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Anordnung einer Fahrtenbuchauflage

VG Leipzig, Az.: 1 K 1/12

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Anordnung der Beklagten, mit der ihr die Führung eines Fahrtenbuchs für die Dauer von sechs Monaten auferlegt wurde.

Mit dem auf die Firma der Klägerin zugelassenen Pkw des Fabrikats Daimler (D) mit dem amtlichen Kennzeichen …-… 00000 wurde am … .2011 um 10:46 Uhr auf der Bundesautobahn 9 in Richtung München bei Kilometer 187.0/Überholspur die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 30 km/h (nach Toleranzabzug) überschritten. Das gefertigte Blitzfoto zeigt als Fahrer eine männliche oder weibliche Person. Das Blitzfoto wurde mit dem Geschwindigkeitsüberwachungsgerät mit Drucksensoren TRAFFIPAX TraffiStar S 330 durchgeführt dessen Eichgültigkeit laut Eichschein vom 27.10.2010 bis zum 31.12.2011 bestand. Laut Statusblatt der Thüringer Polizei übersandte diese am 22.2.2011 der Klägerin einen Zeugenfragenbogen, der jedoch nicht zurückgesandt wurde. Mit Schreiben vom 22.3.2011 wandte sich die Thüringer Polizei an die Beklagte mit der Bitte, den verantwortlichen Fahrzeugführer zu ermitteln. Das Schreiben an die Beklagte wurde automatisch erstellt. Diesem Schreiben war ein nicht ausgefülltes Formular zur Anhörung des Betroffenen wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit beigefügt. Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 13 und 14 der Verwaltungsakte (VA) verwiesen.

Anordnung einer Fahrtenbuchauflage
Symbolfoto: Olga355/Bigstock

Mit Schreiben vom 5.5.2011 wandte sich der Prozessbevollmächtigte der Klägerin an die Thüringer Polizeiverwaltung wegen der Ordnungswidrigkeit am … .2011 und beantragte Akteneinsicht. In dieser Angelegenheit habe ihm die Klägerin „Ihr Schreiben vom 22.2.2011 zur Beantwortung vorgelegt.“ Ferner wurde ausgeführt, dass die der Klägerin überlassenen Abzüge der gefertigten Fotos nicht von einer Qualität seien, die eine Identifizierung des – nur teilweise – abgebildeten Fahrzeugführers zuließen. Mit Schreiben vom 6.5.2011 teilte der Vollzugsbedienstete der Beklagten der Thüringer Polizei auf ihr Ermittlungsersuchen mit, dass nach Aussage des Halters, Auskunftsperson der Geschäftsführer Herr R, dieser keine Angaben zum verantwortlichen Fahrzeugführer gemacht habe. Er sei auf die Möglichkeit einer Fahrtenbuchauflage hingewiesen worden. Mit Schreiben vom 12.5.2011 teilte die Thüringer Polizei dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit, dass das Verkehrsordnungswidrigkeitsverfahren vom … .2011 gegen die Klägerin eingestellt worden sei. Laut seinem Schreiben vom 16.5.2011 sandte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Ermittlungsakten an die Thüringer Polizei zurück.

Unter dem 20.5.2011 wandte sich die Thüringer Polizei an die Beklagte mit der Bitte um Prüfung einer Fahrtenbuchauflage gegenüber der Klägerin. Nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 30.5.2011 die Klägerin zu der beabsichtigten Anordnung einer Fahrtenbuchauflage angehört hat, ordnete sie mit Bescheid vom 15.6.2011 gegenüber der Klägerin für das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen …-… 00000 die Führung eines Fahrtenbuchs für die Dauer von sechs Monaten an. Diese Fahrtenbuchauflage gelte auch für Nachfolge- und Ersatzfahrzeuge, die auf die Klägerin zugelassen seien (Ziffern 1 bis 2). Die Pflicht ein Fahrtenbuch zu führen, beginne ab Bestandskraft der Anordnung (Ziffer 3). Unter Ziffer 4 wurde angeordnet, dass das Fahrtenbuch zur Prüfung in der Zulassungsbehörde innerhalb der Sprechzeiten vorzulegen sei. Die erste Vorlage habe spätestens einen Monat nach Einritt der Bestandskraft zu erfolgen. Weitere Termine würden am Tag der Vorsprache angeordnet. In Ziffer 5 wurde ein Zwangsgeld i.H.v. 250,00 Euro angedroht, falls das Fahrtenbuch nicht spätestens nach Ablauf einer Woche nach der dafür bestimmten Frist vorgelegt werde. Nach Ziffer 6 wurden die Kosten des Verfahrens i.H.v. 75,95 Euro der Klägerin auferlegt. Diese bestünden aus der Verwaltungsgebühr für den Erlass des Bescheides und den Auslagen für die Zustellung des Bescheides. Gestützt wurde die Anordnung auf § 31 a Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung – StVZO –. Ferner wurde im Einzelnen dargelegt, dass eine Feststellung des Fahrers am Tattag … .2011 nicht möglich gewesen sei. Die Gebühr sei nach §§ 1, 2 und 4 Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr – GebOSt – i.V.m. Nr. 252 des Gebührentarifs erhoben worden. Die Gebührennummer 252 beinhalte einen Gebührenrahmen von 21,50 Euro bis 93,10 Euro. Innerhalb des Gebührenrahmens werde die Verwaltungsgebühr auf 72,50 Euro festgesetzt. Dabei sei der erforderliche Verwaltungsaufwand und die Bedeutung der Amtshandlung angemessen berücksichtigt worden. Die Auslagen für die Zustellung betrügen 3,45 Euro.

Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 15.7.2011 Widerspruch, den sie unter dem 23.9.2011 im Wesentlichen dahingehend begründet, dass die Voraussetzungen des § 31 a Abs. 1 StVZO nicht vorlägen. Die Klägerin sei erst erhebliche Zeit nach dem von der Rechtsprechung als maßgeblichen Zeitraum von zwei Wochen, nämlich nach Zugang des Anhörungsbogens am 25.2.2011, durch die Behörde von dem Verkehrsverstoß benachrichtigt worden. Die von der Behörde durchgeführten Ermittlungen seien nicht ausreichend gewesen. Denn auch dem Träger eines kaufmännisch geführten Unternehmens obliege es insoweit nicht, Vorkehrungen zu treffen, die sicherstellten, dass auch nach längerer Zeit nachvollzogen werden könne, welcher Mitarbeiter welches Fahrzeug an einem bestimmten Tag zur einer bestimmten Uhrzeit gefahren habe. Demzufolge habe die Klägerin nach dem verspäteten Zugang des Anhörungsbogens zunächst keine Angaben zu den näheren Umständen des vorgeworfenen Verkehrsverstoßes tätigen können. Sie verfüge über zwei Geschäftsführer, von denen einer, wie sich später herausgestellt habe, am fraglichen Tag auch der Fahrzeugführer gewesen sei. Auf dem Lichtbild lasse sich erkennen, dass sich auf dem Fahrzeug keine Firmenaufschrift befinde. Ein entsprechend neutrales Fahrzeug werde üblicherweise von den Inhabern bzw. gesetzlichen Vertretern der Unternehmen benutzt. Insofern habe es nahegelegen, durch das Handelsregister die Namen der gesetzlichen Vertreter der Klägerin ausfindig zu machen, die Wohnanschriften zu ermitteln und über die Einwohnermeldeangaben Vergleichsbilder aus Passfotos herbeizuziehen. Ob diese Ermittlungen zum Ergebnis geführt hätten, sei zwar nicht sicher, darauf käme es hier jedoch nicht an. Ferner habe es die Behörde unterlassen, bei der Klägerin persönlich vorzusprechen und durch Direktbefragung bzw. durch Vergleiche der anwesenden Person mit dem Fahrerfoto nähere Erkenntnisse zum Fahrzeugführer zu gewinnen.

Im Rahmen der Abgabe des Widerspruchs an die Widerspruchsbehörde führte die Beklagte im Schreiben vom 30.9.2011 unter anderem aus, ihr beauftragter Außendienst habe nachweislich den Geschäftsführer der Klägerin unter Vorlage des Fotos zum Fahrer befragt, der jedoch keine Angaben habe machen können. Die Gesellschaft werde von zwei Geschäftsführern vertreten (Frau M und Herr R). Entsprechend des Protokolls sei am 6.5.2011 mit Herrn R gesprochen worden, da der Bevollmächtigte der Klägerin erklärt habe, dass sich im Nachgang herausgestellt habe, dass der Fahrer einer der Geschäftsführer gewesen sei, würde nur Herr R in Betracht kommen. Jedoch könne auf Grund des persönlichen Gesprächs mit dem Außendienst diese Erklärung widerlegt werden, zumal es sich hier höchstwahrscheinlich um einen jüngeren Fahrer handele.

Mit Widerspruchsbescheid vom 29.11.2011 wies die Landesdirektion Leipzig den Widerspruch der Klägerin zurück. Vertiefend wurde ausführt, dass die Voraussetzungen für die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage vorlägen. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit Empfangsbekenntnis zugestellt. Nach der Aktennotiz vom 30.1.2012 sei das Empfangsbekenntnis nicht zur Widerspruchsbehörde zurückgekommen.

Ausweislich der Aktennotiz der Beklagten vom 20.1.2012 (Blatt 49 VA) sei bei der Festsetzung der Verwaltungsgebühr berücksichtigt worden, der Verwaltungsaufwand für den Erlass des Bescheides, die Abhängigkeit der Gebührenhöhe anhand der Dauer der Fahrtenbuchauflage, der Aufwand für die zu erwartende Aufforderung zur Vorlage des Fahrtenbuchs sowie die Kontrolle des Fahrtenbuchs. Auf Grund dessen sei die Gebühr gemäß der Gebührennummer 252 GebOSt auf 72,50 Euro festgesetzt worden.

Die Klägerin hat am 3.1.2012 gegen die Fahrtenbuchauflage Klage erhoben. Zur Begründung wiederholt sie ihre Ausführungen im Widerspruchsverfahren und macht ergänzend geltend, die Klage sei zulässig. Der Widerspruchsbescheid trage zwar als Eingangsstempel den 1.12.2011, der Prozessbevollmächtigte habe ihn jedoch erst am 5.12.2011 zur Kenntnis genommen, wie sich aus der Kopie des Empfangsbekenntnisses ergebe. Das Original sei an die Widerspruchsbehörde zurückgesandt worden. Durch die Zentrale Bußgeldstelle der Thüringer Polizei, bei der Klägerin eingegangen am 25.2.2011 sei mitgeteilt worden, dass mit dem auf die Klägerin zugelassenen Pkw der Marke Daimler, amtliches Kennzeichen …-… 00000, am … .2011 um 10:46 Uhr auf der BAB 9, Berlin-München, bei Km 187,0 auf der Überholspur folgende Ordnungswidrigkeit begangen worden wäre: „Sie überschritten die zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaft um 30 km/h.“ Nach Zeugenanhörung habe die Beklagte der Klägerin für das vorgenannte Fahrzeug eine Fahrtenbuchauflage angeordnet. Die Anordnung der Fahrtenbuchauflage sei rechtswidrig. Ferner sei die Gebührenfestsetzung rechtswidrig, zumal im angegriffenen Bescheid die Rechtsgrundlage für die Erhebung der Gebühren nicht benannt worden sei. Darüber hinaus seien keine überprüfbaren Angaben hinsichtlich der Gebührenhöhe benannt worden.

In der mündlichen Verhandlung am 11.1.2013 erklärte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin, die Klägerin habe keine Anhörung als Zeuge, sondern als Beschuldigte erhalten, dies ergebe sich aus Blatt 13 und 14 der Verwaltungsakte. Am 3.5.2011 sei ein Vollzugsbediensteter bei der Klägerin gewesen und habe mit der Geschäftsführerin Frau M gesprochen, diese habe sich nicht geäußert. Nach § 136 Abs. 1 Satz 1 Strafprozessordnung – StPO – i.V.m. § 46 Ordnungswidrigkeitengesetz – OWiG – habe sie sich nicht äußern müssen, um sich nicht selbst zu belasten, da sie am … .2011 Fahrerin des Pkws gewesen sei. Dieses Fahrzeug werde ausschließlich von ihr genutzt und sei ihr auch privat zur Nutzung überlassen worden. Das Blitzgerät sei nicht ordnungsgemäß gewartet worden, insofern werde bereits die Begehung einer Verkehrsordnungswidrigkeit bestritten. Des Weiteren bestehe im angefochtenen Bescheid eine Diskrepanz zwischen der Anordnung der Fahrtenbuchauflage ab Bestandskraft und andererseits in den Gründen des Bescheides, wonach die Frist ab Zustellung des Bescheides beginne. Ferner seien die Ausführungen im Widerspruchsbescheid auf Seite 4 1. Absatz letzter Satz ermessenfehlerhaft, wonach ausgeführt sei, dass die Fahrzeugführer durch diese Maßnahme angehalten werden sollten, sich im Straßenverkehr vorschriftsmäßig zu verhalten, um nicht Leib und Leben anderer Verkehrsteilnehmer leichtfertig zu gefährden. Dies sei nicht Sinn und Zweck der Fahrtenbuchauflage.

Die Klägerin beantragt,

1. den Bescheid der Beklagten vom 15.6.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Landesdirektion Leipzig vom 29.11.2011 aufzuheben,

2. die Zuziehung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht sie sich auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides und des Widerspruchsbescheides. Ergänzend führt sie aus, die Klage sei unzulässig. Nach dem Eingangsstempel des Widerspruchsbescheides, sei dieser am 1.12.2011 beim Prozessbevollmächtigten der Klägerin eingegangen. Ein Empfangsbekenntnis sei nicht zurückgesandt worden, dieses sei jedenfalls nicht bei der Widerspruchsbehörde eingegangen. Darüber hinaus sei die Anordnung der Fahrtenbuchauflage rechtmäßig. Am 22.2.2011 sei eine korrekte Anhörung an die Klägerin gesandt worden mit einem Tatfoto und einer Ausschnittsvergrößerung, auf der das Gesicht des Fahrzeugführers zu sehen ist. Die Ermittlungen zum Fahrzeugführer seien ausreichend gewesen, weitere Ermittlungsansätze hätten nicht bestanden. Nach dem Internetauftritt der Klägerin bestehe ihre Firma aus drei Mitarbeitern/innen. Nach dem dort veröffentlichten Foto, könnte die Geschäftsführerin … M die Fahrerin gewesen sein. Im Hinblick auf die Berechnung der Verwaltungsgebühren verweist die Beklagte auf die Aktennotiz vom 20.1.2012 (Blatt 49 VA). Ferner erklärte die Beklagte in der mündlichen Verhandlung, die Seiten 13 und 14 der Verwaltungsakten seien an sie gesandt worden, es handele sich bei Blatt 14 um das Formular zur Anhörung, daraus folge nicht, dass der Klägerin eine Anhörung als Betroffene und nicht als Zeugin übersandt worden sei.

Mit Beschluss vom 9.7.2012 wurde das Verfahren gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – auf die Berichterstatterin als Einzelrichterin übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig.

Sie ist insbesondere innerhalb der Monatsfrist des § 74 Abs. 1 VwGO erhoben worden. Zwar weist der Widerspruchsbescheid vom 29.11.2011 als Eingangsstempel der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten der Klägerin den 1.12.2011 auf, hierbei handelt es sich jedoch nicht um das für den Lauf der Klagefrist maßgebende Zustellungsdatum. Nach der Kopie des Empfangsbekenntnisses hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin das Empfangsbekenntnis über die Zustellung des Widerspruchsbescheides am 5.12.2011 unterschrieben, so dass ab diesem Zeitpunkt die einmonatige Klagefrist in Lauf gesetzt wurde (vgl. § 73 Abs. 3 Satz 2 VwGO i.V.m. § 5 Abs. 2 Verwaltungszustellungsgesetz – VwZG –). Bei der Zustellung gegen Empfangsbekenntnis findet die Zustellung in dem Zeitpunkt statt, in dem der Rechtsanwalt das Schriftstück entgegennimmt und durch Unterschrift des Empfangsbekenntnisses den Willen äußert, das Schriftstück als zugestellt anzunehmen. Erst durch die Unterschrift ist das zugestellte Schriftstück als zugestellt zu behandeln, dies ist Sinn und Zweck der Unterschrift unter ein Empfangsbekenntnis (vgl. zum Beispiel OVG Lüneburg, Urt. v. 30.6.2004, NVwZ-RR 2005, 365 m. Rspr.N.). Die am 3.1.2012 bei Gericht eingegangene Klage ist damit fristgemäß.

Die Klage ist jedoch unbegründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 15.6.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Landesdirektion Leipzig vom 29.11.2011 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die Voraussetzungen für die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage gemäß § 31 a Abs. 1 StVZO liegen vor. Nach dieser Norm kann die Verwaltungsbehörde gegenüber einem Fahrzeughalter für ein auf ihn zugelassenes oder künftig zuzulassendes Fahrzeug die Führung eines Fahrtenbuchs anordnen, wenn die Feststellung des Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war. Die Verwaltungsbehörde kann dabei auch ein oder mehrere Ersatzfahrzeuge benennen.

Vorliegend wurde mit dem Kraftfahrzeug, Daimler (D), amtliches Kennzeichen …-… 00000, dessen Halter die Klägerin ist, am … .2011 ein Verkehrsverstoß begangen. Denn der Führer des Fahrzeugs überschritt außerhalb geschlossener Ortschaften die höchstens zulässige Geschwindigkeit von 100 km/h um 30 km/h. Hierin liegt, wie nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gefordert, die sich das Gericht zu Eigen macht, ein Verkehrsverstoß von einigem Gewicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.5.1995, BVerwGE 98, 227 m.w.N.). Der mit dem auf die Klägerin zugelassenen Kraftfahrzeug begangene Verkehrsverstoß wäre gemäß Nr. 11.3.5 der Anlage zu § 1 Abs. 1 Satz 1 Bußgeldkatalogverordnung mit einem Bußgeld i.H.v. 80,00 Euro geahndet worden. Ferner wäre gemäß § 28 Abs. 1 Nr. 3 Straßenverkehrsgesetz – StVG – eine Speicherung im Verkehrszentralregister erfolgt, wobei eine Bewertung gemäß Nr. 5.4 der Anlage 13 zu § 40 Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV – mit 3 Punkten vorgenommen worden wäre. Bereits die Bewertung des Verkehrsverstoßes mit wenigstens 1 Punkt rechtfertigt die Annahme, dass es sich um einen Verkehrsverstoß von einigem Gewicht handelt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 9.9.1999 – 3 B 94.99, juris).

1. Dass mit dem Fahrzeug der Klägerin am … . 2011 der genannte Verkehrsverstoß begangen wurde, steht zur Überzeugung des Gerichts fest. Daran vermag der erstmals in der mündlichen Verhandlung erhobene Einwand der Klägerin, dass bereits fraglich sei, dass überhaupt eine Ordnungswidrigkeit begangen worden sei, da das verwandte Blitzgerät verzögert auslöse und die halbjährige Wartung der in der Fahrbahn eingelassenen Drucksensoren nicht vorgenommen sei, nichts ändern.

Das bloße Bestreiten der Geschwindigkeitsüberschreitung – wie hier – reicht nicht aus, um das Messergebnis und den Geschwindigkeitsverstoß in Zweifel zu ziehen. Messergebnisse, die mit amtlich zugelassenen Geräten im standardisierten Verfahren gewonnen werden, können, wenn mögliche Fehlerquellen durch den Abzug von Messtoleranzen – wie hier – Rechnung getragen worden ist, von Behörden und Gerichten im Regelfall ohne weiteres zu Grunde gelegt werden (vgl. VG Leipzig, Urt. v. 9.3.2012 – 1 K 231/10 –; VG Gelsenkirchen, Urt. v. 21.3.2011 – 14 K 1116/10, Rn. 25 f, m.w.N.; VG Trier, Beschl. v. 20.12.2011 – 1 L 1538/11.TR, Rn. 8, jeweils juris). Das hier maßgebende Messgerät Typ TRAFFIPAX TraffiStar S 330 wurde laut Eichschein vom 27.10.2010 von der Physikalischen Technischen Bundesanstalt (PTB) zugelassen und weist eine gültige Eichbescheinigung bis 31.12.2011 aus. Die ins Blaue hinein aufgestellte unsubstantiierte Behauptung der Klägerin, die halbjährige Wartung der Drucksensoren sei nicht vorgenommen, ist nicht geeignet, das Messergebnis in Frage zu stellen. Die gemessene Geschwindigkeit betrug 135 km/h. Unter Abzug einer Messtoleranz von 5 km/h wurde eine Geschwindigkeit von 130 km/h festgestellt, so dass die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 30 km/h überschritten wurde. Das aufgenommene Blitzfoto zeigt eindeutig das Fahrzeug der Klägerin, Daimler und das Kennzeichen …-… 00000, sowie die dazugehörigen Messdaten vom … .2011 um 10:46 Uhr.

2. Die Feststellung des Fahrzeugführers zu der am … .2011 begangenen Ordnungswidrigkeit mit dem auf die Klägerin zugelassenen Kraftfahrzeug war auch nicht möglich. Dies ist dann der Fall, wenn die Behörde nach den Umständen des Einzelfalles nicht in der Lage war, den Täter zu ermitteln, obwohl sie alle angemessenen Maßnahmen ergriffen hat. Die Angemessenheit der Aufklärung beurteilt sich danach, ob die Behörde in sachgerechtem und rationellem Einsatz der ihr zur Verfügung stehenden Mittel nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen getroffen hat, die in gleichliegenden Fällen erfahrungsgemäß Erfolg haben (vgl. BVerwG, Beschl. v. 9.12.1993 – 11 B 113.93). Dabei kann sich Art und Umfang der Tätigkeit der Behörde, den Fahrzeugführer nach einem Verkehrsverstoß zu ermitteln, an der Erklärung des Fahrzeughalters ausrichten. Lehnt dieser erkennbar die Mitwirkung an der Aufklärung des Verkehrsverstoßes ab, so ist es der Polizei regelmäßig nicht zumutbar, wahllos zeitraubende, kaum Aussicht auf Erfolg bietende Ermittlungen zu betreiben (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.12.1982, BayVBl. 1983, 310; OVG NRW, Urt. v. 30.11.2005, DAR 2006, 172).

Zu den angemessenen und zumutbaren Maßnahmen der Behörde zählt grundsätzlich die unverzügliche, das heißt regelmäßig innerhalb von zwei Wochen erfolgte Benachrichtigung des Fahrzeughalters von der mit seinem Kraftfahrzeug begangenen Zuwiderhandlung. Dies ist deshalb geboten, damit der Halter die Frage, wer zur Tatzeit sein Fahrzeug geführt hat, noch zuverlässig beantworten und der Täter Entlastungsgründe vorbringen kann. Eine verspätete Anhörung schließt eine Fahrtenbuchauflage allerdings dann nicht aus, wenn feststeht, dass die Verzögerung für die unterbliebene Ermittlung des Täters nicht ursächlich gewesen ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 25.6.1987, Buchholz 442.16, § 31 a StVZO Nr. 17; OVG NRW, Urt. v. 30.11.2005 a.a.O.).

Nach Aktenlage wurde der Klägerin bereits 14 Tage nach dem Verkehrsverstoß unter dem 22.2.2011 eine Anfrage zum Fahrzeugführer mit Frontfoto übersandt. Laut Statusblatt der Thüringer Polizei handelte es sich um einen Zeugenfragebogen. Dies ist auch schlüssig, da Halterin des Fahrzeugs eine juristische Person ist, die denklogisch nicht Fahrer gewesen sein kann. Der Anhörungsbogen wurde zwar seitens der Klägerin nicht an die Thüringer Polizei zurückgesandt, nach den Ausführungen der Klägerin im Widerspruchsverfahren und in der Klageschrift ist ihr der Anhörungsbogen jedoch am 25.2.2011 zugegangen. Die erstmals in der mündlichen Verhandlung vom Prozessbevollmächtigte der Klägerin aufgestellte Behauptung, der Klägerin sei kein Zeugenfragebogen übersandt worden, sondern eine Anhörung als Betroffene, dies ergebe sich aus Blatt 13 und 14 der Verwaltungsakten, vermag eine ordnungsgemäße Anhörung der Klägerin nicht in Zweifel zu ziehen. Gleiches gilt für seine Ausführungen, am 3.5.2011 sei ein Vollzugsbediensteter bei der Klägerin vor Ort gewesen und habe dort Frau M angetroffen, die sich nicht geäußert habe. Als Betroffene und Fahrzeugführerin habe sie sich auf § 136 Abs. 1 Satz 1 StPO i.V.m. § 46 OWiG berufen können. Bei diesem Vor-Ort-Termin habe Frau M das Schreiben der Thüringer Polizei vom 22.3.2011, welches Blatt 13 der Verwaltungsakte entspricht, erhalten. Dieses habe Frau M an ihn weitergeleitet woraufhin er am 5.5.2011 Akteneinsicht bei der Thüringer Polizei beantragt habe. Soweit dort Bezug genommen werde auf ein Schreiben vom 22.2.2011 handele es sich um einen Schreibfehler, richtig habe es 22.3.2011 heißen sollen. Denn erst mit diesem Schreiben beginne seine Akte. Ein Schreiben vom 22.2.2011 liege ihm nicht vor. Diese Ausführungen, wonach im Ergebnis die Klägerin kein Anhörungsschreiben entsprechend der vorgenannten Aktenlage erhalten haben soll, werden durch die eigenen Ausführungen des Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Schreiben vom 5.5.2011 und der Klageschrift widerlegt.

Zum einen bezieht sich der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in seinem Schreiben vom 5.5.2011 darauf, dass ihm das Schreiben der Thüringer Polizei vom 22.2.2011 durch die Klägerin zur Beantwortung vorgelegt worden sei. Das Schreiben vom 22.3.2011 ist jedoch an die Beklagte gerichtet und erfordert keine Beantwortung seitens der Klägerin. Zum anderen bezieht er sich ausdrücklich auf die beigefügten Fotos, welche nicht von einer Qualität seien, die eine Identifizierung des Fahrzeugführers zuließen. Dass Fotos Frau M mit dem Schreiben vom 22.3.2011 überreicht worden sein sollen, trägt selbst der Prozessbevollmächtigte der Klägerin nicht vor. Letztendlich zitiert er selbst in seiner Klagebegründung detailliert aus dem am 25.2.2011 der Klägerin zugegangenen Zeugenanhörung der Bußgeldstelle der Thüringer Polizei. Dies betrifft unter anderem Art und Ort der Verkehrsordnungswidrigkeit. Ausdrücklich zitiert der Prozessbevollmächtigte der Klägerin Kursiv geschrieben „Sie überschritten die zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 30 km/h“. Ferner führt er in der Klageschrift aus, dass nach Zeugenanhörung die Beklagte die Klägerin verpflichtet habe, ein Fahrtenbuch zu führen.

Dagegen ist das maschinell gefertigte Schreiben der Thüringer Polizei vom 22.3.2011 (Blatt 13 VA) an die Beklagte gerichtet und betrifft die Ermittlung des Fahrzeugführers. Insofern ist darin auch nur allgemein aufgeführt, dass der Anhörungsbogen/Zeugenfragebogen nicht/nicht rechtzeitig in den Rücklauf gekommen sei und gebeten werde, den für die Ordnungswidrigkeit/en Verantwortlichen (Fz-Führer, Halter, Bauleiter, etc.) zu ermitteln und die für das Verfahren notwendigen Personalien aufzunehmen. Aus dem diesem Schreiben beigefügten Anhörungsbogen „Anhörung des Betroffenen wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit“ (Blatt 14 VA) ist keine Schlussfolgerung auf den Inhalt des an die Klägerin tatsächlich übersandten Anhörungsbogen zu schließen.

Nach alledem ergibt sich aus dem eigenen Vortrag des Prozessbevollmächtigten der Klägerin, dass die Klägerin das Anhörungsschreiben vom 22.2.2011 am 25.2.2011 erhalten hat, dieses ihrem Prozessbevollmächtigten zu Beantwortung vorlegte und damit von der mit ihrem Fahrzeug begangenen Verkehrsordnungswidrigkeit vom … .2011 Kenntnis hatte.

Nach gefestigter ständiger Rechtsprechung obliegt dem Fahrzeughalter eine Mitwirkungspflicht bei der Feststellung des Fahrzeugführers der mit seinem Fahrzeug begangenen Ordnungswidrigkeit (vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.8.1999, BayVBl. 2000, 380; Beschl. v. 9.12.1993 – 11 B 113.93, juris, VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 15.4.2009, VBlBW. 2009, 356; OVG NRW, Urt. v. 30.11.2005, DAR 2006, 172). Handelt es sich um Firmenfahrzeuge mit denen eine Verkehrszuwiderhandlung begangen wurde, obliegt die Mitwirkungspflicht dem Firmeninhaber bzw. dem Geschäftsführer (vgl. OVG Bremen, Beschl. v. 12.1.2006, 1 A 236/05; OVG NRW, Urt. v. 31.3.1995, NJW 1995, 3335; VG Leipzig, Urt. v. 9.3.2012 – 1 K 231/10 –, VG München, Gerichtsbescheid v. 6.5.2009 – M 23 K 09.1259 –, juris).

Soweit der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung ausführt, der Geschäftsführerin Frau M habe als Betroffene und Fahrzeugführerin ein Aussageverweigerungsrecht zugestanden und sie habe sich nicht selbst belasten müssen, hat dies keine Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit der Anordnung der Fahrtenbuchauflage.

Ein bestehendes oder ausgeübtes Aussage- oder Zeugnisverweigerungsrecht der Geschäftsführer der Klägerin im Ordnungswidrigkeitsverfahren steht dem Erlass einer Fahrtenbuchauflage nicht entgegen. Der Halter eines Kraftfahrzeugs, mit dem ein Verkehrsverstoß begangen wurde, ist rechtlich nicht gehindert, von einem etwaigen Aussage- oder Zeugnisverweigerungsrecht im Ordnungswidrigkeits- oder Strafverfahren Gebrauch zu machen; er muss dann aber die Pflicht zur Führung eines Fahrtenbuchs in Kauf nehmen. Nach gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung kann der Halter eines Fahrzeugs nicht verlangen, von einer Fahrtenbuchauflage verschont zu bleiben, wenn er in einem Ordnungswidrigkeitsverfahren ein Zeugnis-oder Aussageverweigerungsrecht geltend gemacht hat. Ein doppeltes „Recht“, nach einem Verkehrsverstoß einerseits im Ordnungswidrigkeitsverfahren die Aussage zu verweigern und zugleich trotz fehlender Mitwirkung bei der Feststellung des Fahrzeugführers auch von einer Fahrtenbuchauflage verschont zu bleiben, besteht nicht. Ein solches „Recht“ widerspräche dem Zweck des § 31 a StVZO, nämlich die Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs zu gewährleisten (vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.8.1999, BayVBl. 2000, 380; NiedOVG, Beschl. v. 11.1.2011 – 12 LA 167/09 –, Rn. 3, juris; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 15.4.2009, VBlBW 2009, 356; BayVGH, Beschl. v. 30.9.2008 – 11 CS 08.1953 –, Rn. 6, m.w.Rspr.N., juris). Nichts anderes gilt hier für die Geschäftsführer der Klägerin.

Die Feststellung des Fahrzeugführers zu der am … .2011 begangenen Ordnungswidrigkeit war der Behörde nicht möglich, obwohl sie alle angemessenen Maßnahmen ergriffen hat. Die polizeilichen Ermittlungen, insbesondere die Befragung des Geschäftsführers der Klägerin Herrn R am 6.5.2011 verliefen erfolglos. Nach dem Protokoll des Vollzugsbediensteten habe Herr R keine Angaben zum verantwortlichen Fahrzeugführer machen können. Nach Mitteilung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin wurde sogar am 3.5.2011 die Klägerin aufgesucht und die Geschäftsführerin Frau M befragt, die sich jedoch nicht geäußert habe. Die Klägerin kann sich nicht darauf berufen, dass sie auf Grund der schlechten Bildqualität des Frontfotos den Fahrzeugführer nicht habe benennen können. Ungeachtet dessen, dass das Frontfoto keine derart schlechte Qualität aufweist, dass ein bekanntes Gesicht nicht wiederzuerkennen wäre, wäre es – selbst wenn das Foto zu identifizieren einer Person tatsächlich nicht ausreichend gewesen wäre, der Klägerin als ein Unternehmen in der Form einer GmbH möglich und zumutbar gewesen, durch sachgerechte Organisation und Dokumentation der innerbetrieblichen Abläufe, den Fahrer zu identifizieren, so dass eine schlechte Bildqualität für die unterbliebene Fahrerfeststellung nicht ursächlich war (vgl. VG Leipzig, Urt. v. 18.5.2010 – 1 K 447/09 –, m.Rspr.N., juris). Dies gilt umso mehr, wenn wie hier die Klägerin vorträgt, das Fahrzeug nur von der Geschäftsführerin M genutzt werde und dies auch im Jahr 2011 der Fall gewesen sei.

Weitere Ermittlungen waren vorliegend nicht zumutbar. Soweit die Klägerin vorträgt, da es sich bei dem Firmenfahrzeug um ein neutrales Fahrzeug ohne Firmenaufschrift gehandelt habe, welches üblicherweise von Inhabern bzw. gesetzlichen Vertretern der Unternehmen benutzt wäre, hätte die Behörde durch Einsicht in das Handelsregister die Namen der gesetzlichen Vertreter der Klägerin ausfindig machen können, deren Wohnanschrift und ein Abgleich des Fahrerfotos mit den Passfotos aus dem Einwohnermeldeamt, geht dieser Vortrag fehl. Denn die Behörde hatte bereits den Geschäftsführer R und nach Ausführungen der Klägerin auch die Geschäftsführerin M erfolglos befragt. Darüber hinaus ist es Aufgabe der Geschäftsleitung Firmenangehörige zu benennen, denen das betreffende Fahrzeug zugerechnet werden kann. Denn es kann nicht Aufgabe der ermittelnden Behörde sein, innerbetriebliche Vorgänge aufzudecken, denen die Geschäftsleitung weitaus näher steht. Es fällt vielmehr in die Sphäre der Betriebsleitung, von vornherein organisatorische Vorkehrungen zu treffen, damit festgestellt werden kann, welche Person zu einem bestimmten Zeitpunkt ein bestimmtes Geschäftsfahrzeug genutzt hat (vgl. OVG Bremen, Beschl. v. 12.1.2006 – 1 A 236/05 –; OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 16.9.2003 – 1 L 90/03 –, juris).

Die Klägerin ist durch ihr Verhalten ihren Mitwirkungspflichten zur Ermittlung des Fahrzeugführers nicht nachgekommen. Nach Sinn und Zweck dient die Fahrtenbuchauflage dazu, Fahrer zu erfassen, die Leben, Gesundheit und Eigentum anderer Verkehrsteilnehmer gefährden. Wie bereits ausgeführt, ist sie eine Maßnahme zur Abwehr von Gefahren für die Sicherheit und Ordnung; setzt aber den Nachweis einer konkreten Gefahr nicht voraus. Die Fahrtenbuchauflage soll helfen zu gewährleisten, dass in Zukunft der Täter einer Ordnungswidrigkeit im Hinblick auf die kurze Verjährung rechtzeitig ermittelt wird. Sie soll auf die dem Fahrzeughalter mögliche und zumutbare Mitwirkung bei der Feststellung des Führers des Kraftfahrzeugs hinwirken, mit dem ein Verkehrsverstoß begangen wurde, und den Fahrzeughalter zur Erfüllung seiner Aufsichtspflichten anhalten, wenn er geltend macht, den Fahrzeugführer nicht zu kennen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.6.1995 – 7 B 7.95 -).

Die Befristung der Fahrtenbuchauflage auf sechs Monate lässt nicht erkennen, dass das Übermaßverbot verletzt sein könnte. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass bereits eine einmalige Geschwindigkeitsüberschreitung von mehr als 20 km/h regelmäßig eine so erhebliche Verkehrsübertretung darstellt, dass eine Androhung nicht ausreichend, sondern die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage mit einer Dauer von mindestens sechs Monate geboten ist, selbst wenn durch die Geschwindigkeitsüberschreitung, die eine der hauptsächlichen Unfallursachen ist, eine konkrete Gefährdung nicht eingetreten ist (vgl. Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 38. Aufl., § 31 a StVZO, Rn. 8 m.Rspr.N.). Hier lag eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 30 km/h vor, die mit 3 Punkten zu bewerten gewesen wäre. Insofern ist die angeordnete Dauer von 6 Monaten angemessen, was im Hinblick auf die mit der Anordnung erstrebten Erhöhung der Verkehrssicherheit durch Überwachung des Fahrzeugbenutzers zu deren Wirksamkeit erforderlich ist (vgl. zum Beispiel OVG NRW, Urt. v. 30.11.2005, DAR 2006, 172; VG Braunschweig, Urt. v. 2.3.2003, NVwZ-RR 2003, 686).

3. Soweit die Klägerin darauf hinweist, dass eine Diskrepanz zwischen Tenor und Begründung des angefochtenen Bescheides bestehe, da nach dem Tenor die Fahrtenbuchauflage ab Bestandskraft des Bescheides gelte und nach der Begründung bereits einen Monat ab Zustellung des Bescheides, hat dies auf die Rechtmäßigkeit der Anordnung der Fahrtenbuchauflage keine Auswirkung. Mit den Ausführungen in den Gründen des Bescheides sollte offensichtlich darauf hingewiesen werden, dass die Anordnung nicht vor Ablauf der Widerspruchsfrist zu laufen beginnen soll. Auch wenn dies missverständlich sein könnte, ist jedoch der Tenor maßgeblich, so dass, wenn Rechtsmittel eingelegt werden, die Anordnung nicht vor Bestandskraft des streitigen Bescheides gelten sollte (vgl. VG Leipzig, Urt. v. 20.4.2012 – 1 K 117/11 –).

Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin in der mündlichen Verhandlung darauf, die Ausführungen auf Seite 4, 1. Absatz letzter Satz des Widerspruchsbescheides kennzeichneten Ermessensfehler, da die dort ausgeführten spezialpräventiven Erwägungen nichts mit der Anordnung einer Fahrtenbuchauflage zu tun hätten. Der von der Klägerin in Bezug genommene Satz im Widerspruchsbescheid lautet: „Schließlich sollen die Fahrzeugführer durch diese Maßnahme angehalten werden, sich im Straßenverkehr vorschriftsmäßig zu verhalten, um nicht Leib und Leben anderer Verkehrsteilnehmer leichtfertig zu gefährden.“ Dieser Satz ist im Zusammenhang mit den gesamten Ausführungen des Absatzes zu sehen, in dem im Einzelnen entsprechend der Rechtsprechung ausgeführt wird, was Sinn und Zweck der Fahrtenbuchauflage ist. Insbesondere sei diese Maßnahme weiterhin geeignet und erforderlich, um den oder die Fahrer des betreffenden Fahrzeugs bei eventuellen zukünftigen Verkehrsverstößen leichter zu ermitteln und so weiteren Verkehrsverletzungen vorzubeugen. Schließlich sollen die Fahrzeugführer durch diese Maßnahme gehalten werden, sich im Straßenverkehr vorschriftsmäßig zu verhalten, um nicht Leib und Leben anderer Verkehrsteilnehmer leichtfertig zu gefährden. Zu Recht führt die Vertreterin der Beklagten aus, dass der von der Klägerin angeführte Satz im Widerspruchsbescheid lediglich Folge dafür ist, dass die Fahrer, die eine Verkehrsordnungswidrigkeit begangen haben, ermittelt werden können. Ein Ermessensfehler der Widerspruchsbehörde durch den von der Klägerin angeführten Satz kann keine Rede sein.

4. Schließlich begegnet auch die Festsetzung der Verwaltungskosten keinen durchgreifenden Bedenken. Rechtsgrundlage der Verwaltungskosten ist § 6a Abs. 1 Nr. 1a und Abs. 2 StVG – i.V.m. §§ 1, 2 und 4 GebOSt i.V.m. Nr. 252 des Gebührentarifs in der zum Zeitpunkt der Gebührenfestsetzung geltenden Fassung (vgl. VG Leipzig, Urt. v. 20.4.2012 – 1 K 117/11 –; VG Gelsenkirchen, Urt. v. 21.3.2011 – 14 K 1116/10 – Rn. 69; VG Dresden, Urt. v. 13.6.2005 – 14 K 2139/04 –, juris), die bereits im angefochtenen Bescheid benannt wurde. Der hier maßgebende Gebührenrahmen beträgt 21,50 bis 93,10 Euro. Innerhalb dieses Gebührenrahmens wurde die Verwaltungsgebühr auf 72,50 Euro festgesetzt und die Auslagen für die Zustellung auf 3,45 Euro. Bei der Festsetzung der Gebühr hat die Beklagte bereits im angefochtenen Bescheid dargelegt, dass dabei der erforderliche Verwaltungsaufwand und die Bedeutung der Amtshandlung angemessen berücksichtigt worden sei. In der Aktennotiz vom 20.1.2012 hat sie nochmals detailliert und nachvollziehbar dargelegt, welche Punkte bei der Verwaltungsgebühr berücksichtigt wurden. Hierbei handelt es sich um den Verwaltungsaufwand für den Erlass des Bescheides, die Abhängigkeit der Gebührenhöhe anhand der Dauer der Fahrtenbuchauflage, der Aufwand für die zu erwartende Aufforderung zur Vorlage des Fahrtenbuchs sowie die Kontrolle des Fahrtenbuchs. Dieser Verwaltungsaufwand lässt die festgesetzte Gebühr von 72,50 Euro als angemessen und rechtmäßig erscheinen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Eine Entscheidung nach § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO über die Notwendigkeit der Zuziehung des Bevollmächtigten der Klägerin im Vorverfahren bedurfte es nicht, da die Klägerin als Unterlegene ohnehin ihre eigenen Kosten zu tragen hat. Das Gericht hat nach seinem Ermessen davon abgesehen, das Urteil wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären, da der Kostenerstattungsanspruch der Beklagten nicht ins Gewicht fällt (vgl. § 167 Abs. 2 VwGO).

Die Berufung war nicht gemäß § 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO zuzulassen, da die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO nicht vorliegen.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 2.400,00 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz – GKG –. Das Gericht hat sich dabei am Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 7./8. Juli 2009 beschlossenen Änderung orientiert und für die Fahrtenbuchauflage pro Monat jeweils 400,00 Euro angesetzt (vgl. Nr. 46.13 Streitwertkatalog). Die Fahrtenbuchauflage wurde für sechs Monate angeordnet, so dass der Streitwert 2.400,00 Euro beträgt.

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