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Zurückverweisung an Verwaltungsbehörde bei ungenügender Sachverhaltsaufklärung

AG Weilburg, Az.: 40 OWi – 6 Js 19068/16

Beschluss vom 06.03.2017

In der Bußgeldsache wegen Verkehrsordnungswidrigkeit wird die Sache gemäß § 69 Abs. 5 S. 1 Hlbs.2 OWiG an die Verwaltungsbehörde – Regierungspräsidium Kassel – über die Staatsanwaltschaft Limburg an der Lahn zur weiteren Sachverhaltsaufklärung zurückverwiesen.

Gründe

Der Sachverhalt ist nicht genügend aufgeklärt.

Die Messung erfolgte unter Einsatz eines Gerätes, das im Eigentum eines privaten Dienstleisters steht und unter Mitwirkung des privaten Dienstleisters bei der Durchführung der Messung und der Auswertung der Messdaten. Nach der Rechtsprechung des OLG Frankfurt am Main (Beschluss vom 28.4.2016, 2 Ss OWi 190/16) kann das AG erwarten, dass die Frage, ob die Hinzuziehung von Privatpersonen durch die örtliche Ordnungsbehörde den gesetzlichen Vorgaben entsprechend erfolgt ist, von der Bußgeldbehörde im Rahmen der ihr obliegenden Ermittlungen geklärt worden ist.

Insbesondere ist hier noch zu klären, ob die Authentizität und Integrität der Falldatei sichergestellt ist und ob die Auswertung mit einem zugelassenen Auswerteprogramm erfolgte.

Zurückverweisung an Verwaltungsbehörde bei ungenügender Sachverhaltsaufklärung
Symbolfoto: Piotr Adamowicz/ Bigstock

Das Gericht hat in öffentlicher Hauptverhandlung am 01.03.2017 den Messbeamten X. in zwei Parallelsachen (17324/16 und 16442/16) als Zeugen gehört. Dieser Messbeamte ist auch im vorliegenden Verfahren als Zeuge und zuständiger Messbeamte genannt.

Danach ist von folgendem Ablauf bei allen Messungen der Gemeinden L. an der B auszugehen: Der Zeuge X. führt die Messungen mit dem im Eigentum von P. (Inhaber Herr Z.) stehenden Gerät PoliScan Speed durch. Gleichzeitig ist ein Mitarbeiter der P. bei den Messungen mit anwesend. Unter Würdigung der Aussage des Zeugen geht das Gericht aktuell davon aus, dass der Messbeamte die Entscheidung für die Messstelle trifft, die Eich- und Sicherungsmarken prüft, die Anlage aufbaut und die erforderlichen Einmessungen vornimmt. Zudem ist davon auszugehen, dass die Auswertung nur in Anwesenheit des Zeugen X. vorgenommen wird.

Die Auswertung erfolgt derart, dass bereits im Auto, neben der B während der Messung, mit der Auswertung am Laptop begonnen wird, sobald 100 Messungen erfolgt sind. Das Messgerät misst dann weiter, während der Zeuge X. und der Mitarbeiter der P. bereits Datensätze auswerten. Der Mitarbeiter von P. verbindet für die Auswertung das Messgerät mit einem Kabel mit seinem Laptop. Dann öffnet der Mitarbeiter von P. mit einem Programm, das der Zeuge X. nur mit der Nummer 1.3.135.256 bezeichnen konnte, Datensätze, so dass Bilder erscheinen, welche vom Zeugen X. hinsichtlich der Punkte richtige Position des Auswerterahmens, Kennzeichenkontrolle, Grenzwert etc. geprüft werden und nach Verwarnung/Anzeige sortiert werden. Wenn die Auswertungen nicht mehr vollständig während der Messsitzung neben der B fertiggestellt werden können, nimmt der Zeuge X. die Rohdaten an sich und fährt in den nächsten Tagen zum Standort von P., um dort die Auswertung zusammen mit einem Mitarbeiter von P. im Messauto auf dem Hof von P. fertig zu stellen.

Die eigentliche Umwandlung der Rohdaten in lesbare Dateien erfolgt aber nicht durch den Zeugen X. Das Auslesen der Daten aus dem Messgerät und die gesamte Arbeit am Laptop übernimmt allein der Mitarbeiter von P.. Eine Überprüfung durch den Zeugen X., ob es sich bei den Daten, welche er weiter mit auswertet, um die authentischen und integren Daten des Messgeräts handelt, erfolgt nicht. Insbesondere werden die Signaturen oder der Public Key nicht überprüft. Auf Basis der Vernehmung des Zeugen X. in den Hauptverhandlungen am 1.3.2017 hat das Gericht zudem Bedenken, ob eine solche Überprüfung durch den Zeugen nachgeholt werden könnte. Der genauere Ablauf der Auswertung ist den Protokollen der Hauptverhandlungen vom 1.3.2017 zu entnehmen.

In Messprotokollen, die bei neueren Fällen der Geschwindigkeitsmessung in der Gemeinde L. verwendet werden, ist als Auswerteprogramm das Programm PoliScan Office mit der Softwareversion 1.3.135 genannt. Nach Aussage des Zeugen X. werden alle Messungen seit 2 Jahren stets mit demselben Programm ausgewertet. Dies ist nicht das von der PTB zugelassene Referenzauswerteprogramm (TUFF-Viewer). Ob in das Auswerteprogramm PoliScanOffice das Referenzauswerteprogramm in zulässiger Weise integriert ist, konnte nicht geklärt werden.

Vor diesem Hintergrund ist die Authentizität und Integrität der Daten aktuell nicht gewährleistet. Das Regierungspräsidium wird ersucht, diese zu prüfen und ggf. die Gewähr hierfür an das Gericht zu übermitteln. Ebenso wird darum gebeten, die Auswertung mit einem von der PTB zugelassenen Referenzauswerteprogramm sicher zu stellen. Für zukünftige Fälle wird darum ersucht, diese Überprüfungen bereits vor Abgabe durchzuführen oder die Durchführung sicherzustellen, bzw. durch Nachschulungen o.ä. (zu Datenformaten, Datenverarbeitung, Signaturprüfung, Public Key Prüfung) sicherzustellen, dass der Zeuge dies selbst übernehmen kann.

Sollte das Regierungspräsidium von einer erneuten Abgabe absehen, wird höflichst um entsprechende Mitteilung unter Nennung des Aktenzeichens hierher ersucht.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

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