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Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge bei E-Scooter-Fahrt unter Alkoholeinfluss

E-Scooter und Alkoholmissbrauch: Konsequenzen für Fahrer

Das Verwaltungsgericht Würzburg hat die Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge für einen E-Scooter-Fahrer, der unter Alkoholeinfluss stand, bestätigt. Die Entscheidung basierte auf wiederholten Alkoholverstößen und dem Nichtvorlegen eines angeforderten medizinisch-psychologischen Gutachtens. Dies unterstreicht die Gleichstellung der Fahrerlaubnis für E-Scooter mit der für konventionelle Kraftfahrzeuge hinsichtlich der Alkoholgrenzwerte und der Notwendigkeit eines verantwortungsvollen Umgangs.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: W 6 S 23.247   >>>

Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Bestätigung der Untersagung: Der E-Scooter-Fahrer darf fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge nicht führen.
  2. Grund für Untersagung: Wiederholte Alkoholverstöße und das Nichtvorlegen eines medizinisch-psychologischen Gutachtens.
  3. Rechtsgrundlage: § 3 Abs. 1 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) und relevante Bestimmungen des StVG.
  4. Gleichstellung mit Kraftfahrzeugen: E-Scooter werden bezüglich der Alkoholgrenzwerte wie Kraftfahrzeuge behandelt.
  5. Öffentliches Interesse: Betonung des Schutzes der Verkehrssicherheit und anderer Verkehrsteilnehmer.
  6. Konsequenzen der Nichtvorlage des Gutachtens: Auslegung als Zeichen der Nichteignung zum Führen von Fahrzeugen.
  7. Verhältnismäßigkeit und Anlassbezogenheit: Die Anforderungen an die Gutachtensanordnung und deren Notwendigkeit wurden als angemessen betrachtet.
  8. Kein Ermessensspielraum: Aufgrund der Umstände sah das Gericht keinen Ermessensspielraum für die Behörde und bestätigte die Untersagung.

Alkoholeinfluss bei E-Scooter-Fahrten und rechtliche Konsequenzen

Verkehrsregeln: Alkoholeinfluss und das E-Scooter-Fahren
(Symbolfoto: YURII MASLAK /Shutterstock.com)

Die Nutzung von E-Scootern im Straßenverkehr hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Mit dieser Entwicklung rücken auch die rechtlichen Aspekte, insbesondere die Folgen von Alkoholeinfluss während der Benutzung solcher Fahrzeuge, in den Fokus. Eine zentrale Fragestellung dabei ist die Beurteilung der Fahreignung von Personen, die unter Alkoholeinfluss E-Scooter fahren, und die damit verbundenen rechtlichen Konsequenzen.

Der vorliegende Fall betrifft eine Entscheidung des VG Würzburg, in der es um die Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge für einen E-Scooter-Fahrer geht, der unter Alkoholeinfluss stand. Hierbei wird die rechtliche Handhabe von Verkehrsbehörden bei Verstößen gegen die Verkehrssicherheit durch Alkoholkonsum thematisiert. Insbesondere die Anforderung und das Nichtvorlegen eines medizinisch-psychologischen Gutachtens spielen eine wichtige Rolle. Dieser Fall liefert wichtige Erkenntnisse darüber, wie die Gerichte solche Sachverhalte bewerten und welche Maßnahmen zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit ergriffen werden können. Die nachfolgenden Details des Urteils geben Aufschluss darüber, wie die Rechtsprechung mit derartigen Fällen umgeht und setzen ein wichtiges Signal für die Bewertung ähnlicher Fälle in der Zukunft.

Verkehrssicherheit und E-Scooter: Ein Fall von Alkoholeinfluss in Würzburg

In einem bemerkenswerten Fall vor dem VG Würzburg drehte sich alles um die Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge, insbesondere nach einer E-Scooter-Fahrt unter Alkoholeinfluss. Der Fall begann am 25. November 2018, als der Antragsteller im öffentlichen Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluss (Blutalkoholkonzentration von 0,69 Promille) führte. Hinzu kamen Befunde von THC und Amphetamin. Daraufhin entzog ihm das Amtsgericht die Fahrerlaubnis, und sein Führerschein wurde beschlagnahmt.

Wiederholter Verstoß und die Forderung nach einem Gutachten

Der Kern des Falls liegt in einem späteren Vorfall: Am 29. März 2022 wurde der Antragsteller erneut auffällig, diesmal beim Führen eines E-Scooters unter Alkoholeinfluss (Atemalkoholkonzentration 0,25 mg/l). Das Landratsamt reagierte mit der Forderung nach einem medizinisch-psychologischen Gutachten, um zu klären, ob der Antragsteller zukünftig das Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge von einem beeinträchtigenden Alkoholkonsum trennen kann. Der Antragsteller brachte das geforderte Gutachten jedoch nicht bei, woraufhin das Landratsamt die Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge aussprach.

Die rechtliche Bewertung durch das VG Würzburg

Das VG Würzburg befasste sich mit der sofortigen Vollziehbarkeit dieser Untersagung. Im Kern ging es um die Frage der Nichteignung zum Führen von Fahrzeugen gemäß § 3 Abs. 1 FeV. Das Gericht stellte fest, dass das Landratsamt zu Recht von einer Nichteignung ausging, da der Antragsteller das angeforderte Gutachten nicht vorlegte. Dies begründet sich darauf, dass wiederholte Alkoholverstöße im Straßenverkehr eine solche Untersuchung rechtfertigen.

Entscheidung des Gerichts und Implikationen für die Verkehrssicherheit

In seiner Entscheidung wies das VG Würzburg den Antrag des Antragstellers ab und betonte das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der Untersagung. Das Gericht unterstrich die Bedeutung der Verkehrssicherheit und die Gefahren, die von alkoholisierten Fahrern, selbst von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen wie E-Scootern, ausgehen. Die Entscheidung zeigt, dass die Gerichte ein starkes Interesse daran haben, die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer zu gewährleisten und Verstöße gegen die Verkehrssicherheit konsequent zu ahnden.

In diesem Fall setzte das VG Würzburg ein klares Signal, dass Alkoholverstöße im Straßenverkehr ernsthafte rechtliche Folgen haben, selbst wenn es sich um fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge handelt. Das Urteil unterstreicht die Notwendigkeit, Alkoholkonsum und Fahrverhalten strikt zu trennen, um die Sicherheit auf den Straßen zu gewährleisten. Es dient als Mahnung an alle Verkehrsteilnehmer, die Regeln zu respektieren und verantwortungsbewusst zu handeln.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Was bedeutet die Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge?

Die „Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge“ bezieht sich auf einen Verwaltungsakt, bei dem einer Person das Führen von Fahrzeugen, für die keine Fahrerlaubnis erforderlich ist, untersagt wird. Dies kann beispielsweise Fahrräder oder Mofas betreffen. Die Rechtsgrundlage für eine solche Untersagung findet sich in § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe y StVG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Satz 1 FeV. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde demjenigen, der sich als ungeeignet oder nur noch bedingt geeignet zum Führen von Fahrzeugen oder Tieren erweist, das Führen zu untersagen, zu beschränken oder die erforderlichen Maßnahmen anzuordnen.

Die Untersagung kann beispielsweise aufgrund von Alkohol- oder Drogenmissbrauch erfolgen. In solchen Fällen kann die Fahrerlaubnisbehörde eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) anordnen, um die Eignung der betroffenen Person zum Führen von Fahrzeugen zu überprüfen. Wenn die betroffene Person das geforderte Gutachten nicht vorlegt, kann die Behörde auf die Ungeeignetheit zum Führen von Fahrzeugen schließen. Die Rechtsprechung geht ab einer Grenze von 1,6 Promille Alkohol im Blut strikt vor und überträgt die Rechtsprechung zum Führen von Kraftfahrzeugen auf das Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge.

Was besagt § 3 Abs. 1 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) hinsichtlich der Fahreignung?

§ 3 Abs. 1 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) besagt, dass die Fahrerlaubnisbehörde das Führen von Fahrzeugen untersagen, beschränken oder erforderliche Maßnahmen anordnen kann, wenn jemand als ungeeignet oder nur noch bedingt geeignet zum Führen von Fahrzeugen oder Tieren erweist sich. Die Behörde kann diese Entscheidung auf der Grundlage von Tatsachen treffen, die die Annahme begründen, dass der Führer eines Fahrzeugs oder Tieres zum Führen ungeeignet oder nur noch bedingt geeignet ist.

Einige Beispiele für Situationen, in denen die Fahrerlaubnisbehörde das Führen von Fahrzeugen untersagen kann, sind:

  • Wenn eine Erkrankung oder ein Mangel vorliegt, der die Eignung oder die bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausschließt.
  • Wenn der Bewerber erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstößt, sodass dadurch die Eignung ausgeschlossen wird.
  • Wenn der Bewerber nicht die notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllt.

In solchen Fällen kann die Fahrerlaubnisbehörde eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) anordnen, um die Eignung der betroffenen Person zum Führen von Fahrzeugen zu überprüfen. Wenn die betroffene Person das geforderte Gutachten nicht vorlegt, kann die Behörde auf die Ungeeignetheit zum Führen von Fahrzeugen schließen.


Das vorliegende Urteil

VG Würzburg – Az.: W 6 S 23.247 – Beschluss vom 01.03.2023

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit der Untersagung, fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge im öffentlichen Straßenverkehr zu führen.

1.

Am 25. November 2018 führte der Antragsteller im öffentlichen Straßenverkehr (… K…, S… S…) ein Kraftfahrzeug unter Einfluss von Alkohol. Die festgestellte Blutalkoholkonzentration betrug 0,69 Promille. Ferner ergab die Blutprobe einen positiven Befund von THC in einer Konzentration von 17,9 ng/ml und Amphetamin in einer Konzentration von 29,3 ng/ml. Mit Strafbefehl des Amtsgerichts O… a. Main vom … 2019 (Az: …), rechtskräftig seit … 2019, wurde dem Antragsteller die Fahrerlaubnis entzogen.

Der Führerschein des Antragstellers (Nr. …) wurde laut Mitteilung der Polizeiinspektion O… a. M… am 27. Februar 2019 beschlagnahmt.

Durch eine Mitteilung des Bayerischen Polizeiverwaltungsamts – Zentrale Bußgeldstelle vom 31. Mai 2022 wurde der Fahrerlaubnisbehörde beim Landratsamt Miltenberg (künftig: Landratsamt) bekannt, dass der Antragsteller am 29. März 2022 gegen 20:02 Uhr ein Elektrokleinstfahrzeug (sog. E-Scooter) im öffentlichen Straßenverkehr … S… a. M…, H…) unter Einfluss von Alkohol führte. Der bei dem Antragsteller durchgeführte Atemalkoholtest ergab eine Atemalkoholkonzentration von 0,25 mg/l.

Mit Schreiben vom 30. Juni 2022 forderte das Landratsamt den Antragsteller unter Hinweis auf den oben genannten Vorfall und die in diesem Zusammenhang gewonnenen Erkenntnisse auf, bis zum 28. Oktober 2022 ein medizinisch-psychologisches Gutachten einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung gemäß § 3 Abs. 2 FeV i.V.m. § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV beizubringen, zur Klärung der Fragen, ob zu erwarten sei, dass der Antragsteller auch zukünftig das Führen von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen (z.B. Elektrokleinstfahrzeuge, Fahrräder) und einen die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher trennen werde und als Folge des missbräuchlichen Alkoholkonsums Beeinträchtigungen vorlägen, die das sichere Führen eines fahrerlaubnisfreien Fahrzeugs in Frage stellen würden und ob der durch das Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge eventuell von ihm ausgehenden Gefahr ggf. durch eine Beschränkung oder durch Auflagen (z.B. zeitlich, örtlich oder sachlich eingeschränktes Verbot) begegnet werden könne. Auf die Folgen einer nicht oder nicht rechtzeitigen Beibringung des Gutachtens wurde hingewiesen. Auf die Begutachtungsanordnung vom 30. Juni 2022, die dem Antragsteller ausweislich der in der Behördenakte befindlichen Postzustellungsurkunde am 2. Juli 2022 zugestellt wurde, wird im Übrigen verwiesen.

Im Schreiben des Landratsamts vom 1. August 2022 wurde der Antragsteller nochmals auf die Rechtsfolgen der nicht fristgerechten Vorlage des angeforderten Gutachtens hingewiesen.

Mit Schreiben vom 13. Dezember 2022 hörte das Landratsamt den Antragsteller zur beabsichtigten Untersagung zum Führen von fahrerlaubnisfreien Kraftfahrzeugen wegen Nichtbeibringung des angeforderten Gutachtens an.

2.

Mit Bescheid vom 16. Januar 2023 untersagte das Landratsamt dem Antragsteller das Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge (Ziffer I). Die sofortige Vollziehung der Ziffer I des Bescheides wurde angeordnet (Ziffer II) und dem Antragsteller wurden die Kosten des Verfahrens auferlegt (Ziffern III und IV).

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Rechtsgrundlage der Untersagung des Führens von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen sei § 3 Abs. 1 FeV. Erweise sich danach jemand als ungeeignet zum Führen von Fahrzeugen, so habe ihm die Fahrerlaubnisbehörde das Führen zu untersagen, zu beschränken oder die erforderlichen Auflagen anzuordnen. Die Nichteignung zum Führen von Fahrzeugen bestimme sich bezüglich fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge nach den Vorschriften, die auch für das Führen fahrerlaubnispflichtiger Fahrzeuge gelten, nämlich nach § 3 Abs. 1, § 2 Abs. 4 StVG und § 46 Abs. 1, § 11 Abs. 1 FeV. Nach § 3 Abs. 1 StVG in Verbindung mit § 46 Abs. 1, § 11 Abs. 1 FeV seien die notwendigen Voraussetzungen zum Führen eines Fahrzeugs im Straßenverkehr insbesondere dann nicht erfüllt, wenn ein Mangel nach Anlage 4 zur FeV vorliege, durch den die Fahreignung ausgeschlossen werde. In Nr. 8.1 der Anlage 4 zur FeV werde ausgeführt, dass bei Alkoholmissbrauch Fahreignung nicht gegeben sei. Nach Beendigung des Missbrauchs sei die Fahreignung dann wiedergegeben, wenn die Änderung des Trinkverhaltens gefestigt sei. Dies könne nur durch eine medizinisch-psychologische Begutachtung festgestellt werden, eine solche habe der Antragsteller jedoch bisher nicht durchführen lassen. Rechtsgrundlage für die Forderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens sei § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b) FeV. Danach sei ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen, wenn wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss begangen worden seien. Der Antragsteller habe sowohl am 25. November 2018 als auch am 29. März 2022 unter Alkoholeinfluss am Straßenverkehr teilgenommen. Da der Antragsteller das von ihm geforderte medizinisch-psychologische Gutachten nicht beigebracht habe, sei das durch § 3 Abs. 1 FeV eingeräumte Ermessen vorliegend auf Null reduziert. Weigere sich der Betroffene sich begutachten zu lassen oder lege er das zurecht geforderte Gutachten nicht (fristgerecht) vor, so dürfe die Fahrerlaubnisbehörde daraus auf die Nichteignung zum Führen von Fahrzeugen schließen.

Zur Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ziffer I des Bescheids wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Gefahren, die von dem Antragsteller als Führer fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge ausgingen, zwar geringer seien als diejenigen, die ein Kraftfahrer mit einem „größeren“ Fahrzeug verursache. Sie seien jedoch erheblich genug, dass sie ebenfalls mit schwerwiegenden Folgen für Gesundheit, Leben oder auch Sachwerten anderer Verkehrsteilnehmer verbunden sein könnten. Die Verkehrsteilnahme unter Alkoholeinfluss stelle mit jedem Fahrzeug eine Gefahr für die Sicherheit des Straßenverkehrs dar. Es bestehe daher ein dringendes öffentliches Interesse daran, den Antragsteller als Führer eines Fahrzeugs sofort von der weiteren Verkehrsteilnahme auszuschließen.

Hinsichtlich der Begründung im Übrigen wird auf den dem Antragsteller laut Postzustellungsurkunde am 21. Januar 2023 zugestellten Bescheid verwiesen.

3.

Mit Schriftsatz vom 20. Februar 2023, bei Gericht eingegangen am gleichen Tag, ließ der Antragsteller durch seinen Bevollmächtigten gegen den Bescheid vom 16. Januar 2023 Klage (Az. W 4 K 23.246) erheben, über die noch nicht entschieden ist, und im vorliegenden Verfahren beantragen:

Die aufschiebende Wirkung der Klage wird wiederhergestellt.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, es lägen schon die Voraussetzungen der Nr. 8.1 der Anlage 4 zur FeV nicht vor. Für diese genüge nicht jeglicher Alkoholkonsum, sondern es müsste ein die Fahrsicherheit ausschließender Alkoholkonsum vorliegen. Anhaltspunkte hierfür seien nicht gegeben. Bei einem Fahrradfahrer gehe man erst ab 1,6 Promille von einer Fahruntüchtigkeit aus. Der Grenzwert des § 24a StVG, auf welchen sich das Landratsamt wohl beziehen wolle, gelte bei einem Fahrradfahrer nicht.

4.

Das Landratsamt beantragte für den Antragsgegner, den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Nichteignung zum Führen von Fahrzeugen bestimme sich bezüglich fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge nach den Vorschriften, die auch für das Führen fahrerlaubnispflichtiger Fahrzeuge gelten, nämlich nach § 3 Abs. 1 § 2 Abs. 4 StVG und § 46 Abs. 1, § 11 Abs. 1 FeV. Dies sei sachgerecht, denn es gehe in allen Fällen um die Teilnahme am Straßenverkehr und die dafür erforderliche Umsicht, Aufnahme- und Reaktionsfähigkeit. Das Gefahrenpotenzial, welches hierbei etwa durch unerwartete Reaktionen oder unkontrolliertes Fahrverhalten auf der Fahrbahn von einem ungeeigneten Fahrer eines erlaubnisfreien Fahrzeugs ausgehen könne, rechtfertige es, an die Fahreignung diesen Maßstab anzulegen. Weigere sich der Betroffene, sich begutachten zu lassen oder lege er das zu Recht geforderte Gutachten nicht (fristgerecht) vor, so dürfe die Fahrerlaubnisbehörde daraus auf die Nichteignung zum Führen von Fahrzeugen schließen und damit zwangsläufig das Führen von Fahrzeugen untersagen. Das Landratsamt habe daher zu Recht das Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge untersagt.

5.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte verwiesen.

II.

Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO prüft das Gericht, ob die formellen Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung gegeben sind. Im Übrigen trifft es eine eigene Abwägungsentscheidung anhand der in § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO normierten Kriterien. Hierbei ist das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage abzuwägen. Bei dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache dann von maßgeblicher Bedeutung, wenn nach summarischer Prüfung von der offensichtlichen Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Verwaltungsakts und der Rechtsverletzung des Antragstellers auszugehen ist. Jedenfalls hat das Gericht die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs bei seiner Entscheidung mit zu berücksichtigen, soweit diese sich bereits übersehen lassen (vgl. BVerfG, B.v. 24.2.2009 – 1 BvR 165/09 – NVwZ 2009, 581; BayVGH, B.v. 17.9.1987 – 26 CS 87.01144 – BayVBl. 1988, 369; Eyermann, VwGO, 16. Auflage 2022, § 80 Rn. 89 ff.). Sind diese im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vollkommen offen, ist eine reine Interessenabwägung vorzunehmen.

1.

Es bestehen keine Zweifel an der formellen Rechtmäßigkeit der Anordnung des Sofortvollzugs.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung muss mit einer auf den konkreten Fall abstellenden und nicht lediglich formelhaften schriftlichen Begründung des besonderen öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehbarkeit des Verwaltungsakts versehen werden (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 26. Aufl. 2020, § 80 Rn. 84). Aus der besonderen Begründung für den Sofortvollzug muss hinreichend deutlich hervorgehen, dass und warum die Behörde aus Gründen des zu entscheidenden Einzelfalls eine sofortige Vollziehung ausnahmsweise für geboten hält (BayVGH, B.v. 15.12.2010 – 6 CS 10.2697 – juris). In diesem Sinn ist eine bloße Wiederholung des Gesetzeswortlauts nicht ausreichend. Allerdings kann die Begründung durchaus knapp gehalten sein (Schoch in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Stand: Juli 2021, VwGO § 80 Rn. 247). Sie soll u.a. der Behörde den Ausnahmecharakter der Vollzugsanordnung vor Augen führen und sie veranlassen, mit besonderer Sorgfalt zu prüfen („Warnfunktion“), ob tatsächlich ein besonderes öffentliches Interesse den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung erfordert (BayVGH, B.v. 24.3.1999 – 10 CS 99.27 – BayVBl. 1999, 465).

Dies zugrunde gelegt, hat der Antragsgegner die Anordnung der sofortigen Vollziehung in ausreichender Weise gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO begründet. Die Begründung der Anordnung des Sofortvollzugs im streitgegenständlichen Bescheid genügt den formell-rechtlichen Anforderungen. Sie zeigt, dass sich der Antragsgegner des Ausnahmecharakters der Vollzugsanordnung bewusst war und enthält die Erwägungen, die er für die Anordnung des Sofortvollzugs als maßgeblich angesehen hat.

Ob diese Begründung der Anordnung des Sofortvollzugs in inhaltlicher Hinsicht zu überzeugen vermag oder ein überwiegendes Interesse der Öffentlichkeit an einer sofortigen Vollziehbarkeit des angefochtenen Bescheids nicht ersichtlich sei, ist keine Frage der Begründungspflicht, sondern des Vollzugsinteresses.

2.

Eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache, wie sie im Sofortverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO erforderlich und ausreichend ist, ergibt, dass die Klage gegen den Bescheid vom 16. Januar 2023 voraussichtlich keinen Erfolg haben wird. Auch ergibt eine von den Erfolgsaussichten der Hauptsache unabhängige gerichtliche Abwägung kein überwiegendes Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge im öffentlichen Straßenverkehr.

2.1

Nach summarischer Prüfung der Erfolgsaussichten hat die erhobene Klage voraussichtlich keinen Erfolg, da die Untersagung des Führens von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr mit Bescheid vom 16. Januar 2023 voraussichtlich rechtmäßig ist und den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzt (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

2.1.1

Rechtsgrundlage für die Untersagung, fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge zu führen, ist § 3 Abs. 1 Satz 1 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV). Danach hat die Fahrerlaubnisbehörde das Führen von Fahrzeugen zu untersagen, zu beschränken oder die erforderlichen Auflagen anzuordnen, wenn sich jemand dazu als ungeeignet oder nur noch bedingt geeignet erweist. Der von dem Antragsteller am 29. März 2022 geführte E-Scooter ist ein fahrerlaubnisfreies Fahrzeug im Sinne dieser Vorschrift.

2.1.2

Das Landratsamt hat im vorliegenden Fall zu Recht auf die Nichteignung des Antragstellers zum Führen von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen geschlossen, weil dieser das geforderte medizinisch-psychologische Gutachten nicht beigebracht hat.

Gemäß § 11 Abs. 8 FeV darf die Fahrerlaubnisbehörde bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen, wenn dieser ein zu Recht von ihr gefordertes Gutachten nicht fristgerecht beibringt. Der Betroffene ist hierauf bei der Anordnung hinzuweisen (§ 11 Abs. 8 Satz 2 FeV). Nach § 3 Abs. 2 FeV finden die Vorschriften der §§ 11 bis 14 entsprechende Anwendung, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Führer eines Fahrzeuges zum Führen ungeeignet oder nur noch bedingt geeignet ist.

Der Schluss auf die Nichteignung ist allerdings nur zulässig, wenn die Anordnung der medizinisch-psychologischen Untersuchung rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig ist (st. Rspr. des BVerwG, vgl. BVerwG, B.v. 9.6.2005 – 3 C 25/04 – NJW 2005, 3081; B.v. 11.6.2008 – 3 B 99/07 – NJW 2008, 3014; BayVGH, B.v. 5.6.2009 – 11 CS 09.69; BayVGH, B.v. 19.2.2009 – 11 ZB 08.1466 – juris). Da die Anordnung zur Beibringung eines Fahreignungsgutachtens nicht isoliert anfechtbar ist, stellt die Rechtsprechung an sie strenge Anforderungen, die im Falle einer Folgemaßnahme – hier die Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge – inzident zu prüfen sind (zum Ganzen BayVGH, B.v. 7.7.2017 – 11 CS 17.1066 – juris Rn. 12).

Die Rechtmäßigkeit der Forderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens ergibt sich hier aus § 3 Abs. 2 i.V.m. § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b) FeV. Danach ist die Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens erforderlich, wenn wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss begangen wurden.

Feststellungen des Amtsgerichts O… a. M… im rechtskräftigen Strafbefehl vom … 2019 hat sich der Antragsteller am 25. November 2018 einer Straftat gem. § 316 Abs. 1 StGB unter Alkoholeinfluss (BAK 0,69 ‰) schuldig gemacht. Weiter hat der Antragsteller laut Mitteilung des Bayerischen Polizeiverwaltungsamts – Zentrale Bußgeldstelle vom 31. Mai 2022 am 29. März 2022 durch das Führen eines sog. E-Scooters, welcher ein Kraftfahrzeug i.S.v. § 1 Abs. 2 StVG darstellt (Huppertz in Münchener Kommentar zum StVR, 1. Auflage 2016, StVG § 1 Rn. 11; Ternig in Haus/Krumm/Quarch, Gesamtes Verkehrsrecht, 3. Auflage 2021, StVG § 1 Rn. 4), unter Alkoholeinfluss (AAK 0,25 mg/l) eine Ordnungswidrigkeit gem. § 24a StVG begangen.

Für die Einholung eines medizinisch-psychologisches Gutachten nach § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b) FeV wegen „wiederholter Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss“ genügen – wie vorliegend – bereits zwei Trunkenheitsfahrten mit einem Kraftfahrzeug mit einer BAK von mindestens 0,5 ‰ oder einer AAK von mindestens 0,25 mg/l (Koehl in Haus/Krumm/Quarch, Gesamtes Verkehrsrecht, 3. Auflage 2021, FeV § 13 Rn. 14; VG München, B.v. 26.4.2012 – M 6a S 12.1640 – BeckRS 2012, 53326).

Beide Taten waren sowohl im Zeitpunkt der Gutachtensanforderung als auch an dem für die gerichtliche Prüfung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Datum des Bescheiderlasses noch berücksichtigungsfähig. Eintragungen im Verkehrszentralregister können, so lange sie nicht getilgt wurden (oder trotz erfolgter Tilgung noch verwertbar sind), für fahrerlaubnisrechtliche Maßnahmen herangezogen werden (vgl. BayVGH, B.v. 22.8.2011 – 11 ZB 10.2620 – juris Rn. 29). Insbesondere für die Trunkenheitsfahrt am 25. November 2018 ist die Tilgungsfrist noch nicht abgelaufen. Der gegen den Antragsteller erlassene Strafbefehl vom 20. Februar 2019 unterliegt gemäß § 29 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Buchst. a) StVG einer zehnjährigen Tilgungsfrist, da mit der Entscheidung des Amtsgerichts dem Antragsteller die Fahrerlaubnis entzogen wurde. Die Frist begann gemäß § 29 Abs. 4 Nr. 1 StVG mit Eintritt der Rechtskraft am 13. März 2019 und bleibt mithin bis zum Ablauf des 12. März 2029 berücksichtigungsfähig.

Auch die in der Anordnung vom 30. Juni 2022 gestellten Begutachtungsfragen sind nicht zu beanstanden. Nach § 11 Abs. 6 Satz 1 FeV legt die Fahrerlaubnisbehörde unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls und unter Beachtung der Anlagen 4 und 5 zur FeV in der Anordnung zur Beibringung des Gutachtens fest, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind. Die Fragestellung muss konkret sein und differenziert benennen, was Gegenstand der Untersuchung sein soll. An die Anlassbezogenheit und Verhältnismäßigkeit der Fragestellung sind wegen der einschneidenden Folgen einer unberechtigten Gutachtensverweigerung im Interesse effektiven Rechtsschutzes strenge Anforderungen zu stellen (vgl. Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 46. Aufl. 2021, § 11 FeV Rn. 42 m.w.N.).

Die in der Anordnung vom 9. August 2022 gestellten Begutachtungsfragen wahren diese Anforderungen. Sie orientieren sich an dem konkret geschilderten Begutachtungsanlass und bezwecken die medizinisch-psychologische Aufklärung der hierdurch aufgeworfenen Zweifel der Eignung des Antragstellers als Führer fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge. Angesichts der Trunkenheitsfahrt am 25. November 2018 und der Fahrt unter Alkoholeinfluss am 29. März 2022 mit dem E-Scooter hatte die Fahrerlaubnisbehörde hinreichend Anlass, zu klären, ob zu erwarten ist, dass der Antragsteller zukünftig mit hoher Wahrscheinlichkeit ein fahrerlaubnisfreies Fahrzeug unter Alkoholeinfluss führen werde. Ebenso bestand Anlass zur Klärung der Frage, ob die von dem Antragsteller ausgehende Gefahr durch eine Beschränkung oder Auflagen begegnet werden kann.

Es wurden mit § 3 Abs. 2 i.V.m. § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b) FeV i. V. m. Nr. 8.1 der Anlage 4 FeV auch die für die vorliegende Konstellation zutreffenden Rechtsgrundlagen benannt.

Die Anordnung vom 30. Juni 2022 erfüllt auch die übrigen formellen Anforderungen. Insbesondere wurde der Antragsteller ausdrücklich auf die Folgen der Nichtbeibringung des Gutachtens gemäß § 11 Abs. 8 Satz 2 FeV hingewiesen. Ferner enthält die Begutachtungsanordnung die nach § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV geforderten Mitteilungen. Auch die für die Beibringung des geforderten medizinisch-psychologischen Gutachtens gesetzte Frist bewegt sich mit knapp vier Monaten im zulässigen Rahmen (vgl. Hahn/Kalus in MüKoStVR, 1. Aufl. 2016, FeV § 11 Rn. 97).

An der Rechtmäßigkeit der Gutachtensanforderung bestehen demnach keine Zweifel.

2.1.3

Der Antragsteller hat das zu Recht angeordnete medizinisch-psychologische Gutachten nicht rechtzeitig beigebracht. Das Landratsamt durfte daher gemäß § 3 Abs. 2 i.V.m. § 11 Abs. 8 FeV auf die Nichteignung des Antragstellers zum Führen von Fahrzeugen aller Art schließen und zwingend, d.h. ohne dass diesbezüglich ein Ermessen auszuüben war, die in § 3 Abs. 1 FeV genannte Schlussfolgerung ziehen.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass das Landratsamt im Bescheid vom 16. Januar 2023 fälschlicherweise an einer Stelle (vgl. Bl. … d. BA) in Bezug auf den Vorfall am 29. März 2022 von einer Fahrt mit einem Fahrrad ausgegangen ist. Die vorgenannte irrtümliche Annahme ist bereits nicht geeignet einen Ermessensfehler zu begründen. Steht die Ungeeignetheit fest, so räumt § 3 Abs. 1 FeV der Fahrerlaubnisbehörde kein Entschließungsermessen ein („hat … das Führen zu untersagen“). Da im vorliegenden Fall die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 StVG nach den vorstehen Ausführungen vorliegen, musste das Landratsamt zwingend die Untersagung fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge aussprechen, sodass insoweit bereits ein Ermessensfehler ausscheidet. Bei dem vorgenannten Fehler in den Bescheidsgründen handelt es sich lediglich um eine offenbare Unrichtigkeit im Sinne eines Schreibfehlers, den die Behörde in einem Verwaltungsakt jederzeit berichtigen kann (vgl. Art. 42 Satz 1 BayVwVfG), zumal das Landratsamt an anderer Stelle zutreffend hinsichtlich des Vorfalls am 29. März 2022 vom Führen eines fahrerlaubnisfreien Fahrzeugs ausgegangen ist (vgl. Bl. 47 d. BA).

Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 FeV besteht allerdings ein Auswahlermessen bezüglich Art und Umfang der zu treffenden Maßnahme, da das Gesetz neben der Untersagung der Berechtigung zum Führen von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen auch deren Beschränkung oder die Anordnung von erforderlichen Auflagen vorsieht. Es liegt somit im Ermessen der Fahrerlaubnisbehörde, ob sie der Gefahr durch Untersagung oder Beschränkung des Führens von Fahrzeugen begegnet oder geeignete Auflagen anordnet, wobei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten ist (Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 46. Aufl. 2021, § 3 FeV Rn. 16). Nachdem der Antragsteller auf die Gutachtensanforderung hin untätig geblieben ist, ist das Auswahlermessen der Fahrerlaubnisbehörde insoweit jedoch auf Null reduziert. Denn wenn kein Gutachten beigebracht wird, das auch dazu dient, zu klären, ob Anknüpfungspunkte bestehen, dass eine Beschränkung oder die Anordnung von Auflagen ausreichend sein könnte, bleibt der Fahrerlaubnisbehörde schlichtweg keine andere Möglichkeit, als zum Ausschluss der Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer und der Aufrechterhaltung der Sicherheit des Straßenverkehrs das Führen von fahrerlaubnisfreien Fahr-zeugen ohne Einschränkung zu untersagen (vgl. BayVGH, B.v. 8.2.2010 – 11 C 09.2200 – juris).

2.2

Auch eine Abwägung ergibt ein überwiegendes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der Ziffer I des Bescheides vom 16. Januar 2023. Da hinreichende Anhaltspunkte für einen möglichen Alkoholmissbrauch vorliegen und zumindest der Vorfall vom 29. März 2023 auf ein unzureichendes Trennungsvermögens zwischen einem die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Alkoholkonsum und dem Führen eines (wenn auch fahrerlaubnisfreien) Fahrzeugs hindeutet, ist es nicht verantwortbar, den Antragsteller vorläufig bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren weiterhin am Straßenverkehr teilnehmen zu lassen, auch nicht als Führer fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge. Die Gefahren, die von dem Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge für andere Verkehrsteilnehmer ausgehen, mögen zwar geringer sein als die, die mit dem Führen von fahrerlaubnispflichtigen Kraftfahrzeugen verbunden sind. Sie sind jedoch in Anbetracht der kinetischen Energie, wie sie etwa ein Fahrrad oder ein E-Scooter entfalten kann, sowie dem Gefahrenpotential für andere Kraftfahrzeugführer, das von einem nicht sicher geführten fahrerlaubnisfreien Fahrzeug, etwa im Falle eines Sturzes durch den Fahrzeugführer auf der Fahrbahn, ausgehen, als durchaus beachtlich einzuschätzen (vgl. Statistisches Bundesamt (2020): Fehlverhalten, darunter Alkoholeinfluss, der Radfahrer…innen bei Unfällen mit Personenschaden 2020, abrufbar unter: https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Verkehrsunfaelle/Tabellen/fehlverhalten-radfahrer.html). Das persönliche Interesse an einer möglichst komfortablen Fortbewegung des Antragstellers muss daher in der Abwägung hinter das öffentliche Interesse an der Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs, das unter anderem dem verfassungsrechtlich gewährleisteten Schutz des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit der anderen Verkehrsteilnehmer dient, zurücktreten. Es überwiegen deshalb in der Gesamtschau die öffentlichen Interessen an der Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs die privaten Interessen des Antragstellers an der vorläufigen Beibehaltung seiner Berechtigung, fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge zu führen.

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

4.

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG i.V.m. Nr. 46.14 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Danach ist für das Verbot des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge der Auffangstreitwert von 5.000,00 EUR in Ansatz zu bringen, der im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gemäß Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs zu halbieren ist.

 

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