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Urteilsfeststellungen zu wirtschaftlichen Verhältnissen bei Verhängung der Geldbuße

Kammergericht hebt Geldbuße auf: Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse erforderlich

Im Urteil des Kammergerichts Berlin mit dem Aktenzeichen 3 Ws (B) 651/13 wurde das vorherige Urteil des Amtsgerichts Tiergarten im Hinblick auf die verhängte Geldbuße und das Fahrverbot wegen einer Verkehrsgeschwindigkeitsübertretung aufgehoben und zur neuerlichen Verhandlung zurückverwiesen, da die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen nicht ausreichend berücksichtigt wurden.

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✔ Das Wichtigste in Kürze

  1. Das Kammergericht Berlin hat das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten aufgehoben und zur neuerlichen Prüfung zurückverwiesen, weil die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen nicht adäquat berücksichtigt wurden.
  2. Trotz Bestätigung des Schuldspruchs wegen vorsätzlicher Überschreitung der Geschwindigkeit wurde kritisiert, dass die Geldbuße von 500 Euro die festgelegte Geringfügigkeitsgrenze deutlich überstieg und keine konkreten Feststellungen zu den finanziellen Umständen des Betroffenen getroffen wurden.
  3. Das Gericht betonte, dass die Geldbuße gemäß den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen angepasst werden muss, insbesondere wenn diese vom Durchschnitt abweichen.
  4. Die Revision des Betroffenen hatte teilweise Erfolg, wobei das Gericht bestimmte Beweisanträge und die Ermittlungen zur Geschwindigkeitsübertretung akzeptierte, jedoch einige Rechtsmittel als unbegründet verwarf.
  5. In der Begründung des Gerichts wurde auf das standardisierte Messverfahren (ProViDa) und die korrekte Anwendung von Toleranzwerten bei der Geschwindigkeitsmessung hingewiesen.
  6. Es wurde angeordnet, dass der Rechtsfolgenausspruch, der das Fahrverbot und die Geldbuße beinhaltet, nicht bestehen kann und neu verhandelt werden muss.
  7. Das Gericht verwies darauf, dass detailliertere Untersuchungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen notwendig sind, einschließlich möglicher Unterhaltsverpflichtungen und der finanziellen Lage der Ehefrau des Betroffenen.

Wichtige Faktoren bei der Geldbuße

Im deutschen Recht spielen bei der Verhängung von Geldbußen die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen eine entscheidende Rolle. Die Höhe der Geldbuße muss an die individuelle finanzielle Situation angepasst werden, um eine angemessene Sanktion zu gewährleisten. Dieser Grundsatz stellt sicher, dass die Geldbuße sowohl eine spürbare Konsequenz darstellt als auch keine übermäßige Härte verursacht.

Bei der Bemessung der Geldbuße müssen daher verschiedene Faktoren berücksichtigt werden. Dazu zählen das Einkommen, etwaige Unterhaltsverpflichtungen, Vermögenswerte und Schulden des Betroffenen. Nur durch eine umfassende Betrachtung der wirtschaftlichen Gesamtsituation kann eine faire und angemessene Geldbuße festgelegt werden.

➜ Der Fall im Detail


Verfahrensgegenstand und Ursprung der Rechtsbeschwerde

Das Kammergericht Berlin entschied am 7. Januar 2014 über die Rechtsbeschwerde eines Betroffenen, der zuvor vom Amtsgericht Tiergarten wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 43 km/h zu einer Geldbuße von 500 Euro und einem einmonatigen Fahrverbot verurteilt worden war. Die Rechtsbeschwerde richtete sich gegen die Höhe der Geldbuße sowie das Fahrverbot, wobei der Betroffene sowohl formelle als auch sachliche Rechtsverletzungen geltend machte.

Aufhebung und Zurückverweisung durch das Kammergericht

Das Kammergericht hob das Urteil des Amtsgerichts auf, jedoch nur im Hinblick auf die Rechtsfolgen, also die verhängte Geldbuße und das Fahrverbot. Die Entscheidung des Amtsgerichts hinsichtlich des Schuldspruchs blieb bestehen, wobei der Betroffene weiterhin der vorsätzlichen Geschwindigkeitsübertretung schuldig gesprochen wurde. Die Sache wurde zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Kernpunkte der gerichtlichen Auseinandersetzung

Während das Amtsgericht die Geschwindigkeitsübertretung als erwiesen ansah, standen insbesondere die Bemessung der Geldbuße und die Verhängung des Fahrverbots im Fokus der juristischen Auseinandersetzung. Das Kammergericht kritisierte, dass das Amtsgericht die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen nicht ausreichend berücksichtigt hatte, was für die Festsetzung der Geldbuße von entscheidender Bedeutung ist.

Grundsätzliche Überlegungen zur Festsetzung von Geldbußen

Die Höhe einer Geldbuße sollte sich stets an den wirtschaftlichen Verhältnissen des Täters orientieren. Das Kammergericht bemängelte, dass das Amtsgericht hier mit einer pauschalen Geldbuße gearbeitet hatte, ohne konkret auf die finanzielle Situation des Betroffenen einzugehen, der Arbeitslosengeld II bezog. Diese Nichtberücksichtigung führte zur Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs.

Juristische Bewertung und methodische Ansätze des Gerichts

Das Kammergericht legte dar, dass ohne ausreichende Feststellungen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen eine angemessene Bemessung der Geldbuße nicht möglich sei. Insbesondere die Tatsache, dass der Betroffene Arbeitslosengeld II bezog, hätte eine genauere Prüfung erfordert. Das Gericht wies zudem darauf hin, dass solche Feststellungen auch notwendig sind, um dem Rechtsbeschwerdegericht eine Überprüfung zu ermöglichen, ob der Tatrichter rechtsfehlerfrei gehandelt hat.

✔ Häufige Fragen – FAQ

Welche Rolle spielen die wirtschaftlichen Verhältnisse bei der Festsetzung einer Geldbuße?

Bei der Festsetzung einer Geldbuße spielen die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen eine wichtige Rolle. Das Gericht muss die persönlichen und wirtschaftlichen Umstände des Täters berücksichtigen, um eine gerechte und individuell angepasste Strafe zu gewährleisten.

Die Geldbuße soll den Betroffenen zwar spürbar belasten, darf ihn aber nicht in seiner wirtschaftlichen Existenz gefährden. Insbesondere bei geringen Einkommen besteht die Gefahr, dass eine zu hohe Geldbuße den Täter erheblich belastet und entsozialisierende Wirkungen entfaltet. Daher kann das Gericht die Tagessatzhöhe reduzieren, um eine unverhältnismäßige Belastung zu vermeiden.

Andererseits können bei besonders guten wirtschaftlichen Verhältnissen auch höhere Geldbußen verhängt werden. Ziel ist es, durch die Berücksichtigung der finanziellen Situation des Betroffenen eine möglichst gleichmäßige Wirkung der Strafe zu erreichen.

Auch im Kartellrecht auf EU-Ebene wird die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Unternehmens bei der Bemessung der Geldbuße einbezogen. Die EU-Kommission kann die Geldbuße ermäßigen, wenn das Unternehmen nachweist, dass die Buße dessen wirtschaftliche Überlebensfähigkeit gefährden würde.

Die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse dient somit dazu, eine angemessene und wirksame Sanktion zu gewährleisten, die einerseits eine ausreichende Abschreckung bewirkt, andererseits aber auch die individuelle Situation des Betroffenen nicht außer Acht lässt.

Wie wird die Höhe einer Geldbuße grundsätzlich bestimmt?

Bei der Festsetzung der Höhe einer Geldbuße sind nach § 17 Abs. 3 OWiG folgende Kriterien maßgeblich:

  1. Die Bedeutung der Ordnungswidrigkeit, also die Schwere des Verstoßes. Je schwerwiegender der Verstoß gegen die Rechtsordnung ist, desto höher fällt die Geldbuße aus.
  2. Der individuelle Schuldvorwurf, der den Täter trifft. Dabei spielen Vorsatz oder Fahrlässigkeit sowie die konkreten Tatumstände eine Rolle.
  3. Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters. Einkommen, Vermögen aber auch finanzielle Verpflichtungen werden berücksichtigt, um eine im Einzelfall angemessene und schuldangepasste Geldbuße zu bestimmen. Bei geringfügigen Ordnungswidrigkeiten bleiben die wirtschaftlichen Verhältnisse aber meist unberücksichtigt.
  4. Der wirtschaftliche Vorteil, den der Täter durch die Ordnungswidrigkeit erlangt hat. Die Geldbuße soll diesen Vorteil übersteigen, um zu verhindern, dass sich die Tat für den Täter lohnt. Das gesetzliche Höchstmaß der Geldbuße kann dafür überschritten werden.

Innerhalb dieses gesetzlichen Rahmens legt die Bußgeldbehörde die konkrete Höhe der Geldbuße nach pflichtgemäßem Ermessen fest. Ziel ist es, durch eine gerechte Abwägung aller Umstände des Einzelfalls eine der Schwere der Tat und dem Verschulden des Täters angemessene Geldbuße zu verhängen.

Was passiert, wenn die wirtschaftlichen Verhältnisse eines Betroffenen im Gerichtsverfahren nicht ausreichend berücksichtigt werden?

Wenn die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen bei der Festsetzung einer Geldbuße nicht ausreichend berücksichtigt werden, kann dies zu einem Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit führen. Das Gericht ist verpflichtet, die persönlichen und wirtschaftlichen Umstände des Täters in seine Entscheidung einzubeziehen, um eine angemessene und gerechte Strafe zu gewährleisten.

Eine Geldbuße, die die finanziellen Möglichkeiten des Betroffenen übersteigt, kann dessen wirtschaftliche Existenz gefährden und entsozialisierende Wirkungen entfalten. Andererseits verfehlt eine zu niedrige Geldbuße, die die guten wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters außer Acht lässt, möglicherweise ihre abschreckende und sühnende Wirkung.

Wird die Geldbuße ohne hinreichende Berücksichtigung der wirtschaftlichen Situation des Betroffenen festgesetzt, kann dies einen Verstoß gegen § 17 Abs. 3 OWiG darstellen. Diese Vorschrift schreibt ausdrücklich vor, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters bei der Bemessung der Geldbuße zu berücksichtigen sind.

In einem solchen Fall besteht die Möglichkeit, gegen den Bußgeldbescheid Einspruch einzulegen und eine gerichtliche Überprüfung zu erwirken. Stellt das Gericht fest, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse tatsächlich nicht angemessen berücksichtigt wurden, kann es die Geldbuße aufheben oder abändern und eine neue, angepasste Strafe festsetzen.

Die Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Umstände des Betroffenen ist somit ein zentraler Aspekt bei der Festsetzung einer Geldbuße. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Strafe verhältnismäßig, gerecht und im Einzelfall angemessen ist.

§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

§ 17 OWiG – Geldbuße: Regelung zur Bemessung der Geldbuße, die die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters als wesentliches Kriterium für die Festsetzung der Höhe einer Geldbuße definiert. Dies ist zentral, da das Gericht die Geldbuße auf eine Weise festlegen muss, die die finanzielle Leistungsfähigkeit des Betroffenen berücksichtigt.

§ 79 OWiG – Rechtsbeschwerde: Ermöglicht dem Betroffenen, gegen Entscheidungen im Bußgeldverfahren Beschwerde einzulegen, wenn er sie für rechtlich fehlerhaft hält. Dies war relevant für den Fall, da der Betroffene das Urteil des Amtsgerichts erfolgreich angefochten hat.

§ 24 StVG – Verkehrszentralregister und Bußgeldvorschriften: Definiert die Ahndung von Verstößen gegen die Verkehrsordnung als Ordnungswidrigkeit, was auf den Fall zutrifft, in dem eine Geschwindigkeitsüberschreitung als solche geahndet wurde.

§ 42 StVO – Geschwindigkeitsbegrenzungen und deren Überschreitung: Spezifiziert die Regelungen zur zulässigen Höchstgeschwindigkeit und die Konsequenzen ihrer Überschreitung, was direkt den Kern des ursprünglichen Verfahrens betrifft.

§ 77 OWiG – Beweisanträge im Bußgeldverfahren: Regelt, wie Gerichte Beweisanträge im Rahmen von Ordnungswidrigkeitenverfahren behandeln sollen, insbesondere die Bedingungen, unter denen Beweisanträge abgelehnt werden können. Dies war relevant für die Argumentation des Betroffenen bezüglich der Verfahrensfehler.

§ 2 BKatV – Bußgeldkatalog-Verordnung: Legt die Regelbußen für Verstöße im Straßenverkehr fest und ist relevant für die Bestimmung der Höhe der Geldbuße im spezifischen Kontext der Geschwindigkeitsübertretung und der Anpassung der Buße an die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen.


Das vorliegende Urteil

KG Berlin – Az.: 3 Ws (B) 651/13 – 162 Ss 136/13 – Beschluss vom 07.01.2014

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 1. Juli 2013 im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Die weitergehende Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird mit der Maßgabe verworfen, dass der Betroffene einer vorsätzlichen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 41 km/h gemäß §§ 41 Abs. 1 StVO i.V.m. Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 Abschnitt 7. Nr. 49 (Zeichen 274), Spalte 3, 49 Abs. 3 Nr. 4 StVO nach § 24 Abs. 1 StVG schuldig ist.

Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde – an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Gründe

Das Amtsgericht Tiergarten hat gegen den Betroffenen wegen einer vorsätzlich begangenen Verkehrsordnungswidrigkeit (Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 43 km/h) eine Geldbuße von 500,00 Euro festgesetzt und ihm für die Dauer eines Monats verboten, Kraftfahrzeuge jeder Art im Straßenverkehr zu führen. Die dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der die Verletzung formellen und sachlichen Rechts gerügt wird, hat teilweise (vorläufigen) Erfolg.

1. Die nach § 79 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 OWiG zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet im Sinne von §§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 349 Abs. 2 StPO, soweit sie Verfahrensfehler rügt.

Lediglich ergänzend bemerkt der Senat, dass das Gericht gemäß § 77 Abs. 1 Nr. 2 OWiG einen Beweisantrag ablehnen kann, wenn eine Beweisaufnahme stattgefunden hat, es den Sachverhalt für geklärt erachtet und die beantragte Beweiserhebung zur Erforschung der Wahrheit nach seinem pflichtgemäßen Ermessen nicht erforderlich ist (vgl. Senat, Beschluss vom 9. Oktober 2009 – 3 Ws (B) 533/09 -; Seitz in: Göhler, OWiG 16. Auflage, § 73 Rn. 11 m. w. N.). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Der Tatrichter hat sich im Urteil mit dem Beweisantrag auseinandergesetzt, die bereits erhobenen Beweise gewürdigt und ist insbesondere aufgrund der für glaubhaft erachteten Aussage des Zeugen PK S… zu dem nachvollziehbaren Ergebnis gelangt, dass keine konkreten Anhaltspunkte für eine nicht-anlassbezogene Geschwindigkeitsmessung vorlagen. Soweit die Rechtsbeschwerde aus dem Umstand, dass die Videoaufzeichnung unmittelbar vor der Messsequenz eine Aufnahme der Heckkamera des Messfahrzeugs zeigt, eine nicht anlassbezogene Messung herleiten will, hat das Amtsgericht diese Behauptung nachvollziehbar widerlegt. So hat das Gericht im Urteil überzeugend ausgeführt, dass der Zeuge PK S… glaubhaft dargelegt habe, dass die Heckkamera wegen einer vorangegangenen Messung noch eingeschaltet gewesen sei. Weder die Ausführungen in der Revisionsbegründung noch in der Gegenklärung decken Tatsachen oder Umstände auf, die das Gericht dazu hätten veranlassen müssen, den beantragten Beweis zu erheben. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass auf dem ersten sichtbaren Bild der vorliegenden Videoaufzeichnung (Einstellung Heckkamera, Uhrzeit 16:44:04 Uhr) kein Fahrzeug zu identifizieren ist. Demzufolge fehlt es ersichtlich an konkreten Anhaltspunkten für die unter Beweis gestellte Behauptung.

Soweit die Revision beanstandet, das Amtsgericht habe nicht ausreichend festgestellt, dass der Zeuge PK S… über die erforderliche Ausbildung zum hier verwendeten Messverfahren verfügt, dringt sie mit ihrem Vorbringen ebenfalls nicht durch. Die Generalstaatsanwaltschaft hat zu Recht darauf hingewiesen, dass dem Urteil hinreichend deutlich zu entnehmen ist, dass sich der Tatrichter aufgrund der Aussage des Zeugen PK S… davon überzeugt hat, dass dieser eine entsprechende Ausbildung absolviert hat. Dass ein Ausbildungsnachweis zur Akte gereicht wurde, führt nicht zwingend zu dem in der Gegenerklärung gezogenen Schluss, dass der Zeuge nur diese eine Ausbildung absolviert hat.

2. Auf die Sachrüge war der Schuldspruch hingegen zu berichtigen.

Entgegen der Annahme des Amtsgerichts ist hier § 42 Abs. 1 StVO und nicht § 42 Abs. 2 StVO einschlägig. Im Übrigen war der Tenor hinsichtlich der konkret begangenen Ordnungswidrigkeit und der weiteren anzuwendenden Vorschriften zu ergänzen.

Soweit der Tatrichter von einer tatsächlichen Geschwindigkeit von 123 km/h und demzufolge von einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 43 km/h ausgegangen ist, ist dies unzutreffend. Sowohl bei dem vom Amtsgericht angenommenen Toleranzabzug von 6,72 km/h als auch bei einem Toleranzabzug von 5% (6,4 km/h), der bei Geschwindigkeitsmesswerten oberhalb von 100 km/h im Regelfall erforderlich und ausreichend ist (vgl. Senat, Beschlüsse vom 26. Mai 2008 – 3 Ws (B) 123/08 – nach juris Rn. 3; 17. Mai 2000 – 3 Ws (B) 189/00 – nach juris Rn. 8; 9. November 1998 – 3 Ws (B) 543/98 – nach juris Rn. 7 und 11. Mai 1998 – 3 Ws (B) 209/98 – nach juris Rn. 5), ergibt sich bei einem Messergebnis von 128 km/h eine tatsächliche Geschwindigkeit von abgerundet 121 km/h. Der Grenzwert der überhöhten Geschwindigkeit von 41 km/h (vgl. Bußgeldkatalog, Anhang zu Nr. 11 der Anlagen, Tabelle 1 c laufende Nummer 11.3.7) ist gleichwohl überschritten.

Im Übrigen deckt die Revision hinsichtlich des Schuldspruchs keinen Rechtsfehler auf. Bei ProViDa handelt es sich um ein standardisiertes Verfahren zur Messung der Geschwindigkeit im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGHSt 29, 291), sodass die Mitteilung des Messverfahrens und des in Abzug gebrachten Toleranzwerts im Urteil grundsätzlich ausreicht (vgl. Senat, Beschluss vom 26. Mai 2008 a.a.O. Rn. 2; Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht 42. Auflage, § 3 StVO Rn. 62 a m.w.N.).

2. Der Rechtsfolgenausspruch kann keinen Bestand haben.

Das Amtsgericht hat eine Geldbuße in Höhe von 500,00 Euro verhängt, die damit erheblich über der nunmehr bei 250,00 Euro anzusetzenden Geringfügigkeitsgrenze des § 17 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 OWiG liegt (vgl. Gürtler in: Göhler a.a.O., § 17 Rn. 24), sodass nach der ständigen Rechtsprechung des Senats genauere Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen als Bemessungskriterium für die Höhe der Geldbuße zu treffen sind (vgl. Senat, Beschlüsse vom 5. Dezember 2013 – 3 Ws (B) 637/13 -, 16. September 2013 – 3 Ws (B) 429/13 -, 4. Juli 2013 – 3 Ws (B) 291/13 -,14. Februar 2013 – 3 Ws (B) 41/13 -, 17. Februar 2012 – 3 Ws (B) 52/12 -, 15. Juni 2011 – 3 Ws (B) 226/11 -; VRS 124, 338 [339]). Zwar kann auch in solchen Fällen von einer näheren Erörterung der wirtschaftlichen Verhältnisse abgesehen werden, wenn sie erkennbar nicht vom Durchschnitt abweichen und der Tatrichter eine Geldbuße festsetzt, die dem Bußgeldkatalog entspricht (vgl. Senat, Beschlüsse vom 16. September 2013 a.a.O., 4. September 2012 – 3 Ws (B) 396/12 -, 20. Februar 2012 – 3 Ws (B) 75/12 – und 15. Juni 2011 a.a.O -; Gürtler a.a.O.) Diese Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor. Der Tatrichter hat die Regelbuße, die nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 BKatV in Verbindung mit der Tabelle 1 Buchstabe c Nr. 11.3.7 des Anhangs zu Nr. 11 der Anlage zu § 1 Abs. 1 BKatV 200,00 Euro beträgt, um das Zweieinhalbfache erhöht. Darüber hinaus ist dem angefochtenen Urteil zu entnehmen, dass der Betroffene Arbeitslosengeld II bezieht. Seine wirtschaftlichen Verhältnisse sind somit gerade nicht durchschnittlich (vgl. OLG Dresden DAR 2006, 222 f. m.w.N.). Vor diesem Hintergrund hätte es insbesondere konkreterer Feststellungen zu etwaigen Unterhaltsverpflichtungen des Betroffenen und den Einkommensverhältnissen seiner Ehefrau (vgl. Senat, Beschluss vom 5. Dezember 2013 a.a.O.) sowie zu Schulden und Vermögen bedurft (vgl. OLG Dresden a.a.O). Fehlen derartige Feststellungen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen, so sind die Erwägungen zur Bemessung der Rechtsfolge materiell-rechtlich unvollständig und unterliegen daher der Aufhebung (vgl. Senat, Beschlüsse vom 16. September 2013 und 17. Februar 2012 jeweils a.a.O.). Solche Feststellungen sind auch deshalb veranlasst, um dem Rechtsbeschwerdegericht die Prüfung zu ermöglichen, ob der Tatrichter rechtsfehlerfrei von Erörterungen nach § 18 OWiG abgesehen hat (Senat, Beschluss vom 5. Dezember 2013 a.a.O; VRS a.a.O.; Gürtler, a.a.O., § 18 Rn. 2).

Aufgrund der bestehenden Wechselwirkung zwischen der Höhe der Geldbuße und dem Fahrverbot unterliegt auch Letzteres der Aufhebung (vgl. Senat, Beschluss vom 16. September 2013 a.a.O.).

Der Senat hebt daher das angefochtene Urteil im Rechtsfolgenausspruch auf und verweist die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde – an das Amtsgericht zurück, § 79 Abs. 6 OWiG.

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