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Weiterbenutzung eines verspätet vorgeführten Kfz nach nicht bestandener Hauptuntersuchung

Dauerdelikt und Doppelbestrafung: OLG Rostock verwirft Rechtsbeschwerde

Der Fall betrifft die rechtliche Bewertung der Weiterbenutzung eines Kraftfahrzeugs nach nicht bestandener Hauptuntersuchung und einer versäumten Vorführfrist, wobei spezifisch die Zulässigkeit einer erneuten Sanktionierung nach bereits erfolgter Bestrafung für denselben Verstoß diskutiert wird.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 21 Ss OWi 208/14 (Z) >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Der Betroffene wurde ursprünglich wegen der verspäteten Vorführung seines Lkws zur Hauptuntersuchung mit einer Geldbuße belegt.
  • Gegen die Entscheidung legte er Rechtsbeschwerde ein, argumentierte dabei jedoch erfolglos gegen die Doppelbestrafung für denselben Verstoß.
  • Das Gericht stellte fest, dass die unterlassene Vorführung zur Hauptuntersuchung eine abgeschlossene Dauerordnungswidrigkeit darstellt, die mit der späteren Vorführung, auch bei festgestellten Mängeln, endet.
  • Nach erfolgter Vorführung beginnt für diese Ordnungswidrigkeit die Verjährungsfrist.
  • Eine erneute Bestrafung für denselben Verstoß verstößt gegen das Prinzip der Doppelbestrafung.
  • Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde wurde abgelehnt, und der Betroffene trägt die Kosten des Rechtsmittels.
  • Die Entscheidung betont die Notwendigkeit einer klaren Abgrenzung zwischen fortlaufenden und abgeschlossenen Ordnungswidrigkeiten im Kontext der Fahrzeugüberprüfungen.

Fahrzeugüberwachung und Sicherheit im Straßenverkehr

Die regelmäßige Hauptuntersuchung von Kraftfahrzeugen ist gesetzlich vorgeschrieben, um die Verkehrssicherheit zu gewährleisten. Dabei werden Fahrzeuge auf ihre Betriebssicherheit und Umweltverträglichkeit überprüft. Werden Mängel festgestellt, müssen diese fristgerecht behoben und das Fahrzeug erneut vorgeführt werden.

Die rechtlichen Konsequenzen, wenn ein Fahrzeug entgegen den Auflagen weiter genutzt wird, sind vielfältig. Von Bußgeldern bis hin zum Entzug der Fahrerlaubnis sind verschiedene Sanktionen möglich. Zudem kann die mehrfache Ahndung desselben Verstoßes gegen das Verbot der Doppelbestrafung verstoßen.

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➜ Der Fall im Detail


Dauerordnungswidrigkeit und Doppelbestrafung

In diesem Fall geht es um die rechtliche Bewertung der Weiterbenutzung eines Kraftfahrzeugs, das die Hauptuntersuchung (HU) nicht bestanden hat und verspätet vorgeführt wurde.

Dauerordnungswidrigkeit HU: Bußgeld oder Fahrverbot
(Symbolfoto: Anne Czichos /Shutterstock.com)

Der Betroffene wurde vom Amtsgericht Stralsund wegen vorsätzlichen Unterlassens der Vorführung seines Lkws zur HU zu einer Geldbuße verurteilt. Er legte Rechtsbeschwerde ein und argumentierte, dass seine Verurteilung gegen das Verbot der Doppelbestrafung verstoße, da der gleiche Verstoß bereits mit einem vorherigen Bußgeldbescheid geahndet wurde. Das Oberlandesgericht (OLG) Rostock hatte nun zu entscheiden, ob die Rechtsbeschwerde zugelassen werden sollte.

Sachverhalt und rechtliches Problem

Der Betroffene wurde beschuldigt, einen Lkw vorsätzlich nicht zur HU vorgeführt zu haben, obwohl die Frist dafür bereits im März 2013 abgelaufen war. Er wurde vom Amtsgericht Stralsund zu einer Geldbuße verurteilt. Gegen dieses Urteil legte er Rechtsbeschwerde ein. Das OLG Rostock musste nun prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde vorlagen. Das Gericht musste dabei die Frage klären, ob es sich bei dem Verstoß gegen die Pflicht zur HU um eine Dauerordnungswidrigkeit handelte und ob eine Doppelbestrafung vorlag.

Der Betroffene argumentierte, dass sein Verstoß bereits mit einem Bußgeldbescheid vom 31.03.2014 geahndet worden sei, der im August 2014 rechtskräftig geworden war. Die Generalstaatsanwaltschaft hingegen beantragte, den Zulassungsantrag als unbegründet zu verwerfen. Das Gericht musste nun die rechtlichen Grundlagen und die spezifischen Umstände des Falls abwägen, um zu einer Entscheidung zu gelangen.

Entscheidung des Gerichts

Das OLG Rostock entschied, dass der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde als unbegründet zu verwerfen sei. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass die Voraussetzungen des § 80 Abs. 2 Nr. 1 OWiG nicht gegeben seien. Es führte aus, dass bei einer Geldbuße von nicht mehr als 100 € die Rechtsbeschwerde nur zur Fortbildung des Rechts zugelassen werden könne, was in diesem Fall nicht erforderlich sei.

Das Gericht stellte fest, dass es sich bei dem Verstoß gegen die Pflicht zur HU um eine Dauerordnungswidrigkeit handelte, die mit der verspäteten Vorführung des Fahrzeugs endete. Die dreimonatige Verjährungsfrist für diese Ordnungswidrigkeit begann mit der Vorführung im „Herbst 2013“ zu laufen. Das Gericht wies darauf hin, dass die Pflicht zur HU keine Verpflichtung beinhaltet, das Fahrzeug in mängelfreiem Zustand vorzuführen. Der Betroffene hatte somit seine Pflicht erfüllt, auch wenn das Fahrzeug Mängel aufwies.

In Bezug auf das Verbot der Doppelbestrafung stellte das Gericht fest, dass die Ordnungswidrigkeit mit der Rechtskraft des Bußgeldbescheids vom 31.03.2014 umfassend geahndet worden war. Der zweite Bußgeldbescheid und das angefochtene Urteil bezogen sich auf den gleichen Verstoß, nämlich die Nichtvorführung des Lkws zur fälligen HU. Das Gericht wies die Auffassung des Amtsgerichts zurück, dass jede Fahrt mit dem nicht vorgeführten Fahrzeug einen neuen Verstoß darstelle. Die Teilnahme am Straßenverkehr mit einem durchgefallenen Fahrzeug stelle keinen neuen Verstoß dar und führe auch nicht zu einer neuen Ordnungswidrigkeit.

Das Gericht betonte, dass die unterlassene Mängelbeseitigung und Wiedervorführung eine neue, eigenständige Ordnungswidrigkeit darstellten, die jedoch nicht verfolgt worden sei. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass dem Zulassungsantrag sowohl das Verfahrenshindernis der Verfolgungsverjährung als auch das Verbot der Doppelbestrafung entgegenstünden. Diese Verfahrenshindernisse seien bereits vor Erlass des angefochtenen Urteils eingetreten und daher unbeachtlich im Verfahren über die Zulassung der Rechtsbeschwerde.

✔ Häufige Fragen – FAQ

Was bedeutet eine Dauerordnungswidrigkeit im Zusammenhang mit der Hauptuntersuchung eines Fahrzeugs?

Die unterlassene Vorführung eines Fahrzeugs zur fälligen Hauptuntersuchung (HU) stellt eine Dauerordnungswidrigkeit dar. Das bedeutet, die Ordnungswidrigkeit beginnt mit Ablauf der Vorführfrist und endet erst, wenn der Handlungspflicht nachgekommen wird, also das Fahrzeug zur HU vorgeführt wird.

Konkret muss ein Fahrzeug spätestens bis zum Ablauf eines Monats nach dem auf der HU-Plakette angegebenen Termin zur Untersuchung vorgeführt werden. Geschieht dies nicht, liegt ab diesem Zeitpunkt eine andauernde, also eine Dauerordnungswidrigkeit vor.

Die Dauerordnungswidrigkeit endet, sobald das Fahrzeug – wenn auch verspätet – zur HU vorgeführt wird. Dies gilt selbst dann, wenn erhebliche Mängel festgestellt werden, die einer Erteilung der Prüfplakette entgegenstehen und eine erneute Vorführung erforderlich machen. Wird das Fahrzeug nach nicht bestandener HU weiter im Straßenverkehr genutzt ohne Mängelbeseitigung, beginnt keine neue Dauerordnungswidrigkeit.

Die Zäsurwirkung, also die Beendigung der Dauerordnungswidrigkeit, tritt entweder durch ein tatrichterliches Urteil oder einen rechtskräftigen Bußgeldbescheid ein. Unterlässt der Halter auch nach einer solchen Entscheidung weiterhin die Vorführung, beginnt eine neue, selbstständig zu ahndende Tat.

Was versteht man unter dem Verbot der Doppelbestrafung?

Das Verbot der Doppelbestrafung, auch bekannt unter dem lateinischen Rechtsgrundsatz „ne bis in idem“ („nicht zweimal in derselben Sache“), ist ein fundamentales rechtsstaatliches Prinzip im Strafrecht. Es besagt, dass niemand wegen derselben Tat mehrmals auf Grundlage der allgemeinen Strafgesetze bestraft werden darf.

In Deutschland ist dieses Verbot in Artikel 103 Absatz 3 des Grundgesetzes verankert: „Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.“ Damit hat das Verbot der Doppelbestrafung Verfassungsrang.

Dem Grundsatz liegt das Bedürfnis nach Rechtssicherheit zugrunde. Wenn jemand wegen einer Straftat rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen wurde, soll damit Rechtsfrieden einkehren. Die Sache ist endgültig abgeschlossen, eine erneute Strafverfolgung oder Bestrafung wegen derselben Tat ist unzulässig.

Das Verbot schützt den Betroffenen nicht nur vor doppelter Bestrafung im engeren Sinne, sondern auch schon vor einer erneuten Strafverfolgung, selbst wenn das erste Verfahren mit einem Freispruch endete. Eine Wiederaufnahme des Verfahrens ist nur unter sehr engen, gesetzlich festgelegten Voraussetzungen möglich.

Neben dem nationalen Verfassungsrecht ist das Verbot der Doppelbestrafung auch in internationalen Übereinkommen wie der Europäischen Menschenrechtskonvention (Art. 4 des 7. Zusatzprotokolls) und der EU-Grundrechtecharta (Art. 50) verankert. Innerhalb der EU soll es grenzüberschreitend gelten und eine Person davor schützen, wegen derselben Tat in mehreren Mitgliedstaaten strafrechtlich verfolgt zu werden.

Wichtig ist, dass sich das Verbot auf die Verhängung gleichartiger Sanktionen bezieht, insbesondere strafrechtlicher Art. Andere Maßnahmen wie Disziplinarstrafen oder der Entzug einer Berufszulassung bleiben möglich, auch wenn bereits eine Strafe durch ein Strafgericht erfolgte.

Wie wird eine verspätete Fahrzeugvorführung zur Hauptuntersuchung rechtlich behandelt?

Eine verspätete Vorführung eines Fahrzeugs zur fälligen Hauptuntersuchung (HU) stellt eine Dauerordnungswidrigkeit dar. Das bedeutet, die Ordnungswidrigkeit beginnt mit Ablauf der Vorführfrist und endet erst, wenn der Handlungspflicht nachgekommen wird, also das Fahrzeug zur HU vorgeführt wird.

Konkret muss ein Fahrzeug spätestens bis zum Ablauf eines Monats nach dem auf der HU-Plakette angegebenen Termin zur Untersuchung vorgeführt werden. Geschieht dies nicht, liegt ab diesem Zeitpunkt eine andauernde, also eine Dauerordnungswidrigkeit vor.

Je nach Dauer der Fristüberschreitung sieht der Bußgeldkatalog gestaffelte Sanktionen vor:

  • Verspätung von 2-4 Monaten: 15 Euro Verwarnungsgeld
  • Verspätung von 4-8 Monaten: 25 Euro Bußgeld
  • Verspätung von mehr als 8 Monaten: 60 Euro Bußgeld und 1 Punkt im Fahreignungsregister

Die Dauerordnungswidrigkeit endet, sobald das Fahrzeug – wenn auch verspätet – zur HU vorgeführt wird. Dies gilt selbst dann, wenn erhebliche Mängel festgestellt werden, die einer Erteilung der Prüfplakette entgegenstehen und eine erneute Vorführung erforderlich machen. Wird das Fahrzeug nach nicht bestandener HU weiter im Straßenverkehr genutzt ohne Mängelbeseitigung, beginnt keine neue Dauerordnungswidrigkeit.

Die Zäsurwirkung, also die Beendigung der Dauerordnungswidrigkeit, tritt entweder durch ein tatrichterliches Urteil oder einen rechtskräftigen Bußgeldbescheid ein. Unterlässt der Halter auch nach einer solchen Entscheidung weiterhin die Vorführung, beginnt eine neue, selbstständig zu ahndende Tat.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die verspätete HU-Vorführung eine fortdauernde Ordnungswidrigkeit darstellt, die erst mit der tatsächlichen Vorführung endet und je nach Dauer mit Verwarnungs- oder Bußgeldern sowie Punkten im Fahreignungsregister geahndet wird. Eine zügige Nachholung der HU ist daher in jedem Fall anzuraten.

Welche Rolle spielt die Hauptuntersuchung bei der Bewertung von Verkehrsordnungswidrigkeiten?

Die Hauptuntersuchung (HU) spielt eine zentrale Rolle bei der Bewertung von Verkehrsordnungswidrigkeiten im Zusammenhang mit der Verkehrssicherheit von Fahrzeugen. Durch die regelmäßige Überprüfung soll sichergestellt werden, dass nur verkehrstaugliche und vorschriftsmäßige Fahrzeuge am Straßenverkehr teilnehmen.

Das Überschreiten der Fristen für die Hauptuntersuchung stellt an sich bereits eine Verkehrsordnungswidrigkeit dar. Je nach Dauer der Fristüberschreitung und Fahrzeugtyp sieht der Bußgeldkatalog gestaffelte Sanktionen vor, von Verwarnungsgeldern über Bußgelder bis hin zu Punkten in Flensburg.

Wird ein Fahrzeug ohne gültige HU im Straßenverkehr geführt und es kommt zu einem Unfall, kann dies haftungsrechtliche Folgen haben. Die Kfz-Versicherung ist zwar grundsätzlich zur Regulierung von Fremdschäden verpflichtet, kann aber bei fahrlässigem Handeln Regress beim Versicherungsnehmer nehmen. Welche Mängel zum Unfallzeitpunkt vorlagen, spielt dabei eine wichtige Rolle.

Stellt der Prüfer bei der HU erhebliche Mängel fest, die eine Verkehrsgefährdung darstellen, wird die Plakette verweigert. Das Fahrzeug muss dann zunächst repariert und erneut vorgeführt werden. Für Fahrten mit festgestellten Mängeln, aber noch ohne neue Plakette, gilt eine Monatsfrist. Danach drohen Sanktionen wegen Fahrens ohne gültige HU.

Besonders streng sind die Vorschriften für Fahrzeuge, die laut StVZO einer Sicherheitsprüfung unterliegen, wie Taxis oder Mietwagen. Hier drohen schon ab dem ersten Tag nach Fristablauf Bußgelder.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Die HU ist das zentrale Instrument, um die Verkehrssicherheit von Fahrzeugen zu gewährleisten. Verstöße gegen die HU-Pflichten und das Fahren mit Mängeln werden als Ordnungswidrigkeiten geahndet und können im Schadensfall auch zivilrechtliche Haftungsfolgen nach sich ziehen.

§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

  • § 29 Abs. 1 Satz 1 StVZO: Regelt die Pflicht zur regelmäßigen Hauptuntersuchung (HU) von Fahrzeugen, um die Verkehrssicherheit zu gewährleisten. In diesem Fall zentral, da der Betroffene sein Fahrzeug nicht fristgerecht vorgeführt hat.
  • § 69a Abs. 2 Nr. 14 StVZO: Bestimmt die Sanktionierung bei Nichtbeachtung der Vorführpflicht zur HU als Ordnungswidrigkeit. Relevanz ergibt sich aus der Verurteilung des Betroffenen für genau dieses Unterlassen.
  • § 24 StVG: Ermöglicht die Ahndung von Verstößen gegen die StVZO, inklusive der Nichtvorführung zur HU, als Ordnungswidrigkeit. Unterstützt das Verständnis, warum das Unterlassen der HU-Prüfung rechtliche Folgen hat.
  • § 80 Abs. 2 Nr. 1 OWiG: Regelung zu den Voraussetzungen der Zulassung einer Rechtsbeschwerde. Bedeutsam, da der Antrag des Betroffenen aufgrund dieser Vorschrift als unbegründet verworfen wurde.
  • § 31 OWiG & § 26 Abs. 3 StVG: Behandeln die Verjährung von Ordnungswidrigkeiten. Relevant, da die Verjährung im Kontext der Dauerordnungswidrigkeit und des Zeitpunkts der Handlung eine Rolle spielt.
  • Verbot der Doppelbestrafung (ne bis in idem): Grundsatz, dass niemand für dieselbe Tat mehrfach bestraft werden darf. Wichtig, weil der Betroffene argumentiert, dass er für den gleichen Verstoß nicht erneut bestraft werden kann.
  • § 29 Abs. 7 StVZO: Erweitert die Pflichten nach einer nicht bestandenen HU, insbesondere die Behebung festgestellter Mängel und die erneute Vorführung des Fahrzeugs. Relevant für das Verständnis der nachfolgenden Pflichten nach einer HU.
  • § 80 Abs. 3 Satz 2, § 79 Abs. 3 Satz 1, § 354 Abs. 1 StPO: Normen, die das Verfahren bei Vorliegen eines Verfahrenshindernisses regeln. In diesem Kontext wichtig, da sie die Handlungsoptionen des Gerichts bei Vorliegen eines solchen Hindernisses bestimmen.
  • § 265 StPO: Ermöglicht dem Gericht, einen rechtlichen Hinweis zu geben, wenn sich der rechtliche Gesichtspunkt der Beurteilung ändert. Dies ist relevant für die Möglichkeit, eine neue Ordnungswidrigkeit zu verfolgen.


Das vorliegende Urteil

OLG Rostock – Az.: 21 Ss OWi 208/14 (Z) – Beschluss vom 16.12.2014

1. Der Antrag des Betroffenen, die Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts Stralsund vom 11.09.2014 zuzulassen, wird als unbegründet verworfen.

2. Der Beschwerdeführer trägt die Kosten seines Rechtsmittels.

Gründe

I.

Das Amtsgericht Stralsund verurteilte den Betroffenen am 11.09.2014 wegen vorsätzlichen Unterlassens der Vorführung eines Lkw zur Hauptuntersuchung zu einer Geldbuße in Höhe von 60 € (Ordnungswidrigkeit gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1, § 69a Abs. 2 Nr. 14 StVZO, § 24 StVG).

Hiergegen wendet sich der Betroffene mit seinem Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde. Er macht mit der Sachrüge geltend, seine Verurteilung verstoße gegen das Verbot der Doppelbestrafung, weil der verfahrensgegenständliche Verstoß bereits mit seit dem 19.08.2014 bestandskräftigem Bußgeldbescheid des Landrates des Landkreises Vorpommern-Rügen vom 31.03.2014 geahndet worden sei.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, den Zulassungsantrag als unbegründet zu verwerfen. Der Betroffene hat hierauf mit Schreiben seines Verteidigers vom 10.12.2014 erwidert.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde war als unbegründet zu verwerfen, weil die hier allein in Betracht kommenden Voraussetzungen des § 80 Abs. 2 Nr. 1 OWiG nicht gegeben sind.

1. Wenn gegen den Betroffenen – wie hier – eine Geldbuße von nicht mehr als 100 € festgesetzt wurde, kann die Rechtsbeschwerde wegen der angeblich fehlerhaften Anwendung von Normen des sachlichen Rechts, zu denen auch die Vorschriften gehören, aus denen sich Verfahrenshindernisse ergeben, nur zur Fortbildung des Rechts zugelassen werden, wenn dies geboten ist. Eine Zulassung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist in derartigen Fällen von Gesetzes wegen ausgeschlossen.

2. Stellt sich vor der Entscheidung über den Zulassungsantrag heraus, dass ein Verfahrenshindernis besteht, das bereits vor Erlass des angefochtenen Urteils eingetreten ist, steht dies einer Zulassung der Rechtsbeschwerde grundsätzlich entgegen, weil das Beschwerdegericht das Verfahren dann nach der Zulassung sofort nach § 80 Abs. 3 Satz 2, § 79 Abs. 3 Satz 1, § 354 Abs. 1 StPO einstellen müsste und deswegen gerade daran gehindert wäre, etwas zur Fortbildung des sachlichen Rechts beizutragen (vgl. § 80 Abs. 5 OWiG). Etwas anderes kann nur in solchen Fällen gelten, in denen es gerade darum geht, nach Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts zu diesem Verfahrenshindernisses etwas zu sagen (vgl. Seitz in Göhler, OWiG, 16. Aufl. § 80 Rdz. 23 f. m.w.N.). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier jedoch nicht vor.

a) Bei dem bußgeldbewehrten Verstoß gegen das Gebot, ein zulassungspflichtiges Kraftfahrzeug in regelmäßigen Zeitabständen untersuchen zu lassen (§ 29 Abs. 1 Satz 1, § 69a Abs. 2 Nr. 14 StVZO, § 24 StVG), handelt es sich um eine Dauerordnungswidrigkeit durch Unterlassen (OLG Frankfurt NStZ 1983, 224), die mit Ablauf der Vorführfrist beginnt und deren Beendigung eintritt, wenn der Handlungspflicht nachgekommen und damit der rechtswidrige Zustand beseitigt wird (KK-Graf, OWiG, 4. Aufl., § 31 Rdz. 25 f. m.w.N.; Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl., § 29 StVZO, Rdz. 35 m.w.N.; OLG Hamm, VRS 48, 344 f.: „bis die Anmeldung nachgeholt wird“; OLG Frankfurt a.a.O; OLG Stuttgart, VRS 57, 462: „bis zur gültigen Anmeldung“; BayObLG, VRS 63, 221: „Vornahme der gebotenen Handlung“). Das war nach den getroffenen Urteilsfeststellungen mit der Vorführung des Lkw bei der DEKRA im „Herbst 2013“ der Fall (UA S. 2). Weil § 29 Abs. 1 Satz 1 StVZO i.V.m. Nr. 2.1.4 der Anlage VIII keine Pflicht begründet, das Fahrzeug in mängelfreiem Zustand vorzuführen, ist der Betroffene damit – wenn auch um mehrere Monate verspätet – seiner Pflicht nach dieser Vorschrift nachgekommen, weshalb die Ordnungswidrigkeit damit beendet war. Der nachfolgende Verstoß gegen die Verpflichtung, die bei dieser Hauptuntersuchung festgestellten „schwerwiegenden Mängel“ (UA S. 2) unverzüglich zu beheben und das Fahrzeug spätestens bis zum Ablauf eines Monats nach dem Tag der durchgeführten Hauptuntersuchung wieder vorzuführen (§ 29 Abs. 7 Satz 2 StVZO), stellt eine eigenständige Ordnungswidrigkeit nach § 69a Abs. 2 Nr. 18 StVZO i.V.m. Nr. 3.1.4.3 Satz 2 Halbsatz 2 der Anlage VIII zur StVZO dar und lässt nicht die ursprüngliche Vorführungspflicht nach § 29 Abs. 1 Satz 1 StVZO weiter bestehen (OLG Karlsruhe VRS 125, 320).

b) Mit der Vorführung im „Herbst 2013“ begann hinsichtlich der damit beendeten Dauerordnungswidrigkeit des Verstoßes gegen die Pflicht aus § 29 Abs. 1 Satz 1 StVZO die dreimonatige Verjährungsfrist des § 26 Abs. 3 StVG zu laufen (§ 31 Abs. 3 Satz 1 OWiG). Bereits dem Erlass des Bußgeldbescheides vom 31.03.2014 könnte damit, sofern keine Unterbrechungstatbestände eingetreten sind (§ 33 OWiG), das Verfahrenshindernis der Verfolgungsver-jährung entgegengestanden haben (§ 31 Abs. 1 Satz 1 OWiG).

c) Auch wenn dies nicht der Fall gewesen sein sollte, ist diese Ordnungswidrigkeit jedenfalls mit der am 19.08.2014 durch Einspruchsrücknahme eingetretenen Rechtskraft des Bußgeldbescheides vom 31.03.2014 umfassend mit der Folge geahndet worden, dass schon dem Erlass des Bußgeldbescheides vom 23.04.2014, der Grundlage des vorliegenden Verfahrens ist, das Verbot der Doppelbestrafung entgegenstand. Denn Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist nach dem eindeutigen Wortlaut dieses zweiten Bußgeldbescheides und des angefochtenen Urteils erneut der Vorwurf der Nichtvorführung des LKW zu der im März 2013 fälligen Hauptuntersuchung und gerade nicht der nachfolgende – neue – Verstoß, diesmal gegen die Pflicht zur unverzüglichen Mängelbeseitigung und Wiedervorführung nach § 69a Abs. 2 Nr. 18 StVZO i.V.m. Nr. 3.1.4.3 Satz 2 Halbsatz 2 der Anlage VIII zur StVZO.

d) Die Auffassung des Amtsgerichts und wohl auch der Bußgeldbehörde, der Betroffene habe bei Antritt jeder mit dem LKW unternommenen Fahrt erneut den Entschluss gefasst, sein Geschäftsfahrzeug trotz des abgelaufenen Hauptuntersuchungstermins wieder im Straßenverkehr zu benutzen und damit jedes Mal wieder gegen seine Verpflichtung aus § 29 Abs. 1 Satz 1 StVZO verstoßen, kann nach dem Vorgesagten nicht gefolgt werden. Die weitere Teilnahme mit dem LKW am Straßenverkehr nach der im Herbst 2013 durchgeführten und lediglich nicht bestandenen Hauptuntersuchung lässt weder die bereits beendete Dauerordnungswidrigkeit wieder aufleben, noch handelt es sich dabei um eine neue Ordnungswidrigkeit nach dieser Norm. Dies auch dann nicht, wenn zwischenzeitlich ein Wechsel der Schuldform von Fahrlässigkeit auf Vorsatz stattgefunden haben sollte (vgl. für Fälle der unterlassenen Insolvenzanmeldung OLG München, wistra 2013, 75). Zudem ist die Teilnahme mit einem in der Hauptuntersuchung durchgefallenen Kraftfahrzeug am Straßenverkehr kein Tatbestandsmerkmal des § 29 Abs. 1 StVZO. Auch der Umstand, dass die Bußgeldandrohung sich erhöht, je länger die Frist zur Vorführung zur Hauptuntersuchung überschritten wird, führt nicht dazu, dass mit jeder höheren Sanktionsstufe auch eine neue Ordnungswidrigkeit beginnt. Es handelt sich dabei um eine bloße Verschärfung auf der Rechtsfolgenseite, nicht jedoch um ein zusätzliches Tatbestandsmerkmal, das zu einer geänderten rechtlichen Beurteilung der Tat im prozessualen Sinne (§ 264 StPO) führt.

e) Auf die strittige Frage, ob der Bußgeldbescheid vom 31.03.2014 mit Eintritt seiner Rechtskraft mit der Folge eine rechtliche Zäsurwirkung entfaltet, dass nachfolgend erneut ein Verstoß gegen § 29 Abs. 1 StVZO begangen werden könnte, kommt es vorliegend schon deshalb nicht an, weil die hier verfahrensgegenständliche Fahrt, in der die Bußgeldbehörde und, ihr folgend, das Amtsgericht eine neue Ordnungswidrigkeit nach § 29 Abs. 1 Satz 1 StVZO erblicken, vom Betroffenen bereits am 20.02.2014 durchgeführt wurde, mithin noch vor der erst am 19.08.2014 eingetretenen Rechtskraft des Bußgeldbescheides und sogar noch vor dessen Erlass.

f) Soweit das Amtsgericht die Ansicht des Betroffenen, er könne den Bußgeldtatbestand der Unterlassung der Vorführung „für die Dauer von 8 Monaten“ nur einmal begehen, mit der Begründung als „rechtsirrig“ bezeichnet, es könne nicht sein, dass er nach einmaliger Zahlung einer geringen Geldbuße das betreffende Fahrzeug „unendlich lange ohne Hauptuntersuchung im öffentlichen Straßenverkehr führen (könne), ohne dass dies zu weiteren Sanktionen führen würde“, übersieht es, dass die unterlassene Mängelbeseitigung und die unterbliebene Wiedervorführung nach dem oben Gesagten eine neue – eigenständige – Ordnungswidrigkeit darstellen, die hier lediglich nicht verfolgt worden ist, obwohl dies nach Erteilung eines rechtlichen Hinweises nach § 265 StPO durchaus möglich gewesen wäre (BayObLG VRS 63, 366).

Auch hätte die zuständige Verwaltungsbehörde die Möglichkeit gehabt, dem Betroffenen die weitere Benutzung des Fahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr nach § 29 Abs. 7 Satz 4 StVZO bis zur Neuerteilung einer gültigen Prüfplakette (gfls. unter Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit) zu untersagen oder sie zumindest zu beschränken. Verstöße hiergegen wären nach § 29 Abs. 7 Satz 5, § 69a Abs. 2 Nr. 2 oder 15 StVZO ebenfalls bußgeldbedroht. Schließlich hätte die Verwaltungsbehörde auch die Zulassung für das Fahrzeug widerrufen und dessen Stilllegung anordnen und erforderlichenfalls zwangsweise durchsetzen können.

3. Aus Vorstehendem folgt, dass der Zulassung der Rechtsbeschwerde hier, wenn nicht schon das Verfahrenshindernis der Verfolgungsverjährung so jedenfalls dasjenige des Verbots der Doppelbestrafung entgegensteht. Beide Verfahrenshindernisse wären schon vor Erlass des angefochtenen Urteils eingetreten, weswegen sie nach § 80 Abs. 5 OWiG im Verfahren über die Zulassung der Rechtsbeschwerde unbeachtlich sind. Zu beiden Verfahrenshindernissen gibt es gerade auch im Zusammenhang mit der hier interessierenden Verkehrsordnungswidrigkeit umfangreiche obergerichtliche Rechtsprechung, wie zitiert, weshalb es eines klärenden Wortes des Senats zur Fortbildung des Rechts nicht bedarf. Dass das Amtsgericht mit seiner Entscheidung von dieser Rechtsprechung abgewichen ist bzw. diese nicht beachtet hat, stellt einen Fehler im Einzelfall dar, der nach dem eingangs Gesagten nicht zu einer Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung führen kann.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 1 OWiG, § 473 Abs. 1 StPO. Mit der Verwerfung des Zulassungsantrags gilt die Rechtsbeschwerde als zurückgenommen.

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