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Geschwindigkeitsüberschreitung – Ausnahmen von Anordnung eines Fahrverbots

Fahrverbot wegen Raserei: Gericht bestätigt Strafe trotz Einwänden

Das Kammergericht Berlin änderte das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten ab, indem es das Fahrverbot gegen die Betroffene bestätigte, jedoch eine geringere Geldbuße festsetzte, während die weitergehenden Einwände der Betroffenen abgewiesen wurden. Der Fall befasst sich mit einer fahrlässigen Geschwindigkeitsüberschreitung um 40 km/h innerhalb geschlossener Ortschaften und betont die Bedeutung des rechtskräftigen Bußgeldbescheids als Grundlage für die verhängten Rechtsfolgen.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 3 Ws (B) 652/13 – 162 Ss 187/13 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Das Kammergericht Berlin bestätigte das Fahrverbot, reduzierte jedoch die Geldbuße.
  • Der Fall dreht sich um eine fahrlässige Geschwindigkeitsüberschreitung von 40 km/h in einer geschlossenen Ortschaft.
  • Die Rechtsbeschwerde der Betroffenen führte zur Teiländerung des Urteils des Amtsgerichts Tiergarten.
  • Die Einschränkung des Einspruchs auf die Rechtsfolgen war wirksam und das Gericht konnte keine neuen Feststellungen zum Schuldspruch treffen.
  • Der Bußgeldbescheid des Polizeipräsidenten in Berlin war rechtskräftig und bildete die Grundlage für die Urteilsfindung.
  • Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Betroffenen wurden bei der Bemessung der Geldbuße nicht als relevant erachtet.
  • Die verhängte Geldbuße und das Fahrverbot sollen der Abschreckung dienen und zukünftige Verkehrsverstöße der Betroffenen verhindern.
  • Die Existenz der Betroffenen wurde durch das Fahrverbot nicht gefährdet, daher wurden keine Ausnahmen von der Regelung gemacht.
  • Das Fahrverbot wird erst wirksam, wenn der Führerschein in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens vier Monate nach Rechtskraft des Urteils.
  • Trotz früherer Verkehrsverstöße gab es keinen Anlass, von einem Fahrverbot abzusehen, da keine unbillige Härte vorlag.

Fahrverbote bei Geschwindigkeitsüberschreitungen

Fahrverbote sind neben Geldbußen eine häufige Sanktion für Geschwindigkeitsverstöße im Straßenverkehr. Überschreitungen der zulässigen Höchstgeschwindigkeit können als grobe Pflichtverletzung gewertet werden und zur vorübergehenden Entziehung der Fahrerlaubnis führen.

In der Regel sehen die Bußgeldkataloge bei erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitungen ein einmonatiges Fahrverbot vor. Dennoch können in Ausnahmefällen besondere persönliche Umstände des Betroffenen eine Ausnahme von dieser Regelfolge rechtfertigen. Die Gerichte haben hier einen gewissen Ermessensspielraum.

➜ Der Fall im Detail


Rechtsstreit über Geschwindigkeitsüberschreitung und Fahrverbot

Im Fokus des Falls steht eine Betroffene, die innerhalb einer geschlossenen Ortschaft die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 40 km/h überschritten hat. Dies führte zunächst zu einem Bußgeldbescheid des Polizeipräsidenten in Berlin, der eine Geldbuße und ein einmonatiges Fahrverbot vorsah. Die Besonderheit des Falls ergab sich aus dem Einspruch der Betroffenen, der nur auf die Rechtsfolgen des Bußgeldbescheids zielte. Die rechtliche Auseinandersetzung nahm ihren Lauf, als das Amtsgericht Tiergarten die Betroffene zu einer höheren Geldbuße verurteilte und ein Fahrverbot bestätigte, welches erst nach Verwahrung des Führerscheins wirksam werden sollte. Die darauf folgende Rechtsbeschwerde führte zu einer Überprüfung der Entscheidung, insbesondere hinsichtlich der Zulässigkeit und Begründung der Rechtsfolgen.

Entscheidung des Kammergerichts Berlin zur Rechtsbeschwerde

Das Kammergericht Berlin hob in seiner Entscheidung die Handhabung des Amtsgerichts auf und setzte die Geldbuße auf 200,00 Euro fest, bestätigte jedoch das Fahrverbot. Die Gerichtsentscheidung basierte auf der Wirksamkeit der Einschränkung des Einspruchs auf den Rechtsfolgenausspruch. Das Gericht stellte klar, dass die Feststellungen des Amtsgerichts zum Schuldspruch nicht hätten getroffen werden dürfen, da der Einspruch der Betroffenen wirksam auf die Rechtsfolgen beschränkt war und somit die Überprüfung des Schuldspruchs dem Gericht entzogen war.

Rolle des Bußgeldbescheids im Rechtsverfahren

Eine zentrale Rolle im Verfahren spielte der ursprüngliche Bußgeldbescheid des Polizeipräsidenten, der als rechtskräftig anzusehen war und somit die Grundlage für die juristische Bewertung des Falls bildete. Der Bußgeldbescheid legte nicht nur die Strafe fest, sondern definierte durch die Angabe der Umstände auch die Schuldform der Betroffenen, welche als fahrlässig eingestuft wurde. Diese Einschätzung war entscheidend für die Entscheidung des Kammergerichts, da sie die Grundlage für die Bestimmung der Rechtsfolgen ohne erneute Bewertung des Schuldspruchs bot.

Wechselwirkung zwischen Geldbuße und Fahrverbot

Das Gericht musste auch die Wechselwirkung zwischen der Höhe der Geldbuße und der Anordnung des Fahrverbots berücksichtigen. Dabei wurde deutlich, dass das Fahrverbot als notwendige und angemessene Maßnahme zur Erreichung des gesetzlich intendierten Warneffekts gesehen wurde. Die Voraussetzungen für ein Regelfahrverbot waren gegeben, da die Überschreitung der Geschwindigkeit als grobe Pflichtverletzung bewertet wurde, die auch bei fahrlässigem Handeln ein Fahrverbot nach sich zieht.

Juristische Einschätzung und Umsetzung des Fahrverbots

Schließlich war auch die Frage der Umsetzung des Fahrverbots relevant. Das Gericht bestätigte, dass das Fahrverbot erst mit der amtlichen Verwahrung des Führerscheins wirksam wird, spätestens jedoch vier Monate nach Rechtskraft des Bescheids. Diese Regelung gibt der Betroffenen die Möglichkeit, sich auf die bevorstehenden Einschränkungen ihrer Mobilität einzustellen und entsprechende Vorkehrungen zu treffen. Der Fall zeigt deutlich, wie detailliert gerichtliche Entscheidungen die Lebensumstände der Betroffenen berücksichtigen müssen, um sowohl den Rechtsnormen als auch den individuellen Gegebenheiten gerecht zu werden.

✔ Häufige Fragen – FAQ

Welche Voraussetzungen müssen für die Anordnung eines Fahrverbots vorliegen?

Ein Fahrverbot wird in der Regel angeordnet, wenn ein Kraftfahrzeugführer eine Ordnungswidrigkeit unter grober oder beharrlicher Verletzung seiner Pflichten begangen hat. Dies ist insbesondere bei erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitungen der Fall. Innerorts droht ein Fahrverbot ab einer Überschreitung von 31 km/h, außerorts ab 41 km/h. Für Wiederholungstäter, die innerhalb eines Jahres bereits mit mindestens 26 km/h zu schnell gefahren sind, kann schon ab 26 km/h ein Fahrverbot verhängt werden.

Neben Geschwindigkeitsverstößen kommen auch andere schwerwiegende Ordnungswidrigkeiten wie Trunkenheit am Steuer (Verstoß gegen 0,5-Promille-Grenze), Fahren unter Drogeneinfluss oder Rotlichtverstöße als Grund für ein Fahrverbot in Betracht. Hier sieht der Bußgeldkatalog in der Regel ein Fahrverbot vor.

Die Dauer des Fahrverbots beträgt zwischen einem und drei Monaten. Bei erstmaligen Verstößen wird meist ein einmonatiges Fahrverbot angeordnet. Liegen die Voraussetzungen für ein Regelfahrverbot vor, kann nur in Ausnahmefällen davon abgesehen werden, wenn besondere Umstände des Einzelfalls dies rechtfertigen. Wirtschaftliche Gründe allein reichen dafür nicht aus.

Wie wird das Fahrverbot umgesetzt und wann tritt es in Kraft?

Ein Fahrverbot wird in der Regel durch einen rechtskräftigen Bußgeldbescheid angeordnet. Es tritt dann in Kraft, wenn der Führerschein nach Eintritt der Rechtskraft innerhalb von vier Monaten in amtliche Verwahrung gegeben wird. Der genaue Zeitpunkt des Wirksamwerdens wird im Bußgeldbescheid festgelegt.

Grundsätzlich muss der Führerschein direkt bei der zuständigen Behörde, meist der Bußgeldstelle oder Staatsanwaltschaft, abgegeben oder per Post zugeschickt werden. Die Verbotsfrist beginnt dann ab dem Tag der Abgabe zu laufen. Wird der Führerschein nicht fristgerecht abgegeben, kann die Behörde Zwangsmaßnahmen ergreifen, um das Fahrverbot durchzusetzen.

Ersttäter haben in der Regel die Möglichkeit, innerhalb der Viermonatsfrist den Zeitpunkt des Antritts des Fahrverbots selbst zu bestimmen. So können sie beispielsweise Urlaubs- oder Ferienzeiten nutzen, um Beeinträchtigungen im Berufs- oder Privatleben zu minimieren.

Ist der Führerschein verloren gegangen, muss dies unverzüglich bei der Fahrerlaubnisbehörde angezeigt und ein Ersatzdokument beantragt werden. Das Fahrverbot beginnt dann erst, wenn das Ersatzdokument in amtliche Verwahrung gegeben wird.

Nach Ablauf der Fahrverbotsfrist, die ein bis drei Monate beträgt, wird der Führerschein automatisch an den Betroffenen zurückgeschickt oder kann bei der verwahrenden Stelle abgeholt werden. Während des Fahrverbots ist das Führen von Kraftfahrzeugen jeder Art im öffentlichen Straßenverkehr untersagt, auch wenn dafür keine Fahrerlaubnis erforderlich wäre.

Was bedeutet die Festlegung der Schuldform im Bußgeldbescheid für meine Rechtsposition?

Die Festlegung der Schuldform im Bußgeldbescheid hat wichtige Auswirkungen auf Ihre Rechtsposition als Betroffener:

Wird im Bußgeldbescheid Vorsatz angenommen, kann dies zu einer Verdoppelung des Bußgeldes führen. Denn bei vorsätzlich begangenen Ordnungswidrigkeiten, die sonst meist nur fahrlässig begangen werden, sieht § 3 Abs. 4a der Bußgeldkatalog-Verordnung eine Verdoppelung des Regelbußgeldsatzes vor.

Fehlt im Bußgeldbescheid hingegen die Angabe einer Schuldform, ist grundsätzlich von Fahrlässigkeit auszugehen. Dies ist für Sie als Betroffenen günstiger, da dann „nur“ das einfache Bußgeld droht.

Problematisch kann es werden, wenn das Gericht im weiteren Verfahren von der im Bußgeldbescheid angenommenen Schuldform abweichen will. Hier gilt das Verschlechterungsverbot: War im Bußgeldbescheid nur von Fahrlässigkeit die Rede, darf das Gericht nicht ohne weiteres wegen vorsätzlicher Begehung verurteilen. Andernfalls würde sich Ihre Rechtsposition nachträglich verschlechtern.

Daher lohnt es sich, der im Bußgeldbescheid angegebenen Schuldform Beachtung zu schenken. Wird dort Vorsatz angenommen, kann dies ein Ansatzpunkt für einen Einspruch sein. Denn der Vorsatz muss Ihnen nachgewiesen werden, was oft schwierig ist. Gelingt dies nicht, darf lediglich wegen Fahrlässigkeit verurteilt und das Bußgeld nicht verdoppelt werden.

Zusammengefasst beeinflusst die Schuldform im Bußgeldbescheid maßgeblich die Höhe des zu erwartenden Bußgeldes. Zudem beschränkt sie den Spielraum des Gerichts bei einer späteren Abänderung zu Ihren Ungunsten. Eine sorgfältige Prüfung kann sich also lohnen, um Ihre Rechtsposition zu wahren.

Kann ein Fahrverbot auch abgewendet oder abgemildert werden?

Es gibt einige Möglichkeiten, ein Fahrverbot abzuwenden oder abzumildern, allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen:

Einspruch gegen den Bußgeldbescheid: Innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt des Bußgeldbescheids kann Einspruch eingelegt werden. Damit wird das Verfahren vor Gericht gebracht. Hier besteht die Chance, Fehler bei der Messung oder Ahndung nachzuweisen und so das Fahrverbot zu verhindern.

Anerkennung als Härtefall: Wenn durch das Fahrverbot die wirtschaftliche Existenz bedroht wäre, z.B. Verlust des Arbeitsplatzes droht oder die Versorgung pflegebedürftiger Angehöriger nicht mehr gewährleistet ist, kann ein Richter das Fahrverbot in eine höhere Geldbuße umwandeln. Dies gilt aber meist nur für Ersttäter und einmonatige Fahrverbote.

Augenblicksversagen: Konnte glaubhaft gemacht werden, dass der Verstoß auf einem einmaligen Augenblicksversagen beruhte, z.B. durch schlechte Beschilderung oder fehlende Ortskenntnis, kann in Ausnahmefällen von einem Fahrverbot abgesehen werden.

Verschieben des Fahrverbots: Ersttäter haben oft die Möglichkeit, innerhalb von vier Monaten den Zeitpunkt des Antritts selbst zu wählen, z.B. in Urlaubs- oder Ferienzeiten. So lassen sich Beeinträchtigungen im Berufs- und Privatleben minimieren.

Wichtig ist, dass diese Möglichkeiten nur in engen Grenzen bestehen. Bei schweren Verstößen wie Alkohol am Steuer, hohen Geschwindigkeitsüberschreitungen oder für Wiederholungstäter sind die Chancen sehr gering. Auch ein komplettes „Freikaufen“ durch ein erhöhtes Bußgeld ist nicht vorgesehen.

Am aussichtsreichsten sind die Erfolgsaussichten, wenn fristgerecht Einspruch eingelegt wird und die besonderen Umstände überzeugend dargelegt werden können, am besten mit anwaltlicher Unterstützung. Aber selbst dann liegt die Entscheidung im Ermessen des Gerichts, das stets eine Einzelfallabwägung vornimmt.

§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

  • § 25 Abs. 2 a StVG (Straßenverkehrsgesetz)
    Regelt die Bedingungen, unter denen ein Fahrverbot wirksam wird, speziell dass das Fahrverbot erst mit der amtlichen Verwahrung des Führerscheins beginnt und spätestens vier Monate nach Rechtskraft des Urteils wirksam wird. Dies ist zentral für die Umsetzung des Fahrverbots in der Praxis.
  • § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 OWiG (Ordnungswidrigkeitengesetz)
    Erlaubt die Rechtsbeschwerde gegen Entscheidungen in Bußgeldsachen und ist entscheidend für das Verfahrensrecht, um formelle und sachliche Rechtsfehler anzufechten, wie es im gegebenen Fall erfolgte.
  • § 66 Abs. 1 OWiG
    Definiert die Anforderungen an einen Bußgeldbescheid, insbesondere die notwendige Konkretisierung des Tatvorwurfs. Dieser Paragraph ist entscheidend für die Gültigkeit des ursprünglichen Bußgeldbescheids und die darauf basierende rechtliche Auseinandersetzung.
  • § 17 Abs. 3 OWiG
    Betrifft die Bemessung der Geldbuße und berücksichtigt die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen. Die Erwähnung in der Urteilsbegründung betont, dass keine außergewöhnlichen wirtschaftlichen Verhältnisse eine Abweichung von der Regelbuße rechtfertigen.
  • BKatV (Bußgeldkatalog-Verordnung)
    Legt Regelsätze für Bußgelder und Fahrverbote fest, die bei bestimmten Verkehrsverstößen anzuwenden sind. Sie spielt eine wichtige Rolle bei der Festsetzung der Sanktionen für Geschwindigkeitsüberschreitungen und wurde zur Beurteilung der angemessenen Rechtsfolgen herangezogen.
  • § 73 Abs. 2 OWiG
    Regelt die Entbindung von der Erscheinungspflicht in der Hauptverhandlung, was für die Abwesenheit der Betroffenen und den weiteren Verlauf des Verfahrens entscheidend war, insbesondere in Bezug auf die wirksame Beschränkung des Einspruchs auf Rechtsfolgen.


Das vorliegende Urteil

KG Berlin – Az.: 3 Ws (B) 652/13 – 162 Ss 187/13 – Beschluss vom 02.01.2014

Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 15. August 2013 dahingehend abgeändert, dass aufgrund des im Schuldspruch rechtskräftigen Bußgeldbescheids des Polizeipräsidenten in Berlin vom 13. Juni 2012 gegen die Betroffene wegen einer fahrlässig begangenen Verkehrsordnungswidrigkeit der Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 40 km/h eine Geldbuße von 200,00 Euro festgesetzt und ihr für die Dauer eines Monats verboten wird, im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge jeder Art zu führen.

Das Fahrverbot wird erst wirksam, wenn der Führerschein in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens mit Ablauf von vier Monaten seit Rechtskraft.

Die weitergehende Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird nach §§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 349 Absatz 2 StPO verworfen.

Die Betroffene hat die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Der Polizeipräsident in Berlin hat mit Bescheid vom 13. Juni 2013 gegen die Betroffene wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 40 km/h eine Geldbuße von 185,00 Euro verhängt und ein Fahrverbot von einem Monat angeordnet. Dabei hat er nach § 25 Abs. 2 a StVG bestimmt, dass das Fahrverbot erst wirksam wird, wenn der Führerschein in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch nach Ablauf von vier Monaten seit Rechtskraft. Hiergegen hat die Betroffene fristgemäß Einspruch eingelegt. In dem Hauptverhandlungstermin vor dem Amtsgericht Tiergarten am 15. August 2013, zu dem weder die Amtsanwaltschaft noch die Betroffene, die zuvor auf ihren Antrag von der Pflicht zu erscheinen nach § 73 Abs. 2 OWiG entbunden worden war, erschienen waren, hat der Verteidiger der Betroffenen in seinem Schlussvortrag den Einspruch auf die Rechtsfolgen beschränkt und beantragt, kein Fahrverbot gegen die Betroffene zu verhängen. Das Amtsgericht Tiergarten hat die Betroffene sodann wegen einer vorsätzlichen Geschwindigkeitsüberschreitung zu einer Geldbuße von 300,00 Euro verurteilt, ein einmonatiges Fahrverbot angeordnet und bestimmt, dass das Fahrverbot erst wirksam wird, wenn der Führerschein in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch nach Ablauf von vier Monaten seit Rechtskraft. Die dagegen gerichtete nach § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 OWiG statthafte und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde der Betroffenen, mit der die Verletzung formellen und sachlichen Rechts gerügt wird, hat nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

1. Die aufgrund der zulässig erhobenen Sachrüge von Amts wegen vorzunehmende Prüfung der Verfahrensvoraussetzungen ergibt, dass das Amtsgericht rechtsfehlerhaft Feststellungen zum Schuldspruch getroffen und die Betroffene aufgrund derselben wegen einer vorsätzlichen Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften verurteilt hat, obwohl ihr Verteidiger den Einspruch gegen den Bußgeldbescheid des Polizeipräsidenten in Berlin vom 13. Juni 2013 ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls in der Hauptverhandlung am 15. August 2013 in seinem Schlussvortrag wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt hat. Die Überprüfung des Schuldspruchs war dem Amtsgericht somit entzogen (vgl. OLG Bamberg NJW 2006, 627 [628]). Das Amtsgericht hätte lediglich Feststellungen treffen dürfen, die zu den in Rechtskraft erwachsenen Feststellungen im Bußgeldbescheid nicht in Widerspruch stehen (vgl. OLG Bamberg VRS 113, 357 (358]; OLG Zweibrücken DAR 2006, 342 [343]; Seitz in: Göhler, OWiG 16. Auflage, § 67 Rn. 34 e).

Die Beschränkung des Einspruchs auf den Rechtsfolgenausspruch war wirksam.

Eine Beschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch ist grundsätzlich möglich (vgl. Senat, Beschluss vom 17. August 2007 – 3 Ws (B) 334/06 -; VRS 114, 47 [48]; 102, 296; OLG Bamberg VRS 113, 357 [358]; Seitz a.a.O.). Voraussetzung ist, dass der durch die Beschränkung in Rechtskraft erwachsende Bußgeldbescheid den Anforderungen des § 66 Abs. 1 OWiG entspricht (vgl. Senat, Beschluss vom 17. August 2007 a.a.O.; VRS 102, 96). Im Bußgeldbescheid ist der Tatvorwurf ausreichend konkretisiert. Zwar wird in ihm die Schuldform nicht ausdrücklich benannt. Dies ist jedoch unschädlich, wenn dem Bescheid die von der Verwaltungsbehörde angenommene Schuldform zweifelsfrei zu entnehmen ist (vgl. Senat, Beschluss vom 19. Januar 2009 – 3 Ws (B) 30/09 -; Thüringer OLG VRS 112, 359). Fehlt es im Bußgeldbescheid an ausdrücklichen Feststellungen zur Schuldform, ist eine Beschränkung des Einspruchs auf die Rechtsfolgen insbesondere dann zulässig, wenn bei Ahndung einer Verkehrsordnungswidrigkeit in dem Bußgeldbescheid die nach der Bußgeldkatalogverordnung vorgesehene Regelbuße verhängt wird, da die Regelsätze des Bußgeldkatalogs von fahrlässiger Begehungsweise und gewöhnlichen Tatumständen ausgehen (vgl. Senat, Beschlüsse vom 19. Januar 2009 und 17. August 2007 jeweils a.a.O.; VRS 114, 47 [48]; OLG Bamberg VRS 113, 357 [358]; BayObLG VRS 96, 47 [48]; Seitz a.a.O.). Der Polizeipräsident in Berlin hat hier zwar nicht die nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 BKatV in Verbindung mit der Tabelle 1 Buchstabe c Nr. 11.3.6 des Anhangs zu Nr. 11 der Anlage zu § 1 Abs. 1 BKatV vorgesehene Regelbuße in Höhe von 160,00 Euro und von einem Monat Fahrverbot verhängt, sondern neben dem Fahrverbot eine um 25,00 Euro erhöhte Geldbuße festgesetzt. Aus dem Bußgeldbescheid wird gleichwohl hinreichend deutlich, dass die Verwaltungsbehörde von einem fahrlässigen Handeln ausgegangen ist. So enthält der Bußgeldbescheid den ausdrücklichen Hinweis, dass die Voreintragung im Verkehrszentralregister bußgelderhöhend berücksichtigt worden ist. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass bei einer vorsätzlichen Begehung schon ohne Berücksichtigung der einschlägigen Voreintragung eine Geldbuße von 320,00 Euro üblich gewesen wäre. Vor diesem Hintergrund liegt es auf der Hand, dass die Verwaltungsbehörde von Fahrlässigkeit ausgegangen ist und die Erhöhung des Regelbußgeldes ausschließlich auf die Vorbelastung der Betroffenen zurückzuführen ist.

Die bei den Akten befindliche schriftliche Vollmacht des Verteidigers umfasst auch ausdrücklich die nach §§ 67 Abs. 1 Satz 2 OWiG, 302 Abs. 2 StPO erforderliche Ermächtigung der Betroffenen, den Einspruch ganz oder teilweise zurückzunehmen. Gemäß § 75 Abs. 2 OWiG bedurfte die Einspruchsbeschränkung schließlich auch nicht der Zustimmung der Amtsanwaltschaft, da diese an der Hauptverhandlung nicht teilgenommen hat.

Infolge der wirksamen Beschränkung des Einspruchs auf den Rechtsfolgenausspruch war das Gericht gehindert, über den Schuldspruch neu zu entscheiden (vgl. Senat, Beschluss vom 19. Januar 2009 a.a.O.). Es hatte ausgehend von einer rechtskräftig festgestellten fahrlässigen Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit von 40 km/h innerhalb geschlossener Ortschaften lediglich über die Rechtsfolgen zu bestimmen. Der Senat hat deshalb klarzustellen, dass die Betroffene aufgrund des rechtskräftigen Bußgeldbescheids des Polizeipräsidenten in Berlin vom 13. Juni 2012 einer fahrlässig begangenen Verkehrsordnungswidrigkeit der Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 40 km/h innerhalb geschlossener Ortschaften schuldig ist.

2. Einer Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht bedarf es nicht. Zwar erfasst der Rechtsfehler den gesamten Rechtsfolgenausspruch, da zwischen Geldbuße und Fahrverbot eine Wechselwirkung besteht (Senat, Beschlüsse vom 19. Juni 2006 – 3 Ws (B) 282/06 – und 30. September 2004 – 3 Ws (B) 439/04 -). Der Senat entscheidet aber auf der Grundlage der vom Amtsgericht getroffenen ausreichenden Feststellungen nach § 79 Abs. 6 OWiG in der Sache selbst (vgl. Senat, Beschluss vom 13. Januar 2010 – 3 Ws (B) 714/09 -; VRS 102, 296; Seitz, a.a.O., § 79 Rn. 45 ff.).

In Übereinstimmung mit der Generalstaatsanwaltschaft ist angesichts der gleich gelagerten Vorbelastung, die dreieinhalb Monate vor der hier in Rede stehenden Tat geahndet wurde, eine Geldbuße in Höhe von 200,00 Euro, die nicht erheblich von der Regelgeldbuße nach oben abweicht und keine näheren Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen der Betroffenen erfordert (vgl. § 17 Abs. 3 Satz 2 2.Halbsatz OWiG), schuldangemessen.

Gegen die Betroffene ist ein einmonatiges Fahrverbot zu verhängen. Die Urteilsfeststellungen bieten keine Anhaltspunkte dafür, dass der mit dem Fahrverbot bezweckte Warneffekt durch die bloße Erhöhung der Geldbuße erreicht werden könnte (vgl. Senat Beschluss vom 13. Januar 2010 a.a.O.). Die Voraussetzungen für die Anordnung eines Regelfahrverbots wegen einer groben Pflichtverletzung gemäß §§ 4 Abs. 1 Nr. 1 BKatV, 25 Abs. 1 StVG liegen vor. Die Verwirklichung eines Tatbestandes der Tabelle 1c) Nr. 11.3.6 – Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 31 oder mehr km/h innerhalb geschlossener Ortschaften – indiziert auch schon bei fahrlässigem Handeln das Vorliegen einer groben Verletzung der Pflichten als Kraftfahrzeugführer mit der regelmäßigen Folge der Anordnung eines Fahrverbots (vgl. BGHSt 38, 125 [134]; Senat, Beschluss vom 17. November 1998 – 3 Ws (B) 586/98 – nach juris Rn. 6; BayObLG, a.a.O, 49). Dabei war auch zu berücksichtigen, dass nur dreieinhalb Monate vor dem hiesigen Verkehrsverstoß gegen die Betroffene eine Geldbuße von 70,00 Euro verhängt werden musste, weil sie die zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 23 km/h überschritten hatte. Auch wenn diese Vorbelastung nicht die Voraussetzungen eines weiteren Regelfahrverbots nach § 4 Abs. 2 Satz 2 BKatV erfüllt, so zeigt sie gleichwohl, dass die Verhängung einer Geldbuße allein nicht geeignet war, das Verhalten der Betroffenen im Straßenverkehr zu ändern. Das von der Betroffenen geltend gemachte berufliche Angewiesensein auf eine Fahrerlaubnis rechtfertigt es nicht, von der Verhängung des Fahrverbots ausnahmsweise abzusehen. Denn grundsätzlich sind die durch die Maßregel eines Fahrverbots bedingte Einschränkung der Mobilität und berufliche oder wirtschaftliche Nachteile als häufige Folgen hinzunehmen (vgl. Senat, Beschluss vom 30. September 2004 a.a.O.; OLG Frankfurt am Main NStZ-RR 2001, 344). Insbesondere ist es einem Betroffenen zuzumuten, durch eine Kombination von verschiedenen Maßnahmen (Urlaub, Einstellung eines Fahrers, Benutzung anderer Verkehrsmittel usw.) die Zeit eines Fahrverbots zu überbrücken und für die finanziellen Belastungen notfalls einen Kredit aufzunehmen (vgl. Senat, Beschlüsse vom 19. Juni 2006 und 30. September 2004 jeweils a.a.O.; OLG Frankfurt am Main a.a.O.). Ausnahmen von der als Regelfolge vorgesehenen Anordnung eines Fahrverbotes sind nur dann zu machen, wenn dem Betroffenen infolge des Fahrverbots Arbeitsplatz- oder sonstiger wirtschaftlicher Existenzverlust droht und diese Konsequenz nicht durch die dargelegten zumutbaren Vorkehrungen abgewendet oder vermieden werden kann (vgl. Senat, Beschlüsse vom 19. Juni 2006 und 30. September 2004 jeweils a.a.O.; König in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht 42. Auflage, § 25 StVG Rn. 25 m.w.N.). Der Tatrichter hat hier ausreichende tatsächliche Feststellungen getroffen, die keinen konkreten Anhaltspunkt dafür bieten, dass ein nur einmonatiges Fahrverbot zu einer Existenzgefährdung der Betroffenen führen könnte und damit eine unbillige Härte darstellen würde. Insbesondere ist nicht nachvollziehbar, weshalb die Betroffene, die über den Beginn des Fahrverbots angesichts der Regelung des § 25 Abs. 2 a StVG selbst disponieren kann, nicht zumindest einen Teil der Dauer durch Urlaub ausgleichen kann. Dabei war auch zu bedenken, dass sie seit Erlass des Bußgeldbescheids ausreichend Zeit hatte, sich auf das drohende Fahrverbot einzustellen (vgl. Senat, Beschluss vom 27. November 1998 a.a.O.). Sollte es nicht möglich sein, die Dauer des Fahrverbots durch Urlaub abzudecken, muss sie sich gegebenenfalls eines Aushilfsfahrers bedienen, öffentliche Verkehrsmittel oder ein Taxi benutzen. Schließlich muss sie sich vorhalten lassen, dass sie durch die Ahndung der früheren Geschwindigkeitsüberschreitung Veranlassung gehabt hätte, sich zukünftig mit der erforderlichen Sorgfalt im Straßenverkehr zu verhalten. Wer durch mangelnde Verkehrsdisziplin selbst den Verlust seines Führerscheins riskiert, kann sich nicht ohne weiteres darauf berufen, dieser Verlust würde ihn außergewöhnlich hart treffen (vgl. Senat, Beschluss vom 27. November 1998 a.a.O.).

3. Da gegen die Betroffene in den zwei Jahren vor der hier in Rede stehenden Ordnungswidrigkeit kein Fahrverbot verhängt worden ist, war gemäß § 25 Abs. 2 a StVG zu bestimmen, dass das Fahrverbot erst wirksam wird, wenn der Führerschein der Betroffenen in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit Rechtskraft.

4. Die weitergehende Rechtsbeschwerde ist unbegründet im Sinne von §§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 349 Absatz 2 StPO.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 Satz 1 StPO. Für eine Billigkeitsentscheidung nach §§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 4 StPO war kein Raum, weil die Betroffene den vorrangig erstrebten Wegfall des Fahrverbots nicht erreicht hat und auch ein der Senatentscheidung entsprechendes Urteil des Amtsgerichts angefochten hätte (vgl. Senat, Beschluss vom 13. Januar 2010 a.a.O.).

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