rn. 34, – 3 C 9.18 -, juris, Rn. 26.

Bei wiederholten Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr nach § 24a StVG, d. h. auch bei mehreren nach § 24a StVG geahndeten Fahrten unter einer die Fahrsicherheit möglicherweise beeinträchtigenden Wirkung von Cannabis ist nach § 46 Abs. 3 i. V. m. § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV – als gebundene Entscheidung – zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens aufzufordern.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 11. April 2019 – 3 C 13.17, 3 C 7.18 -, juris, Rn. 30, – 3 C 14.17 -, juris, Rn. 40, – 3 C 25.17 -, juris, Rn. 31, – 3 C 2.18 -, juris, Rn. 36, – 3 C 8.18 -, juris, Rn. 37, – 3 C 9.18 -, juris, Rn. 29.

Eine Anordnung zur Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens ist aber dann entbehrlich, wenn bereits von einer hinreichend abgesicherten negativen Prognose ausgegangen werden kann mit der Folge, dass § 11 Abs. 7 FeV zur Anwendung kommt. Danach unterbleibt die Anordnung zur Beibringung des Gutachtens, wenn die Nichteignung des Betroffenen zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde feststeht. Dazu bedarf es besonderer Umstände des Einzelfalls, die die Wiederholung eines Verstoßes gegen das Trennungsgebot nahelegen, wie etwa ein mit Blick auf die Verkehrssicherheit besonders verantwortungsloser Umgang mit dem Cannabiskonsum.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 11. April 2019 – 3 C 13.17, 3 C 7.18 -, juris, Rn. 31, – 3 C 14.17 -, juris, Rn. 41, – 3 C 25.17 -, juris, Rn. 32, – 3 C 2.18 -, juris, Rn. 37, – 3 C 8.18 -, juris, Rn. 38, – 3 C 9.18 -, juris, Rn. 30.

Von Letzterem ist hier auszugehen. Der Kläger ist im Jahr 2017 dreimal unter Cannabiseinfluss fahrend angetroffen worden und zwar am 8. März 2017, am 3. Juli 2017 und am 27. September 2017. In den jeweils entnommenen Blutproben wurden THC-Werte von 11 ng/ml, 10 ng/ml und 7,2 ng/ml festgestellt. Diese lagen weit über dem auch vom Bundesverwaltungsgericht in den o. g. Urteilen gebilligten Grenzwert von 1,0 ng/ml. Das dreimalige Führen von Kraftfahrzeugen unter Cannabiseinfluss im Abstand von nur wenigen Monaten, zumal mit derart hohen THC-Werten, lässt den Schluss zu, dass der Kläger entweder nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, den Cannabiskonsum und das Fahren zu trennen. Dies legt die Wiederholung eines Verstoßes gegen das Trennungsgebot nahe.

2. Die Berufung ist auch nicht wegen der vom Kläger geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen. Die von ihm als grundsätzlich bedeutsam aufgeworfene Frage,

„ob ein Fahrerlaubnisinhaber auch dann als ungeeignet für eine Verkehrsteilnahme anzusehen ist, wenn er einmalig sogenannte ‚weiche‘ Betäubungsmittel wie THC konsumiert“,

war weder für die Vorinstanz von Bedeutung noch würde sie sich in einem Berufungsverfahren angesichts des (mindestens) dreimaligen Konsums des Klägers von Cannabis stellen. Der Kläger legt mit Blick auf Nr. 9.2.1 und Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV, die für die Annahme einer Kraftfahrungeeignetheit einen regelmäßigen oder gelegentlichen Konsum voraussetzen, auch eine Klärungsbedürftigkeit der Frage nicht dar. Im Übrigen ist die Frage, soweit sie sinngemäß den erstmaligen Verstoß gegen das Gebot zum Trennen von Fahren und gelegentlichem Cannabiskonsum thematisiert, wegen des dreimaligen Fahrens des Klägers unter Cannabiseinfluss für ein Berufungsverfahren ebenfalls nicht relevant und zudem durch die o. g. Urteile des Bundesverwaltungsgerichts geklärt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3 sowie § 52 Abs. 2 und 3 GKG.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 und § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

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