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Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis – ohne Anforderung verkehrsmedizinischen Gutachtens

Fahrerlaubnis-Wiedererteilung: Verkehrsmedizinisches Gutachten entscheidend für Fahreignung

Das Verwaltungsgericht München lehnte den Antrag einer Frau auf Wiedererteilung ihrer Fahrerlaubnis der Klasse B ab, da sie nicht die notwendigen verkehrsmedizinischen Gutachten vorlegte, die ihre Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs bestätigen. Der Antrag war insofern unzulässig, als die Frau zuvor ihre Fahrerlaubnis aufgrund psychischer Erkrankungen und fehlender verkehrsmedizinischer Begutachtung verloren hatte. Zudem wurde ihr Antrag auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis als unbegründet abgelehnt, da sie die erforderlichen Eignungsvoraussetzungen nicht erfüllte.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: M 1 E 14.5333 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Ablehnung des Antrags auf Wiedererteilung der Fahrerlaubnis der Klasse B.
  2. Antragstellerin konnte nicht die erforderlichen verkehrsmedizinischen Gutachten vorlegen.
  3. Entzug der Fahrerlaubnis erfolgte aufgrund psychischer Erkrankungen.
  4. Die Antragstellerin erfüllt die Eignungsvoraussetzungen zum Führen eines Kraftfahrzeugs nicht.
  5. Das Gericht sieht keinen Anordnungsgrund für eine vorläufige Entscheidung.
  6. Anordnungsanspruch der Antragstellerin wird als nicht gegeben betrachtet.
  7. Der Antragstellerin wird die Kostentragung des Verfahrens auferlegt.
  8. Streitwert des Verfahrens wurde auf 2.500 Euro festgesetzt.

Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis: Die Bedeutung verkehrsmedizinischer Gutachten

Die Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis ist ein komplexer Prozess, bei dem die Fahreignung des Antragstellers sorgfältig geprüft wird. In der Regel ist die Anforderung eines verkehrsmedizinischen Gutachtens unerlässlich, um die Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs nachzuweisen. Dies kann durch Ärzte mit verkehrsmedizinischer Qualifikation oder medizinisch-psychologische Untersuchungen (MPU) erfolgen.

In einigen Fällen kann die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis beantragt werden, beispielsweise nach Ablauf einer Sperrfrist. Dabei ist es wichtig, dass die erforderlichen Eignungsvoraussetzungen erfüllt sind und die notwendigen Gutachten vorgelegt werden. Andernfalls kann der Antrag auf Wiedererteilung der Fahrerlaubnis abgelehnt werden, wie ein Urteil des Verwaltungsgerichts München zeigt. In diesem Fall hatte die Antragstellerin ihre Fahrerlaubnis aufgrund psychischer Erkrankungen verloren und konnte die erforderlichen Gutachten nicht vorlegen.

Die Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis ohne Anforderung eines verkehrsmedizinischen Gutachtens ist in der Regel nicht möglich. Um mehr über die rechtlichen Herausforderungen und Hintergründe zu erfahren, lohnt sich ein Blick auf das konkrete Urteil des Verwaltungsgerichts München.

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Im Zentrum des Falles steht eine Frau, die beim Verwaltungsgericht München die Wiedererteilung ihrer Fahrerlaubnis der Klasse B beantragte, ohne dabei ein neues verkehrsmedizinisches Gutachten vorzulegen. Dieser Fall beleuchtet die komplexen Anforderungen an die Fahrerlaubnis in Deutschland und die Rolle verkehrsmedizinischer Gutachten bei der Beurteilung der Fahreignung.

Der Weg zur Entziehung der Fahrerlaubnis

Die Antragstellerin hatte ursprünglich eine Fahrerlaubnis, die mehrere Klassen umfasste. Jedoch führten gesundheitliche Probleme, insbesondere eine stationär-psychiatrische Behandlung im Jahr 2012, dazu, dass die Fahrerlaubnisbehörde des Landratsamts Freising ein Gutachten von ihr forderte. Dieses Gutachten sollte von einem Facharzt mit verkehrsmedizinischer Qualifikation erstellt werden, um ihre Eignung zum Führen eines Fahrzeugs zu beurteilen. Die Antragstellerin kam dieser Aufforderung nicht nach, was schließlich zum Entzug ihrer Fahrerlaubnis führte.

Der Versuch der Wiedererteilung ohne verkehrsmedizinisches Gutachten

Nachdem ihre Fahrerlaubnis entzogen worden war, stellte die Antragstellerin einen Antrag auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis der Klasse B. Hierbei legte sie ein Gutachten vor, das jedoch nicht die Anforderungen der Fahrerlaubnisbehörde erfüllte. Insbesondere wurde bemängelt, dass das Gutachten ohne die Fahrerlaubnisakte und eine spezifische Fragestellung der Behörde erstellt wurde. Außerdem wurde in Frage gestellt, ob der Gutachter über die erforderliche verkehrsmedizinische Qualifikation verfügte.

Rechtliche Aspekte und Entscheidungen des Gerichts

Das Gericht musste in diesem Fall mehrere rechtliche Aspekte berücksichtigen. Einerseits stand die Frage im Raum, ob die Antragstellerin die notwendigen Eignungsvoraussetzungen erfüllte, um eine Fahrerlaubnis zu erhalten. Andererseits ging es um die rechtliche Bewertung des vorgelegten Gutachtens und dessen Eignung zur Beurteilung der Fahrfähigkeit der Antragstellerin.

Das Gericht lehnte den Antrag der Frau ab, da es keine hinreichenden Gründe sah, von den üblichen Anforderungen an ein verkehrsmedizinisches Gutachten abzuweichen. Des Weiteren stellte das Gericht fest, dass der Antrag auf Herausgabe der Fahrerlaubnis unzulässig und der Antrag auf Neuerteilung unbegründet war.

Wichtige Erkenntnisse aus dem Urteil

Der Fall zeigt deutlich, wie wichtig verkehrsmedizinische Gutachten für die Beurteilung der Fahreignung sind. Diese Gutachten dienen nicht nur dem Schutz der Antragsteller, sondern auch der allgemeinen Verkehrssicherheit. Die strikte Handhabung der rechtlichen Anforderungen unterstreicht die Bedeutung einer sorgfältigen Überprüfung der Fahreignung.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts München (Az.: M 1 E 14.5333) vom 12. Januar 2015 dient als klare Richtschnur für ähnliche Fälle und betont die Notwendigkeit, dass Antragsteller die relevanten medizinischen und rechtlichen Voraussetzungen erfüllen müssen, um eine Fahrerlaubnis zu erhalten oder wiederzuerlangen.

✔ Wichtige Fragen und Zusammenhänge kurz erklärt

Was sind die Voraussetzungen für die Erteilung einer Fahrerlaubnis in Deutschland?

Die Erteilung einer Fahrerlaubnis in Deutschland erfordert die Erfüllung mehrerer Voraussetzungen:

  • Wohnsitz: Der Antragsteller muss seinen ordentlichen Wohnsitz in Deutschland haben.
  • Mindestalter: Das Mindestalter variiert je nach Fahrerlaubnisklasse. Beispielsweise beträgt das Mindestalter für die Klasse A2 18 Jahre, für die Klasse A 24 Jahre (oder 21 Jahre für dreirädrige Kraftfahrzeuge mit einer Leistung von mehr als 15 kW), und für die Klasse B 18 Jahre.
  • Vorbesitz einer anderen Fahrerlaubnisklasse: Für bestimmte Fahrerlaubnisklassen ist der Vorbesitz einer anderen Klasse erforderlich. Beispielsweise darf die Fahrerlaubnis der Klassen C1, C, D1 oder D nur erteilt werden, wenn der Bewerber bereits die Fahrerlaubnis der Klasse B besitzt.
  • Ausbildung und Prüfungen: Der Antragsteller muss eine Fahrschule besuchen und sowohl die theoretische als auch die praktische Prüfung bestehen.
  • Gesundheitliche Eignung: Der Antragsteller muss eine ausreichende körperliche und geistige Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs nachweisen. Dies kann durch ärztliche oder medizinisch-psychologische Gutachten erfolgen.
  • Unterlagen: Für den Antrag auf Erteilung einer Fahrerlaubnis müssen bestimmte Unterlagen eingereicht werden, darunter ein gültiger Personalausweis oder Reisepass, ein aktuelles biometrisches Passbild und eine Sehtest-Bescheinigung, die nicht älter als zwei Jahre ist.

Bitte beachten Sie, dass diese Liste nicht abschließend ist und weitere spezifische Anforderungen je nach Fahrerlaubnisklasse gelten können. Es wird empfohlen, sich an die zuständige Fahrerlaubnisbehörde zu wenden, um vollständige und aktuelle Informationen zu erhalten.

Welche Rolle spielen verkehrsmedizinische Gutachten bei der Beurteilung der Fahreignung?

Verkehrsmedizinische Gutachten spielen eine entscheidende Rolle bei der Beurteilung der Fahreignung. Sie werden in Situationen angefordert, in denen Zweifel an der Fahrtüchtigkeit eines Fahrers bestehen, beispielsweise aufgrund von gesundheitlichen Beeinträchtigungen, schweren Verkehrsverstößen oder bei Drogen- oder Alkoholmissbrauch.

Die Untersuchung wird von Ärzten durchgeführt, die über spezielle verkehrsmedizinische Kenntnisse verfügen. Sie prüfen verschiedene Aspekte wie Sehvermögen, Reaktionsgeschwindigkeit und allgemeine körperliche Fitness. Darüber hinaus können sie auch die Fähigkeit des Fahrers beurteilen, verschiedene Fahrzeugfunktionen zu bedienen, wie z.B. Bremse, Schaltung, Lenkung und Blinker.

In einigen Fällen, insbesondere bei Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen, kann das Gutachten auch Empfehlungen für spezielle Anpassungen am Fahrzeug oder bestimmte Fahrbeschränkungen enthalten, um die Sicherheit des Fahrers und anderer Verkehrsteilnehmer zu gewährleisten.

Es ist wichtig zu beachten, dass das Gutachten vertraulich ist und nur mit Zustimmung des Fahrers an die Fahrerlaubnisbehörde weitergegeben werden darf. Das Gutachten dient als Entscheidungsgrundlage für die Behörden, ob eine Fahrerlaubnis erteilt oder beibehalten werden kann.

Neben gesundheitlichen Einschränkungen können auch Verkehrsverstöße dazu führen, dass ein verkehrsmedizinisches Gutachten angefordert wird. Beispielsweise kann bei wiederholten Verstößen gegen die Verkehrsregeln oder bei Alkohol- oder Drogenmissbrauch am Steuer eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) angeordnet werden, die auch ein verkehrsmedizinisches Gutachten beinhaltet.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass verkehrsmedizinische Gutachten eine wichtige Rolle bei der Beurteilung der Fahreignung spielen und dazu beitragen, die Sicherheit auf den Straßen zu gewährleisten.

Inwiefern können psychische Erkrankungen die Fahreignung beeinflussen?

Psychische Erkrankungen können die Fahreignung auf verschiedene Weisen beeinflussen. Sie können die Wahrnehmung, Informationsverarbeitung, Reaktionsfähigkeit und situationsgerechte Verhaltenssteuerung beeinträchtigen. Dies kann zu einer zeitweiligen Beschränkung der Fahrtüchtigkeit oder sogar zur Aufhebung der Fahreignung führen.

Verschiedene psychische Erkrankungen können die Fahrtüchtigkeit beeinflussen. Dazu gehören organische psychische Störungen, Demenzen, affektive Störungen wie schwere Depressionen und Manien, schizophrene Störungen und Abhängigkeitserkrankungen wie die Abhängigkeit von Alkohol, Medikamenten oder illegalen Drogen. Bei akutem Auftreten dieser Erkrankungen ist die Fahrtüchtigkeit in der Regel nicht gegeben. Nach Abklingen der akuten Krankheitsepisode ist es jedoch in der Regel möglich, wieder am Straßenverkehr teilzunehmen.

Auch die zur Behandlung psychischer Erkrankungen notwendigen Medikamente (Psychopharmaka) können die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigen. Einige Medikamente, wie Tranquilizer und Hypnotika, können die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigen. Neuere selektive Antidepressiva und atypische Antipsychotika scheinen jedoch hinsichtlich Vigilanz und Psychomotorik Vorteile zu haben.

In Deutschland besteht keine Meldepflicht für Erkrankungen, die die Fahrtüchtigkeit einschränken können. Der Verkehrsteilnehmer hat jedoch die Pflicht zur Vorsorge. Er muss dafür sorgen, dass er nicht aufgrund physischer oder psychischer Erkrankungen dahingehend beeinträchtigt ist, sich sicher im Straßenverkehr zu bewegen. Der behandelnde Arzt hat eine Aufklärungspflicht gegenüber dem Patienten und muss ihn über Risiken der Erkrankung, der Therapie und über eventuelle Konsequenzen für den Alltag informieren.

Bei Zweifeln an der Fahrtauglichkeit infolge psychischer Auffälligkeiten kann eine verkehrsmedizinische Begutachtung und Abklärung beauftragt werden. Bei bestimmten Erkrankungen kann die Fahrerlaubnis entzogen werden. Personen mit sehr schwerer Depression oder in manischen Phasen dürfen kein Kraftfahrzeug führen. Erst wenn die Symptome abgeklungen sind und mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht wieder auftreten, ist das Fahren wieder erlaubt.

VG München – Az.: M 1 E 14.5333 – Beschluss vom 12.01.2015

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf 2.500,– Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Inhalt, die Antragsgegnerin zur Anerkennung eines von ihr vorgelegten verkehrsmedizinischen Gutachtens und zur Wiedererteilung ihrer Fahrerlaubnis der Klasse B zu verpflichten.

Die Antragstellerin war Inhaberin einer im Jahr 1994 erteilten Fahrerlaubnis, die die Klassen AM, B, BE, C1, C1E, L und M umfasste.

Vom 19. bis 21. Dezember 2012 befand sie sich in stationär-psychiatrischer Behandlung in der … Klinik …. Im Entlassungsbericht vom … Dezember 2012 werden die Diagnosen schizoaffektive Störung, derzeit depressive Episode (ICD-10 F25.1), Panikattacken (ICD-10 F 41.0) und posttraumatische Belastungsstörung (ICD-10 F43.1) gestellt. Die ehemals zuständige Fahrerlaubnisbehörde des Landratsamts Freising forderte die Antragstellerin nach Vorlage dieses Berichts mit Schreiben vom … Mai 2013 auf, ein Gutachten eines Facharztes mit verkehrsmedizinischer Qualifikation beizubringen. Die Antragstellerin benannte zuerst Dr. … als das Gutachten erstellenden Arzt, legte ein Gutachten dann aber nicht vor. Das Landratsamt Freising entzog ihr deshalb mit Bescheid vom … August 2013 die Fahrerlaubnis aller Klassen. Den eingelegten Widerspruch wies die Regierung von Oberbayern mit Widerspruchsbescheid vom … Februar 2014 zurück. Die hiergegen erhobene Klage (Az. M 1 K 14.1102) nahm die Antragstellerin am 15. Juli 2014 zurück.

Am 4. September 2014 beantragte die mittlerweile nach … verzogene Antragstellerin bei der Antragsgegnerin die Neuerteilung der Fahrerlaubnis der Klasse B. Ihre ehemaligen Bevollmächtigten legten mit Schriftsatz vom 2. September 2014 ein Gutachten von Dr. …, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, vom … August 2014 vor. In diesem Gutachten beantwortet dieser die Fragestellung, „ob Frau Sch. gemäß den Richtlinien der Fahrerlaubnisverordnung gemäß den Gutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung in der Lage ist, ein Fahrzeug der Klasse B sicher zu führen.“ Er kommt zu dem Ergebnis, dass jetzt ein ausreichend stabiler Zustand vorliege, „sodass die Fahrtauglichkeit zum Führen der Klasse B nicht beeinträchtigt ist. … Gemäß den Richtlinien der Fahrerlaubnisverordnung besteht Fahrtauglichkeit für die Gruppe B sowohl der Klasse 1 als auch der Klasse 2.“

Am 27. November 2014 beantragte die Antragstellerin beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, das verkehrsmedizinische Gutachten von Dr. … vom … August 2014 anzuerkennen und die Fahrerlaubnis der Klasse B wiederzuerteilen.

Sie trägt vor, sie habe sich bereits im Oktober 2013 unter Vorlage der vom Landratsamt Freising übersandten Führerscheinakte von Dr. … untersuchen lassen; diese Untersuchung sei aufgrund nicht nachgewiesener Stabilität negativ verlaufen. Die Untersuchung vom … August 2014 habe dagegen mit einer positiven Bescheinigung geendet. Sie sei auf die Fahrerlaubnis angewiesen, weil sie ihre in … lebenden Kinder sonst nur unter erschwerten Umständen regelmäßig besuchen könne.

Mit Schreiben vom 11. Dezember 2014, gerichtet an die ehemaligen Bevollmächtigten der Antragstellerin, forderte die Antragsgegnerin die Antragstellerin auf, ein Gutachten eines Facharztes der Fachrichtung Psychiatrie mit verkehrsmedizinischer Qualifikation vorzulegen. Das Gutachten solle abklären, ob die Antragstellerin trotz des Vorliegens einer Erkrankung (schizoaffektive Störung mit begleitenden Belastungen) in der Lage sei, den Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen der Klasse B gerecht zu werden und ob ggf. Auflagen zur Fahrerlaubnis und/oder weitere Nachuntersuchungen – und falls ja, in welchem Zeitabstand – erforderlich seien. Das Gutachten von Dr. … vom … August 2014 sei nicht verwertbar, da es ohne Vorliegen der Fahrerlaubnisakte und einer von der Fahrerlaubnisbehörde formulierten Fragestellung erstellt worden sei. Außerdem beantworte es die Frage der Fahrtauglichkeit, nicht der Fahreignung. Zudem entspreche die im Gutachten vorgenommene Einordnung in „Gruppe B“ sowie „Klasse 1 und 2“ nicht der geltenden Rechtslage.

Die Antragsgegnerin beantragte am 18. Dezember 2014, den Antrag abzulehnen.

Sie führt aus, ein Anordnungsgrund liege nicht vor, weil es dem Ehemann der Antragstellerin zuzumuten sei, sie zu dem 14-tägigen Umgang mit ihren Kindern nach … zu fahren; überdies habe sie auch bislang eine Möglichkeit gefunden, den Umgang wahrzunehmen. Auch fehle ein Anordnungsanspruch; insoweit werden die Ausführungen im Schreiben vom 11. Dezember 2014 wiederholt. Im Übrigen sei noch ein bei der Antragstellerin vorliegender insulinpflichtiger Diabetes mellitus gutachtlich abzuklären.

Die Antragstellerin repliziert, die Gutachtensaufforderung vom 11. Dezember 2014 sei ihr nicht zugegangen. Es sei ihr bisher nur unter großen Schwierigkeiten möglich gewesen, das Umgangsrecht wahrzunehmen; als eigene Partei dürfe sie nicht darauf verwiesen werden, dass ihr Ehemann sie zu Terminen mit ihren Kindern fahre. Ein Gutachten zum Diabetes mellitus könne vorgelegt werden.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der vorgelegten Behördenakte und der Gerichtsakte verwiesen.

II.

Der Antrag der Antragstellerin ist dahin auszulegen (§ 88, § 122 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO –), dass sie die – zeitlich unbegrenzte – Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Herausgabe oder Neuerteilung ihrer Fahrerlaubnis der Klasse B ohne Beibringung eines neuen verkehrsmedizinischen Gutachtens, vielmehr auf der Grundlage des Gutachtens von Dr. … vom … August 2014 begehrt.

Der so ausgelegte Antrag hat keinen Erfolg.

1. Der Antrag auf Herausgabe der Fahrerlaubnis ist bereits unzulässig.

Soweit der Antrag auf schlichte Herausgabe des Führerscheins der Antragstellerin gerichtet sein sollte, steht ihm die Bestandskraft des Bescheids des Landratsamts Freising vom … August 2013 entgegen, mit dem ihr die Fahrerlaubnis entzogen worden und sie zur Abgabe des Führerscheins aufgefordert worden war. Nach der Entziehung der Fahrerlaubnis ist der Führerschein gemäß § 3 Abs. 2 Satz 3 Straßenverkehrsgesetz (StVG) der Fahrerlaubnisbehörde abzuliefern. Gleichermaßen regelt § 47 Abs. 1 Satz 1 Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV), dass nach der Entziehung von einer deutschen Behörde ausgestellte nationale und internationale Führerscheine unverzüglich der entscheidenden Behörde abzuliefern sind. Diese Vorschriften hat der bestandskräftige Bescheid des Landratsamts Freising vom … August 2013 umgesetzt.

2. Der Antrag auf Neuerteilung einer Fahrerlaubnis ist unbegründet.

Sollte die Antragstellerin die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis und die Ausstellung eines neuen Führerscheins begehren, kann der Antrag deshalb keinen Erfolg haben, weil das ohne zeitliche Begrenzung angestrebte Rechtschutzziel auf das Gleiche wie in einem Hauptsacheverfahren gerichtet ist. Es würde jedoch dem Wesen und dem Zweck einer einstweiligen Anordnung widersprechen, wenn der Antragstellerin in vollem Umfang gewährt würde, was sie nur in einem Hauptsacheprozess erreichen kann. Zwar gilt im Hinblick auf das verfassungsrechtliche Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz

– GG –) das grundsätzliche Verbot einer Vorwegnahme der Hauptsache dann nicht, wenn eine bestimmte Regelung zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist, d.h. wenn die Ablehnung der begehrten Entscheidung für die Antragstellerin mit unzumutbaren Nachteilen verbunden wäre und mit hoher Wahrscheinlichkeit von einem Obsiegen in der Hauptsache auszugehen ist. Das ist jedoch nicht der Fall.

Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis ergehen, wenn diese Regelung nötig erscheint, um u.a. wesentliche Nachteile abzuwenden. Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO ist, dass sowohl ein Anordnungsgrund als auch ein Anordnungsanspruch vorliegen. Deren tatsächliche Voraussetzungen müssen zwar nicht zur Überzeugung des Gerichts feststehen, aber hinreichend wahrscheinlich (glaubhaft) sein. Ein Anordnungsgrund besteht, wenn eine vorläufige gerichtliche Entscheidung erforderlich ist, weil ein Verweis auf das Hauptsacheverfahren aus besonderen Gründen unzumutbar ist. Ein Anordnungsanspruch liegt vor, wenn der Antragsteller in der Hauptsache bei summarischer Prüfung voraussichtlich Erfolg haben wird. Maßgebend sind die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts.

2.1. Die Antragstellerin hat bereits keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht, der es rechtfertigen würde, das im Verfahren nach § 123 VwGO grundsätzlich geltende Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache im Interesse der Gewährung effektiven Rechtsschutzes zu durchbrechen. Für das Gericht ist nicht nachvollziehbar, warum es ihr nicht möglich sein sollte, bis zur Entscheidung in einem Hauptsacheverfahren, das noch nicht einmal anhängig gemacht worden ist, die gleichen – möglicherweise weniger komfortablen – Verkehrsmittel zur Wahrnehmung des Umgangsrechts mit ihren in … lebenden Kindern zu nutzen wie bisher. Dem Gericht ist überdies weder mitgeteilt worden noch ersichtlich, welcher Art die Umstände sind, die es der Antragstellerin unmöglich oder jedenfalls außergewöhnlich beschwerlich erscheinen lassen, ihre Kinder in … aufzusuchen.

2.2. Auch ein Anordnungsanspruch liegt nicht vor.

Voraussetzung für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis wäre es, dass die Antragstellerin nachweisbar die Eignungsvoraussetzungen nach § 2 Abs. 4 Satz 1 StVG, § 11 Abs. 1 Sätze 1 und 2 FeV erfüllt. Das ist nicht der Fall.

Zum Führen von Kraftfahrzeugen ist gemäß § 2 Abs. 4 Satz 1 StVG geeignet, wer die notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllt und nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder gegen Strafgesetze verstoßen hat. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 FeV müssen Bewerber um eine Fahrerlaubnis die hierfür geltenden körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen. Die Anforderungen sind nach § 11 Abs. 1 Satz 2 FeV insbesondere nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 zur FeV vorliegt, wodurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen wird. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung des Fahrerlaubnisbewerbers begründen, kann die Fahrerlaubnisbehörde nach § 11 Abs. 2 Satz 1 FeV zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens durch den Bewerber anordnen. Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung bestehen nach § 11 Abs. 2 Satz 2 FeV insbesondere, wenn Tatsachen bekannt werden, die auf eine Erkrankung oder einen Mangel nach Anlage 4 oder 5 zur FeV hinweisen. Gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 FeV gelten für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht die Vorschriften für die Ersterteilung, also insbesondere die vorgenannten Vorschriften.

Die Einholung eines ärztlichen Gutachtens ist im Fall der Antragstellerin erforderlich. Tatsachen, die auf eine Erkrankung oder einen Mangel nach Anlage 4 zur FeV bei der Antragstellerin hinweisen, sind der Antragsgegnerin hier bekannt geworden. Sie ergeben sich zum einen aus dem Entlassungsbericht der … Klinik … vom … Dezember 2012, in dem die Diagnosen schizoaffektive Störung, derzeit depressive Episode (ICD-10 F25.1), Panikattacken (ICD-10 F 41.0) und posttraumatische Belastungsstörung (ICD-10 F43.1) gestellt werden. Ferner stellt auch der Umstand, dass der von der Antragstellerin gegenüber der Fahrerlaubnisbehörde des Landratsamts Freising für die Gutachtenerstellung benannte Facharzt Dr. … ihr geraten hat, vorübergehend freiwillig auf die Fahrerlaubnis zu verzichten, eine solche Tatsache dar. Die im Entlassungsbericht diagnostizierte schizoaffektive Störung, derzeit depressive Episode (ICD-10 F25.1) gibt ebenso wie die in der Folge ergangene Äußerung von Dr. … Anlass zur Abklärung, ob eine in Nr. 7.5.1 der Anlage 4 zur FeV genannte sehr schwere Depression, eine in Nr. 7.5.3 der Anlage 4 zur FeV genannte sehr schwere depressive Phase oder eine in Nr. 7.6 der Anlage 4 zur FeV genannte schizophrene Psychose vorliegt, die jeweils Fahreignung ausschließen würde. Ob eine der genannten Erkrankungen gegeben ist und welche dies ist, kann nur durch das von der Behörde anzuordnende Gutachten geklärt werden. Nicht Voraussetzung einer Gutachtensanordnung ist es, dass das Vorliegen einer der genannten Voraussetzungen der Anlage 4 zur FeV bereits feststeht. Denn dann stünde auch die Fahrungeeignetheit fest und es bedürfte keines Gutachtens mehr (vgl. BayVGH, B.v. 4.2.2014 – 11 CS 13.2598 – juris Rn. 12; B.v. 7.10.2013 – 11 CS 13.1703 – juris Rn. 17). Hinzu kommt hier, dass die Antragsgegnerin vor Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis eine fachliche Einschätzung darüber benötigt, ob die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen angezeigt ist (vgl. § 11 Abs. 2 Satz 1 FeV). Dementsprechend hat sie im zweiten Teil der Anordnung zur Beibringung eines Gutachtens vom 11. Dezember 2014 die Frage aufgeworfen, ob ggf. Auflagen zur Fahrerlaubnis und/oder weitere Nachuntersuchungen erforderlich sind. Das diesbezügliche Schreiben konnte nach Art. 8 Abs. 1 Satz 1 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (VwZVG) an die ehemaligen Bevollmächtigten der Antragstellerin gerichtet werden, die zuvor für die Antragstellerin aufgetreten waren.

Das von der Antragstellerin vorgelegte Gutachten von Dr. … vom … August 2014 erfüllt die Anforderungen an die erforderliche Begutachtung nicht. Zweifelhaft ist bereits, ob der Gutachter die auf Klärung der Fahreignung abzielende Aufgabenstellung richtig erfasst hat, weil zum einen die Formulierung der Fragestellung auf S. 1 des Gutachtens Zweifel aufwirft und er zum anderen die „Fahrtauglichkeit“, nicht aber die Fahreignung der Antragstellerin bejaht hat. Hieraus ergeben sich jedenfalls Zweifel daran, ob Dr. … über die nötige verkehrsmedizinische Qualifikation verfügt (vgl. § 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 Fev). Jedenfalls aber erfüllt das Gutachten nicht die Voraussetzungen des § 11 Abs. 6 FeV. Nach § 11 Abs. 6 Satz 1 FeV legt die Fahrerlaubnisbehörde unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls und unter Beachtung der Anlagen 4 und 5 zur FeV in der Anordnung zur Beibringung des Gutachtens fest, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind. Ferner teilt sie nach § 11 Abs. 6 Satz 4 FeV der untersuchenden Stelle mit, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind und übersendet ihr die vollständigen Unterlagen. Beides ist im vorliegenden Fall unterblieben. Die Beantwortung der vom Landratsamt Freising im Mai 2013 im Verfahren der Fahrerlaubnisentziehung gestellten Frage ist nicht gleichzusetzen mit der Beantwortung der von der Antragsgegnerin im Dezember 2014 im Verfahren zur Neuerteilung der Fahrerlaubnis gestellten Frage. Mit Abschluss des Fahrerlaubnisentziehungsverfahrens und Neuantragstellung bei der Antragsgegnerin hat ein neues Verwaltungsverfahren begonnen, in dem die (jeweilige) Fahrerlaubnisbehörde die ihr klärungsbedürftig erscheinende Frage selbst formulieren kann. Entsprechend hat die Antragsgegnerin die Frage darauf ausgedehnt, ob ggf. Auflagen zur Fahrerlaubnis und/oder weitere Nachuntersuchungen erforderlich sind, deren Beantwortung ohnehin bislang unterblieben ist. Außerdem hatte Dr. … bei der Begutachtung am … August 2014 die „vollständigen Unterlagen“ nicht zur Verfügung, allein schon deshalb, weil die ihm von der Antragstellerin vorgelegte Behördenakte bei der erstmaligen Untersuchung im Oktober 2013 noch nicht auf dem aktuellen Stand sein konnte.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Als unterlegene Partei hat die Antragstellerin die Kosten des Verfahrens zu tragen.

4. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) i.V.m. den Empfehlungen in Nrn. 1.5 und 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.

 

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