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Messtoleranz bei Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren

OLG Rostock – Az.: 2 Ss (OWi) 311/06 I 171/06 – Beschluss vom 28.03.2007

Die Rechtsbeschwerde wird als unbegründet auf Kosten des Betroffenen mit der Maßgabe verworfen, dass der Betroffene einer vorsätzlichen Verkehrsordnungswidrigkeit gem. §§ 24, 25 StVG, 3 Abs. 3 Nr. 1, 49 Abs. 1 Nr. 3 StVO, 1, 3 Abs. 1, 4, Nr. 11.3.6 BKatV schuldig ist.

Gründe

I.

Mit seiner Rechtsbeschwerde wendet sich der Betroffene gegen das Urteil des Amtsgerichts Neubrandenburg vom 16.06.2006 – 15 OWi 80/06 -, durch das er wegen fahrlässigen Überschreitens der innerorts zulässigen Höchstgeschwindigkeit um vorwerfbare 36 km/h zu einer Geldbuße in Höhe von 130 Euro sowie einem Fahrverbot für die Dauer von 1 Monat verurteilt wurde.

Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt in ihrer Zuschrift vom 22.09.2006, das angefochtene Urteil aufzuheben sowie festzustellen, dass das Bußgeldverfahren – in Ermangelung eines ordnungsgemäßen Einspruchs – durch eingetretene Rechtskraft des dem Verfahren zu Grunde liegenden Bußgeldbescheides beendet sei.

II.

Das Rechtsmittel des Betroffenen ist gem. § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 OWiG statthaft, form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§ 79 Abs. 3 OWiG i. V. m. §§ 341, 344, 345 StPO), nach allem zulässig.

Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen hat indes keinen Erfolg.

1. Entgegen der Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Zuschrift vom 22.09.2006 führt die auf die zulässige Rechtsbeschwerde von Amts wegen vorzunehmende Überprüfung auf Verfahrenshindernisse nicht zu dem Ergebnis, dass es an einem wirksamen Einspruch des Betroffenen gegen den Bußgeldbescheid des Oberbürgermeisters der Stadt Neubrandenburg vom 29.11.2005 fehlt.

a) Gem. § 67 Abs. 1 Satz 1 OWiG kann der Betroffene gegen den Bußgeldbescheid innerhalb von 2 Wochen nach Zustellung schriftlich oder zur Niederschrift bei der Verwaltungsbehörde, die den Bußgeldbescheid erlassen hat, Einspruch einlegen.

Zur Schriftform gehört nicht unbedingt, dass die Einspruchsschrift vom Erklärenden unterschrieben wird. Vielmehr genügt es, dass aus dem Schriftstück der Inhalt der abzugebenden Erklärung und die Person, von der sie ausgeht, hinreichend zuverlässig entnommen werden können; außerdem muss feststehen, dass es sich nicht um einen Entwurf handelt, sondern dass das Schriftstück mit Wissen und Willen des Berechtigten der Verwaltungsbehörde zugeleitet worden ist (vgl. Göhler, OWiG, 14. Auflage, § 67 Rz. 19 m.w.N.).

b) Dies ist hier der Fall, wovon sich der Senat im Freibeweisverfahren überzeugt hat.

Der Einspruch ist offensichtlich auf der letzten Seite des dem Betroffenen zugestellten Bußgeldbescheides geschrieben, wie sich dem dort angegebenen Aktenzeichen, dem eingeforderten Geldbetrag sowie dem mitgeteilten KfZ-Kennzeichen entnehmen lässt. Der Verfasser des Einspruchsschreibens nimmt Bezug auf das Anhörungsschreiben, mit dem – was zutrifft – bereits mitgeteilt worden sei, dass der Verfasser keine Geschwindigkeitsüberschreitung begangen habe. Die Handschriften in beiden Schreiben sind augenscheinlich identisch, wobei das Anhörungsschreiben vom Betroffenen unter korrekten Angaben zur Person ausgefüllt und eigenhändig unterschrieben worden ist. Überdies ist das Briefkuvert zum Einspruchsschreiben am 05.12.2005 in der R-Stadt S., dem Wohnort des Betroffenen, abgestempelt worden und an „Frau H.“ gerichtet, die den – maschinell erstellten – Bußgeldbescheid „unterschrieben“ hatte.

Nach alledem ist dem Einspruchsschreiben zur Überzeugung des Senats mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, dass die Erklärung von dem Betroffenen herrührt und von ihm ernstlich und gewollt zwecks Anfechtung des kurz zuvor zugestellten Bußgeldbescheides an die Ordnungsbehörde gesandt worden ist.

Dass ein unbekannter Dritter mit ähnlicher Handschrift wie der Betroffene und unter Bezugnahme auf das zweifelsfrei vom Betroffenen herrührende Anhörungsschreiben den Einspruch ohne Wissen des Betroffenen in S. zur fraglichen Zeit zur Post gegeben haben könnte, erscheint ausgeschlossen.

c) Danach ist – wovon auch die Verwaltungsbehörde und das Amtsgericht offensichtlich ausgegangen sind – von einem wirksamen Einspruch gegen den zu Grunde liegenden Bußgeldbescheid auszugehen. Ein Verfahrenshindernis im von der Generalstaatsanwaltschaft angenommenen Sinne – wie auch sonst – liegt nicht vor.

2. Die zulässige Rechtsbeschwerde des Betroffenen hat indes keinen Erfolg. Die amtsgerichtlichen Feststellungen tragen – mit Ausnahme dessen, dass dem Betroffenen vorsätzliche Tatbegehung zur Last zu legen ist – ohne Weiteres auch von der Höhe der festzustellenden Geschwindigkeitsüberschreitung her den Schuldspruch. Gegen die Beweiswürdigung des angefochtenen Urteils ist nichts zu erinnern. Auch die Rechtsfolgenbemessung begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

a) Nach den Urteilsfeststellungen überholte der – erheblich verkehrsrechtlich vorbelastete – Betroffene am 05.10.2005 gegen 18:00 Uhr im N.-er Ortsteil W. kurz vor einer Ampelanlage zunächst grob verkehrswidrig ein Zivilfahrzeug der Polizei der Marke Opel Vectra mit den Zeugen PHM G. und POM H. als Insassen. Dergestalt und durch seine augenscheinlich erheblich überhöhte Geschwindigkeit innerorts auf den Betroffenen aufmerksam geworden, nahmen die Zeugen die Verfolgung des Pkw des Betroffenen auf. Der Zeuge G. „beschleunigte sein Fahrzeug, schloss alsbald auf das Fahrzeug des Betroffenen auf und fuhr mit einer angezeigten Geschwindigkeit von 120 km/h bei gleichbleibender Entfernung, wobei der Abstand nicht genau feststeht, aber höchstens 70 Meter betrug, über eine Strecke von 300 Meter hinter dem Fahrzeug des Betroffenen zum Zwecke der Geschwindigkeitsmessung her“ (UA Bl. 3). Kurz darauf wurde der Betroffene von den Polizeibeamten angehalten und überprüft.

Unter Abzug einer Gesamttoleranz von 33,4 km/h, die das Amtsgericht dergestalt errechnete, dass vom Skalenendwert (220 km/h) des ungeeichten Tachos des Polizeifahrzeuges 7 Prozent (15,4 km/h) sowie von der gefahrenen Geschwindigkeit von 120 km/h 15 Prozent (18 km/h) abgezogen wurden, sei dem Betroffenen, so das Amtsgericht, eine Geschwindigkeitsüberschreitung von nach unten abgerundet 36 km/h vorzuwerfen.

b) Die vorbezeichneten Feststellungen, insbesondere die Höhe der konkret berücksichtigten Toleranz, genügen ohne Weiteres den obergerichtlich zu den Fällen der Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren entwickelten Grundsätzen.

aa) Der Senat hat offen gelassen, ob die Geschwindigkeitsmessung durch Tachometervergleich beim Nach- oder Vorausfahren im unveränderten Abstand ein „standardisiertes Messverfahren“ mit herabgesetzten Anforderungen an die Darlegung der Feststellungen zur Frage der ordnungsgemäßen Messung darstellt oder nicht (vgl. zum Meinungsstand in der Rechtsprechung Krumm, NZV 2004, 377). Angesichts des Umstandes, dass die überwiegende Anzahl der – noch darzustellenden – Feststellungsparameter zumindest auch auf menschlicher Beobachtungsgabe beruht, erschiene es dem Senat eher angezeigt, diese Messmethode nicht dem Bereich der standardisierten, auf in hohem Maße grundsätzlich zuverlässiger Technik beruhender Messverfahren zuzuordnen.

bb) Dessen ungeachtet ist es in der Rechtsprechung – und der Senat tritt dem ausdrücklich bei – anerkannt, dass die Feststellung der Geschwindigkeit eines KfZ durch Vergleich mit der Geschwindigkeit eines nachfolgenden Polizeifahrzeugs grundsätzlich eine genügende Beweisgrundlage für die Annahme einer Überschreitung der höchstzulässigen Geschwindigkeit sein kann. Ob dies im Einzelfall möglich ist und welcher Abzug bejahendenfalls zur Ausscheidung in Betracht kommender Fehlerquellen von der im Polizeifahrzeug angezeigten Geschwindigkeit zu machen ist, hängt insbesondere davon ab, welche Länge die Messstrecke aufwies, welcher Abstand eingehalten wurde und in welchem Maße sich dieser auf der Messstrecke höchstens verringert haben kann (vgl. BayObLG NZV 1996, 462 = DAR 1996, 323).

Die Höhe der anzusetzenden Meßtoleranz entzieht sich – naturgemäß – einer mathematischen Exaktheit.

(1.) Insbesondere um Änderungen des Abstandes rechtzeitig bemerken zu können, darf dieser nicht zu groß sein. Er soll möglichst dem „halben Tacho-Abstand“ (= die Hälfte der gemessenen Stundenkilometer in Meter) entsprechen und ca. 100 Meter bei Geschwindigkeiten von über 90 km/h nicht überschreiten (vgl. BayObLG NZV 1994, 448), die Messstrecke soll im vorbezeichneten Geschwindigkeitsbereich nicht kürzer als 500 Meter sein (vgl. BayObLG NZV 1997, 323).

Wie auch die geforderten Messabstände stellen die (Mindest-) Messstrecken nur Richtwerte dar, von denen im Einzelfall abgewichen werden kann, z. B. dann, wenn bei kürzerer Messstrecke der Messabstand deutlich geringer als der Sollabstand ist (vgl. Krumm a. a. O. S. 378).

Für die Zuverlässigkeit der Messung spielen ferner die individuellen Fähigkeiten des beobachtenden Polizeibeamten eine Rolle: Hierzu sind Feststellungen bspw. zu Schulungsteilnahmen und bisheriger Erfahrung des Beamten durch den Tatrichter zu treffen, aus denen auf die Fähigkeit zur zuverlässigen Schätzung gleichbleibender Abstände im fließenden Straßenverkehr geschlossen werden kann (BayObLG NZV 1997, 323).

(2.) Ist eine den vorstehenden Anforderungen genügende Geschwindigkeitsmessung festgestellt, so genügt bei justiertem Tachometer grundsätzlich ein Sicherheitsabschlag von 10 Prozent, um allgemeine Messungenauigkeiten abzufedern (BayObLG NZV 1997, 323).

Bei einem – nach den Urteilsfeststellungen der vorliegenden Messung zu Grunde liegenden – nicht geeichten bzw. nicht justierten Tachometer im Polizeifahrzeug erachtet der Senat grundsätzlich einen Toleranzabzug von 20 Prozent der abgelesenen Geschwindigkeit für notwendig, aber auch ausreichend, um bei guten allgemeinen Sichtverhältnissen grundsätzlich alle zu Gunsten des Täters in Betracht kommenden Fehlerquellen menschlicher und technischer Art zu berücksichtigen, wenn der Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug etwa den halben bis maximal ganzen Tachowert (in Metern), den das nachfahrende Fahrzeug anzeigt, nicht übersteigt, der Abstand ungefähr gleich bleibt, die Nachfahrstrecke wenigstens rund das Fünffache des Abstandes beträgt und der Tachometer in kurzen Abständen abgelesen wird (so auch BayObLG NZV 1996, 462 = DAR 1996, 323).

Soweit das vom Amtsgericht verwendete sogenannte „Stufenmodell“ des OLG Düsseldorf (vgl. DAR 1993, 361: 7 Prozent Abzug des Skalenendwertes des verwendeten Tachometers (wegen § 57 Abs. 2 Nr. 1 StVZO a. F.), weiterer Sicherheitsabschlag von13,5 bzw. 15 Prozent von der abgelesenen Geschwindigkeit zum Ausgleich sonstiger Fehlerquellen) in der Summe einen höheren Toleranzabzug für notwendig erachtet, dürfte die Berücksichtigung von 7 Prozent des Skalenendwertes des verwendeten Tachometers überholt sein, denn die durch Änderungsverordnung vom 23.07.1990 vorgenommene Neufassung des § 57 StVZO hat die frühere Regelung, wonach in den letzten beiden Dritteln des Anzeigewertes des Kraftfahrzeuggeschwindigkeitsmessgerätes ein Vorlauf bis zu 7 Prozent des Skalenendwertes als Abweichung vom Sollwert erlaubt war, nicht übernommen (Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 37. Aufl. § 57 StVZO Rdz. 1), sodass der vom OLG Düsseldorf noch für notwendig erachtete siebenprozentige Toleranzabzug vom Skalenendwert für technische Messungenauigkeiten am Tachometer – jedenfalls in dieser Höhe – nicht mehr anzusetzen ist. Auch angesichts der von § 57 Abs. 2 Satz 2 StVZO in Bezug genommenen Richtlinie 75/443 EWG und der darin enthaltenen Berechnungsformel für zulässige Abweichungen von angezeigter zu tatsächlicher Geschwindigkeit (Anhang II Nr. 4.4) erachtet der Senat zur Berücksichtigung menschlicher und technischer Unzulänglichkeiten bei der Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren mit ungeeichtem Tachometer den bereits genannten Toleranzabzug von insgesamt 20 Prozent der gemessenen Geschwindigkeit bei Beachtung der geschilderten Meßbedingungen für ausreichend.

(3.) Stets bleibt die Bemessung des abzuziehenden Sicherheitsabschlags jedoch Tatfrage, die der Tatrichter in seiner freien Beweiswürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall in Betracht kommender Umstände zu beurteilen und zu entscheiden hat. Es reicht insbesondere nicht aus, lediglich kommentarlos die Werte der Polizei zu übernehmen (vgl. Krumm a. a. O. S. 378 m.w.N.).

cc) Den vorstehenden Anforderungen genügen die Feststellungen im angefochtenen amtsgerichtlichen Urteil ohne Weiteres. Das Amtsgerichts hat festgestellt, dass die Zeugen H. und G. langjährig im Verkehrsüberwachungsdienst der Polizei tätig und in der Geschwindigkeitsermittlung durch Hinterherfahren geübt sind. Zwar konnte die angezeigte Geschwindigkeit von 120 km/h bei gleichbleibender Entfernung von höchstens 70 Metern nur über eine Strecke von 300 Metern gemessen werden. Diesem Umstand hat das Amtsgericht jedoch ersichtlich dadurch Rechnung getragen, dass es von der gemessenen Geschwindigkeit von 120 km /h zu Gunsten des Betroffenen insgesamt 34 km/h, mithin über 28 Prozent, in Abzug gebracht hat. Damit sind jedenfalls in vorliegender Sache jedwede Ungenauigkeiten zu Ungunsten des Betroffenen ausgeschlossen.

c) Die Beweiswürdigung des Amtsgerichts begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die – unglaubhafte – Einlassung des Betroffenen erachtet das Gericht mit überzeugenden Erwägungen für widerlegt. In dieser Hinsicht hat im Übrigen zu gelten, dass die Beweiswürdigung des Tatrichters nur einer – eingeschränkten – Prüfung des Rechtsbeschwerde- bzw. Revisionsgerichts unterliegt. Dieses darf die Beweiswürdigung nur auf rechtliche Fehler prüfen, sie aber nicht durch seine eigene ersetzen. Die nach Ansicht des Beschwerdeführers falsche Würdigung der Beweise kann daher mit der Revision bzw. Rechtsbeschwerde nicht gerügt werden, allenfalls der Weg dorthin. Die Beweiswürdigung muss die Tatsachenfeststellungen für das Rechtsbeschwerde- bzw. Revisionsgericht insgesamt nachvollziehbar machen. Rechtsfehlerhaft ist die Beweiswürdigung nur, wenn sie in sich widersprüchlich, lückenhaft oder unklar ist oder gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (vgl. zu Vorstehendem Meyer-Goßner, StPO, 49. Aufl. § 337 Rdz. 26 f. m. w. N.).

Solche Art Rechtsfehler erschließen sich aus den Urteilsgründen nicht und werden auch von der Rechtsbeschwerde nicht aufgezeigt.

d) Auch die Rechtsfolgenbemessung begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Das Amtsgericht hat für die innerorts begangene Geschwindigkeitsüberschreitung um 36 km/h die Regelbuße (100 Euro, 1 Monat Fahrverbot) nach dem Bußgeldkatalog verhängt, wobei die Geldbuße wegen 5 verwertbarer Voreintragungen im Verkehrszentralregister äußerst moderat und beanstandungsfrei um lediglich 30 Euro erhöht worden ist. Die Möglichkeit, ausnahmsweise vom Regelfahrverbot abzusehen, hat das Amtsgericht erkannt, hierzu aber vollkommen zu Recht (dem Betroffenen war nach den Feststellungen aufgrund zahlreicher Verkehrsverstöße die Fahrerlaubnis entzogen und erst am 24.05.2005 neu erteilt worden) keinen Anlass gesehen.

III.

Nach alledem hat die aufgrund der Rechtsbeschwerderechtfertigung vorgenommene Nachprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben, sodass seine Rechtsbeschwerde gem. § 79 Abs. 3, Abs. 5 OWiG i. V. m. § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet zu verwerfen war.

IV.

Der Senat hat – nach vorherigem rechtlichen Hinweis – jedoch Anlass gesehen, den Schuldspruch dahingehend zu berichtigen, dass dem Betroffenen eine vorsätzliche Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zur Last fällt.

Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des angefochtenen Urteils befuhr der Beschwerdeführer im N.-er Ortsteil W. die S. Straße, mithin innerhalb einer geschlossenen Ortschaft, mit einer vorwerfbaren Geschwindigkeit von 86 km/h, obwohl dort die zulässige Höchstgeschwindigkeit gem. § 3 Abs. 3 Nr. 1 StVO auf 50 km/h beschränkt war. Die Bußgeldrichterin hat damit eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 36 km/h, d. h. um über 70 Prozent, festgestellt. Den Urteilsgründen ist weiter zu entnehmen, dass diese Geschwindigkeit nach einem verkehrswidrigen Überholmanöver an einer ampelgeregelten Kreuzung gemessen wurde.

Zwar kann allein aus der Höhe der gemessenen Geschwindigkeit jedenfalls dann noch nicht zwingend auf eine vorsätzlich begangene Geschwindigkeitsüberschreitung geschlossen werden, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der betroffene Verkehrsteilnehmer das die Geschwindigkeit begrenzende Verkehrszeichen (hier: das Ortseingangsschild) übersehen haben könnte. Derartige Anhaltspunkte sind vorliegend indes nicht ersichtlich. Aus der in den Urteilsgründen mitgeteilten Einlassung des Betroffenen, derzufolge er die erlaubte Geschwindigkeit von 50 km/h nicht überschritten habe, erst nach dem Ortsausgangsschild habe er sein Fahrzeug auf die nunmehr erlaubte Geschwindigkeit beschleunigt, ergibt sich, dass der Betroffene genau wusste, sich (zunächst) innerhalb einer geschlossenen Ortschaft mit dort geltender Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h zu bewegen. Dass dem Betroffenen die von ihm tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit verborgen geblieben sein könnte, erachtet der Senat im Gegensatz zum Amtsgericht auch unter Berücksichtigung des festgestellten (grob verkehrswidrigen) Überholmanövers für ausgeschlossen.

Der vom Senat vorgenommenen Veränderung des Schuldspruchs steht das Verschlechterungsverbot nicht entgegen (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Beschluss vom 21.12.1998 – 2 Ss [OWi] 200/98 I 120/98 m. w. N.).

V.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 1 OWiG i. V. m. § 473 Abs. 1 StPO.

VI.

Diese Entscheidung des Senats ist nicht weiter anfechtbar, § 46 Abs. 1 OWiG i. V. m. § 304 Abs. 4 Satz 2 StPO.

 

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