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Fahrerlaubnisentziehung – Nichtbeibringung MPU-Gutachten nach Nötigungsversuch

 Fahrerlaubnisentzug nach Nötigung: MPU-Gutachten gefordert

Im Zentrum des Verkehrsrechts steht die Frage nach der Fahreignung von Kraftfahrzeugführern, insbesondere nach strafrechtlich relevanten Vorfällen. Hierbei spielen medizinisch-psychologische Untersuchungen (MPU) eine entscheidende Rolle. Diese Gutachten werden oft angefordert, wenn Zweifel an der Fahreignung aufgrund von Verkehrsverstößen oder Straftaten im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr aufkommen. Die rechtliche Herausforderung besteht darin, die Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit einer MPU-Anordnung zu beurteilen und dabei das Rechtsschutzbedürfnis des Fahrerlaubnisinhabers gegenüber den Anforderungen der Verkehrssicherheit abzuwägen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Frage, inwieweit die Nichtvorlage eines MPU-Gutachtens zu rechtlichen Konsequenzen, insbesondere zur Entziehung der Fahrerlaubnis, führen kann. Hierbei muss zwischen formeller und materieller Rechtmäßigkeit der Anordnung unterschieden werden, um eine faire und gesetzeskonforme Entscheidung zu treffen. Diese Thematik spiegelt sich in zahlreichen gerichtlichen Auseinandersetzungen wider, in denen die Balance zwischen individuellen Rechten der Fahrerlaubnisinhaber und dem öffentlichen Interesse an der Sicherheit des Straßenverkehrs gefunden werden muss.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 11 CS 21.2148   >>>

Das Wichtigste in Kürze


Das Gericht bestätigte die Rechtmäßigkeit der Entziehung der Fahrerlaubnis eines Kraftfahrzeugführers aufgrund von Nötigungsversuchen im Straßenverkehr und nicht erbrachter MPU-Gutachten.

Zentrale Punkte des Urteils:

  1. Nötigung im Straßenverkehr: Der Antragsteller wurde wegen eines Nötigungsversuchs verurteilt, bei dem er extrem dicht auf ein Polizeifahrzeug auffuhr.
  2. Aufforderung zur MPU: Aufgrund dieser Verurteilung forderte das Landratsamt ein medizinisch-psychologisches Gutachten (MPU), um die Fahreignung zu überprüfen.
  3. Nichtvorlage des MPU-Gutachtens: Der Antragsteller legte das geforderte Gutachten nicht vor, wodurch Zweifel an seiner Fahreignung bestärkt wurden.
  4. Formelle und materielle Rechtmäßigkeit: Das Gericht befand, dass die Aufforderung zur MPU sowohl formell als auch materiell rechtmäßig war.
  5. Abgrenzung zwischen verschiedenen Straftaten: Das Gericht stellte klar, dass nicht nur Straftaten im direkten Zusammenhang mit dem Straßenverkehr, sondern auch allgemeine Verkehrsverstöße bei der Beurteilung der Fahreignung relevant sind.
  6. Ermessensentscheidung der Behörde: Die Behörde handelte innerhalb ihres Ermessens, indem sie die Schwere des Nötigungsversuchs und die daraus resultierenden Sicherheitsrisiken berücksichtigte.
  7. Rechtsschutzbedürfnis und Interessenabwägung: Das Gericht wies auf das bestehende Rechtsschutzbedürfnis und die Notwendigkeit einer Interessenabwägung zwischen persönlicher Mobilität und öffentlicher Sicherheit hin.
  8. Kosten des Beschwerdeverfahrens: Der Antragsteller wurde zur Übernahme der Kosten des Beschwerdeverfahrens verpflichtet.

Hintergründe zur Entziehung der Fahrerlaubnis

Im Kern des vorliegenden Falls steht die Entziehung der Fahrerlaubnis des Antragstellers durch das Landratsamt Augsburg. Diese Maßnahme erfolgte aufgrund mehrerer Vorfälle, in denen der Antragsteller strafrechtlich auffällig geworden war. Zunächst wurde er wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe verurteilt, nachdem er im März 2016 einen Schiedsrichter nach einem Fußballspiel beleidigt hatte. Später, im Dezember 2019, wurde er wegen eines Nötigungsversuchs im Straßenverkehr verurteilt. Er hatte hierbei mit seinem Fahrzeug eine Zivilstreife der Polizei bedrängt. Daraufhin forderte das Landratsamt ihn auf, ein medizinisch-psychologisches Gutachten (MPU-Gutachten) vorzulegen, um seine Fahreignung zu überprüfen. Diese Anforderung basierte auf § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 FeV, der eine solche Überprüfung bei erheblichen Straftaten im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr vorsieht. Der Antragsteller kam dieser Aufforderung jedoch nicht nach, woraufhin das Landratsamt ihm die Fahrerlaubnis entzog und die Abgabe seines Führerscheins forderte.

Rechtliche Bewertung des Fahrverhaltens

Das rechtliche Problem in diesem Fall liegt in der Bewertung des Verhaltens des Antragstellers und der daraus resultierenden Frage nach seiner Fahreignung. Das Landratsamt zog die Schlussfolgerung, dass durch die begangenen Straftaten, insbesondere die Nötigung im Straßenverkehr, erhebliche Zweifel an der Fahreignung des Antragstellers bestünden. Diese Bewertung musste sowohl formal als auch materiell rechtmäßig sein, um die Entziehung der Fahrerlaubnis und die Anforderung des MPU-Gutachtens zu rechtfertigen. Besonders hervorzuheben ist hier die Frage der Verhältnismäßigkeit und die Notwendigkeit, eine individuelle Bewertung der Fahreignung vorzunehmen.

Gerichtliche Bestätigung der Entziehungsmaßnahme

Das Verwaltungsgericht München wies die Beschwerde des Antragstellers zurück und bestätigte damit die Entscheidung des Landratsamts. In seiner Urteilsbegründung führte das Gericht aus, dass die Anforderung des medizinisch-psychologischen Gutachtens sowie die Entziehung der Fahrerlaubnis formell und materiell rechtmäßig gewesen seien. Das Gericht betonte, dass der Antragsteller durch sein Verhalten im Straßenverkehr eine konkrete Gefährdung für die Verkehrssicherheit dargestellt habe. Es wurde auch festgestellt, dass die formellen Anforderungen an die Beibringungsanordnung erfüllt waren und dass der Antragsteller ausreichend über die möglichen Konsequenzen einer Nichtvorlage des Gutachtens informiert wurde. Zudem wurden die strafrechtlichen Feststellungen bezüglich des Nötigungsversuchs als ausreichend angesehen, um eine erhebliche Straftat im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 FeV anzunehmen.

Schlussfolgerungen und Bedeutung für die Fahrerlaubnis

Das Gericht legte dar, dass der Schluss auf die Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen gerechtfertigt sei, wenn der Betroffene das geforderte Gutachten nicht fristgerecht vorlegt. Diese Regelung basiert auf der Annahme, dass eine grundlose Verweigerung einer Begutachtung die Vermutung rechtfertigt, der Fahrerlaubnisinhaber wolle einen ihm bekannten Eignungsmangel verbergen. Das Landratsamt hatte somit korrekt gehandelt, als es aufgrund der Nichtvorlage des Gutachtens von der fehlenden Fahreignung des Antragstellers ausging.

Insgesamt zeigt dieser Fall die Komplexität der rechtlichen Bewertung von Verkehrsverstößen und deren Auswirkungen auf die Fahrerlaubnis. Er unterstreicht die Wichtigkeit, dass Behörden und Gerichte jeden Fall individuell betrachten und dabei sowohl formelle als auch materielle Aspekte berücksichtigen müssen. Die Entscheidung illustriert, wie ernst Verstöße gegen die Verkehrssicherheit genommen werden und welche Konsequenzen sie für die betroffenen Fahrer haben können.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Was beinhaltet die rechtliche Grundlage des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 FeV bezüglich der Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens?

Die rechtliche Grundlage des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 FeV (Fahrerlaubnis-Verordnung) in Deutschland bezieht sich auf die Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens (MPU) in bestimmten Fällen. Eine MPU kann zur Klärung von Eignungszweifeln angeordnet werden, insbesondere wenn eine erhebliche Straftat im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr vorliegt oder bei Straftaten, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen.

Einige Beispiele für Situationen, in denen eine MPU angeordnet werden kann, sind: Fahren unter Alkohol- oder Drogeneinfluss, wiederholte Verstöße gegen verkehrsrechtliche Vorschriften, erhebliche Straftaten im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr oder Straftaten, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung stehen, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen.

Die MPU besteht aus einer medizinischen Untersuchung, einem Leistungstest und einem psychologischen Gespräch, um die körperliche, geistige und charakterliche Eignung des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen zu beurteilen. Das Gutachten soll eine Prognose zur Verkehrsbewährung des Antragstellers liefern, also eine auf Fakten und Erfahrungswissen basierende Wahrscheinlichkeitsaussage über die Entwicklung des Verhaltens in der Zukunft.


Das vorliegende Urteil

VGH München – Az.: 11 CS 21.2148 – Beschluss vom 28.10.2021

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert wird unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 23. Juli 2021 für beide Rechtszüge auf jeweils 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit der Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen A79, A179, AM, B, BE, L, T, C, CE, C1 und C1E.

Mit seit 2. August 2016 rechtskräftigem Strafbefehl vom 24. Juni 2016 verurteilte das Amtsgericht Augsburg den Antragsteller wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe in Höhe von 30 Tagessätzen. Wegen der darüber hinaus zur Anzeige gebrachten Nötigung und Körperverletzung sah die Staatsanwaltschaft gemäß § 154a StPO von der Verfolgung ab. Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Antragsteller am 12. März 2016 nach einem Fußballspiel, an dem auch sein Sohn teilgenommen hatte, dem Schiedsrichter auf dessen Weg zur Kabine hinterhergelaufen war und ihn als „Fettsack, Vollidiot und Drecksack“ bezeichnet hatte. Vor der Kabine äußerte er weiter, was die „Scheiße“ solle, und forderte den Schiedsrichter auf „Komm mit ins Gebäude, dann klären wir das!“.

Mit im Schuldspruch seit 24. August 2020 rechtskräftigem Strafbefehl vom 10. März 2020 verurteilte das Amtsgericht Augsburg den Antragsteller wegen versuchter Nötigung in Tatmehrheit mit Beleidigung. Mit Urteil vom 24. August 2020 wurde eine Gesamtgeldstrafe von 60 Tagessätzen verhängt. Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Antragsteller am 19. Dezember 2019 gegen 17:00 Uhr mit seinem Pkw für ca. 550 m unter mehrfacher Betätigung der Lichthupe und Hupe so dicht auf das Fahrzeug einer Zivilstreife aufgefahren war, dass die Polizeibeamten im Rückspiegel das Kennzeichen seines Fahrzeugs nicht mehr ablesen und den Kühlergrill nicht mehr erkennen konnten. Er wollte die Beamten dazu bewegen, die Fahrspur zu wechseln oder zumindest schneller zu fahren. Bei der anschließenden Verkehrskontrolle duzte der Antragsteller einen Polizeibeamten trotz mehrmaliger Aufforderung, dies zu unterlassen.

Mit Schreiben vom 9. November 2020 forderte das Landratsamt Augsburg den Antragsteller auf der Grundlage von § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 FeV auf, bis 9. Februar 2021 (zuletzt verlängert bis zum 25.4.2021) ein medizinisch-psychologisches Gutachten zur Klärung der Frage vorzulegen, ob er trotz der aktenkundigen erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehe, nicht wiederholt gegen straf- und verkehrsrechtliche Bestimmungen verstoßen werde. Die Anordnung sei ermessensgerecht und verhältnismäßig. Mit der Nötigung im Straßenverkehr habe er sich selbst und weitere Verkehrsteilnehmer in Gefahr gebracht. An Fahrer der Gruppe 2 und Berufskraftfahrer wie den Antragsteller seien wegen der besonderen Anforderungen an die Fahrer und wegen der zusätzlichen Risiken im Straßenverkehr strenge Maßstäbe anzulegen. Aufgrund des vorliegenden Sachverhalts und im Hinblick auf die Schwere würden sich die Fahreignungszweifel so erheblich verstärken, dass das eingeräumte Ermessen auf nahezu Null reduziert werde.

Am 25. März 2021 nahm der Antragsteller einen Untersuchungstermin wahr, legte das Gutachten jedoch nicht vor. Mit Schreiben vom 23. April 2021 ließ er durch seinen Bevollmächtigten weiter vortragen, es bestünden erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines etwaigen Entzugs der Fahrerlaubnis. Die Beleidigung aus dem Jahr 2016 rechtfertige dies gerade nicht, zumal sie nicht im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehe. Auch die aus dem Jahr 2019 stammende Beleidigung sei – sofern man in dem zugrundeliegenden Sachverhalt überhaupt eine Beleidigung sehen könne – nicht geeignet, die Fahreignung anzuzweifeln. Der Antragsteller verwechsle als ausländischer Mitbürger „Du“ und „Sie“. Er habe mitnichten beabsichtigt, seine Missachtung gegenüber dem Polizeihauptmeister auszudrücken. Zudem habe das Gericht wegen der versuchten Nötigung gerade nicht den Führerscheinentzug angeordnet, sondern lediglich ein Fahrverbot von einem Monat verhängt.

Mit Bescheid vom 25. Mai 2021 entzog das Landratsamt dem Antragsteller gestützt auf § 11 Abs. 8 FeV die Fahrerlaubnis aller Klassen, ordnete die Einziehung des Führerscheins an und forderte ihn unter Androhung eines Zwangsgelds auf, seinen Führerschein unverzüglich, spätestens innerhalb von sieben Tagen ab Zustellung des Bescheids, abzugeben. Ferner wurde die sofortige Vollziehung der Entziehung der Fahrerlaubnis und der Abgabepflicht angeordnet.

Am 24. Juni 2021 ließ der Antragsteller durch seinen Bevollmächtigten beim Verwaltungsgericht Augsburg Klage erheben und die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes beantragen.

Mit Beschluss vom 23. Juli 2021 lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag gemäß §80 Abs. 5 VwGO als unbegründet ab. Dem Antragsteller, der seinen Führerschein nach Aktenlage noch nicht abgeliefert habe, drohe die Beitreibung des angedrohten Zwangsgelds. Es bestehe diesbezüglich also noch ein Rechtsschutzbedürfnis. Die Begründung der Anordnung des Sofortvollzugs sei in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden. Es bestünden weder Erfolgsaussichten im Klageverfahren noch ergebe die Interessenabwägung im engeren Sinne ein überwiegendes Aussetzungsinteresse des Antragstellers. Das Landratsamt habe zu Recht auf eine fehlende Fahreignung geschlossen. Die Beibringungsanordnung vom 9. November 2020 sei in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden. Unschädlich sei, dass das Landratsamt auch die am 12. März 2016 begangene Beleidigung angeführt habe. Als Rechtsgrundlage für die Beibringungsanordnung komme nur die erste Alternative des §11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 FeV (eine erhebliche Straftat, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr steht) in Betracht. Die Beleidigung aus dem Jahr 2016 sei unstreitig nicht im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr begangen worden. Im Rahmen der rechtlichen Würdigung habe das Landratsamt jedoch ausschließlich auf den am 19. Dezember 2019 begangenen Nötigungsversuch abgestellt, auch wenn fälschlicherweise von „Nötigung“ gesprochen werde. Es werde deutlich, dass das Landratsamt von einer Straftat („gerade eine solche Straftat“) ausgehe. Auch die Fragestellung begegne keinen rechtlichen Bedenken, insbesondere deren Formulierung, die sich nicht darauf beschränke, die Wahrscheinlichkeit der nochmaligen Begehung einer „erheblichen Straftat“ im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr zum Untersuchungsgegenstand zu machen, sondern allgemeiner von der erneuten Begehung von Verstößen gegen „straf- und verkehrsrechtliche Bestimmungen“ spreche und sich damit an den Wortlaut der für die vorliegende Gutachtensanordnung nicht relevanten Vorschrift des §11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV anlehne. Die gesetzliche Regelung des § 2 Abs. 4 StVG definiere die Kraftfahreignung dahingehend, dass der Betroffene nicht erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Bestimmungen oder gegen Strafgesetze verstoßen habe und differenziere nicht zwischen verschiedenen Straftaten und Verkehrsverstößen. In § 11 Abs. 3 FeV werde demgegenüber im Einzelnen ausgeführt, bei welchen Straftaten und Verkehrsverstößen eine medizinisch-psychologische Begutachtung gefordert werden könne. Dies führe aber nicht dazu, dass sich die Prognose nur auf genau den für die Gutachtensanforderung einschlägigen Sachverhalt erstrecken müsse. Nach § 2 Abs. 4 StVG müsse allgemein festgestellt werden, ob der Betroffene unabhängig von der Anlasstat in Zukunft zur Missachtung der Rechtsordnung in fahreignungsrelevanter Weise neige, was die Frage in der Gutachtensanordnung zutreffend erfasse. Ziel von §11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 und Nr. 5 FeV sei gleichermaßen, es der Fahrerlaubnisbehörde zu ermöglichen, die charakterliche Eignung des Bewerbers im Hinblick auf die Einhaltung der im Straßenverkehr zu beachtenden Verhaltensanforderungen zu prüfen. Dass die Verletzung dieser Gebote auf der Rechtsfolgenseite teilweise strafrechtlich sanktioniert sei, ändere nichts daran, dass die medizinisch-psychologisch zu begutachtende charakterliche Eignung allgemeiner die Delinquenzneigung des Fahrerlaubnisbewerbers zum Gegenstand habe. Daher sei es rechtlich irrelevant, ob im Strafverfahren bereits die Fahrerlaubnis entzogen oder ein Fahrverbot verhängt worden sei. Das Landratsamt habe auch den erforderlichen Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV erteilt. Es sei nicht zu beanstanden, wenn nicht der konkrete Wortlaut der Vorschrift wiederholt werde, solange hinreichend deutlich werde, dass bei einer Verweigerung der geforderten Mitwirkung die Entziehung der Fahrerlaubnis drohe. Auch in materieller Hinsicht bestünden keine rechtlichen Bedenken gegen die Beibringungsanordnung. Die dem Strafbefehl vom 10. März 2020 zugrundeliegende Straftat stehe in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Straßenverkehr. Für den Rechtsbegriff der Erheblichkeit komme es auf die Gewichtigkeit der Tat für die Bewertung der Fahreignung an. Auf ein Aggressionspotenzial komme es ebenso wenig an wie darauf, dass der Antragsteller durch die Straftat der versuchten Nötigung erstmalig strafrechtlich im Straßenverkehr in Erscheinung getreten sei bzw. auch sonst bisher keine Eintragungen im Fahreignungsregister aufzuweisen habe. Eine erhebliche Straftat im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 FeV setze keine schwerwiegende Straftat oder eine Straftat von derartigem Gewicht voraus, dass hiermit die fehlende Fahreignung schon erwiesen sei. Vielmehr genüge es, wenn die Ungeeignetheit zu befürchten sei. Trotz gesetzlich nicht ausdrücklich angeordneter Bindungswirkung könne die Fahrerlaubnisbehörde oder das Verwaltungsgericht grundsätzlich von den relevanten strafrichterlichen Feststellungen ausgehen. An ihnen müsse sich der Betroffene festhalten lassen, sofern nicht ausnahmsweise gewichtige Anhaltspunkte für deren Unrichtigkeit bestünden, was hier nicht der Fall sei. Bei der versuchten Nötigung handle es sich um eine „erhebliche Straftat“, da hierdurch eine Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit und in der Folge eine konkrete Gefahr für bedeutende fremde Sachwerte bzw. Leib und Leben anderer Menschen, insbesondere die körperliche Unversehrtheit eines anderen Verkehrsteilnehmers, bewirkt worden sei. Das Verhalten des Antragstellers sei in seinem Ausmaß über eine durchschnittliche Nötigung hinausgegangen. Es habe einen erhöhten Grad an Hartnäckigkeit erkennen lassen, wobei der Antragsteller auch seine eigene Sicherheit völlig außer Acht gelassen habe. Es habe eine beträchtliche Missachtung der Belange der Sicherheit des Straßenverkehrs und von deren Bestimmungen offenbart, sodass der Schluss auf eine grundlegend fehlerhafte Einstellung zu den Gefahren und Erfordernissen der Verkehrssicherheit und daher zumindest der Verdacht eines Eignungsmangels gerechtfertigt sei. Das Landratsamt habe auch das ihm zustehende Ermessen bei der Anordnung des Gutachtens ordnungsgemäß ausgeübt und keine sachfremden Erwägungen eingestellt. Tragend seien hier insbesondere die zulasten des Antragstellers sprechenden Umstände gewesen sowie die Tatsache, dass der Antragsteller nahezu täglich als Berufskraftfahrer im Straßenverkehr auftrete. Dass er schon lange über eine Fahrerlaubnis verfüge und bisher strafrechtlich noch nicht im Straßenverkehr aufgefallen sei, müsse nicht zwingend erwähnt werden. Damit verbleibe es auch bei der verfügten Pflicht zur Ablieferung des Führerscheins. Außerdem falle eine vom Ausgang des Hauptsacheverfahrens unabhängige Interessenabwägung zu Ungunsten des Antragstellers aus. Zu seinen Gunsten sei zwar zu berücksichtigen, dass mit der sofortigen Vollziehung ein ganz erheblicher und letztlich nicht wiedergutzumachender Verlust für seine persönliche Mobilität verbunden sei und damit eine durch das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit geschützte Rechtsposition tangiert werde. Dem stünden jedoch die Rechtsgüter gegenüber, zu deren Schutz die Entziehung der Fahrerlaubnis erfolge, insbesondere Leib und Leben der übrigen Verkehrsteilnehmer, die Verkehrssicherheit an sich sowie bedeutende Sachwerte der Allgemeinheit. Für diese Rechtsgüter würde ein erhebliches Gefährdungspotenzial geschaffen, wenn der Antragsteller trotz fehlender Fahreignung weiter – noch dazu nahezu täglich – mit einem Kraftfahrzeug am Straßenverkehr teilnehmen könnte.

Mit seiner Beschwerde, der der Antragsgegner entgegentritt, macht der Antragsteller geltend, das Verwaltungsgericht behaupte unzutreffend, dass das Landratsamt auf eine versuchte Nötigung abgestellt habe, auch wenn in der Beibringungsanordnung (so Seite 3 im ersten Absatz) von Nötigung die Rede sei. Es sei offensichtlich, dass es von einer Nötigung und nicht von einer in rechtlicher Hinsicht weniger schwerwiegenden versuchten Nötigung ausgegangen sei. Damit sei die Beibringungsanordnung rechtswidrig. Es sei nicht ersichtlich, dass das Landratsamt „offensichtlich“ etwas anderes gemeint habe. Die Fragestellung sei zudem zu weit gefasst und unverhältnismäßig. Wegen der Unanfechtbarkeit der Beibringungsaufforderung seien hieran strenge Maßstäbe anzulegen. Zudem bestehe die Möglichkeit einer unzulässigen Vermischung von straßenverkehrsrechtlich relevanten Umständen mit unbeachtlichen Faktoren, wie den verkehrsrechtlich nicht relevanten Beleidigungen. Die Aufgabe des Gutachters bestehe nicht darin einzuschätzen, ob der Fahrerlaubnisinhaber generell rechtstreu sei. Das Gericht verkenne, dass sich die Frage darauf beziehen müsse, ob der Antragsteller trotz der aktenkundigen erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehe, weiter gegen verkehrsrechtliche Bestimmungen verstoße. Die Frage, ob er Straftaten begehe, die nicht im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stünden, sei explizit nicht ausgenommen worden. Diese spiele allerdings für die Fahreignung keine Rolle. In diesem Zusammenhang sei nochmals auf die verkehrsfremde Beleidigung hinzuweisen, die der Antragsgegner auch zum Anlass genommen entnommen habe, die medizinisch-psychologische Untersuchung anzuordnen. Der erforderliche Hinweis nach § 11 Abs. 8 Satz 2 FeV sei nicht formell rechtmäßig erteilt worden. Es sei die Rede von „werden“, wonach der Entzug der Fahrerlaubnis sicher feststehe, obwohl § 11 Abs. 8 Satz 2 FeV (gemeint sein dürfte § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV) von „dürfen“ spreche. Es könne dahingestellt bleiben, ob dem Antragsgegner kein Ermessen eingeräumt werde, denn jedenfalls werde einem Rechtsunkundigen ein anderes Ermessen vorgegaukelt, als es der Wortlaut des § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV vorgebe. Hier werde dem Antragsteller ein enormer Druck aufgebürdet, den er beim Wortlaut „dürfen“ nicht habe. Hier könne er sich frei entscheiden, ob er das Risiko eingehe. Bei „werden“ wäre er hingegen gezwungen, ein Gutachten vorzulegen, was seine freie Entscheidungsmöglichkeit unterbinde. Eine Beibringungsfrist von drei Monaten sei überdies nicht angemessen und ausreichend. Zu diesem Zeitpunkt habe sich Deutschland überwiegend im Corona-Lockdown befunden, was zu keinem Zeitpunkt Berücksichtigung gefunden habe. Ferner sei die Anordnung materiell rechtswidrig, da keine erhebliche Straftat vorliege. Die Beleidigung stehe gerade nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Straßenverkehr. Ein „Duzen“ eines Polizeibeamten sei nicht geeignet, Zweifel an der Fahreignung zu hegen und dies mit einer erheblichen Straftat gleichzusetzen. Auch sei unter Berücksichtigung der Ausführungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (B.v. 7.8.2014 – 11 CS 14.352 – juris Rn. 26 – 28) das Ermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt worden. Die Behörde müsse anhand aller Umstände des konkreten Falls prüfen, ob die sich aus der begangenen Anlassstraftat sowie ggf. weiteren Umständen ergebenden Eignungszweifel hinreichend gewichtig seien, und ihre diesbezüglichen Erwägungen offenlegen. Zudem müsse sie Wertungswidersprüche zu anderen die Fahreignung bzw. die Möglichkeiten einer Begutachtung betreffenden Vorschriften vermeiden. So dürfe sie nicht außer Acht lassen, dass nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem mit Punkten bewertete Verkehrsverstöße grundsätzlich noch keine Eignungsüberprüfung auslösten. Die Anordnung vom 9. November 2020 lasse einzelfallbezogene Ermessenserwägungen und eine Auseinandersetzung damit, dass die Nötigung bereits mit Punkten bewertet worden sei, vermissen. Es liege ein Ermessensausfall vor. Es werde lediglich pauschal eine Ermessensreduktion auf nahezu Null behauptet. Das Landratsamt würdige das dichte Auffahren dahin, dass der Antragsteller bewusst eine Konfliktsituation herbeigeführt habe und es sich nicht um eine Augenblicksversagen handele. Diese Würdigung sei aber bereits im Begriff der Nötigung, eines Vorsatzdelikts, enthalten. Die konkrete Formulierung lasse darauf schließen, dass nicht erkannt worden sei, dass eher ein Ausnahmefall, denn ein Regelfall für die Anordnung eines Gutachtens vorliege, zumal sich die Beschreibung der „Verhaltensmuster“ auf die tatbestandliche Aufzählung der Nötigungssituation beschränke. Es werde nicht ausgeführt, welche Besonderheiten den Einzelfall vom Regelfall im Sinne einer deutlich erhöhten Gefährlichkeit für den öffentlichen Straßenverkehr abhöben. Hierzu genüge die Wiedergabe des Nötigungstatbestands nicht.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Aus den im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründen, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Sätze 1 und 6 VwGO), ergibt sich nicht, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu ändern oder aufzuheben wäre.

Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes vom 5. März 2003 (StVG, BGBl I S. 310), zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses zuletzt geändert durch Gesetz vom 3. Dezember 2020 (BGBl I S. 2667), und § 46 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom 13. Dezember 2010 (Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV, BGBl I S. 1980), im maßgeblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch Verordnung vom 16. November 2020 (BGBl I S. 2704), zum Teil in Kraft getreten zum 1. April 2021, hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich ihr Inhaber als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung (§ 3 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 2 Abs. 8 StVG, § 46 Abs. 3 FeV). Nach § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 FeV kann die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (medizinisch-psychologisches Gutachten) zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach § 11 Abs. 1 und 2 FeV angeordnet werden bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr steht, oder bei Straftaten, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen. Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er das geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf nach § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV auf die Nichteignung geschlossen werden. Der Schluss auf die Nichteignung ist allerdings nur zulässig, wenn die Anordnung der Begutachtung formell und materiell rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig ist (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2016 – 3 C 20.15 – BVerwGE 156, 293 = juris Rn. 19). Dies ist hier der Fall.

Die Beibringungsanordnung vom 9. November 2020 war – wie der Antragsgegner im Einzelnen zutreffend ausgeführt hat – formell rechtmäßig. Der Antragsteller konnte der Beibringungsanordnung entnehmen, was konkret ihr Anlass war, und prüfen, ob das dort Mitgeteilte die behördlichen Zweifel an der Fahreignung zu rechtfertigen vermag (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2016 – 3 C 20.15 – BVerwGE 156, 293 = juris Rn. 21). Dabei handelte es sich zweifelsohne um den am 10. März und 24. August 2020 abgeurteilten Nötigungsversuch, auch wenn im Text der Beibringungsanordnung (Seite 3) zweimal von einer Verurteilung wegen „Nötigung“ die Rede war. Auf Seite 2 der Anordnung hat das Landratsamt unter der Überschrift „Versuchte Nötigung in Tatmehrheit mit Beleidigung“ und unter Nennung des Aktenzeichens den Sachverhalt geschildert, der Gegenstand dieses Strafverfahrens war, und dabei deutlich gemacht, dass das nötigende Verhalten des Antragstellers nicht ein schnelleres Fahren oder einen Fahrstreifenwechsel der Zivilstreife zur Folge gehabt habe. Auf Seite 3 hat es durch die Bezugnahme auf die am 19. Dezember 2019 begangenen Delikte und die Bezeichnung der Geldstrafe und des Fahrverbots einen klar erkennbaren und eindeutigen Zusammenhang zu der vorangegangenen Sachverhaltsdarstellung hergestellt. Eine(n) weitere(n) Nötigung(sversuch), die bzw. der zu einer Irreführung hätte Anlass geben können, gab es nicht.

Der Hinweis auf die Folgen der nicht fristgemäßen Beibringung des geforderten medizinisch-psychologischen Gutachtens (§ 11 Abs. 8 Satz 2 FeV) genügt den rechtlichen Anforderungen. Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist insoweit entscheidend, dass der Schluss gemäß § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung nicht im Ermessen der Fahrerlaubnisbehörde liegt (vgl. BayVGH, B.v. 12.4.2021 – 11 ZB 21.591 – juris Rn. 17 m.w.N.; SächsOVG, B.v. 26.2.2021 – 6 B431/20 – juris Rn. 8; OVG LSA, B.v. 9.1.2020 – 3 M 216/19 – juris Rn. 11; HessVGH, B.v. 22.1.2019 – 2 B 1641/18 – juris Rn. 3; OVG NW, B.v. 23.4.2015 – 16 B259/15 – juris Rn. 7 f. jeweils m.w.N.; Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 46. Aufl. 2021, § 11 FeV Rn. 51). Trotz der Verwendung des Wortes „darf“ eröffnet § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV keinen Ermessensspielraum, sondern enthält einen Grundsatz der Beweiswürdigung, der auf der Überlegung beruht, dass eine grundlose Verweigerung einer Begutachtung die Vermutung berechtigt, der Fahrerlaubnisinhaber wolle einen ihm bekannten Eignungsmangel verbergen, sodass ein Eignungsmangel durch die Weigerung zur Vorlage des angeforderten Gutachtens als nachgewiesen gilt (vgl. BayVGH, B.v. 12.4.2021 und SächsOVG, B.v. 26.2.2021 jeweils a.a.O.; Dauer a.a.O.). Das Landratsamt hat dem Antragsteller somit richtig mitgeteilt, dass es im Falle der Nichtbeibringung des Gutachtens von einem Fehlen seiner Fahreignung ausgehen „werde“. Diese Formulierung ist für den juristischen Laien nach dem allgemeinen Sprachgebrauch verständlicher als der Wortlaut der Verordnung (§ 11 Abs. 8 Satz 1 FeV) selbst.

Ebenso wenig ist die Fragestellung zu beanstanden. Das Verwaltungsgericht hat insoweit zutreffend auf § 2 Abs. 4 StVG abgehoben, der die Kraftfahreignung dahingehend definiert, dass der Betroffene die notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllt und nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder gegen Strafgesetze verstoßen hat. Die Regelung differenziert dabei nicht zwischen verschiedenen Straftaten und Verkehrsverstößen, die gemäß §11 Abs. 3 FeV im Einzelfall einen hinreichenden Anlass für eine medizinisch-psychologische Begutachtung begründen (vgl. BayVGH, B.v. 4.12.2019 – 11 ZB 19.1783 – juris Rn. 15; zu möglichen Fragestellungen: Urteilsbildung in der Fahreignungsbegutachtung – Beurteilungskriterien, Hrsg.: Deutsche Gesellschaft für Verkehrspsychologie/Deutsche Gesellschaft für Verkehrsmedizin, 3. Aufl. 2013, mit Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur vom 27.1.2014 [VkBl 2014, 132] als aktueller Stand der Wissenschaft eingeführt, S. 61; vgl. auch die Fragestellung in dem von BayVGH, B.v. 10.2.2021 – 11 ZB 20.2642 – juris entschiedenen Fall).

Weiter war auch die Länge der Beibringungsfrist von etwa drei Monaten ausreichend (vgl. BayVGH, B.v. 14.9.2020 – 11 CS 20.1782 – ZfSch 2021, 56 = juris Rn. 3, 18: 2 Monate; OVG Bremen, B.v. 7.5.2021 – 1 B 136/21 – juris Rn. 9: etwas mehr als 2 Monate). Aus der Beschwerdebegründung erschließt sich nicht, weshalb dem Antragsteller die Frist nicht ausgereicht haben sollte, zumal das Landratsamt die Frist erheblich verlängert hat und ein medizinisch-psychologisches Gutachten erstellt worden ist, das der Antragsteller nicht vorgelegt hat.

Die Beibringungsanordnung erfolgte auch materiell zu Recht. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend dargelegt (Gründe, Rn. 58 ff.), dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 Alt. 1 FeV erfüllt sind. Der bei Teilnahme am Straßenverkehr begangene Nötigungsversuch war durch Hartnäckigkeit und konkret gefährliches Handeln gekennzeichnet. Ein derartiges Fehlverhalten lässt tragfähige Rückschlüsse darauf zu, dass der Fahrer gerade für die Verkehrssicherheit gefährlich ist. Es stand somit in einem spezifischen Zusammenhang mit der Verkehrssicherheit und damit auch in dem vom Verordnungsgeber geforderten Zusammenhang mit dem Straßenverkehr (vgl. BR-Drs. 302/08 v. 30.4.2008, S. 61; Siegmund in jurisPK-Straßenverkehrsrecht, Stand: 18.6.2021, § 11 FeV Rn. 67). Dass die im Anschluss bei der Verkehrskontrolle begangene Beleidigung des die Kontrolle ausführenden Beamten nicht in einem spezifischen Zusammenhang mit der Verkehrssicherheit stand, auch wenn sich in ihr die auch beim Fahren gezeigte emotionale Unbeherrschtheit des Antragstellers widerspiegelt, spielt keine Rolle. Nach den Ausführungen auf Seite 3 f. der Beibringungsanordnung war für das Landratsamt die Nötigungshandlung entscheidend und nicht die dazu in Tatmehrheit stehende Beleidigung. § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 Alt. 1 FeV setzt lediglich eine erhebliche Straftat im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr voraus.

Schließlich werden die Ermessenserwägungen des Landratsamts den rechtlichen Anforderungen noch gerecht, auch wenn sie sich nicht ausdrücklich mit dem Verhältnis von § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 FeV zum Fahreignungs-Bewertungssystem auseinandersetzen. Die Fahrerlaubnisbehörde hat das in § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 FeV eröffnete Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten (Art. 40 BayVwVfG), mithin ihr Vorgehen außerhalb des Punktsystems ausreichend und zutreffend zu begründen (vgl. BayVGH, B.v. 10.2.2021 a.a.O. Rn. 20; B.v. 7.8.2014 – 11 CS 14.352 – NJW 2014, 3802 = juris Rn. 20; B.v. 7.11.2013 – 11 CS 13.1779 – juris Rn. 13). Daher genügt es nicht aufzuzeigen, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen der Ermächtigung erfüllt sind (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2016 – 3 C 20.15 – BVerwGE 156, 293 = juris Rn. 38), sondern es ist darüber hinaus darzulegen, aus welchen besonderen Gründen die Verkehrssicherheit und die Sicherheit der anderen Verkehrsteilnehmer die Ermittlungsmaßnahme ausnahmsweise gebieten (vgl. BayVGH, B.v. 10.2.2021 a.a.O. Rn. 20; B.v. 7.8.2014 a.a.O. Rn. 26; B.v. 7.11.2013, a.a.O. Rn. 13). Dies kann nach den Umständen des Einzelfalls sogar bei Vorliegen nur eines erheblichen Verkehrsverstoßes der Fall sein. So liegt es hier. Das Landratsamt hat die Erforderlichkeit der medizinisch-psychologischen Begutachtung mit der konkreten Gefährdung der Verkehrsteilnehmer durch die Nötigungshandlung des Antragstellers und deren Schwere, den hierdurch ausgelösten starken Zweifeln an seiner Fahreignung sowie den aufgrund erhöhter Risiken strengeren Anforderungen an Fahrer von Fahrzeugen der Gruppe 2 sowie Berufskraftfahrer begründet. Die Schwere ergibt sich ohne weiteres aus den in der Beibringungsanordnung wiedergegebenen strafgerichtlichen Feststellungen, wonach der Antragsteller dem vorausfahrenden Fahrzeug mehr als einen halben Kilometer so dicht aufgefahren ist, dass sein Kühlergrill nicht mehr zu sehen war, und wonach er dieses Verhalten erst nach Zeigen der polizeilichen Anhaltekelle geändert hat. Zu Recht war das Landratsamt der Meinung, dass er aufgrund eines erhöhten Aggressionspotentials oder nicht beherrschter Affekte hiermit rücksichtslos seine eigenen Interessen durchgesetzt bzw. durchzusetzen versucht hat. Der Antragsgegner weist zutreffend darauf hin, dass die konkreten Tatumstände bei der Ermessensausübung durchaus gewürdigt werden durften.

Ferner führt er zu Recht an, dass sich die Beschwerde nicht dagegen wendet, dass das Verwaltungsgericht den Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO auch selbständig tragend auf der Grundlage einer vom Ausgang des Hauptsacheverfahrens losgelösten Interessenabwägung abgelehnt hat.

Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und den Empfehlungen in Nr. 1.5 Satz 1, Nr. 46.3 und 46.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Für die Streitwertfestsetzung sind die jeweils mit dem Auffangwert anzusetzenden Fahrerlaubnisklassen B und C bzw. CE maßgebend, die nach § 6 Abs. 3 Nr. 4, 5 und 6 FeV die Klassen AM, BE, C1, C1E, L und T umfassen, welche den Streitwert daher nicht erhöhen. Die Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts war von Amts wegen nach § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG entsprechend zu ändern.

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