KG Berlin – Az.: 3 Ws (B) 113/19 – 122 Ss 54/19 – Beschluss vom 13.05.2019
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 7. Februar 2019 mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde – an das Amtsgericht zurückverwiesen.
Gründe
I.
Mit Bußgeldbescheid vom 27. April 2018 hat der Polizeipräsident in Berlin gegen den Betroffenen wegen vorsätzlicher Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 43 km/h unter bußgelderhöhender Berücksichtigung einer Voreintragung im Fahreignungsregister eine Geldbuße von 450 Euro festgesetzt, ein Fahrverbot von zwei Monaten angeordnet und dieses mit einer Wirksamkeitsbestimmung nach § 25 Abs. 2a StVG versehen. Konkret wurde dem Betroffenen in dem Bußgeldbescheid zur Last gelegt, am 15. Januar 2018 um 14:22 Uhr in 10557 Berlin auf der Straße des 17. Juni in Richtung Ernst-Reuter-Platz als Führer des PKW mit dem amtlichen Kennzeichen … bei einer festgestellten Geschwindigkeit (nach Toleranzabzug) von 93 km/h die zulässige Geschwindigkeit von 50 km/h innerhalb der Ortschaft um 43 km/h überschritten zu haben.
Nachdem der Betroffene gegen den Bußgeldbescheid form- und fristgerecht Einspruch eingelegt und diesen in der Folge auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt hatte, hat das Amtsgericht ihn am 7. Februar 2019 auf der Grundlage des im Schuldspruch rechtskräftigen Bußgeldbescheids vom 27. April 2018 zu einer Geldbuße von 450 Euro verurteilt, ein Fahrverbot von einem Monat angeordnet und eine Wirksamkeitsbestimmung nach § 25 Abs. 2a StVG festgesetzt. Hinsichtlich der Bemessung der Höhe der Geldbuße enthält das Urteil die folgenden Angaben:
Der, auch für die Gerichte verbindliche Bußgeldkatalog, sieht für eine Überschreitung der festgesetzten Höchstgeschwindigkeit von 41 — 50 km/h innerhalb geschlossener Ortschaften eine Regelgeldbuße von 200,00 EUR vor (11.3.7 BKat). Dieser ist gemäß § 3 Abs. 4a BKatV bei einer vorsätzlichen Verwirklichung zu verdoppeln. Da der Betroffene kein Ersttäter ist, sondern bereits einschlägig verkehrsrechtlich in Erscheinung getreten ist, war eine weitere Erhöhung der Regelgeldbuße notwendig, um den Betroffenen eindringlich zu warnen.“
Gegen das Urteil wendet sich der Betroffene mit ihrer Rechtsbeschwerde, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt.
II.
Die nach § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 OWiG zulässige Rechtsbeschwerde hat (vorläufigen) Erfolg.
1. Der Umstand, dass den Urteilsgründen keine Angaben zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen zu entnehmen sind, begegnet vorliegend keinen Bedenken. Bei Verhängung einer Geldbuße, die über der Geringfügigkeitsgrenze von 250 Euro liegt, müssen die Urteilsgründe nach § 17 Abs. 3 Satz 2 OWiG grundsätzlich Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen enthalten (vgl. Senat, Beschluss vom 18. August 2016 — 3 Ws (B) 381/16 — m.w.N.). In Fällen, in denen das Tatgericht sich am Regelsatz nach dem BKat orientiert und diesen lediglich um einen geringfügigen Betrag erhöht, sind Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen jedenfalls dann nicht zwingend erforderlich, wenn – wie hier – keine Anhaltspunkte für ein unterdurchschnittliches Einkommen des Betroffenen vorliegen (vgl. Senat, Beschluss vom 12. Marz 2019 — 3 Ws (B) 53/19 -, juris).
2. Der Rechtsfolgenausspruch hat jedoch keinen Bestand, weil das Amtsgericht eine Voreintragung im Fahreignungsregister zulasten des Betroffenen verwertet und ausdrücklich zur Erhöhung der Regelbuße herangezogen hat, ohne hierzu nähere Feststellungen zu treffen. Das angefochtene Urteil enthalt keine Darlegungen zu der insoweit berücksichtigten Voreintragung des Betroffenen, die dem Senat die diesbezügliche Rechtsprüfung ermöglichen würden. Namentlich wird weder die Art des Verkehrsverstoßes noch das Datum des Eintritts der Rechtskraft der Voreintragung mitgeteilt. Da getilgte oder tilgungsreife Voreintragungen bei der Bemessung der Geldbuße nicht mehr berücksichtigt werden dürfen, muss das Urteil jedoch grundsätzlich mitteilen, wann eine zum Nachteil des Betroffenen gewertete Bußgeldentscheidung rechtskräftig geworden ist (vgl. BGH NJW 1993, 3081; Senat, Beschluss vom 30. November 2010 — 3 Ws (B) 615/10 -, juris; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22. Februar 1990 — 5 Ss (OWi) 36/90 juris). Daran fehlt es hier.
Auf diesem Darstellungsmangel beruht das Urteil auch. Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass das Amtsgericht, wenn die Eintragung im Fahreignungs-register tilgungsreif (gewesen) wäre, auf ein niedrigeres Bußgeld erkannt hätte.
Der Senat kann aufgrund der fehlenden Feststellungen zum Rechtskrafteintritt der Voreintragung nicht nach § 79 Abs. 6 OWiG selbst entscheiden. Da die Bußgeldfestsetzung keinen Bestand hat und eine Wechselwirkung zwischen der Bemessung der Höhe der Geldbuße und der Anordnung des Fahrverbots besteht, war das Urteil insgesamt aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht zurückzuverweisen.