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Fahreignung bei Alkoholproblematik – Rückrechnung einer später entnommenen Blutprobe

Ein Autofahrer in Bayern, der mit 1,52 Promille einen Unfall verursachte, muss sich einer medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) unterziehen, bevor er seinen Führerschein zurückerhält. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof bestätigte die Entscheidung der Behörde, die den Blutalkoholwert zum Unfallzeitpunkt auf mindestens 1,6 Promille zurückgerechnet hatte. Obwohl der Strafbefehl nur den niedrigeren Wert der späteren Blutentnahme enthielt, sah das Gericht die Anordnung der MPU als rechtmäßig an.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
  • Datum: 26.08.2024
  • Aktenzeichen: 11 ZB 24.856
  • Verfahrensart: Berufungszulassungsverfahren zur Fahrerlaubnis
  • Rechtsbereiche: Verwaltungsrecht, Verkehrsrecht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Begehrt die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis ohne Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens. Er argumentiert, dass seine Blutalkoholkonzentration (BAK) von 1,52 ‰ zum Zeitpunkt der Blutentnahme keine medizinisch-psychologische Untersuchung rechtfertige.
  • Beklagter: Landratsamt Nürnberger Land (Fahrerlaubnisbehörde), lehnte die Neuerteilung der Fahrerlaubnis ab, da der Kläger kein gefordertes Gutachten vorgelegt hatte, und verwies auf eine überschreitende Rückrechnung der BAK von 1,6 ‰ zum Tatzeitpunkt.

Um was ging es?

  • Sachverhalt: Der Kläger verlor seine Fahrerlaubnis nach einer Trunkenheitsfahrt mit einer festgestellten BAK von 1,52 ‰. Er beantragte die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis ohne Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens. Die Behörde forderte jedoch ein solches Gutachten aufgrund der vermuteten BAK von mindestens 1,6 ‰ zum Tatzeitpunkt.
  • Kern des Rechtsstreits: Ob die Rückrechnung der BAK auf den Tatzeitpunkt rechtens ist und eine BAK von 1,6 ‰ oder mehr zum Tatzeitpunkt vermutet werden kann, wodurch ein medizinisch-psychologisches Gutachten erforderlich wäre.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Der Antrag auf Zulassung der Berufung wurde abgelehnt. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
  • Begründung: Das Gericht stimmte der Rückrechnung der BAK zu, die eine BAK von 1,6 ‰ oder mehr zum Tatzeitpunkt annehmen lässt. Der Einwand des Klägers zur Verwertbarkeit des Atemalkoholmessgeräts war unerheblich, da die BAK ausschlaggebend war. Die Bindungswirkung des Strafbefehls betraf lediglich den Wert zum Zeitpunkt der Blutentnahme und nicht den Tatzeitpunkt.
  • Folgen: Der Kläger muss die Kosten des Verfahrens tragen und hat keine Aussicht auf Wiedererteilung der Fahrerlaubnis ohne das geforderte Gutachten. Das Urteil setzt die Anforderung einer BAK von 1,6 ‰ zur Rechtfertigung eines Gutachtens in ähnlichen Fällen fort. Der Beschluss ist unanfechtbar und die Entscheidung des Verwaltungsgerichts wird damit rechtskräftig.

Bedeutsames Urteil zur Fahreignung: Verkehrsdelikte und Alkoholproblematik

Die Verkehrssicherheit hängt maßgeblich von der individuellen Fahrtüchtigkeit der Verkehrsteilnehmer ab. Besonders bei Alkoholkonsum stehen Autofahrer vor komplexen rechtlichen und gesundheitlichen Herausforderungen, die weit über ein einfaches Fahrverbot hinausgehen können.

Alkoholbedingte Verkehrsdelikte erfordern eine umfassende Fahreignungsüberprüfung, bei der nicht nur der Momentzustand, sondern auch die Gesamteinschätzung der Reaktionsfähigkeit und des Gesundheitszustands entscheidend sind. Die Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU) und Blutuntersuchungen spielen dabei eine zentrale Rolle, um die Verkehrssicherheit zu gewährleisten und Risiken zu minimieren.

Das nun folgende Gerichtsurteil beleuchtet einen bedeutsamen Aspekt der Fahreignungsbeurteilung bei Alkoholproblemen und verdeutlicht die komplexen rechtlichen Bewertungskriterien.

Der Fall vor Gericht


Gericht bestätigt Notwendigkeit eines MPU-Gutachtens bei Rückrechnung der Blutalkoholkonzentration

Unfall auf Straße in Bayern: beschädigtes Auto, Polizeibeamter mit Alkoholtestgerät, gestresster Fahrer.
MPU-Anordnung bei Alkoholproblemen und Rückrechnung | Symbolfoto: Ideogram gen.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerde eines Autofahrers zurückgewiesen, der seine Fahrerlaubnis ohne medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) wiedererhalten wollte. Der Kläger war im September 2021 mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,52 Promille am Steuer erwischt worden, nachdem er einen Unfall verursacht hatte.

Unfallhergang und polizeiliche Ermittlungen

Am 26. September 2021 gegen 13:35 Uhr geriet der alkoholisierte Fahrer mit seinem Fahrzeug zu weit nach links und kollidierte mit dem Außenspiegel eines entgegenkommenden Fahrzeugs. Bei der mehr als eineinhalb Stunden nach dem Unfall durchgeführten Blutentnahme wurde ein Wert von 1,52 Promille festgestellt. Gegenüber der Polizei gab der Fahrer an, zwischen 18 Uhr am Vortag und 6 Uhr am Unfalltag sechs bis sieben Bier getrunken zu haben.

Behördliches Vorgehen und Rechtsstreit

Das Landratsamt Nürnberger Land forderte den Fahrer auf, ein medizinisch-psychologisches Gutachten vorzulegen. Diese Anordnung stützte die Behörde auf eine Rückrechnung der Blutalkoholkonzentration auf den Unfallzeitpunkt. Unter Berücksichtigung des üblichen Alkoholabbaus von 0,1 Promille pro Stunde ergab sich zum Tatzeitpunkt ein Wert von mindestens 1,6 Promille. Als der Fahrer kein Gutachten vorlegte, lehnte die Behörde seinen Antrag auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis ab.

Gerichtliche Entscheidung zur Rückrechnung

Der Verwaltungsgerichtshof bestätigte die Rechtmäßigkeit dieser Vorgehensweise. Die Rückrechnung der Blutalkoholkonzentration sei im Fahrerlaubnisrecht als Bereich der Gefahrenabwehr zulässig. Da der Fahrer nach eigenen Angaben zuletzt um 6 Uhr Alkohol konsumiert hatte und ein Nachtrunk ausgeschlossen werden konnte, sei von einer Überschreitung des Grenzwertes von 1,6 Promille zur Tatzeit auszugehen.

Rechtliche Grundlagen der MPU-Anordnung

Nach der Fahrerlaubnis-Verordnung muss ein medizinisch-psychologisches Gutachten vorgelegt werden, wenn ein Fahrzeug im Straßenverkehr bei einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille oder mehr geführt wurde. Die Bindungswirkung des Strafbefehls, der nur den bei der späteren Blutentnahme gemessenen Wert von 1,52 Promille feststellte, stand der behördlichen Rückrechnung nicht entgegen, da der Strafbefehl keine Feststellung zur Blutalkoholkonzentration zum Tatzeitpunkt traf.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil bekräftigt, dass Behörden bei Trunkenheitsfahrten die Blutalkoholkonzentration zum Tatzeitpunkt durch Rückrechnung ermitteln dürfen, auch wenn im Strafbefehl nur ein späterer Messwert dokumentiert ist. Bei einer errechneten Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille oder mehr kann die Behörde für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis ein medizinisch-psychologisches Gutachten (MPU) verlangen. Ohne Vorlage eines solchen Gutachtens darf die Fahrerlaubnis verweigert werden.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie nach einer Trunkenheitsfahrt Ihre Fahrerlaubnis wiedererlangen möchten, müssen Sie damit rechnen, dass die Behörde nicht nur den gemessenen Alkoholwert berücksichtigt, sondern auch einen höheren Wert zum Tatzeitpunkt errechnen kann. Liegt dieser errechnete Wert bei 1,6 Promille oder darüber, müssen Sie für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis ein MPU-Gutachten vorlegen – selbst wenn im Strafbefehl ein niedrigerer Wert steht. Die Verweigerung der MPU führt automatisch zur Ablehnung Ihres Antrags auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis.

Benötigen Sie Hilfe?

Ihnen droht der Führerscheinentzug wegen einer Trunkenheitsfahrt?

Die Anordnung einer MPU und die Rückrechnung des Blutalkoholwertes können schnell zu Verunsicherung führen. Gerade bei Trunkenheitsfahrten ist es wichtig, die rechtlichen Möglichkeiten zu kennen und die eigenen Rechte zu wahren. Wir unterstützen Sie dabei, Ihre Situation zu analysieren und die Rechtmäßigkeit der MPU-Anordnung zu überprüfen. Dabei stehen wir Ihnen mit unserer Expertise im Fahrerlaubnisrecht zur Seite und entwickeln gemeinsam mit Ihnen die optimale Strategie für Ihr Anliegen.

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Nächtliche Stadtstraße mit Autos und roter Ampel als Illustration zu FAQs im Verkehrs- und Ordnungswidrigkeitsrecht.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Wie läuft die Rückrechnung der Blutalkoholkonzentration ab und welche rechtlichen Folgen hat sie?

Die Rückrechnung der Blutalkoholkonzentration (BAK) erfolgt nach unterschiedlichen Methoden, je nachdem, ob es um die Feststellung der Fahruntüchtigkeit oder der Schuldfähigkeit geht.

Grundprinzip der Rückrechnung

Der menschliche Körper baut Alkohol mit einer Rate von 0,1 bis 0,2 Promille pro Stunde ab. Die Rückrechnung berücksichtigt dabei zwei wichtige Phasen: Die Resorptionsphase, in der der Alkohol ins Blut aufgenommen wird, und die Abbauphase.

Rechtliche Voraussetzungen für die Rückrechnung

Eine Rückrechnung ist nur zulässig, wenn die Resorptionsphase zum Tatzeitpunkt bereits abgeschlossen war. Dies ist in der Regel zwei Stunden nach dem letzten Alkoholkonsum der Fall. Wenn das genaue Trinkende nicht feststeht, darf keine Rückrechnung erfolgen – stattdessen wird der Messwert zum Zeitpunkt der Blutentnahme zugrunde gelegt.

Unterschiedliche Berechnungsmethoden

Bei der Prüfung der Fahruntüchtigkeit wird der niedrigste Abbauwert von 0,1 Promille pro Stunde angesetzt. Für die Beurteilung der Schuldfähigkeit wird hingegen mit dem höchsten Wert von 0,2 Promille pro Stunde gerechnet. Diese unterschiedliche Handhabung folgt dem Grundsatz „Im Zweifel für den Angeklagten“.

Praktische Anwendung

Wenn eine Person um 19:00 Uhr einen BAK-Wert von 1,0 Promille aufweist und die Tat um 16:00 Uhr begangen wurde, ergeben sich folgende Werte:

  • Bei Fahruntüchtigkeit: Addition von 0,1 Promille pro Stunde für 3 Stunden = 0,3 Promille zum Messwert
  • Bei Schuldfähigkeit: Addition von 0,2 Promille pro Stunde für 3 Stunden = 0,6 Promille zum Messwert

Besonderheiten bei Nachtrunk

Wenn eine Person angibt, nach der Tat noch Alkohol getrunken zu haben (Nachtrunk), muss das Gericht zunächst die Glaubhaftigkeit dieser Behauptung prüfen. Bei der Berechnung des Nachtrunks wird zugunsten des Betroffenen der niedrigste Abbauwert angesetzt.


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Ab welchen Alkoholwerten wird eine MPU zwingend erforderlich?

Absolute MPU-Pflicht ab 1,6 Promille

Eine MPU wird zwingend angeordnet, wenn Sie mit einem Fahrzeug im Straßenverkehr mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille oder mehr unterwegs waren. Dies gilt auch beim Fahrradfahren.

MPU-Pflicht bei Werten zwischen 1,1 und 1,59 Promille

Wenn Sie mit einer Blutalkoholkonzentration zwischen 1,1 und 1,59 Promille am Steuer erwischt werden, kann eine MPU bereits dann angeordnet werden, wenn Sie keine alkoholbedingten Ausfallerscheinungen wie Torkeln oder Lallen zeigen. Das Fehlen dieser Ausfallerscheinungen deutet auf eine gefährliche Alkoholgewöhnung hin.

MPU bei wiederholten Alkoholverstößen

Eine MPU wird auch angeordnet, wenn Sie wiederholt unter Alkoholeinfluss am Straßenverkehr teilnehmen. Dies gilt bereits bei zwei Verstößen gegen die 0,5-Promille-Grenze. Die Behörde kann in solchen Fällen auch bei niedrigeren Promillewerten eine MPU anordnen.

Rückrechnung bei Blutentnahme

Wenn zwischen Fahrt und Blutentnahme Zeit vergeht, kann eine Rückrechnung erfolgen. Diese ist jedoch nur zulässig, wenn zwischen Trinkende und Tatzeit mindestens zwei Stunden vergangen sind. Der Mindestabbau beträgt dabei 0,1 Promille pro Stunde.

Besonderheiten bei der MPU-Anordnung

Wenn Sie zwischen 1,1 und 1,59 Promille hatten und die Fahrerlaubnisbehörde eine MPU anordnet, muss sie das Fehlen von Ausfallerscheinungen dokumentieren. Diese Dokumentation ist Voraussetzung für die rechtmäßige MPU-Anordnung in diesem Promillebereich.


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Welche Rolle spielt der zeitliche Abstand zwischen Vorfall und Blutentnahme?

Der zeitliche Abstand zwischen Vorfall und Blutentnahme ist für die Beweiskraft der Blutprobe von entscheidender Bedeutung. Die gemessene Blutalkoholkonzentration (BAK) bezieht sich zunächst nur auf den Zeitpunkt der Blutentnahme.

Rückrechnung und Resorptionsphase

Eine Rückrechnung auf den Tatzeitpunkt ist nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig:

Die Resorptionsphase muss abgeschlossen sein, was in der Regel 2 Stunden nach dem letzten Alkoholkonsum der Fall ist. Liegt der Vorfall innerhalb dieser zwei Stunden, darf keine Rückrechnung erfolgen.

Abbauraten und Berechnungsmethoden

Bei der Rückrechnung werden je nach Zweck unterschiedliche Abbauraten verwendet:

Für die Frage der Fahruntüchtigkeit:

  • Es wird mit einem Mindestabbauwert von 0,1 Promille pro Stunde gerechnet
  • Keine zusätzlichen Sicherheitszuschläge
  • Zugunsten des Beschuldigten wird der niedrigste Wert angesetzt

Für die Frage der Schuldfähigkeit:

  • Abbauwert von 0,2 Promille pro Stunde
  • Zusätzlicher einmaliger Sicherheitszuschlag von 0,2 Promille
  • Hier wird der höchste Wert zugunsten des Beschuldigten verwendet

Besondere Situationen

Bei einem behaupteten Nachtrunk gelten besondere Regeln:

  • Zwei Blutproben im Abstand von etwa 30 Minuten sind erforderlich
  • Die erste Blutentnahme muss spätestens 45 Minuten nach dem behaupteten Nachtrunkende erfolgen
  • Bei Drogenkonsum ist die Dringlichkeit noch höher – bereits nach einer halben Stunde kann ein Beweismittelverlust eintreten

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Was bedeutet die Bindungswirkung eines Strafbefehls für das Fahrerlaubnisverfahren?

Die Bindungswirkung eines Strafbefehls für das Fahrerlaubnisverfahren ist in § 3 Abs. 4 StVG geregelt. Wenn Sie einen Strafbefehl erhalten, darf die Fahrerlaubnisbehörde bei ihrer Entscheidung nicht zu Ihrem Nachteil vom Inhalt des Strafbefehls abweichen, soweit es um die Feststellung des Sachverhalts oder die Beurteilung Ihrer Fahreignung geht.

Voraussetzungen für die Bindungswirkung

Die Bindungswirkung tritt allerdings nur unter bestimmten Bedingungen ein:

Der Strafbefehl muss ausdrückliche Feststellungen zur Fahreignung enthalten. Fehlen solche Ausführungen komplett, entfällt die Bindungswirkung.

Die Behörde darf keine zusätzlichen Informationen haben, die über den im Strafbefehl behandelten Sachverhalt hinausgehen.

Bedeutung für die MPU-Anordnung

Wenn Sie einen Strafbefehl wegen einer Trunkenheitsfahrt erhalten, bedeutet das nicht automatisch, dass die Fahrerlaubnisbehörde keine MPU anordnen darf. Die Anordnung einer MPU ist von der strafrechtlichen Entscheidung weitgehend unabhängig.

Beispiel: Wenn bei Ihnen eine Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille festgestellt wurde, muss die Behörde eine MPU anordnen – auch wenn der Strafbefehl nur ein Fahrverbot vorsieht.

Rechtliche Konsequenzen

Die Bindungswirkung gilt für das gesamte Entziehungsverfahren einschließlich vorbereitender Maßnahmen. Wenn der Strafbefehl die Fahreignung ausdrücklich bejaht, darf die Behörde keine weiteren Eignungszweifel mehr erheben.

Wichtig: Die Bindungswirkung entfällt, wenn die Behörde von einem umfassenderen Sachverhalt ausgeht als das Strafgericht. Dies ist etwa der Fall, wenn nach dem Strafbefehl neue Tatsachen bekannt werden, die Zweifel an Ihrer Fahreignung begründen.


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Welche Beweiskraft haben eigene Angaben zum Trinkverhalten bei der Alkoholrückrechnung?

Grundsätzliche Bewertung von Trinkmengenangaben

Eigene Angaben zum Trinkverhalten haben nur eine eingeschränkte Beweiskraft bei der Alkoholrückrechnung. Die Rechtsprechung berücksichtigt Trinkmengenangaben zwar im Rahmen der Beweiswürdigung, behandelt diese jedoch mit erheblicher Vorsicht.

Berechnung und rechtliche Würdigung

Wenn Sie Angaben zu Ihrem Trinkverhalten machen, werden diese nach der Widmark-Formel berechnet. Die Formel lautet: BAK = (Alkoholmenge in Gramm) ÷ (Körpergewicht × Reduktionsfaktor) – Resorptionsdefizit

Bei der Berechnung werden folgende Mindestwerte zu Ihren Gunsten angesetzt:

  • Abbauwert: 0,1 Promille pro Stunde
  • Resorptionsdefizit: 10%
  • Reduktionsfaktor: 0,7

Problematik der Glaubwürdigkeit

Ihre Trinkmengenangaben werden vom Gericht kritisch geprüft. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass Trinkmengenangaben in 83% der Fälle zu einer Fehlbeurteilung führen. Besonders bei angegebenen Werten über 2 Promille sind die Angaben meist deutlich überhöht.

Rechtliche Konsequenzen

Das Gericht ist nicht verpflichtet, Ihre Trinkmengenangaben ungeprüft zu übernehmen. Wenn Sie unglaubhafte Angaben machen, kann dies negative Auswirkungen auf die gesamte Beweiswürdigung haben. Bei einer späteren Blutentnahme wird der Richter die Glaubhaftigkeit Ihrer Angaben anhand verschiedener Faktoren prüfen, wie etwa:

  • Die zeitliche Nähe der Angaben zum Vorfall
  • Die Detailliertheit und Widerspruchsfreiheit der Angaben
  • Das Vorhandensein von Zeugenaussagen oder anderen Beweismitteln

Ihre Angaben müssen daher präzise und nachvollziehbar sein, um als Beweismittel berücksichtigt zu werden. Bei Zweifeln an der Richtigkeit der Angaben wird das Gericht diese nicht zu Ihren Gunsten verwerten.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar Rubrik: Bewegte Stadtstraße als Illustration zur Erklärung von Fachbegriffen zu Verkehrs- und Ordnungswidrigkeitsrecht.

Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Blutalkoholkonzentration (BAK)

Die Blutalkoholkonzentration gibt den Alkoholgehalt im Blut in Promille (‰) an. Sie ist im Straßenverkehrsrecht der maßgebliche Wert zur Beurteilung der Fahrtüchtigkeit. Ab 0,5‰ liegt eine Ordnungswidrigkeit vor, ab 1,1‰ absolute Fahruntüchtigkeit (§ 316 StGB). Bei 1,6‰ wird eine grundsätzliche Alkoholproblematik vermutet, die eine MPU erforderlich macht. Die BAK wird durch Blutentnahme bestimmt und kann wissenschaftlich fundiert zurückgerechnet werden. Beispiel: Bei einem gemessenen Wert von 1,52‰ um 15 Uhr kann der Wert um 13:30 Uhr bei etwa 1,67‰ gelegen haben.


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Rückrechnung der Blutalkoholkonzentration

Die wissenschaftlich anerkannte Methode zur Berechnung des Alkoholgehalts zu einem früheren Zeitpunkt. Dabei wird der durchschnittliche Alkoholabbau von 0,1 Promille pro Stunde zugrunde gelegt (§ 24a StVG). Die Rückrechnung ist besonders relevant, wenn zwischen Vorfall und Blutentnahme Zeit vergeht. Sie muss Trinkangaben, Trinkverlauf und körperliche Faktoren berücksichtigen. Beispiel: Bei einer Blutentnahme 2 Stunden nach dem Vorfall wird der gemessene Wert um 0,2 Promille erhöht.


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Bindungswirkung des Strafbefehls

Die rechtliche Wirkung eines rechtskräftigen Strafbefehls auf andere Behörden und Gerichte. Die im Strafbefehl getroffenen Feststellungen sind grundsätzlich auch für andere Verfahren bindend (§ 410 StPO). Diese Bindung gilt jedoch nur für ausdrücklich getroffene Feststellungen. Verwaltungsbehörden können daher bei der Beurteilung der Fahreignung auch andere oder weitergehende Aspekte berücksichtigen. Beispiel: Ein Strafbefehl stellt nur den gemessenen BAK-Wert fest, nicht aber den zurückgerechneten Wert.


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Fahreignungsüberprüfung

Die behördliche Untersuchung, ob eine Person die körperlichen und geistigen Voraussetzungen zum sicheren Führen von Kraftfahrzeugen erfüllt (§ 2 StVG, § 11 FeV). Sie wird bei schwerwiegenden Verkehrsverstößen oder gesundheitlichen Zweifeln angeordnet. Umfasst verschiedene Prüfungsmethoden wie MPU, ärztliche Gutachten oder Fahreignungstests. Beispiel: Nach einer Trunkenheitsfahrt mit 1,6 Promille muss der Fahrer durch eine MPU seine Fahreignung nachweisen.


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Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU)

Ein umfassendes Gutachten zur Beurteilung der Fahreignung, durchgeführt von speziell qualifizierten Ärzten und Psychologen (§ 11 Abs. 3 FeV). Prüft körperliche, kognitive und verhaltenspsychologische Aspekte sowie die Einstellung zu riskantem Verhalten. Wird bei schweren Verkehrsverstößen oder Zweifeln an der Fahreignung angeordnet. Die MPU ist keine Strafe, sondern dient der Prognose künftigen Verhaltens. Beispiel: Analyse des Trinkverhaltens und der Verhaltensänderung nach einer Alkoholfahrt.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 316 Strafgesetzbuch (StGB): Dieser Paragraph regelt die Trunkenheitsfahrt im Straßenverkehr und unterscheidet zwischen fahrlässiger und vorsätzlicher Trunkenheit. Er legt Sanktionen für Fahrer fest, die unter Alkoholeinfluss am Steuer erwischt werden, um die Verkehrssicherheit zu erhöhen. Die Vorschrift dient dazu, alkoholbedingte Verkehrsdelikte abzuschrecken und zu ahnden.

    Im vorliegenden Fall wurde der Kläger gemäß § 316 Abs. 1 und 2 StGB wegen fahrlässiger Trunkenheitsfahrt verurteilt, was zur Entziehung seiner Fahrerlaubnis und zur Anordnung einer Sperrfrist führte.

  • § 13 Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) Satz 1 Nr. 2 Buchst. c: Diese Vorschrift bestimmt die Voraussetzungen für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis nach Entzug. Insbesondere fordert sie die Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens, wenn Zweifel an der Fahreignung aufgrund von alkoholbedingten Verstößen bestehen. Ziel ist die Bewertung, ob der Antragsteller künftig sicher am Straßenverkehr teilnehmen kann.

    Das Landratsamt forderte vom Kläger gemäß § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV die Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens, um seine Fahreignung nach der verhängten Sperrfrist zu überprüfen.

  • Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) – Zulassung der Berufung: Die VwGO regelt das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, einschließlich der Zulassung von Rechtsmitteln wie der Berufung. Für die Zulassung ist ein ausreichendes rechtliches Interesse am Rechtsmittel erforderlich, was in diesem Fall nicht gegeben war.

    Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof lehnte den Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung ab, da die Voraussetzungen der VwGO nicht erfüllt waren.

  • Blutalkoholberechnung und Rückrechnung: Gesetzliche Vorgaben bestimmen, wie Blutalkoholkonzentrationen gemessen und zum Tatzeitpunkt zurückgerechnet werden. Diese Regelungen sind entscheidend für die Beurteilung der tatsächlichen Alkoholisierung zum Zeitpunkt der Verkehrsordnungswidrigkeit.

    Das Gericht akzeptierte die Rückrechnung der festgestellten Blutalkoholkonzentration von 1,52 ‰ auf einen Wert von mindestens 1,6 ‰ zum Tatzeitpunkt, was die Entscheidung zur Beibringungsanordnung eines Gutachtens rechtfertigte.

  • Medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) gemäß FeV: Die MPU dient der umfassenden Eignungsprüfung von Fahrern, deren Fahreignung aufgrund von Verkehrsverstößen zweifelhaft ist. Sie soll feststellen, ob der Fahrer künftig sicher am Straßenverkehr teilnehmen kann.

    Die Nichtvorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens gemäß § 13 FeV verhinderte die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis des Klägers, wodurch sein Antrag abgelehnt wurde.


Das vorliegende Urteil


Bayerischer Verwaltungsgerichtshof – Az.: 11 ZB 24.856 – Beschluss vom 26.08.2024


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