Getönte Fahrzeugscheiben – Nicht alles was „schön“ aussieht ist auch erlaubt
Es gibt zahlreiche Modifikationen an dem Fahrzeug, welche einen praktischen Nutzen mit sich bringen und die zugleich auch noch ausgezeichnet aussehen. Getönte Autoscheiben sind hierfür ein regelrechtes Paradebeispiel, da die Tönung der Autoscheiben den Fahrer vor der Wärmeeinstrahlung der Sonne und der damit verbundenen Blendung schützt. Auch im Bereich des Autotunings ist das Tönen der Autoscheibe überaus beliebt, da das Fahrzeug auf diese Weise mysteriös und modern wirkt. Diejenigen Autobesitzer, deren Fahrzeug die Tönung der Autoscheibe nicht bereits werksseitig aufweist, sollten bei dem nachträglichen Tönen jedoch Vorsicht walten lassen. Im Zweifel kann ein Bußgeld drohen.
Der Gesetzgeber kennt klare Vorschriften im Zusammenhang mit der Tönung der Autoscheiben. Diese Vorschriften beziehen sich in erster Linie auf die Stellen, an denen die Tönung angebracht wird.
Grundsätzlich ist alles möglich
Viele Fahrzeugbesitzer, die sich bereits mit der Thematik Fahrzeugmodifikation beschäftigt haben, werden wissen, dass zwar technisch alles möglich, jedoch gesetzlich bei Weitem nicht alles erlaubt ist. Dieser Grundsatz gilt selbstverständlich auch für die Fahrzeugscheiben, die nun einmal für die Sicherheit der Autofahrt einen wichtigen Beitrag leisten. Zwar kann die Verdunkelung der Scheiben ebenfalls der Sicherheit zuträglich sein, aber trotz dieses Umstandes muss die Scheibentönung den gesetzlichen Vorschriften der StVZO (Straßenverkehrszulassungsordnung) auf jeden Fall entsprechen.
Das besagt die StVZO
Maßgeblich für jeden Fahrzeugbesitzer, der eine nachträgliche Scheibenverdunkelung mittels Tönung vornehmen wollen, ist der § 40 Abs. 1 StVZO. In diesem Paragrafen wird deutlich gemacht, dass sämtliche Fahrzeugscheiben aus einem Sicherheitsglas bestehen müssen. Der Gesetzgeber definiert hierbei das Sicherheitsglas als ein Glas oder einem glasähnlichen Material, welches keinerlei Verletzungen bei dem Fahrer oder anderen Straßenverkehrsteilnehmern verursacht, wenn es zu Bruch geht. Überdies muss das Sicherheitsglas auch noch die Eigenschaften klar nebst verzerrungsfrei und lichtdurchlässig aufweisen.
Die Autoscheiben in der Praxis
Standardmäßig besteht eine Fahrzeugfrontscheibe aus dem Material Verbundglas. Verbundglas zeichnet sich dadurch aus, dass es lediglich eine sehr geringe (nur wenige Millimeter) dicke Schicht aufweist und aus mehreren Scheiben besteht. Diese Scheiben werden mittels einer sogenannten PVB (Polyvinylbutyral)-Folie verbunden, welche im Fall einer Beschädigung das Zerspringen des Verbundglases verhindert. Anstatt zu zerspringen, reißt das Verbundglas ein, wobei die Scherben durch die Folie zusammengehalten werden. Diese Bauart verhindert auch, dass das Glas nicht nach innen auf die Personen im Fahrzeuginneren fällt.
Lediglich die Frontscheibe des Fahrzeugs besteht aus Verbundglas. Die anderweitigen Fahrzeugscheiben bestehen aus einem anderweitigen Sicherheitsglas.
Der Grund für die anderweitigen Scheiben
Wer sich nunmehr wundert, warum die anderen Scheiben des Fahrzeugs aus einem anderweitigen Sicherheitsglas bestehen, dem wird der Grund hierfür recht schnell klar werden. Im Fall eines Schadens sind die Scherben der anderen Scheiben erfahrungsgemäß nicht sehr groß und sie sind auch nicht so scharfkantig, als es bei größeren Glasscherben der Fall wäre. Die anderweitigen Scheiben stellen für den Autofahrer im Fall eines Schadens für gewöhnlich auch keine großartige Gefährdung dar, weshalb für diese Scheiben auch nicht zwingend das Verbundglas erforderlich ist.
Der § 40 StVZO gilt für alle Scheiben
Auch wenn die anderen Scheiben des Fahrzeugs eine andere „Glasart“ aufweisen als die Frontscheibe, so umfasst der § 40 StVZO auch diese Scheiben. Dementsprechend müssen auch diese Scheiben einen notwendigen Durchblick gewährleisten. Die Durchsicht darf dementsprechend durch eine verzerrende oder zu dunkle Folierung auf gar keinen Fall eingeschränkt werden. Sollten die Ordnungshüter der Polizei im Zuge einer Verkehrskontrolle feststellen, dass der Fahrer Umbauten / Veränderungen an dem Fahrzeug vorgenommen hat, durch welche die klare Sicht erheblich eingeschränkt werden, so bringt dies dem Fahrzeughalter in der gängigen Praxis ein Verwarngeld (10 EUR) ein.
§ 40 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) beschreibt Regelungen für die Scheiben, Scheibenwischer, Scheibenwascher, Entfrostungs- und Trocknungsanlagen von Kraftfahrzeugen. Es besagt, dass alle Scheiben, außer Spiegel und Abdeckscheiben von Licht- und Instrumenteneinrichtungen, aus Sicherheitsglas bestehen müssen. Sicherheitsglas ist Glas oder ein glasähnlicher Stoff, dessen Bruchstücke keine ernsthaften Verletzungen verursachen können. Windschutzscheiben müssen mit Scheibenwischern ausgestattet sein, die den Fahrer ein ausreichendes Blickfeld gewähren. Dreirädrige Krafträder und Kraftfahrzeuge mit Führerhaus müssen mit Scheibenwischern, Scheibenwaschern, Entfrostungs- und Trocknungsanlagen ausgestattet sein, die den Anforderungen in einem Anhang zu dieser Vorschrift entsprechen.
Quelle: https://www.gesetze-im-internet.de/stvzo_2012/__40.html
Der Bußgeldkatalog im Überblick
- die Autofahrt in Verbindung mit der eingeschränkten Sicht kostet 10 EUR Bußgeld
- die erforderliche Bauartgenehmigung der Modifikation den Ordnungshütern nicht gezeigt, kostet 10 EUR Bußgeld
- das Fahrzeug ist durch die Veränderung nicht mehr vorschriftsmäßig, kostet 25 EUR Bußgeld
- wird die Verkehrssicherheit durch die Veränderung beeinträchtigt, kostet dies 90 EUR Bußgeld zzgl. 1 Punkt im Verkehrszentralregister.
Welche Autoscheiben dürfen denn eigentlich getönt werden?
Zwar sagt der Gesetzgeber, dass dem reinen Grundsatz nach die Tönung der Scheiben im vorderen Bereich als rechtlich unzulässig anzusehen ist. Es gibt jedoch auch Fallsituationen, in denen die klare und durchsichtige Folierung der vorderen Scheiben erlaubt ist. Die Rede ist an dieser Stelle von den Seitenscheiben, welche durch die Folierung eine Steigerung der Sicherheit erfahren können.
Die Windschutzscheibe ist im Zusammenhang mit der Folie als tabu anzusehen. Bringt ein Fahrzeughalter an der Windschutzscheibe eine Folie an, so können sich Blasen- oder auch Wellen bilden, sodass die Fahrersicht eingeschränkt und die Sicherheit des Straßenverkehrs gefährdet wird.
Lieber im hinteren Bereich bleiben
Autotuning-Fans, die ein Scheibentuning nachträglich vornehmen möchten, sollten sich an die Faustformel halten: Lediglich diejenigen Scheiben, welche ab der mittleren Fahrzeugsäule (die sogenannte B-Säule) befindlich sind, dürfen getönt werden.
Es gibt noch weitergehende Kriterien
Wer Tönungsfolie verwenden möchte, sollte beachten, dass der Gesetzgeber lediglich das Anbringen an der Innenseite von den Scheiben gestattet. Hierbei gilt jedoch, dass ein gewisser Mindestabstand zwischen der Folie sowie der Gummidichtung eingehalten wird. Dieser Mindestabstand beträgt ein Millimeter. Damit die Ordnungshüter erkennen können, dass es sich um eine regelkonforme Maßnahme handelt, muss die sogenannte AGB-Nummer der Folie auch leicht von außen erkannt werden können.
Die Alternative ist der komplette Scheibenaustausch
Wird die Tönung der Autoscheiben durch eine offizielle Werkstatt vorgenommen, so kann der Fahrzeugbesitzer sicher sein, dass die gesetzlichen Vorschriften auf jeden Fall eingehalten werden. Es gibt jedoch auch die Möglichkeit, die entsprechenden Autoscheiben auch ohne die Verwendung von Folien zu verdunkeln. Der Scheibenaustausch gegen Scheiben, welche bereits über getönte Gläser verfügen, ist ebenfalls eine sehr sichere und gesetzlich zulässige Maßnahme. Diese Maßnahme ist zwar im Vergleich zum Scheibentönen mittels Folie die teurere Variante, allerdings bewegt sie sich im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften. Diese Maßnahme bietet auch den Vorteil, dass der Fahrzeugbesitzer verschiedene Grade der Abdunklung erwerben kann.
Selbst Hand anlegen ist beim Scheibentausch keine gute Idee
Es empfiehlt sich ausdrücklich nicht, den Austausch der Scheiben in Eigenregie durchzuführen. Der Grund hierfür liegt in dem Umstand, dass es eine Abweichung der verschiedenen Automodelle voneinander gibt. Dementsprechend können auch keine Fenster, welche die erforderliche Bauartgenehmigung nicht aufweisen, verwendet werden. Die Maße des Fahrzeugs beziehen sich nicht nur auf das Rahmenmodell, sondern auch auf die Zubehörmaterialien des Fahrzeugs. Scheiben, die entweder zu klein oder zu groß sind, werden dementsprechend nicht in den Fahrzeugrahmen passen und würden den Rahmen des Fahrzeugs respektive die Karosserie beschädigen.
Schönheit ist nicht entscheidend
Auch wenn es durchaus Verdunklungsfolien gibt, die wunderbar anzusehen sind, so ist bei dem Fahrzeug die Sicherheit und die gesetzliche Zulässigkeit erheblich wichtiger. Wer dennoch auf das Autotuning bzw. Scheibentuning nicht verzichten möchte, sollte sich an eine offizielle Tuningwerkstatt wenden. Derartige Werkstätten sind gute Anlaufstellen für die Art des Tunings, welche mit den gesetzlichen Vorschriften einhergehen.
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