Skip to content
Menü

Kostenbescheid gegen Fahrzeughalter wegen Parkverstoß bei Privatanzeige

Gericht: Kostenbescheid wegen Parkverstoß bei Privatanzeige unzulässig

Das Urteil des AG Büdingen hebt einen Kostenbescheid gegen eine Fahrzeughalterin aufgrund eines Parkverstoßes auf, der durch eine Privatanzeige gemeldet wurde. Es stellt fest, dass eine Privatanzeige nicht ausreicht, um einem Fahrzeughalter Kosten für einen Parkverstoß aufzuerlegen. Das Gericht betont, dass für die Kostenauferlegung eine objektive Feststellung des Verstoßes durch amtliche Überwachung erforderlich ist

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 60 OWi 46/23  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Aufhebung des Kostenbescheids: Das Gericht hebt den vom Regierungspräsidium Kassel ausgestellten Kostenbescheid auf.
  2. Unzureichende Grundlage bei Privatanzeigen: Eine Privatanzeige allein reicht nicht aus, um einem Fahrzeughalter die Kosten eines Verkehrverstoßes aufzuerlegen.
  3. Notwendigkeit amtlicher Feststellung: Für die Kostenauferlegung ist eine objektive Feststellung des Verstoßes durch Behördenmitarbeiter erforderlich.
  4. Keine Kostenentstehung bei Behörden durch Privatanzeigen: Privatanzeigen verursachen keine signifikanten Kosten für die Behörden, im Gegensatz zu amtlichen Überwachungsmaßnahmen.
  5. Mögliche Förderung einer Überwachungskultur: Durch Online-Angebote und Apps zur Meldung von Verkehrsverstößen könnte eine Kultur des Überwachens entstehen.
  6. Wirtschaftliche Interessen: Das Urteil thematisiert die Rolle von wirtschaftlichen Interessen hinter Apps und Online-Diensten zur Verkehrskontrolle.
  7. Erlass von Bußgeldbescheiden: Ein Bußgeldbescheid kann aufgrund einer Privatanzeige erlassen werden, wenn die verantwortliche Person ermittelt wird.
  8. Unanfechtbarkeit der Entscheidung: Das Gericht erklärt seine Entscheidung für unanfechtbar.

Rechtliche Herausforderungen bei Parkverstößen und deren Folgen

In der heutigen Gesellschaft spielt die Regulierung des Straßenverkehrs eine wesentliche Rolle für die Aufrechterhaltung von Ordnung und Sicherheit. Ein zentrales Element hierbei sind die Regeln und Sanktionen im Zusammenhang mit Parkverstößen. Besonders interessant wird es, wenn solche Verstöße nicht durch amtliche Stellen, sondern durch Privatanzeigen aufgedeckt werden. In diesem Kontext ergibt sich eine komplexe juristische Fragestellung: Welche Konsequenzen hat es für den Fahrzeughalter, wenn ein Parkverstoß durch eine Privatperson gemeldet wird?

Diese Frage führt uns zu den rechtlichen Nuancen, die in der Beurteilung von Parkverstößen liegen, insbesondere im Hinblick auf die Kosten des Verfahrens, die Kostenhaftung des Fahrzeughalters und die Legitimität von Privatanzeigen. Dabei spielen Verkehrsordnungswidrigkeiten und die daraus resultierenden Bußgeldbescheide eine wichtige Rolle. Der folgende Text beleuchtet ein konkretes Urteil, das sich mit diesen Fragen auseinandersetzt und wichtige Impulse für die rechtliche Handhabung von Parkverstößen setzt. Lassen Sie uns gemeinsam in die Details dieses spannenden und rechtlich bedeutsamen Falls eintauchen.

Der Vorfall: Ein Parkverstoß mit weitreichenden Folgen

Im Zentrum des vorliegenden Falles steht ein Parkverstoß, der durch eine Privatanzeige bei einer Gemeinde gemeldet wurde. Ein Bürger reichte einen ausgefüllten Vordruck einer Verkehrsordnungswidrigkeitsanzeige ein, der ein Bild eines falsch geparkten Fahrzeugs enthielt. Dieses Bild zeigte, dass das Fahrzeug teilweise auf einem Gehweg stand, was eine Behinderung für andere Verkehrsteilnehmer darstellte. Der Fall nahm seinen Lauf, als das Regierungspräsidium Kassel der Fahrzeughalterin mittels eines Zeugenfragebogens mitteilte, dass ihr Fahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt verbotswidrig geparkt gewesen sei. Daraufhin wurde sie aufgefordert, die verantwortliche Person für den Parkverstoß zu benennen und auf die mögliche Kostenhaftung des Fahrzeughalters hingewiesen.

Juristische Auseinandersetzung: Anfechtung des Kostenbescheids

Nachdem das Verfahren wegen des Parkverstoßes eingestellt wurde, erließ das Regierungspräsidium Kassel einen Kostenbescheid, der die Fahrzeughalterin zur Übernahme der Verfahrenskosten verpflichtete. Die Halterin legte gegen diesen Bescheid Einspruch ein und stellte einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung, da sie argumentierte, dass eine Anhörung nicht ordnungsgemäß erfolgt sei. Sie betonte, dass der Widerspruch sich gegen den Vorwurf an sich richtete und die Personalien bei einer Kontrolle vor Ort hätten festgestellt werden können.

Gerichtliche Entscheidung: Aufhebung des Kostenbescheids

Das Amtsgericht Büdingen gab dem Antrag der Betroffenen statt und hob den Kostenbescheid auf. Die Begründung des Gerichts stützte sich darauf, dass die Voraussetzungen des § 25a StVG nicht erfüllt waren. Insbesondere wurde festgestellt, dass der Parkverstoß lediglich von einer Privatperson und nicht von einem amtlichen Bediensteten gemeldet wurde. Das Gericht folgte damit der Auffassung, dass eine Privatanzeige keine ausreichende Grundlage für den Erlass eines Kostenbescheides nach § 25a StVG darstellt. Diese Entscheidung stützt sich auf frühere Urteile und Kommentarliteratur, die eine ähnliche Auffassung vertreten.

Hintergründe und Bedeutung des Urteils

Dieses Urteil beleuchtet eine wichtige Thematik im Bereich des Verkehrsrechts, speziell im Umgang mit Parkverstößen und deren Meldung durch Privatpersonen. Die Entscheidung des Gerichts zeigt auf, dass die bloße Meldung eines Verstoßes durch eine Privatperson nicht ausreicht, um dem Fahrzeughalter Kosten aufzuerlegen. Es wird betont, dass für eine solche Kostenauferlegung eine objektive Feststellung des Verstoßes durch amtliche Stellen erforderlich ist. Das Urteil wirft auch ein kritisches Licht auf die zunehmende Praxis der Verkehrsüberwachung durch Privatpersonen und die damit verbundenen Herausforderungen. Es stellt einen Präzedenzfall dar, der die Bedeutung einer ordnungsgemäßen Verfahrensweise in der Ahndung von Verkehrsordnungswidrigkeiten hervorhebt.

In der Gesamtschau verdeutlicht dieser Fall die Komplexität der rechtlichen Rahmenbedingungen, die bei Verkehrsordnungswidrigkeiten und insbesondere bei Parkverstößen zu beachten sind. Er zeigt auf, dass neben den rechtlichen Aspekten auch die Rolle der Bürger und die Verantwortung der Behörden bei der Überwachung und Ahndung von Verkehrsverstößen von Bedeutung sind. Die Entscheidung des Amtsgerichts Büdingen setzt somit wichtige Maßstäbe für die Handhabung ähnlicher Fälle in der Zukunft.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Was ist ein Kostenbescheid und in welchen Fällen wird er ausgestellt?

Ein Kostenbescheid ist ein behördlicher Verwaltungsakt, durch den die öffentlich-rechtlichen Kosten für eine bestimmte hoheitliche Maßnahme oder Amtshandlung festgesetzt werden. Dieser enthält die genauen Kosten, die aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Tätigkeit entstanden sind, wie beispielsweise bei der Bearbeitung von Anträgen, Erteilung von Genehmigungen und Durchführung von Kontrollen.

Ein Kostenbescheid wird in verschiedenen Fällen ausgestellt. Beispielsweise kann er bei der Ausstellung eines Heimreisedokuments, eines Crew Member Certificates (Besatzungsausweises), oder bei der Anerkennung des International Baccalaureate Diploma als Hochschulzugangsberechtigung ausgestellt werden. Auch bei der Durchführung klinischer Prüfungen wird ein Kostenbescheid an den Antragsteller adressiert.

Die Kosten werden mit der Bekanntgabe der Kostenentscheidung an den Kostenschuldner fällig, es sei denn, die Behörde bestimmt einen späteren Zeitpunkt. Der Kostenschuldner ist die Person oder Einrichtung, die zur Zahlung der Kosten verpflichtet ist.

Ein Kostenbescheid ist ein wichtiger Bestandteil des Verwaltungsverfahrens und trägt zur Transparenz und Rechenschaftspflicht der öffentlichen Verwaltung bei. Er ermöglicht es den Kostenschuldnern, die Kosten, die ihnen durch eine bestimmte Amtshandlung oder Leistung entstanden sind, genau zu verstehen und nachzuvollziehen.

Wie funktioniert eine Privatanzeige im Kontext von Verkehrsordnungswidrigkeiten und was sind ihre Grenzen?

Eine Privatanzeige im Kontext von Verkehrsordnungswidrigkeiten in Deutschland ist ein Prozess, bei dem eine Privatperson eine mutmaßliche Verkehrsordnungswidrigkeit bei den zuständigen Behörden meldet. Diese Anzeige ist eine Anregung an die Behörden, eine Untersuchung einzuleiten und gegebenenfalls Sanktionen zu verhängen.

Jeder Bürger ist berechtigt, eine Anzeige wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit zu erstatten. Wenn Sie Zeuge einer Ordnungswidrigkeit oder Straftat im Straßenverkehr werden, können Sie diese grundsätzlich bei der Polizei melden. Die Anzeige kann formlos erfolgen, sollte aber so detailliert wie möglich sein und, wenn möglich, Beweise wie Fotos enthalten.

Die Ahndung von Verkehrsordnungswidrigkeiten obliegt der Bußgeldstelle Ihrer Stadt oder Ihres Kreises. Sollten Ermittlungen im Zuge eines Verfahrens aufgenommen werden, übernimmt diese nicht die Verwaltungsbehörde, sondern die Polizei. Die Beamten handeln nach dem Opportunitätsprinzip, das heißt, sie können entscheiden, ob sie die Verwarnung mündlich und ohne Verwarngeld ausführen, oder eine schriftliche Verwarnung dem Verkehrssünder per Strafzettel ins Haus schicken.

Die Sanktionen für eine Verkehrsordnungswidrigkeit richten sich nach dem Bußgeldkatalog und können von Geldsanktionen über Punkte im Fahreignungsregister bis hin zu Fahrverboten reichen. Bei groben oder beharrlichen Verkehrsverstößen kann zusätzlich zur Geldbuße ein Fahrverbot von einem Monat bis zu 3 Monaten festgesetzt werden.

Es gibt jedoch Grenzen für Privatanzeigen. In Deutschland sind Privatpersonen grundsätzlich nicht dazu befugt, das Gesetz durchzusetzen. Daher können ausschließlich Ordnungsämter, die Polizei oder die Staatsanwaltschaft gegen Verkehrssünder vorgehen. Ob die Behörden den Tatvorwurf verfolgen, hängt von verschiedenen Faktoren ab, darunter der Art des Verkehrsverstoßes, dem notwendigen Aufwand und der zugrundeliegenden Beweislage. Zudem ist eine Privatanzeige alleine noch kein Beweismittel, und ein Verfahren kann nur eingeleitet werden, wenn fallrelevante Angaben und Beweise vorliegen.


Das vorliegende Urteil

AG Büdingen – Az.: 60 OWi 46/23 – Beschluss vom 16.05.2023

Der Kostenbescheid des Regierungspräsidiums Kassel vom 23.02.2023 (351.120828.8) wird aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Betroffenen hat die Staatskasse zu tragen.

Gründe

I.

Auf der Homepage der Gemeinde … befindet sich u.a. folgender Hinweis:

„Jeder Bürger ist berechtigt, Verkehrsordnungswidrigkeiten anzuzeigen.

Hierfür verwenden Sie bitte den Vordruck „Verkehrsordnungswidrigkeitsanzeige“. Diesen können Sie ausdrucken und vollständig ausgefüllt beim Ordnungsamt der Gemeinde … einreichen.

Sie sollten jedoch von dieser Möglichkeit nur mit dem richtigen Maß Gebrauch machen. Oftmals ist ein klärendes Gespräch besser, als eine Anzeige.

Bedenken Sie bei einer Anzeige auch, dass Sie gegebenenfalls vor Gericht als Zeuge aussagen müssen. Daher ist es wichtig, dass Ihre Angaben der Wahrheit entsprechen. Haben Sie von einem Sachverhalt nur gehört oder wurde er Ihnen nur erzählt, sehen Sie bitte von einer Anzeige ab.“

Am 04.11.20.. ging ein solcher, ausgefüllter Vordruck eines Bürgers mit einer Verkehrsordnungswidrigkeitsanzeige bezüglich eines Parkverstoßes bei der Gemeinde … ein, wobei ein Bild beigefügt war. Auf diesem ist zu erkennen, dass ein Fahrzeug auf einem Grundstück steht und die Vorderreifen über den Bordstein hinaus in den Seitenstreifen der Straße ragen.

Aufgrund dessen wurde die Betroffene mit „Zeugenfragebogen“ des Regierungspräsidiums Kassel vom 08.12.20.. informiert, dass ihr Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen … am 03.01.20.. um 09:40 Uhr in …, in der … verbotswidrig auf dem Gehweg geparkt gewesen sei, wodurch andere behindert worden seien (§§ 12 IV, 1 II, 49 StVO; § 24 I, III Nr. 5 StVG; Nr. 52a BKat; § 19 OWiG). Gleichzeitig wurde die Betroffene aufgefordert, die verantwortliche Person für den Parkverstoß zu benennen. Das Schreiben erhielt auch den Hinweis auf die möglicherweise drohende Kostenhaftung des Fahrzeughalters gemäß § 25a StVG, wenn der Fahrzeugführer nicht vor Eintritt der Verjährung ermittelt werden kann. Es folgte noch Schriftverkehr, wobei die Betroffene Beweismittel anforderte aber die verantwortliche Person nicht benannte.

Mit Bescheid des Regierungspräsidiums Kassel vom 13.02.2023 wurde das Verfahren wegen des Halt- bzw. Parkverstoßes eingestellt und der Betroffenen als Halterin des Fahrzeugs die Kosten des Verfahrens (insgesamt 23,50 €) auferlegt.

Gegen diesen, der Betroffenen am 01.03.2023 zugestellten, Bescheid hat die Betroffene mit am 15.03.2023 eingegangenen Schreiben sinngemäß Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt. Begründet wurde dies damit, dass eine Anhörung nicht bereits vor Abgabe an das Regierungspräsidium erfolgt sei. Der Fahrer sei nicht benannt worden, da sich der Widerspruch gegen den Vorwurf an sich gerichtet habe. Bei der Kontrolle vor Ort hätten die Personalien festgestellt werden können.

Das Regierungspräsidium hat dem Antrag nicht abgeholfen und die Sache dem zuständigen Amtsgericht vorgelegt.

II.

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist zulässig und begründet.

Die Voraussetzungen des § 25 a StVG liegen im Ergebnis nicht vor. Die Verwaltungsbehörde durfte der Betroffenen als Halter des Fahrzeugs vorliegend die Kosten für den Verwaltungsaufwand nicht auferlegen. Voraussetzung hierfür wäre unter anderem, dass objektiv ein Halt- oder Parkverstoß festgestellt worden ist. Vorliegend wurde ein solcher Verstoß nicht von einem Gemeindebediensteten, sondern lediglich von einer Privatperson angezeigt, was nicht ausreichend ist.

Zu der Frage, ob die durch einen Privaten durchgeführte Verkehrsüberwachung eine ausreichende Grundlage für den Erlass eines Kostenbescheides nach § 25a StVG darstellt, sind – soweit ersichtlich – nur vereinzelt Entscheidungen ergangen. Das Amtsgericht Düsseldorf (NZV 1999, S. 142 f.) hat dies ausdrücklich verneint. Diese Einschätzung wird in der Kommentarliteratur geteilt (vgl. Hadamitzky, in: Karlsruher Kommentar zum OWiG, 5. Auflage 2018, § 25a StVG Rn. 20).

Das Amtsgericht Gelnhausen (Beschluss vom 08.05.2012 – 44 OWi 14/12 -, BeckRS 2013, 1537) hat ebenfalls eine Privatanzeige als ausreichende Grundlage für den Erlass eines Kostenbescheides verneint und hierzu wörtlich ausgeführt:

„Dagegen spricht, dass zunächst durch die private Verkehrsüberwachung und Anzeigenerstattung – anders als bei Einsatz von Beamten – keinerlei Kosten bei der Behörde anfallen und die Behörde selbst nach Eingang der Anzeige bzw. nach Anhörung des Betroffenen entscheiden kann, ob sie ein kostenverursachendes Verfahren (weiter-)betreibt. Erforderlich ist im Übrigen bei der Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten die konkrete Feststellung, welche Qualität der jeweilige Parkverstoß erreicht und ob unter Berücksichtigung des Opportunitätsprinzips eine Verfolgung des Parkverstoßes nach Ermessensausübung des jeweiligen Beamten bzw. der Ordnungsbehörde erfolgt. Dies ist bei einer privaten Verkehrsüberwachung bzw. Anzeigenerstattung durch einen Anwohner nicht gewährleistet, selbst wenn Lichtbilder vorliegen, welche den Parkverstoß zeigen. Zu beachten ist weiterhin, dass eine gerichtliche Entscheidung hinsichtlich eines Kostenbescheides in der Regel ohne mündliche Verhandlung ergeht. Das Gericht ist deshalb in besonderem Maße auf die Angaben in der Akte angewiesen, eine Zeugenvernehmung findet nicht statt. Anzeigen von Polizei- oder Ordnungsbehördenbeamten sind regelmäßig nachvollziehbar gefertigt und aufgrund der dienstlichen Tätigkeit des Anzeigenden, kann in der Regel festgestellt werden, ob ein bzw. welcher Ordnungswidrigkeitstatbestand objektiv verwirklicht wurde, was Voraussetzung für den Erlass eines Kostenbescheides ist (Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 36. Aufl. § 25a Rn. 5). Auch wenn es keinen Grundsatz gibt, wonach die Angaben eines solchen Beamten stets als zutreffend zu berücksichtigen sind, so bieten sie in der Regel eine verlässliche Grundlage. Bei Anzeigen durch Privatpersonen hat die Behörde regelmäßig weder Kenntnisse um die Glaubhaftigkeit der Angaben und die Glaubwürdigkeit der Person zu beurteilen noch über die Motivation für die Anzeige, die nicht aufgrund dienstlicher Tätigkeit gefertigt wurde. Deshalb ist eine durch eine Privatperson durchgeführte Verkehrsüberwachung, sei es auch ein Einzelfall, keine ausreichende Grundlage für den Erlass eines Kostenbescheides nach § 25a StVG. Sollten sich Verstöße häufen, bleibt es den Behörden unbenommen, die hierfür zuständigen Bediensteten vor Ort einzusetzen.“

Dieser Begründung wird gefolgt, zumal sich in den letzten Jahren eine äußerst kritische Entwicklung gezeigt hat. So rufen Privatpersonen, Firmen oder Interessengruppen über Internetseiten oder Apps teilweise ausdrücklich die Bevölkerung dazu auf, jegliche Parkverstöße anzuzeigen (vgl. die Apps „weg.li“, „Wegegeld“, „falschparkermelden.de“ und „Wiado“). Auch informieren viele Städte und Gemeinden auf ihren Webseiten nicht nur über die Möglichkeit, Parkverstöße zur Anzeige zu bringen, sondern sie stellen hierfür Onlineverfahren bzw. Formulare bereit, die die Anzeigenerstattung erheblich erleichtern. All dies führt dazu, dass die Anzahl der Anzeigen von Halt- und Parkverstöße erheblich zugenommen hat (vgl. Hamburger Abendblatt vom 03.08.2021, https://www.abendblatt.de/hamburg/article232949313/warum-mehr-privatleute-falschparker-anzeigen-verkehr-fahrrad-hamburg-bussgeld.html).

Zwar ist der Gemeinde …, die ein vorbereitetes Anzeigenformular auf ihrer Homepage zur Verfügung stellt, zuzugestehen, dass sie gleichzeitig ausdrücklich darauf hinweist, dass man von der Möglichkeit der Anzeige nur maßvoll Gebrauch machen soll und dass direkte Gespräche vorzuziehen seien. Dies ändert jedoch nichts daran, dass durch Apps, Onlineangebote und vorbereiteten Formulare insgesamt ein Klima des gegenseitigen Überwachens und Verpetzens zu befürchten ist. Dieses würde noch weiter gefördert, wenn man auf Grundlage solcher Anzeigen nicht nur den Erlass von Bußgeldbescheiden (falls die verantwortliche Person feststeht), sondern auch den Erlass von Halterkostenbescheiden nach § 25a StVG für möglich erachtet.

Ein weiteres gewichtiges Argument gegen die Anwendung des § 25a StVG in diesen Fällen ist, dass den Behörden aufgrund der Privatanzeigen, insbesondere, wenn diese mit den zur Verfügung gestellten Onlineformularen gefertigt werden, keine nennenswerten Kosten entstehen. So werden lediglich wenige Daten in das System übernommen und ein automatisiertes Anhörungsschreiben produziert, dass regelmäßig mittels einfacher Post verschickt wird. Bei der herkömmlichen Verkehrsüberwachung durch eigene Bedienstete fallen hingegen zusätzlich die Personalkosten sowie Personalnebenkosten an, die aufgrund der Außendiensttätigkeit entstehen. Dies spricht ebenfalls für eine Auslegung des § 25a StVG dahin, dass die Kosten des Verfahrens dem Halter nur bei tatsächlicher hoheitlicher Überwachung auferlegt werden können.

Im Übrigen sollte auch der Gefahr begegnet werden, dass wirtschaftliche Interessen im Zusammenhang mit der Ahndung von Ordnungswidrigkeiten in den Vordergrund treten könnten. So dürften nicht nur die Betreiber der Apps vor allem wirtschaftliche Interessen haben, sondern auch für Behörden dürfte es äußerst lukrativ sein, wenn vermehrt Privatanzeigen eingehen, die bei Unmöglichkeit der Ermittlung des Fahrzeugführers in Halterkostenbescheiden münden.

Zwar mag es durchaus so sein, dass die Rücksichtslosigkeit und auch die Anzahl der tatsächlichen Halt- und Parkverstöße in den letzten Jahren, mit Ausnahme der Zeit während der „Corona-Maßnahmen“, zugenommen haben. Es bleibt den Behörden aber unbenommen, insbesondere bei gravierenden oder wiederholten Verstößen, durch vermehrten und gezielten Einsatz von Bediensteten im Außendienst einzuschreiten. Diese können vor Ort entscheiden, ob tatsächlich ein Verfahren einzuleiten ist oder eine Ansprache des Fahrzeugführers ausreicht. Im vorliegenden Fall enthält die Anzeige als Tatzeit lediglich die Angabe „09:40 Uhr“. Wie lange das Fahrzeug so gestanden hat und ob der Fahrer sich nicht in unmittelbarer Nähe des Fahrzeugs befunden hat, wie die Betroffene vorgetragen hat, ist unklar. So erscheint es durchaus denkbar, dass bei Anwesenheit eines Ordnungspolizeibeamten vor Ort aufgrund der möglichen Geringfügigkeit des Verstoßes kein Bußgeldverfahren eingeleitet worden wäre. Die schematische Kostenauferlegung im Rahmen des § 25a StVG aufgrund einer Anzeige einer Privatperson wird dem hingegen nicht gerecht.

Wenn die verantwortliche Person (Fahrer) festgestellt ist, ist hingegen der Erlass eines Bußgeldbescheides aufgrund einer Privatanzeige nicht ausgeschlossen. Falls der Betroffene Einspruch einlegt, kann dieser ebenso wie der anzeigende Zeuge in der Hauptverhandlung gehört werden.

Die Entscheidung ist gemäß § 25 a Abs. 3 S. 3 StVG unanfechtbar.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 OWiG, § 467 Abs. 1 StPO.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Haben Sie einen Bußgeldbescheid erhalten?

Mit unserer Hilfe teure Bußgelder und Fahrverbote vermeiden!

Wir überprüfen Ihren Bußgeldbescheid kostenlos und unverbindlich auf Fehler und die Möglichkeit eines Einspruchs.
Blitzer Bußgeld prüfen

Rechtstipps aus dem Verkehrsrecht

Urteile über Bußgeld und Ordnungswidrigkeiten

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!