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Bussgeldverfahren – Beschränkung des Einspruchs auf Rechtsfolgen nach richterlichem Hinweis

Einspruch auf Rechtsfolgen nach Vorsatzhinweis: Entscheidung des OLG Frankfurt

Das OLG Frankfurt hat das Urteil des Amtsgerichts Friedberg aufgehoben, welches eine Fahrerin wegen Geschwindigkeitsüberschreitung zu einer Geldstrafe und Fahrverbot verurteilte. Der Kernpunkt ist die Wirksamkeit der Beschränkung des Einspruchs auf Rechtsfolgen nach einem richterlichen Hinweis. Das Gericht bestätigte, dass eine solche Beschränkung des Einspruchs rechtlich zulässig ist, auch wenn zuvor die Richtigkeit der Geschwindigkeitsmessung bestritten wurde.

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Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Aufhebung des Urteils: Das OLG Frankfurt hebt das Urteil des Amtsgerichts Friedberg auf.
  2. Einspruch gegen Bußgeldbescheid: Die Betroffene legte Einspruch gegen den Bußgeldbescheid ein.
  3. Beschränkung des Einspruchs: Der Einspruch wurde auf die Rechtsfolgen, speziell das Fahrverbot, beschränkt.
  4. Richterlicher Hinweis: Das Amtsgericht wies darauf hin, dass auch eine vorsätzliche Geschwindigkeitsüberschreitung in Betracht kommt.
  5. Wirksamkeit der Einspruchsbeschränkung: Das OLG bestätigt die Wirksamkeit der Beschränkung des Einspruchs auf Rechtsfolgen.
  6. Geschwindigkeitsverstoß: Im Zentrum steht ein fahrlässiger Geschwindigkeitsverstoß.
  7. Fahrverbot und Geldbuße: Die ursprüngliche Verurteilung beinhaltete ein Fahrverbot und eine Geldstrafe.
  8. Prozessuale Rechte: Das Urteil betont die prozessualen Rechte der Betroffenen im Bußgeldverfahren.

Einspruchsbeschränkung im Bußgeldverfahren: Ein juristischer Überblick

Im Fokus heutiger Betrachtungen steht ein zentrales Element des deutschen Ordnungswidrigkeitenrechts: das Bußgeldverfahren. Hierbei spielen insbesondere die Möglichkeiten und Grenzen eines Einspruchs gegen Bußgeldbescheide eine Schlüsselrolle. Ein spezieller Aspekt, der in der juristischen Praxis oft Anwendung findet und zu intensiven Diskussionen führen kann, ist die Beschränkung des Einspruchs auf Rechtsfolgen. Dieser Vorgang tritt in Kraft, nachdem die betroffene Partei einen richterlichen Hinweis erhalten hat, der den Fall in ein neues Licht rückt. Zentrale Instanzen in solchen Verfahren sind häufig Gerichte wie das OLG Frankfurt oder das Amtsgericht Friedberg, deren Entscheidungen maßgeblich die rechtliche Landschaft in solchen Fällen prägen.

Die Frage, wie weit die Beschränkung eines Einspruchs auf die Rechtsfolgen in einem Bußgeldverfahren tragfähig ist und unter welchen Bedingungen sie erfolgen kann, ist nicht nur für Juristen, sondern auch für Betroffene von großer Bedeutung. Die Entscheidungen auf dieser Ebene können weitreichende Konsequenzen für die Rechtspraxis haben und sind daher von grundlegender Wichtigkeit. Bleiben Sie dran, um mehr über die spezifischen Details und die Tragweite eines aktuellen Urteils zu erfahren, das Licht in das Zusammenspiel von Einspruch, Rechtsfolgen und richterlichem Hinweis im Rahmen eines Bußgeldverfahrens bringt.

Der Weg zum OLG Frankfurt: Hintergründe des Bußgeldverfahrens

Im Zentrum des juristischen Geschehens steht ein Bußgeldverfahren, das sich um eine fahrlässige Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften dreht. Eine Fahrerin wurde vom Regierungspräsidium Stadt1 mit einem Bußgeldbescheid vom 30. November 2021 konfrontiert, der eine Geldbuße von 440 Euro und ein zweimonatiges Fahrverbot vorsah. Der Fall nahm eine Wendung, als die Betroffene rechtzeitig Einspruch einlegte und das Amtsgericht Friedberg sie in einem Schreiben darauf hinwies, dass auch eine vorsätzliche Geschwindigkeitsüberschreitung in Betracht käme. Der entscheidende Punkt war hier ein richterlicher Hinweis, der die rechtliche Beurteilung des Falles maßgeblich beeinflusste.

Die Entscheidung des Amtsgerichts Friedberg

Das Amtsgericht Friedberg folgte nicht der Beschränkung des Einspruchs der Betroffenen auf die Rechtsfolgen und verurteilte sie wegen vorsätzlicher Geschwindigkeitsüberschreitung zu einer höheren Geldbuße von 880 Euro sowie einem dreimonatigen Fahrverbot. Dies erfolgte unter Berufung auf eine frühere Entscheidung des OLG Frankfurt, die eine solche Einspruchsbeschränkung als unwirksam erachtete. Die Betroffene erhob daraufhin eine Rechtsbeschwerde gegen diese Entscheidung, was den Fall zum OLG Frankfurt brachte.

Die Überprüfung durch das OLG Frankfurt

Das OLG Frankfurt setzte sich intensiv mit der Rechtsbeschwerde der Betroffenen auseinander. Es prüfte, ob die Beschränkung des Einspruchs auf die Rechtsfolgen wirksam war. Die Richter kamen zu dem Schluss, dass die Teilrücknahme des Einspruchs wirksam ist. Sie berücksichtigten, dass die Betroffene, vertreten durch ihren Verteidiger, die Richtigkeit der Geschwindigkeitsmessung nicht mehr bestritt. Die Richter stellten fest, dass es der Betroffenen zusteht, den Umfang ihres Einspruchs selbst zu bestimmen, und dass eine Beschränkung auf Rechtsfolgen zulässig ist, auch wenn zuvor Einwände gegen die Messung erhoben wurden.

Das endgültige Urteil und seine Folgen

Letztlich hob das OLG Frankfurt das Urteil des Amtsgerichts Friedberg auf und entschied, dass nur noch über die Rechtsfolgen des rechtskräftig festgestellten fahrlässigen Geschwindigkeitsverstoßes zu entscheiden sei. Dies bedeutete, dass die Geldbuße und das Fahrverbot auf der Grundlage des im Bußgeldkatalog vorgesehenen Regelfalls für fahrlässiges Handeln neu bewertet werden mussten. Die teilweise erfolgreiche Rechtsbeschwerde der Betroffenen führte zu einer Anpassung der Strafe, wobei Kosten und Auslagen zum Teil von ihr zu tragen waren.

Dieser Fall zeigt deutlich, wie komplex und nuanciert Bußgeldverfahren sein können, insbesondere wenn es um die Beschränkung des Einspruchs und die Beurteilung von Rechtsfolgen geht. Die Entscheidungen von Gerichten wie dem OLG Frankfurt und dem Amtsgericht Friedberg spielen eine wesentliche Rolle in der Gestaltung der Rechtsprechung in diesen Bereichen. Das Urteil bietet eine detaillierte Perspektive auf die Handhabung solcher Fälle und die rechtlichen Überlegungen, die dabei eine Rolle spielen.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Was bedeutet die Beschränkung des Einspruchs auf Rechtsfolgen?

Die Beschränkung des Einspruchs auf Rechtsfolgen ist ein juristisches Mittel, das in Deutschland im Rahmen von Straf- und Bußgeldverfahren angewendet wird. Sie ermöglicht es dem Beschuldigten, gegen die in einer Entscheidung festgelegten Rechtsfolgen, wie beispielsweise eine Geldstrafe oder ein Fahrverbot, Einspruch einzulegen, ohne die Feststellungen zur Tat selbst in Frage zu stellen.

Ein solcher Einspruch setzt voraus, dass die in der angefochtenen Entscheidung getroffenen Feststellungen zur Tat eine hinreichende Grundlage für die Prüfung der Rechtsfolgenentscheidung bilden. Dies bedeutet, dass der Beschuldigte die Tatsachen, die zur Entscheidung geführt haben, nicht bestreitet, sondern lediglich die daraus resultierenden Rechtsfolgen anfechtet.

Die Beschränkung des Einspruchs auf die Rechtsfolgen kann in bestimmten Fällen vorteilhaft sein. Beispielsweise wenn der Vorwurf klar und im Ergebnis richtig ist, aber man die Strafe, beispielsweise die Geldstrafe oder das Fahrverbot, reduzieren möchte. Es ist jedoch zu bedenken, dass das Gericht nicht an den Rechtsfolgenausspruch im Strafbefehl gebunden ist und zu dem Ergebnis kommen kann, dass eine höhere Strafe angebracht ist.

Es ist auch möglich, den Einspruch auf einen Teil der Rechtsfolgen zu beschränken. Dies könnte beispielsweise der Fall sein, wenn man mit einer Geldstrafe einverstanden ist, aber ein verhängtes Fahrverbot anfechten möchte.

Die Einlegung eines solchen Einspruchs muss persönlich und schriftlich bei dem Gericht erfolgen, das die Entscheidung getroffen hat. Es ist ratsam, sich bei diesem Prozess von einem Anwalt beraten und vertreten zu lassen, um sicherzustellen, dass der Einspruch korrekt und fristgerecht eingereicht wird.

Welche Rolle spielt ein richterlicher Hinweis im Bußgeldverfahren?

Im Bußgeldverfahren in Deutschland spielt der richterliche Hinweis eine bedeutende Rolle, da er den Betroffenen über mögliche rechtliche Bewertungen und Konsequenzen aufklärt. Der Bußgeldrichter ist gemäß § 81 OWiG nicht an die Beurteilung der Tat als Ordnungswidrigkeit gebunden und kann somit eigenständig über die rechtliche Einordnung und die zu verhängenden Sanktionen entscheiden.

Ein richterlicher Hinweis dient dazu, dem Betroffenen zu verdeutlichen, welche rechtlichen Schlussfolgerungen das Gericht aus dem Sachverhalt zieht und welche Sanktionen in Betracht kommen könnten. Dies kann beispielsweise eine Erhöhung des Bußgeldes oder die Anordnung eines Fahrverbots sein, auch wenn diese im ursprünglichen Bußgeldbescheid nicht vorgesehen waren.

Der Hinweis gibt dem Betroffenen die Möglichkeit, seine Verteidigungsstrategie entsprechend anzupassen und gegebenenfalls weitere Beweismittel zu präsentieren oder auf bestimmte Aspekte des Falls hinzuweisen, die das Gericht möglicherweise noch nicht berücksichtigt hat. Es handelt sich somit um ein Instrument der Verfahrensfairness, das sicherstellt, dass der Betroffene nicht von der Entscheidung des Gerichts überrascht wird und ihm die Gelegenheit zur Stellungnahme und Verteidigung gegeben wird.

Die Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV) weisen darauf hin, dass der Richter die Freiheit hat, solche Hinweise zu berücksichtigen, die nicht die Art der Ausführung eines Amtsgeschäfts betreffen. Dies unterstreicht die Bedeutung des richterlichen Ermessens im Bußgeldverfahren und die Notwendigkeit für den Betroffenen, auf richterliche Hinweise angemessen zu reagieren.


Das vorliegende Urteil

OLG Frankfurt – Az.: 1 Ss-OWi 1149/22 – Beschluss vom 24.11.2022

Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Friedberg (Hessen) – Richterin in Bußgeldsachen – vom 21. Juli 2022 aufgehoben.

Die Betroffene wird wegen der in dem Bußgeldbescheid des Regierungspräsidiums Stadt1 vom 30. November 2021 rechtskräftig festgestellten fahrlässigen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 65 km/h zu einer Geldbuße von 440 Euro verurteilt.

Ihr wird für die Dauer von zwei Monaten verboten, im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge jeder Art zu führen.

Das Fahrverbot wird erst wirksam, wenn der Führerschein der Betroffenen in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch nach Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft.

Die weitergehende Rechtsbeschwerde wird verworfen.

Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens hat die Betroffene zu tragen; jedoch wird die Gebühr auf die Hälfte ermäßigt. Die der Betroffenen im Rechtsbeschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen hat sie zur Hälfte zu tragen; im Übrigen fallen sie der Staatskasse zur Last.

Gründe

Das Regierungspräsidium Stadt1 hat mit Bußgeldbescheid vom 30. November 2021 gegen die Betroffene wegen (fahrlässigen) Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 65 km/h eine Geldbuße von 440 Euro festgesetzt und ein Fahrverbot von zwei Monaten mit der Maßgabe des § 25 Abs. 2a StVG angeordnet. Dagegen hat die Betroffene rechtzeitig Einspruch eingelegt. Das Amtsgericht hat die Betroffene mit Schreiben vom 31. Januar 2022 (unter anderem) darauf hingewiesen, dass auch eine Verurteilung wegen vorsätzlicher Geschwindigkeitsüberschreitung in Betracht kommt. Dabei hat es auch auf die Entscheidung des OLG Frankfurt am Main vom 23. März 2016 – 2 Ss-OWi 52/16 hingewiesen, nach der eine Beschränkung des Einspruchs auf die Rechtsfolgen nicht mehr zulässig sei (Bl. 37 d.A.). Mit Schriftsatz ihres Verteidigers vom 19. Juli 2022 hat die Betroffene den Einspruch gegen den Bußgeldbescheid auf die Rechtsfolgen beschränkt. Das Amtsgericht hat die Betroffene dennoch mit Urteil vom 21. Juli 2022 wegen vorsätzlicher Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 880 Euro verurteilt sowie ein Fahrverbot von drei Monaten mit der Maßgabe des § 25 Abs. 2a StVG gegen sie verhängt. Unter Hinweis auf die oben genannte Entscheidung des OLG Frankfurt am Main ist es davon ausgegangen, dass die Beschränkung des Einspruchs nicht wirksam sei.

Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Betroffenen, mit der sie der Sache nach die Verletzung materiellen Rechts rügt.

Die Einzelrichterin hat die Sache mit Beschluss vom 17. November 2022 gemäß § 80a Abs. 3 Satz 1 OWiG zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dem Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen.

Die zulässige Rechtsbeschwerde hat auch in der Sache überwiegend Erfolg. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts war die Beschränkung des Einspruchs wirksam, so dass das Amtsgericht an der Änderung des Schuldspruchs gehindert war und nur noch über die Rechtsfolgen auf der Grundlage des rechtskräftig festgestellten fahrlässigen Geschwindigkeitsverstoßes zu entscheiden hatte. Dies hatte der Senat auf die erhobene Sachrüge hin von Amts wegen zu überprüfen.

Die in der Beschränkung des Einspruchs liegende Teilrücknahme ist wirksam. Aus dem Schriftsatz vom 19. Juli 2022 ergibt sich, dass der Verteidiger hierzu von der Betroffenen hinreichend im Sinne des § 302 Abs. 2 StPO (i.V.m. § 46 OWiG) ermächtigt war. Darin wird nämlich „namens und in Vollmacht der Betroffenen“ erklärt, „dass die Rechtmäßigkeit der vorgenommenen Geschwindigkeitsmessung nicht mehr diskussionswürdig“ und die Messung „nachweislich nicht fehlerhaft“ sei; aus diesem Grund sei der ursprünglich unbeschränkt eingelegte Einspruch nunmehr „auf die Rechtsfolge des Fahrverbotes“ zu beschränken.

Aufgrund der Wechselwirkung zwischen Geldbuße und Fahrverbot war allerdings die weitere Beschränkung innerhalb des Rechtsfolgenausspruchs nur auf die Rechtsfolge des Fahrverbots nicht wirksam, so dass über die Rechtsfolgen der rechtskräftig festgestellten fahrlässigen Geschwindigkeitsüberschreitung insgesamt zu entscheiden war.

Die von dem Amtsgericht zitierte und zutreffend wiedergegebene Entscheidung eines Einzelrichters des damals einzigen Bußgeldsenats des OLG Frankfurt am Main vom 23. März 2016 – 2 Ss-OWi 52/16 steht der Beschränkung des Einspruchs auf die Rechtsfolgen nicht entgegen. In ihrem tragenden Teil ist diese Entscheidung nämlich bereits nicht einschlägig. Nach den dortigen Feststellungen war das Verteidigungsverhalten des Betroffenen widersprüchlich, indem auch nach der vermeintlichen Beschränkung des Einspruchs auf die Rechtsfolgen noch erklärt wurde, die Richtigkeit der Geschwindigkeitsmessung solle noch überprüft werden. Deshalb wurde die Beschränkung dort als nicht wirksam erachtet, weil eine Prozesserklärung unmissverständlich sein müsse und bedingungsfeindlich sei. Ein solches widersprüchliches Verhalten ist nach der oben wiedergegebenen Erklärung vorliegend gerade nicht gegeben. Die auch hier im Vorfeld vorgebrachten Einwendungen gegen die Geschwindigkeitsmessung wurden ausdrücklich nicht aufrechterhalten und diese ohne jeden Vorbehalt als richtig akzeptiert.

Das Amtsgericht führt dazu aus, angesichts des vorherigen wiederholten und dezidierten Bestreitens der Richtigkeit der Messung sei die Aussage in dem Schriftsatz vom 19. Juli 2022, dass man nun (aufgrund eines eingeholten Gutachtens) von der Richtigkeit der Messung überzeugt sei, „derartig widersprüchlich, dass eine tragfähige geständige Einlassung nicht anzunehmen“ sei. Das verkennt, dass eine wirksame Beschränkung des Einspruchs kein Geständnis voraussetzt. Die Betroffene eines Bußgeldverfahrens hat es vielmehr wie auch sonst jeder potentielle Rechtsmittelführer selbst in der Hand, ob und in welchem Umfang sie den gegen sie ergangenen Bußgeldbescheid rechtskräftig werden lässt, auch wenn sie ihn inhaltlich für falsch hält. Das gilt offensichtlich für die anfängliche Entscheidung, ob überhaupt und wenn ja, in welchem Umfang Einspruch gegen den Bußgeldbescheid eingelegt wird. Für die spätere (Teil-)Rücknahme kann nichts Anderes gelten.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aufgrund der weiteren, für die damalige Entscheidung nicht tragenden Ausführungen der zitierten Entscheidung des OLG Frankfurt am Main. Danach soll die Einspruchsbeschränkung nach einem Hinweis des Gerichts, dass statt der im Bußgeldbescheid angenommenen Fahrlässigkeit eine vorsätzliche Begehung in Betracht komme, nicht mehr zulässig sein. Der Senat teilt jedoch diese Auffassung nicht, die soweit ersichtlich obergerichtlich vereinzelt geblieben (der Anschluss in OLG Bamberg, Beschluss vom 30. Oktober 2017 – 3 Ss OWi 1206/17 betraf nur den tragenden Teil der Entscheidung) und nie als tragende Begründung angewendet worden ist, sondern schließt sich den überzeugend begründeten Entscheidungen des OLG Rostock (Beschluss vom 14. April 2022 – 21 Ss OWi 24/22, Entscheidung in der Besetzung des Senats mit drei Richtern) und des OLG Oldenburg (Beschluss vom 7. März 2016 – 2 Ss (OWi) 55/16) an. Es steht nicht in Zweifel, dass eine von Anfang an erfolgende Beschränkung des Einspruchs auf die Rechtsfolgen gemäß § 67 Abs. 2 OWiG zulässig ist, sofern der Bußgeldbescheid den gesetzlichen Anforderungen des § 66 Abs. 1 OWiG entspricht (OLG Rostock und OLG Oldenburg a.a.O. jeweils m.w.N.). Ebenso ist im Strafprozessrecht (das gemäß § 67 Abs. 1 Satz 2 OWiG auch für den Einspruch gilt) anerkannt, dass eine Teilrücknahme und die darin liegende nachträgliche Rechtsmittelbeschränkung in gleicher Weise und in gleichem Umfang zulässig ist wie eine von vornherein erklärte Beschränkung des Rechtsmittels (BGHSt 33, 59; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 65. Auflage 2022, § 302 Rdnr. 2). Warum dies im Ordnungswidrigkeitenrecht und insbesondere nach einem gerichtlichen Hinweis anders sein soll, erschließt sich nicht. Die Hinweispflicht gemäß § 265 StPO auf eine möglicherweise veränderte rechtliche Bewertung dient der Sicherung der umfassenden Verteidigung des Betroffenen und Gewährleistung seines Anspruchs auf ein faires Verfahren; er soll seine Verteidigung auf den veränderten Gesichtspunkt einrichten können. Die hier abgelehnte Auffassung würde hingegen bedeuten, dass der Betroffene aufgrund eines solchen richterlichen Hinweises ihm sonst zustehende prozessuale Rechte verliert und damit den Sinn und Zweck der Hinweispflicht in das Gegenteil verkehren. Ebenso wenig trifft es zu, dass Schuldform und Rechtsfolgen so eng miteinander verbunden wären, dass das Amtsgericht nach einer solchen Beschränkung des Einspruchs die Rechtsfolgen nicht auf der Grundlage der im Bußgeldbescheid angenommenen Fahrlässigkeit bestimmen könnte (OLG Rostock a.a.O.) – dagegen spricht bereits, dass dies auch bei einer von Anfang an erfolgenden Beschränkung des Einspruchs gelten müsste, was aber auch nach der zitierten Einzelrichterentscheidung des früheren Bußgeldsenats des OLG Frankfurt am Main gerade nicht in Frage gestellt wird.

Da die Beschränkung des Einspruchs wirksam war, war nur noch über die Rechtsfolgen auf der Grundlage des rechtskräftig festgestellten fahrlässigen Geschwindigkeitsverstoßes zu entscheiden. Mangels anderer Anhaltspunkte war auf die dafür in dem Bußgeldkatalog vorgesehenen Rechtsfolgen zu erkennen. Der Senat konnte darüber gemäß § 79 Abs. 6 OWiG selbst entscheiden.

Die unbeschränkt eingelegte Rechtsbeschwerde der Betroffenen hatte mit der durch den Senat vorgenommenen Rückführung der Rechtsfolgen auf die im Bußgeldkatalog vorgesehenen Regelfolgen fahrlässigen Handelns nur teilweise Erfolg, da sie ausweislich des Schriftsatzes vom 19. Juli 2022 nach der Beschränkung des Einspruchs eine Reduzierung des Fahrverbots auf einen Monat anstrebte. Die Kosten und Auslagen waren deshalb der Betroffenen gemäß § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 473 Abs. 4 StPO (nur) zu einem Teil aufzuerlegen.

 

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