Neuer Anlauf zur Reformierung des Bussgeld-Kataloges
Im Grunde genommen ist es schon enorm peinlich, was dem Bundesverkehrsministerium um Verkehrsminister Andy Scheuer im letzten Jahr widerfahren ist. Zwar wollte der Bundesverkehrsminister sehr gern Verkehrssünder verschärfter zur Kasse bitten und hatte dafür auch schon eine Reform des Bußgeldkataloges in der Tasche, allerdings fiel diese Reform den Tücken der deutschen Gesetzgebung zum Opfer. Das viel berühmte Zitiergebot, welches enorm wichtig für Gesetzestexte und Reformentwürfe ist, wurde von dem Bundesverkehrsministerium schlicht und ergreifend vergessen.
Dies wäre ja eigentlich auch überhaupt nicht tragisch gewesen, wenn der Bundesverkehrsminister nicht so schnell diese Reform durch den Bundestag und Bundesrat gebracht hätte. Da jedoch die Reform sehr schnell in Kraft treten sollte fiel der Anfängerfehler erst dann auf, als die Verschärfung des Bußgeldkataloges bereits in Kraft getreten ist. Die Folgen waren durchaus gravierend, denn unzählige Verkehrssünder sahen hierin eine Chance, gegen den Bußgeldkatalog mit Erfolg und findiger rechtsanwaltlicher Hilfe anzugehen. Es war keine Frage, dass das Bundesverkehrsministerium in diesem Bereich noch einmal tätig werden musste, da trotz der neuen Reform auch weiterhin die alten Regelungen angewandt werden mussten.
Hätte der Bundesverkehrsminister ein wenig schärfer auf die Warnungen der jeweiligen Bundesländer gehört, wäre es höchstwahrscheinlich niemals zu solch einer Peinlichkeit gekommen. Dessen ungeachtet wurde jetzt jedoch eine neue Reform des Bußgeldkataloges erarbeitet und dieses Mal wurde auch das Zitiergebot beachtet, sodass die neue Reform nicht wieder als verfassungswidrig angesehen werden muss.
Gemeinschaftsproduktion von Bund und Ländern
Eines muss man Andreas Scheuer als Bundesverkehrsminister wirklich lassen – er ist ein Überlebenskünstler in der Politik und zumindest noch zu Teilen lernfähig. Für die Reform des Bußgeldkataloges wurde jetzt auf eine Gemeinschaftsproduktion von Bund und Ländern gesetzt, sodass im Hinblick auf die Neuerungen nunmehr Einigkeit vorherrscht. Die jeweiligen Verkehrsminister haben sich dabei nicht einmal auf übermäßig viele Neuerungen einigen müssen, da lediglich gewisse Bereiche des Verkehrsrechts eine Verschärfung erfahren.
Diese Bereiche sind
- Verschärfung der Bußgelder für Geschwindigkeitsüberschreitungen
- Verschärfungen für unerlaubtes Parken auf den Gehwegen
In gewissen Bereichen des Straßenverkehrsrechts hingegen wird es keine Verschärfungen geben. Ob dies aus dem Grund geschieht, dass die Verkehrsminister wiedermal eine Einstufung der neuen Reform als verfassungswidrig befürchten oder nicht kann an dieser Stelle nicht abschließend geklärt werden. Interessanter für Autofahrer ist ohnehin der Bereich, in dem es nunmehr teurer wird.
Die Verschärfung der Bußgelder für Geschwindigkeitsüberschreitungen
In der ursprünglich angedachten Novelle der StVO aus dem Jahr 2020 waren drastische Verschärfungen der bereits bestehenden Sanktionen für Überschreitungen der maximal erlaubten Höchstgeschwindigkeit vorgesehen. Ein wesentlicher Aspekt hierbei war das einmonatige Fahrverbot bereits bei einer Geschwindigkeit von 21 Km/h über dem erlaubten Tempolimit innerhalb geschlossener Ortschaften sowie das einmonatige Fahrverbot bei einer Überschreitung der maximal erlaubten Geschwindigkeit von 26 Km/h außerhalb geschlossener Ortschaften. Diese Regelung stand auch sehr stark in der Kritik und die führenden Automobilverbände warfen dem Bundesverkehrsministerium schlicht und ergreifend eine Abzocke des Autofahrers vor.
In der neu erarbeiteten Reform der StVO (Straßenverkehrsordnung) ist diese Regelung nicht mehr enthalten. Dies bedeutet jedoch nicht, dass Temposünder sich jetzt entspannt zurücklehnen und den Fuß voll auf das Gaspedal drücken können. Vielmehr setzen Bund und Länder auch bei der neuen Reform wieder auf Abschreckung mithilfe höherer Bußgelder.
Die neuen Bußgelder in der Übersicht
Innerhalb geschlossener Ortschaften sollen künftig folgende Bußgelder gelten:
- Überschreitung der maximal zulässigen Geschwindigkeit um bis 10 Km/h sollen statt 15 Euro 30 Euro kosten
- Überschreitung der maximal zulässigen Geschwindigkeit um 11 – 15 Km/h sollen statt 25 Euro 50 Euro kosten
- Überschreitung der maximal zulässigen Geschwindigkeit um 16 – 20 Km/h sollen statt 35 Euro 70 Euro kosten
- Überschreitung der maximal zulässigen Geschwindigkeit um 21 – 25 Km/h sollen statt 80 Euro 115 Euro kosten
- Überschreitung der maximal zulässigen Geschwindigkeit um 26 – 31 Km/h sollen statt 100 Euro 180 Euro kosten
Auffällig bei der derzeitig noch geplanten Novelle ist, dass in den Bereichen 10 – 20 Km/h über der maximal zulässigen Geschwindigkeit die Bußgelder verdoppelt werden. Dies ist kein Zufall. Statistisch gesehen bewegen sich die meisten Geschwindigkeitsverstöße in diesem Bereich.
Auch außerhalb geschlossener Ortschaften werden künftig neue Bußgelder gelten:
- Überschreitung der maximal zulässigen Geschwindigkeit um bis zu 10 Km/h soll statt 10 Euro 20 Euro kosten
- Überschreitung der maximal zulässigen Geschwindigkeit um 11 – 15 Km/h soll statt 20 Euro 40 Euro kosten
- Überschreitung der maximal zulässigen Geschwindigkeit um 16 – 20 Km/h soll statt 30 Euro 60 Euro kosten
- Überschreitung der maximal zulässigen Geschwindigkeit um 21 – 25 Km/h soll statt 70 Euro 100 Euro kosten
- Überschreitung der maximal zulässigen Geschwindigkeit um 26 – 31 Km/h soll statt 80 Euro 150 Euro kosten
Auch außerhalb geschlossener Ortschaften bleibt sich der Gesetzgeber bei der Verdoppelung der Bußgelder in den Bereichen 10 – 20 Km/h treu.
Im Hinblick auf die Fahrverbote wird die neue Novelle des Bußgeldkataloges 2021 keine Änderungen geben. Dies bedeutet, dass die bisher geltenden Regelungen auch weiterhin zur Anwendung kommen. Ein einmonatiges Fahrverbot wird für alle Verkehrssünder die Folge sein, wenn innerhalb geschlossener Ortschaften die maximal zulässige Geschwindigkeit um 31 Km/h überschritten wird. Außerhalb geschlossener Ortschaften wird es ein einmonatiges Fahrverbot geben, wenn die maximal zulässige Geschwindigkeit um 41 Km/h überschritten wird. Die Regelungen im Hinblick auf Fahrverbote bei Wiederholungstätern bleibt ebenfalls gleich.
Parksünder werden zur Kasse gebeten
Auf der Grundlage der StVO gilt, dass das Halten oder auch Parken auf Gehwegen grundsätzlich verboten ist. Von diesem Verbot gibt es jedoch auch Ausnahmen, sofern Markierungen oder auch Verkehrszeichen das Halten bzw. Parken erlauben. Diese Regelung gilt auch ausdrücklich bei besonders breiten Gehwegen oder wenn das abgestellte Fahrzeug lediglich die Hälfte des Gehweges in Anspruch nimmt. Auch die restliche Gehwegbreite, die den Fußgängern trotz des abgestellten Fahrzeuges noch für den Spaziergang zur Verfügung steht, spielt bei der Bemessung des Verbotes keine Rolle. Bislang galten für derartige Verstöße ein Bußgeld über maximal 10 Euro (unerlaubtes Halten) sowie 20 Euro (unerlaubtes Parken ohne die Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer bzw. Fußgänger). Mit der neuen Reform erhöhen sich diese Bußgelder jedoch auf 55 – 100 Euro.
Mit der neuen Reform des Bußgeldkataloges 2021 findet erstmalig seit sehr langer Zeit auch wieder ein gänzlich neuer Tatbestand Einzug in das Gesetz. Das Zuparken eines Ladeplatzes, welcher E-Fahrzeuge für das Aufladen zur Verfügung gestellt wurde, wird ebenso kostspielig für den Fahrzeughalter wie das Zuparken von Parkplätzen für die sogenannten Carsharingplätze. Für derartige Vergehen muss der Fahrzeughalter zukünftig 55 Euro Bußgeld einplanen. Mit dieser Regelung möchte die Bundesregierung den Zeichen der Zeit Rechnung tragen und einen zusätzlichen Anreiz für den Erwerb von E-Fahrzeugen schaffen.
Auch neu in der Novelle des Bußgeldkataloges 2021 wird das Bußgeld, wenn Autofahrer keine Rettungsgasse bilden bzw. die Rettungsgasse für eine unerlaubte Durchfahrt nutzen. Derartige Vergehen sind kein Kavaliersdelikt und können im Zweifel sogar Menschenleben kosten, sodass dieses Bußgeld sogar von den meisten Autofahrern ausdrücklich befürwortet wird. Wer sich einen derartigen Verstoß erlaubt muss künftig mit einem Bußgeld im Bereich von 200 – 320 Euro rechnen. Zusätzlich dazu kommt auch noch ein Fahrverbot dazu.
Bei allen Peinlichkeiten im Vorfeld, die sich das Bundesverkehrsministerium um den umstrittenen Verkehrsminister Scheuer geleistet hat, gibt es durchaus auch positive Bereiche der Reform des Bußgeldkataloges. Das Nichtbilden einer Rettungsgasse oder die unerlaubte Durchfahrt durch die Rettungsgasse sind Verkehrsvergehen, über die sich jeder vernunftbegabte Autofahrer in der Vergangenheit mit Sicherheit schon mehr als einmal geärgert hat. Diese Vergehen werden künftig sehr teuer werden, sodass so mancher Verkehrssünder sich ein derartiges Vergehen mit Sicherheit zweimal überlegen wird.
Im Hinblick auf die Verkehrsverstöße an sich im Bereich der Geschwindigkeitsüberschreitung wird die neue Novelle jedoch ein altes Problem auch nicht lösen können, welches sich stets stellt: Die Fehler bei der Kontrolle. Ein Bußgeldbescheid bietet stets das Potenzial für Fehler, sodass die Bußgeldbescheide von erfahrenen Rechtsanwälten für Verkehrsrecht auch mit Erfolg überprüft und angegriffen werden können. Wenn Sie einen Bußgeldbescheid erwarten oder erhalten haben, so sollten Sie diesen Schritt der Überprüfung ebenfalls durchführen. Wir als erfahrene und kompetente Rechtsanwaltskanzlei überprüfen Ihren Bußgeldbescheid sehr gerne und leiten dann auch die entsprechenden Schritte für Sie ein.