Entzug der Fahrerlaubnis: Ein komplexer Fall um Gesundheitszustand und Fahreignung
Der Fall, der vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) verhandelt wurde, dreht sich um die Entziehung der Fahrerlaubnis eines Antragstellers aufgrund seines Gesundheitszustands. Der Antragsteller, geboren 1957, hatte bei der Fahrerlaubnisbehörde die Neuausstellung eines Kartenführerscheins beantragt. Aufgrund von gesundheitlichen Bedenken forderte die Behörde ein ärztliches Gutachten an. Nachdem das Gutachten mehrere gesundheitliche Einschränkungen feststellte, wurde dem Antragsteller die Fahrerlaubnis entzogen. Der Kern des rechtlichen Konflikts liegt in der Frage, ob die Entziehung der Fahrerlaubnis aufgrund des vorgelegten Gutachtens und des Gesundheitszustands des Antragstellers gerechtfertigt ist.
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Übersicht
Die Rolle des ärztlichen Gutachtens
Das ärztliche Gutachten kam zu dem Schluss, dass der Antragsteller aufgrund verschiedener Erkrankungen nicht in der Lage sei, ein Kraftfahrzeug sicher zu führen. Dazu zählten unter anderem Herzrhythmusstörungen und Niereninsuffizienz. Der Antragsteller hatte jedoch nicht alle erforderlichen medizinischen Unterlagen vorgelegt, was die Beurteilung erschwerte. Das Gutachten wurde als Grundlage für die Entziehung der Fahrerlaubnis und die Anordnung des Sofortvollzugs durch die Fahrerlaubnisbehörde verwendet.
Unzureichende Mitwirkung des Antragstellers
Das Verwaltungsgericht Regensburg wies darauf hin, dass der Antragsteller seiner Mitwirkungspflicht nicht vollständig nachgekommen sei. Er hatte bestimmte erforderliche medizinische Unterlagen, wie ein 24-Stunden-EKG und Ultraschalluntersuchungen, nicht vorgelegt. Dies führte dazu, dass seine Klage gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis abgewiesen wurde. Die Anordnung des Sofortvollzugs wurde ebenfalls bestätigt.
Beschwerde und weitere Argumente
Der Antragsteller legte Beschwerde ein und argumentierte, das ärztliche Gutachten sei mangelhaft. Er behauptete, dass alle Untersuchungsbefunde bis auf Blutdruck sowie Gang- und Standsicherheit als unauffällig bewertet worden seien. Zudem habe sein Hausarzt ihm eine ausreichende Compliance bescheinigt. Trotz dieser Argumente wurde die Beschwerde vom BayVGH abgewiesen.
Endgültige Entscheidung und Streitwert
Der BayVGH entschied, dass die Beschwerde in Teilen unzulässig und im Übrigen unbegründet sei. Der Antragsteller muss die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen. Der Streitwert für beide Rechtszüge wurde auf jeweils 6.250 Euro festgesetzt.
Der Fall zeigt die Komplexität und die Bedeutung der Mitwirkungspflicht des Antragstellers bei der Beurteilung der Fahreignung. Es unterstreicht auch die Rolle, die ein ärztliches Gutachten in solchen Verfahren spielt, und die Konsequenzen, die sich aus einem unvollständigen Gutachten ergeben können.
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Das vorliegende Urteil
BayVGH – Az.: 11 CS 23.273 – Beschluss vom 21.03.2023
I. Die Beschwerde wird verworfen, soweit sie nicht den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO entspricht. Im Übrigen wird sie zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert wird unter Änderung der Nummer III. des erstinstanzlichen Beschlusses für beide Rechtszüge auf jeweils auf 6.250,- Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller wendet sich gegen die Anordnung des Sofortvollzugs hinsichtlich der Entziehung seiner Fahrerlaubnis und der insoweit getroffenen Folge- und Nebenentscheidungen.
Der am … 1957 geborene Antragsteller beantragte am 30. Dezember 2021 unter Vorlage seines 1975 ausgestellten Führerscheins mit der damaligen Fahrerlaubnisklasse 3 bei der Fahrerlaubnisbehörde der Antragsgegnerin die Neuausstellung eines Kartenführerscheins. Da er einem Aktenvermerk zufolge bei der persönlichen Vorsprache „immer noch schlecht zu Fuß“ gewesen sei, forderte ihn die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 17. Januar 2022 zur Vorlage eines Berichts des ihn behandelnden Arztes zu seinem aktuellen Gesundheitszustand, den Diagnosen, den eingenommenen Medikamenten und zur Frage auf, ob ausreichende Compliance bestehe.
Mit Schreiben vom 8. Februar 2022 übersandte der Antragsteller eine ärztliche Bescheinigung vom 1. Februar 2022, wonach er, von einer postoperativ bedingten eingeschränkten Gehfähigkeit abgesehen, in einem altersentsprechenden Gesundheitszustand sei. Ausreichende Compliance liege vor. Dem Attest beigefügt waren ein Medikationsplan sowie eine Liste mit u.a. folgenden Karteieinträgen: 15. Oktober 2008 – Knick-Senk-Spreizfuß, Fettstoffwechselstörung, Adipositas, Hypertonie; 23. Oktober 2009 – Hyperurikämie, metabolisches Syndrom; 10. September 2010 – absolute Arrhythmie bei Vorhofflimmern bei hyperintensiver Herzhypertrophie, hypertensive Herzkrankheit; 7. Februar 2011 – schwergradiges gemischtförmiges Schlafapnoesyndrom mit phasenweise Cheyne-Stokes-Atmung; 18. September 2011 – Herzinsuffizienz NYHA II; 16. Juli 2015 – chronische Niereninsuffizienz, Stadium 2; 19. August 2015 – Nierenstauung rechts bei Abgangsstenose; 6. Juli 2016 – ventrikuläre Extrasystolie; 26. Juli 2016 – diastolische Dysfunktion, Mitralklappensinsuffizienz Grad II, Trikuspidalinsuffizienz Grad II, Gefäßatheromatose supraaortal, Bradykardie unter β-Blockertherapie bei absoluter Arrhythmie bei Vorhofflimmern; 5. Dezember 2017 – Zustand nach transossärer Quadrizepssehnennaht bei Sehnenruptur links; 24. April 2018 – Zustand nach transossärer Quadrizepssehnennaht bei Reruptur rechtes Knie; 8. Juni 2018 – Zustand nach Arthrotomie re Kniegelenk mit Fistelausschneidung und Synovektomie.
Mit Schreiben vom 25. März 2022 forderte die Antragsgegnerin den Antragsteller zur Beibringung eines Fahreignungsgutachtens eines Arztes einer anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung auf. Das nach mehrfacher Fristverlängerung vom Antragsteller vorgelegte ärztliche Gutachten der p.-m. GmbH vom 24. August 2022 (Versandtag) kommt zu dem Ergebnis, der Antragsteller sei aufgrund des Vorliegens von Erkrankungen nicht in der Lage, den Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppen 1 und 2 gerecht zu werden. Vom Antragsteller erbeten, aber nicht vorgelegt worden seien ein Befund seines Hausarztes über das Bestehen einer Niereninsuffizienz und zu den Nierenretentionswerten, ein 24-Stunden EKG sowie eine Ultraschalluntersuchung vom Herzen und den großen Gefäßen. Die Bewegungseinschränkung des Antragstellers sei derart umfänglich, dass Fahrten mit einem Schaltwagen nicht mehr vertretbar seien. Des Weiteren sei ein Vorhofflimmern festzustellen. Diesbezüglich erbetene Befunde habe der Antragsteller nicht erbracht. Folgeerkrankungen einer arteriellen Hypertonie, die mäßig medikamentös eingestellt sei, hätten nicht in erforderlichem Umfang ausgeschlossen werden können. Eine Herzinsuffizienz habe bei unzureichender Befundlage ebenfalls nicht ausgeschlossen werden können. Auch bezüglich einer vorliegenden Niereninsuffizienz sei die Befundlage unvollständig. Das obstruktive Schlafapnoesyndrom könne aufgrund fremdbefundlich gestützter Behandlung entlastend bewertet werden. Die Überprüfung der verkehrsbedeutsamen Leistungsfunktionen habe keine ausreichenden Ergebnisse ergeben. Hinweise auf Leistungsmängel bestünden im Bereich der Aufmerksamkeit und Belastbarkeit. Auf eine Fahrverhaltensbeobachtung sei aufgrund der negativen Gesamtbefundlage verzichtet worden. Eine ausreichende Adhärenz sei bei unzureichender Befundlage nicht abschließend positiv zu werten. Auflagen und/oder Beschränkungen seien nicht ausreichend, um das sichere Führen eines Kraftfahrzeugs zu gewährleisten.
Nach Anhörung entzog die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit Bescheid vom 5. Oktober 2022 unter Anordnung des Sofortvollzugs die Fahrerlaubnis und verpflichtete ihn unter Androhung eines Zwangsgelds zur Abgabe des Führerscheins. Er habe sich nach dem vorgelegten Gutachten als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen.
Der Verpflichtung zur Abgabe des Führerscheins ist der Antragsteller mit Schreiben vom 19. Oktober 2022 nachgekommen.
Über die gegen den Bescheid erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Regensburg, soweit ersichtlich, noch nicht entschieden. Den gleichzeitig eingereichten Antrag auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 18. Januar 2023 abgelehnt. Soweit der Antrag die Zwangsgeldandrohung betreffe, sei er wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, weil der Antragsteller seinen Führerschein bereits abgegeben habe. Im Übrigen sei der Antrag unbegründet. Das im Gutachten formulierte Ergebnis sei zwar nicht schlüssig. Dem Gutachten lasse sich nicht eindeutig entnehmen, dass Erkrankungen nach Nr. 4.1, 4.5 und 10 der Anlage 4 zur FeV tatsächlich vorlägen. Aus der Bewertung im Gutachten gehe hervor, dass weitere Unterlagen zur abschließenden Beurteilung gefehlt hätten. Im Ergebnis wirke sich dies jedoch nicht aus, denn die Fahrerlaubnisentziehung könne darauf gestützt werden, dass der Antragsteller seiner Mitwirkungspflicht nicht vollumfänglich nachgekommen sei. Die insoweit einschlägigen Rechtsgrundlagen seien austauschbar. Die Anordnung der Antragsgegnerin zur Beibringung des Gutachtens sei formell und materiell rechtmäßig. Insbesondere sei die Gutachtensanordnung anlassbezogen und verhältnismäßig. Aus dem vom Antragsteller zu Recht geforderten Attest seines Hausarztes hätten sich Anhaltspunkte für Erkrankungen ergeben, die der Fahreignung entgegenstehen könnten und die die Gutachtensanordnung tragen würden. Der Antragsteller sei daher gehalten gewesen, an der Klärung der Fahreignung mitzuwirken, insbesondere zweckdienliche Angaben zu machen, sich erforderlichen Untersuchungen zu unterziehen und sonstige für die Fragestellung aussagekräftige Unterlagen beizubringen. Das zur Beurteilung der Herzrhythmusstörungen erforderliche 24-Stunden-EKG habe der Antragsteller nicht vorgelegt. Eine 24-Stunden-Blutdruckmessung und ein Belastungs-EKG seien hierfür nicht ausreichend. Des Weiteren sei dem Gutachten zu entnehmen, dass weder die Nierenwerte vorgelegt worden seien noch eine Ultraschalluntersuchung vom Herzen und den großen Gefäßen stattgefunden habe. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Entziehung der Fahrerlaubnis sei der Erlass der behördlichen Entscheidung. Weitere ärztliche Stellungnahmen seien daher nur für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis relevant.
Zur Begründung der hier gegen eingereichten Beschwerde, mit der der Antragsteller die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage begehrt und der die Antragsgegnerin entgegentritt, lässt er ausführen, das Gutachten leide an mehreren schwerwiegenden Mängeln. Gemäß der tabellarischen Zusammenfassung im Gutachten seien sämtliche Untersuchungsbefunde bis auf Blutdruck sowie Gang- und Standsicherheit als völlig unauffällig bewertet worden. Das negative Ergebnis könne daher nicht nachvollzogen werden. Das 24-Stunden-EKG habe vorgelegen. Der Hausarzt habe Herz und große Gefäße ausführlich mit dem Ultraschallgerät untersucht und dem Antragsteller auch eine ausreichende Compliance bestätigt. Diese Befunde habe der Antragsteller vorab eingereicht. Die beiden Konzentrationstests, bei denen er unterdurchschnittlich abgeschnitten habe, seien in der Mittagszeit durchgeführt worden, in der die Biorhythmuskurve nach unten gehe. Der Antragsteller habe erstinstanzlich unter Entbindung seiner Ärzte von der Schweigepflicht beantragt, ärztliche Stellungnahmen zu seinem Gesundheitszustand und zur Fahreignung einzuholen. Für die Anordnung der Begutachtung habe keine Rechtsgrundlage vorgelegen. Das Interesse des Antragstellers an einer ordnungsgemäßen und mangelfreien Begutachtung überwiege das staatliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids. Ihm hätte die Möglichkeit gegeben werden müssen, ein zweites, mangelfreies Gutachten erstellen zu lassen. Er führe seit über 47 Jahren regelmäßig Kraftfahrzeuge im Straßenverkehr und sei noch nie negativ aufgefallen. Er habe sämtliche von der Gutachterin angeforderten Unterlagen vorgelegt und sei seiner Mitwirkungspflicht nachgekommen. Auch das Verwaltungsgericht hätte im Rahmen seiner Verpflichtung zur Amtsermittlung ergänzende ärztliche Stellungnahmen einholen müssen. Der Blutdruck und die Nierenwerte des Antragstellers seien völlig normal. Eine ausreichende Compliance liege vor.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
II.
1. Die Beschwerde ist unzulässig und zu verwerfen (§ 146 Abs. 4 Satz 3 und 4 VwGO), soweit sie sich gegen die Verpflichtung zur Abgabe des Führerscheins (Nr. 2 des Bescheids, vgl. § 47 Abs. 1 FeV), gegen die Zwangsgeldandrohung (Nr. 4 des Bescheids, vgl. Art. 29 Abs. 2 Nr. 1, Art. 31, Art. 36 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 5 VwZVG) und gegen die Kostenentscheidung (Nr. 5 des Bescheids) richtet. Insoweit enthält die Beschwerdebegründung keine Ausführungen, insbesondere auch nicht dazu, dass das Verwaltungsgericht den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung aufgrund des bereits vom Antragsteller abgegebenen Führerscheins wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses (zutreffend) als unzulässig angesehen hat.
Ebenfalls unzulässig ist die Beschwerde, soweit sie zur Begründung im Schriftsatz vom 15. Februar 2023 auf S. 2 in weiten Teilen nahezu wortgleich die Ausführungen der erstinstanzlichen Klage- und Antragsbegründung vom 5. Januar 2023 wiederholt. Dies genügt nicht dem Darlegungsgebot des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO, wonach der Antragsteller im Beschwerdeverfahren vor Ablauf der Monatsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO die Gründe, aus denen die Entscheidung nach seiner Auffassung abzuändern oder aufzuheben ist, darlegen und sich dabei mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen muss. Das Verwaltungsgericht hat sich eingehend mit den vom Antragsteller gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids vorgebrachten Argumenten befasst. Es ist insbesondere auf dessen Einwände eingegangen, das 24-Stunden-EKG habe vorgelegen (Beschlussabdruck S. 13), der Antragsteller habe Untersuchungsergebnisse zum Herzen und den großen Gefäßen eingereicht (Beschlussabdruck S. 14) und beantragt, Stellungnahmen der ihn behandelnden Ärzte zu seinem Gesundheitszustand und zu seiner Fahreignung einzuholen (Beschlussabdruck S. 14). Eine bloße Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens, ohne auf die jeweils tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts einzugehen, reicht zur Beschwerdebegründung nicht aus (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 16. Auflage 2022, § 146 Rn. 22a f.; BayVGH, B.v. 1.6.2022 – 10 CE 21.2270 – juris Rn. 3; B.v. 17.3.2022 – 7 CE 22.10005 – juris Rn. 13; B.v. 18.10.2021 – 23 CS 21.2405 – juris Rn. 3; B.v. 22.10.2019 – 11 CS 19.1837 – juris Rn. 10 f.).
2. Soweit die Beschwerde im Übrigen (S. 3 der Beschwerdebegründung) dem Darlegungsgebot des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO genügt, hat sie in der Sache keinen Erfolg. Aus den vorgetragenen Gründen, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Sätze 1 und 6 VwGO), ergibt sich nicht, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu ändern oder aufzuheben wäre.
a) Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes vom 5. März 2003 (StVG, BGBl I S. 310, 919), im maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses zuletzt geändert durch das zum 1. Mai 2022 in Kraft getretene Gesetz vom 15. Januar 2021 (BGBl I S. 530), und § 46 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom 13. Dezember 2010 (Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV, BGBl I S. 1980), im maßgeblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch die zum 1. Juni 2022 in Kraft getretene Verordnung vom 18. März 2022 (BGBl I S. 498), hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich ihr Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung (§ 3 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 2 Abs. 8 StVG, § 46 Abs. 3 FeV). Bei Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung, insbesondere bei Hinweisen auf eine Erkrankung oder einen Mangel nach Anlage 4 oder 5 zur FeV, kann die Fahrerlaubnisbehörde nach § 11 Abs. 2 FeV die Beibringung eines ärztlichen Fahreignungsgutachtens anordnen.
b) Hier bestand aufgrund des ärztlichen Attests vom 1. Februar 2022 ausreichender Anlass, den Antragsteller zur Beibringung eines ärztlichen Fahreignungsgutachtens aufzufordern.
aa) Bei der Vorsprache des Antragstellers in der Führerscheinstelle zum Umtausch seines 1975 ausgestellten Führerscheins in einen Kartenführerschein war – wie in einem Aktenvermerk festgehalten – aufgefallen, dass der Antragsteller „nicht gut zu Fuß“ war. Auch eigene Beobachtungen und fahrerlaubnisrechtlich relevante Wahrnehmungen durch Personal der Führerscheinstelle können grundsätzlich Anlass sein, Zweifeln hinsichtlich der Fahreignung durch geeignete Maßnahmen nachzugehen. Bewegungsbehinderungen können nach Nr. 3 der Anlage 4 zur FeV Beschränkungen und Auflagen rechtfertigen und damit Anlass für weitere Aufklärungsmaßnahmen sein. Insoweit hat die Antragsgegnerin, dem Verhältnismäßigkeitsgebot entsprechend, den Antragsteller noch nicht sogleich zur Beibringung eines Fahreignungsgutachtens, sondern zunächst zur Vorlage eines Berichts des ihn behandelnden Arztes aufgefordert (vgl. Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 47. Auflage 2023, § 11 FeV Rn. 24b).
bb) Ob die Behörde aufgrund ihrer Beobachtungen berechtigt war, vom Antragsteller – wie mit Schreiben vom 17. Januar 2022 geschehen – einen umfassenden Arztbericht zu seinem aktuellen Gesundheitszustand, zu den Diagnosen, zur Medikation und zur Compliance zu verlangen, ohne diesen auf Erkrankungen zu beschränken, für die konkrete Anhaltspunkte vorlagen, erscheint fraglich, kann hier aber dahinstehen. Anders als bei Auffälligkeiten, bei denen die Fahrerlaubnisbehörde keine Anhaltspunkte dafür hat, auf welche der in Anlage 4 zur FeV genannten Erkrankungen diese möglicherweise zurückzuführen sind, beschränkten sich die Beobachtungen hier nach Aktenlage zunächst auf Bewegungsbehinderungen. Weiteres ist jedenfalls dem handschriftlichen Aktenvermerk vom 30. Dezember 2021 nicht zu entnehmen. Gleichwohl führt dies nicht zu einem Verwertungsverbot hinsichtlich der durch die Vorlage des ärztlichen Befundberichts vom 1. Februar 2022 erlangten Kenntnisse. Vielmehr schafft dieses Attest mit den in der Anlage aufgeführten Diagnosen eine neue Tatsachengrundlage, die selbständige Bedeutung hat und unabhängig davon verwertbar ist, ob die ursprüngliche Anforderung rechtmäßig war (vgl. BayVGH, B.v. 1.2.2023 – 11 CS 22.2141 – juris Rn. 17; B.v. 14.9.2022 – 11 CS 22.876 – juris Rn. 14; B.v. 5.10.2020 – 11 CS 20.1203 – juris Rn. 20).
cc) Aufgrund dieser neuen Erkenntnislage war die Antragsgegnerin jedenfalls berechtigt, vom Antragsteller die Beibringung eines ärztlichen Fahreignungsgutachtens zu verlangen.
Die Beibringungsanordnung setzt nicht voraus, dass eine Erkrankung oder ein Mangel im Sinne von § 11 Abs. 2 Satz 2 FeV bereits feststeht (stRspr vgl. BayVGH, B.v. 18.8.2021 – 11 CS 21.1727 – juris Rn. 19 m.w.N.). Es genügt der Hinweis auf eine Erkrankung nach Anlage 4 zur FeV (§ 11 Abs. 2 Satz 1 und 2 FeV) bzw. ein „Anfangsverdacht“ (vgl. BVerwG, U.v. 5.7.2001 – 3 C 13.01 – NJW 2002, 78 = juris Rn. 22; U.v. 14.11.2013 – 3 C 32.12 – BVerwGE 148, 230 = juris Rn. 17), also – wie es in § 152 Abs. 2 StPO umschrieben wird – das Bestehen zureichender tatsächlicher Anhaltspunkte. Zwar darf die Beibringung des Gutachtens nur aufgrund konkreter Tatsachen, nicht auf einen bloßen Verdacht „ins Blaue hinein“ bzw. auf Mutmaßungen, Werturteile, Behauptungen oder dergleichen hin verlangt werden (vgl. BVerwG, U.v. 5.7.2001, a.a.O. Rn. 26). Ob die der Behörde vorliegenden Tatsachen ausreichen, ist nach den gesamten Umständen des jeweiligen Einzelfalls zu beurteilen. Auffälligkeiten im Straßenverkehr sind hierfür nicht Voraussetzung.
Den Maßnahmen der Antragsgegnerin steht somit nicht entgegen, dass der Antragsteller, wie vorgetragen, seit über 47 Jahren unauffällig am Straßenverkehr teilnimmt. Die von ihm vorgelegte ärztliche Bescheinigung erwähnt zwar lediglich eine eingeschränkte Gehfähigkeit und bestätigt eine ausreichende Compliance. Sie nimmt aber Bezug auf in einer Anlage beigefügte Diagnosen, die etliche weitere Erkrankungen auflistet, die fahreignungsrelevant sind, darunter Herz- und Gefäßkrankheiten (Nr. 4 der Anlage 4 zur FeV), Nierenerkrankungen (Nr. 10 der Anlage 4 zur FeV) sowie ein obstruktives Schlafapnoesyndrom (Nr. 11.2.3 der Anlage 4 zur FeV). Mit diesen ärztlich bestätigten Diagnosen bestand ausreichender Anlass, vom Antragsteller gemäß § 46 Abs. 3 i.V.m. § 11 Abs. 2 FeV eine weitere Abklärung durch Beibringung eines ärztlichen Fahreignungsgutachtens zu verlangen. Insbesondere erweist sich auch die Fragestellung in der Beibringungsanordnung vom 25. März 2022 als anlassbezogen und verhältnismäßig.
c) Der Antragsteller kann auch nicht mit Erfolg einwenden, er sei seiner Mitwirkungsobliegenheit in vollem Umfang nachgekommen.
Richtig ist zwar, dass er – wie bereits ausgeführt – nach Aufforderung der Antragsgegnerin sowohl zunächst eine Bescheinigung des ihn behandelnden Arztes als auch nach weiterer Aufforderung das fachärztliche Fahreignungsgutachten beigebracht hat. Allerdings hat er im Rahmen dieser Begutachtung nicht die erforderlichen ärztlichen Befunde vorgelegt und insoweit seine Mitwirkungsobliegenheiten hinsichtlich der Aufklärung der bestehenden Zweifel an seiner Fahreignung nicht ausreichend erfüllt. Der Antragsteller hat der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 5. Mai 2022 anlässlich seines Fristverlängerungsgesuchs zur Vorlage des Gutachtens den ihm von der begutachtenden Ärztin ausgehändigten Anforderungsbogen vom gleichen Tag zur Einreichung verschiedener Befunde innerhalb von 14 Tagen übersandt, darunter eine Stellungnahme seines Hausarztes zum Bestehen einer Niereninsuffizienz, ein 24-Stunden-EKG, eine Ultraschalluntersuchung vom großen Herzen und den großen Gefäßen, ein Belastungs-EKG und eine 24-Stunden-Blutdruckmessung. Dem Gutachten zufolge, an dessen Richtigkeit insoweit keine begründeten Zweifel bestehen, hat der Antragsteller gleichwohl weder eine Stellungnahme seines Hausarztes zum Bestehen einer Niereninsuffizienz noch ein 24-Stunden-EKG und auch keine Ultraschalluntersuchung vom großen Herzen und den großen Gefäßen vorgelegt. Dies rechtfertigt vor dem Hintergrund seiner Mitwirkungsobliegenheiten unabhängig von den weiteren festgestellten Mängeln (u.a. Leistungsdefizite) den Schluss, dass er zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht geeignet ist (vgl. Dauer in Hentschel/König/Dauer, § 11 FeV Rn. 52).
Für die Vorlage des Gutachtens und für die in diesem Rahmen beizubringenden Befunde bestand auch ausreichend Zeit. Weder die Fahrerlaubnisbehörde noch das Gericht waren gehalten, dem Antragsteller nochmals die Möglichkeit zur Einholung eines weiteren Gutachtens einzuräumen (vgl. BayVGH, B.v. 14.9.2020 – 11 CS 20.1782 – juris Rn. 18; Dauer in Hentschel/König/Dauer, § 11 FeV Rn. 24c). Für die Fahrerlaubnisbehörde bestand hierzu schon deswegen keine Veranlassung, weil sie bei nicht ausgeräumten Fahreignungsbedenken zeitnah die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz der Verkehrssicherheit ergreifen muss. Legt der Fahrerlaubnisinhaber das geforderte Gutachten innerhalb der Frist nicht vor oder fällt dieses negativ aus, dulden die fahrerlaubnisrechtlichen Maßnahmen grundsätzlich keinen weiteren Aufschub. Insbesondere besteht keine Veranlassung, dem als ungeeignet anzusehenden Fahrerlaubnisinhaber zur Vermeidung einer Entziehung der Fahrerlaubnis noch die Möglichkeit einzuräumen, ein weiteres Gutachten einzuholen. Eine solche Verzögerung trotz feststehender Ungeeignetheit wäre mit den Sicherheitsbelangen im Straßenverkehr und dem gebotenen Schutz anderer Verkehrsteilnehmer nicht vereinbar. Im gerichtlichen Verfahren ist – wie bereits ausgeführt – bei der Entziehung der Fahrerlaubnis auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung abzustellen (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, U.v. 11.4.2019 – 3 C 14.17 – BVerwGE 165, 215 Rn. 11; U.v. 4.12.2020 – 3 C 5.20 – NJW 2021, 1970 Rn. 12 m.w.N.), sodass auch das Verwaltungsgericht nicht zu weiteren Aufklärungsmaßnahmen hinsichtlich der Fahreignung verpflichtet war. Auch die im Beschwerdeverfahren nachgereichten Untersuchungsergebnisse vom 13. Januar 2023 sind daher ohne Bedeutung und können allenfalls in einem Wiedererteilungsverfahren berücksichtigt werden.
Ebenfalls irrelevant ist der Zeitpunkt der Leistungstests im Rahmen der Untersuchung am 5. Mai 2022, die nach der Bestätigung der p. m. GmbH vom gleichen Tag um 13:30 Uhr begonnen hatte. Hätte der Antragsteller sich nicht in der Lage gesehen, daran teilzunehmen, hätte es ihm oblegen, darauf frühzeitig hinzuweisen. Dem Gutachten ist jedoch zu entnehmen (S. 19), dass er angegeben habe, sich am Untersuchungstag gesund und leistungsfähig zu fühlen. Nachträglich kann er sich damit nicht mehr auf etwaige tageszeitbedingten Defizite berufen.
d) Soweit das Verwaltungsgericht das vorgelegte ärztliche Fahreignungsgutachten für nicht schlüssig erachtet, weil ihm nicht eindeutig zu entnehmen sei, dass Erkrankungen nach Nr. 4.1, Nr. 4.5 und Nr. 10 der Anlage 4 zur FeV tatsächlich vorlägen, weist der Senat für den Fall, dass der Antragsteller das Hauptsacheverfahren weiter betreibt, auf Folgendes hin:
Für die Durchführung der Untersuchung und die Erstellung des Gutachtens, das nachvollziehbar und nachprüfbar sein muss, gelten die in Anlage 4a zur FeV genannten Grundsätze (§ 11 Abs. 5 FeV). Das Gutachten muss in allgemeinverständlicher Sprache abgefasst sowie nachvollziehbar und nachprüfbar sein. Die Nachprüfbarkeit betrifft die Wissenschaftlichkeit der Begutachtung. Sie erfordert, dass die Untersuchungsverfahren, die zu den Befunden geführt haben, angegeben und, soweit die Schlussfolgerungen auf Forschungsergebnisse gestützt sind, die Quellen genannt werden. Die Nachvollziehbarkeit betrifft die logische Ordnung (Schlüssigkeit) des Gutachtens. Sie erfordert die Wiedergabe aller wesentlichen Befunde und die Darstellung der zur Beurteilung führenden Schlussfolgerungen (Nr. 2 Buchst. a der Anlage 4a zur FeV). Zudem setzt die Nachvollziehbarkeit die Einhaltung allgemeiner Grundsätze zur Verwertbarkeit von Gutachten voraus. Dazu gehört u.a., dass das Gutachten von zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, keine inhaltlichen Widersprüche oder fachlichen Mängel aufweist, kein Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde des Gutachters besteht und das Ergebnis nicht durch substantiierten Vortrag der Beteiligten oder eigene Überlegungen der Behörde bzw. des Gerichts ernsthaft erschüttert wird (vgl. BayVGH, B.v. 14.9.2022 – 11 CS 22.876 – juris Rn. 19 m.w.N.).
aa) Diesen Anforderungen wird das vorgelegte Gutachten hinsichtlich der vom Verwaltungsgericht geäußerten Bedenken nach Auffassung des Senats noch gerecht, auch wenn es auf den Seiten 5 bis 19 und damit in erheblichem Umfang allgemeine Ausführungen enthält, was allerdings dem multiplen Krankheitsbild des Antragstellers geschuldet ist. Darüber hinaus geht das Gutachten jedoch in gebotenem Umfang auf die Vorgeschichte und die vorliegenden Untersuchungsbefunde (S. 3 f., 26 f.) sowie auf die durchgeführte anlassbezogene Untersuchung (S. 19 ff.) ein und erläutert deren Bewertung. Dabei wird, wenn auch knapp, auf S. 27 f. ausgeführt, dass und aus welchen Gründen, nämlich wegen der Vorbefunde, aber auch wegen vom Antragsteller erbetener, aber nicht beigebrachter Fremdbefunde (Nierenerkrankungen, 24-Stunden-EKG, Ultraschalluntersuchung vom Herzen und den großen Gefäßen) von Erkrankungen nach Nr. 4.1 (Herzrhythmusstörungen), Nr. 4.5 (Herzleistungsschwäche) und Nr. 10 (Niereninsuffizienz) auszugehen ist. Die Vorbefunde zu diesen Erkrankungen ergeben sich aus der vom Hausarzt des Antragstellers erstellten und von ihm vorgelegten Auflistung vom 1. Februar 2022. Es hätte daher – wovon auch das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeht – dem Antragsteller oblegen, der Begutachtungsstelle die erbetenen weiteren Befunde vorzulegen. Auch wenn es grundsätzlich Sache der Fahrerlaubnisbehörde ist, Zweifel an der Fahreignung eines Fahrerlaubnisinhabers aufzuklären und nachzuweisen, beinhaltet dessen Mitwirkungsobliegenheit der Sache nach eine Beweisregel, der zufolge bei Weigerung des Betroffenen, seinen notwendigen Teil zur Sachaufklärung beizutragen, die behauptete bzw. als möglicher Fahreignungsmangel im Raum stehende und daher aufzuklärende Tatsache als erwiesen angesehen werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 9.2.2023 – 11 ZB 22.261 – juris Rn. 24 m.w.N.; B.v. 20.9.2022 – 11 ZB 22.1287 – juris Rn. 21; Rebler, NZW 2021, 184/185). Da der Antragsteller seiner Mitwirkungsobliegenheit insoweit nicht nachgekommen ist, konnte das Gutachten und dem folgend die Antragsgegnerin an die Vordiagnose anknüpfen und – dem Rechtsgedanken des § 11 Abs. 8 FeV entsprechend – insoweit von fehlender Fahreignung des Antragstellers ausgehen, ohne dass es des Austauschs der Rechtsgrundlagen für die von der Antragsgegnerin ausgesprochene Entziehung der Fahrerlaubnis bedarf.
bb) Fraglich erscheint die Nachvollziehbarkeit des Gutachtens allerdings, soweit es in der Bewertung der Befunde auf S. 28 zu dem Ergebnis kommt, Folgeerkrankungen einer arteriellen Hypertonie hätten nicht im erforderlichen Umfang ausgeschlossen werden können und diese Fragestellung sei daher nicht entlastend zu bewerten. Im Gutachten wird nicht ausgeführt, welche Folgeerkrankungen hier möglicherweise fahreignungsrelevant sein können. Nach Nr. 4.2.1 der Anlage 4 zur FeV schließt erhöhter Blutdruck mit zerebraler Symptomatik und/oder Sehstörungen die Fahreignung aus. Hiervon wird jedoch weder im Gutachten noch in dem vom Antragsteller vorgelegten Attest berichtet. Fahreignungsrelevant und fachärztlich zu untersuchen sind nach Nr. 4.2.2 der Anlage 4 zur FeV des Weiteren systolische Blutdruckwerte ≥ 180 mmHg oder diastolische Blutdruckwerte ≥ 110 mmHg. Das Gutachten (S. 4, 20 und 27) erwähnt jedoch ausnahmslos Blutdruckwerte, die – von einer Ausnahme abgesehen (S. 20: diastolisch 110 mmHg) – teilweise deutlich unter diesen Werten liegen. Insoweit ist nicht nachvollziehbar, woraus das Gutachten darauf bezogene Eignungsmängel herleitet. Dies wirkt sich allerdings im Ergebnis deshalb nicht aus, weil das Gutachten zum einen bei der Beantwortung der Fragestellung (S. 28 f.) auf Nr. 4.2 der Anlage 4 zur FeV beruhende Eignungsmängel nicht erwähnt und weil es zum anderen – und insoweit schlüssig – Eignungsmängel nach Nr. 4.1, Nr. 4.5 und Nr. 10 der Anlage 4 zur FeV bejaht.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47, § 52 Abs. 1 i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und den Empfehlungen in Nr. 1.5 Satz 1, Nr. 46.2, Nr. 46.3 und Nr. 46.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
Das Landratsamt hat dem Antragsteller die 1975 erteilte Fahrerlaubnis der Klasse 3 entzogen. Diese umfasste nach Abschnitt A. I. Lfd. Nr. 17 der Anlage 3 zur FeV die Fahrerlaubnisklassen A, A1, AM, B, BE, C1, C1E, CE sowie L. Maßgeblich für die Streitwertfestsetzung sind davon die Klassen B und C1, für die nach den Nr. 46.3 und Nr. 46.5 des Streitwertkatalogs jeweils der Auffangwert von 5.000,- Euro anzusetzen ist; ferner mit 2.500,- Euro nach Nr. 46.2 des Streitwertkatalogs die Klasse A1, die – im Gegensatz zu der nach dem 31. März 1980 und vor dem 1. Januar 1989 erteilten Klasse A1 gemäß Abschnitt A. I. Nr. 18 der Anlage 3 zu § 6 Abs. 6 FeV – nicht mit den Schlüsselzahlen 79.03 und 79.04, sondern mit der Schlüsselzahl 79.05 versehen ist und die daher nach Abschnitt B. I. Lfd. Nr. 128 der Anlage 9 zur FeV uneingeschränkt zum Führen von Krafträdern der Klasse A1 berechtigt (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 16.3.2021 – 11 CS 20.2627, 11 C 20.2628 – juris Rn. 28; B.v. 15.12.2014 – 11 CS 14.2202 – juris Rn. 7). Die Klasse A1 ist nach § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV im Unterschied zu den Klassen AM und L auch nicht von der Klasse B umfasst. Die Fahrerlaubnis der mit den Schlüsselzahlen 79.03, 79.04 versehenen Klasse A sowie die Führerscheinklasse CE mit der Schlüsselzahl 79 (C1E > 12.000 kg, L ≤ 3; Abschnitt B. I. Lfd. Nr. 121 der Anlage 9 zur FeV) wirken sich hingegen nicht streitwerterhöhend aus (vgl. BayVGH, B.v. 30.1.2014 – 11 CS 13.2342 – BayVBl 2014, 373 = juris Rn. 22 ff.).
Der nach Nr. 1.5 Satz 1 des Streitwertkatalogs in Antragsverfahren zu halbierende Gesamtstreitwert von 12.500,- Euro ergibt einen Streitwert von 6.250,- Euro. Die Befugnis zur Änderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG.
4. Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).