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Geschwindigkeitsüberschreitung auf Bundesautobahn – Vorsatz

Vorsatz auf der Autobahn? Wer das Tempolimit um fast 50 km/h reißt, muss jetzt umdenken. Denn ein Gericht in Brandenburg hat entschieden: Solch eine massive Geschwindigkeitsüberschreitung ist nicht mehr nur ein Versehen, sondern Vorsatz – mit weitreichenden Folgen.

Übersicht

Zum vorliegenden Urteil Az.: 1 ORbs 280/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: OLG Brandenburg
  • Datum: 14.02.2025
  • Aktenzeichen: 1 ORbs 280/24
  • Verfahrensart: Rechtsbeschwerde in einem Ordnungswidrigkeitenverfahren
  • Rechtsbereiche: Ordnungswidrigkeitenrecht (OWiG), Strafprozessordnung (StPO), Straßenverkehrsgesetz (StVG)

Beteiligte Parteien:

  • Betroffener: Ein Autofahrer, der Rechtsbeschwerde gegen seine Verurteilung durch das Amtsgericht Nauen einlegte.
  • Antragstellerin im Rechtsbeschwerdeverfahren: Die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg, die beantragte, die Rechtsbeschwerde als unbegründet zu verwerfen und die Tat als vorsätzlich zu werten.

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Ein Autofahrer wurde vom Amtsgericht Nauen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 45 km/h (nach Toleranzabzug) zu einer Geldbuße von 320 Euro und einem Monat Fahrverbot verurteilt. Der Vorfall ereignete sich am 2. März 2023 auf einer Bundesautobahn. Dagegen legte der Autofahrer Rechtsbeschwerde ein und rügte allgemein die Verletzung materiellen Rechts.
  • Kern des Rechtsstreits: Überprüfung der Entscheidung des Amtsgerichts auf Rechtsfehler, insbesondere die Frage, ob die Geschwindigkeitsüberschreitung als fahrlässig oder vorsätzlich zu bewerten ist.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Rechtsbeschwerde des Autofahrers wurde als offensichtlich unbegründet verworfen. Das Gericht änderte jedoch die Verurteilung von fahrlässiger auf vorsätzliche Geschwindigkeitsüberschreitung ab.
  • Begründung: Das Gericht folgte dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft. Die Überprüfung ergab, dass die Rechtsbeschwerde zwar zulässig, aber unbegründet ist. Die vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen rechtfertigen nach Ansicht des OLG Brandenburg jedoch die Annahme einer vorsätzlichen Begehung der Geschwindigkeitsüberschreitung.
  • Folgen: Der Autofahrer muss die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens tragen. Die Geldbuße von 320 Euro und das einmonatige Fahrverbot (mit der Möglichkeit, den Beginn des Fahrverbots innerhalb einer bestimmten Frist selbst zu wählen) bleiben bestehen, basieren nun aber auf der Feststellung einer vorsätzlichen statt einer fahrlässigen Tat.

Der Fall vor Gericht


OLG Brandenburg: Deutliche Geschwindigkeitsüberschreitung auf Autobahn als Vorsatz gewertet – Fahrverbot bestätigt

Das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg hat in einem Beschluss klargestellt, unter welchen Umständen eine erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung nicht mehr nur als fahrlässig, sondern als vorsätzlich zu bewerten ist.

Autobahn: PKW rast an Tempolimit 100 Schild. Geschwindigkeitsüberschreitung.
Vorsätzliche Geschwindigkeitsüberschreitung auf Autobahn | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Ein Autofahrer, der auf einer Autobahn die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 45 km/h überschritten hatte, legte Rechtsbeschwerde gegen seine Verurteilung ein. Das OLG wies die Beschwerde zwar zurück, änderte aber den Schuldspruch von fahrlässiger auf vorsätzliche Begehung, was die rechtliche Bewertung der Tat verschärft, auch wenn die ursprüngliche Strafe bestehen blieb.

Ausgangssituation: Urteil des Amtsgerichts Nauen wegen fahrlässiger Geschwindigkeitsüberschreitung

Das Verfahren nahm seinen Anfang vor dem Amtsgericht Nauen. Dieses verurteilte den Autofahrer am 28. Juni 2024 wegen einer fahrlässigen Geschwindigkeitsüberschreitung. Der Vorfall ereignete sich am 2. März 2023 gegen 13:55 Uhr auf der Bundesautobahn (A…). Der Fahrer war mit seinem Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen […] in Fahrtrichtung […] unterwegs.

Die Messung ergab nach Abzug der Toleranz eine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 45 km/h außerhalb einer geschlossenen Ortschaft. Konkret bedeutet dies: Auf dem betreffenden Autobahnabschnitt galt eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 100 km/h, die durch beidseitig aufgestellte Verkehrsschilder (Vorschriftszeichen gemäß § 41 Abs. 1 StVO i.V.m. Anlage 1 zur StVO) angezeigt wurde. Der Autofahrer war jedoch mit mindestens 145 km/h unterwegs.

Das Amtsgericht Nauen wertete dieses Verhalten als fahrlässig und verhängte eine Geldbuße von 320 Euro. Zusätzlich wurde ein Fahrverbot von einem Monat angeordnet. Dem Fahrer wurde dabei die Möglichkeit eingeräumt, den Beginn des Fahrverbots innerhalb einer bestimmten Frist selbst zu wählen (§ 25 Abs. 2a StVG).

Der Weg zum Oberlandesgericht: Autofahrer legt Rechtsbeschwerde gegen das Urteil ein

Mit dem Urteil des Amtsgerichts Nauen war der Autofahrer nicht einverstanden. Er legte Rechtsbeschwerde beim Oberlandesgericht Brandenburg ein. Mit diesem Rechtsmittel können Urteile in Bußgeldsachen auf Rechtsfehler überprüft werden. Der Autofahrer begründete seine Beschwerde allerdings nicht näher, sondern rügte lediglich pauschal die Verletzung materiellen Rechts. Er machte also geltend, dass das Amtsgericht das Recht falsch angewendet habe, ohne dies spezifisch auszuführen.

Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft: Antrag auf Verwerfung und Änderung zu Vorsatz

Im Rechtsbeschwerdeverfahren prüfte die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg den Fall und gab eine Stellungnahme ab. Sie kam zu dem Ergebnis, dass die Rechtsbeschwerde des Autofahrers offensichtlich unbegründet sei und daher verworfen werden sollte.

Allerdings teilte die Generalstaatsanwaltschaft nicht die Auffassung des Amtsgerichts bezüglich der Fahrlässigkeit. Sie beantragte, den Schuldspruch dahingehend zu ändern, dass dem Autofahrer eine vorsätzliche Begehungsweise vorzuwerfen sei. Die Staatsanwaltschaft sah in der erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitung ein Indiz für vorsätzliches Handeln.

Entscheidung des OLG Brandenburg: Rechtsbeschwerde erfolglos, aber Schuldspruch auf Vorsatz geändert

Das OLG Brandenburg folgte in seinem Beschluss vom 14. Februar 2025 (Az.: 1 ORbs 280/24) dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft.

  1. Verwerfung der Rechtsbeschwerde: Das Gericht entschied, dass die Rechtsbeschwerde des Autofahrers offensichtlich unbegründet ist. Die formalen Voraussetzungen für die Beschwerde lagen zwar vor (§ 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 OWiG, frist- und formgerechte Einlegung), in der Sache selbst konnte sie jedoch keinen Erfolg haben. Die Rüge der Verletzung materiellen Rechts griff nicht durch. Die Entscheidung des Amtsgerichts hielt der rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand, was die Verhängung der Geldbuße und des Fahrverbots betrifft. Das OLG stützte sich dabei auf die §§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG und 349 Abs. 2 StPO.
  2. Änderung des Schuldspruchs auf Vorsatz: Gleichzeitig änderte das OLG jedoch den Schuldspruch ab. Statt wegen fahrlässiger Geschwindigkeitsüberschreitung wurde der Autofahrer nun wegen einer vorsätzlichen Ordnungswidrigkeit für schuldig befunden.

Begründung des OLG: Warum die hohe Geschwindigkeitsüberschreitung als vorsätzlich gilt

Den entscheidenden Punkt für die Änderung des Schuldspruchs sah das OLG Brandenburg in der Höhe der Geschwindigkeitsüberschreitung. Die Begründung stützt sich auf folgende Überlegungen:

  • Klare Geschwindigkeitsbegrenzung: Die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf dem Autobahnabschnitt war durch beidseitig aufgestellte Verkehrszeichen eindeutig auf 100 km/h begrenzt.
  • Erhebliche Überschreitung: Der Autofahrer überschritt diese Begrenzung um mindestens 45 km/h, fuhr also fast 50 Prozent schneller als erlaubt (mindestens 145 km/h statt 100 km/h).
  • Indiz für Vorsatz: Eine derart massive Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit – insbesondere um fast die Hälfte – wertete das Gericht rechtlich als zumindest bedingt vorsätzlich.
  • Was bedeutet bedingter Vorsatz? Bedingter Vorsatz liegt vor, wenn der Handelnde den Eintritt des rechtswidrigen Erfolges (hier: das Fahren mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit) für möglich hält und ihn billigend in Kauf nimmt. Er sagt sich quasi: „Es könnte sein, dass ich zu schnell fahre und das Tempolimit erheblich überschreite, aber das ist mir egal / nehme ich in Kauf.“ Im Gegensatz dazu handelt fahrlässig, wer die gebotene Sorgfalt außer Acht lässt und die Geschwindigkeitsüberschreitung entweder nicht erkennt oder darauf vertraut, dass schon nichts passieren wird oder er nicht zu schnell ist.
  • Wahrnehmung von Verkehrsschildern: Das Gericht führte weiter aus, dass davon auszugehen ist, dass ordnungsgemäß aufgestellte Vorschriftzeichen von Verkehrsteilnehmern in aller Regel wahrgenommen werden. Zwar gäbe es dazu keine exakten wissenschaftlichen Erhebungen, es entspreche aber der allgemeinen Lebenserfahrung. Wer trotz klarer Beschilderung die erlaubte Geschwindigkeit derart deutlich überschreitet, dem kann nach Ansicht des Gerichts nicht mehr nur mangelnde Sorgfalt (Fahrlässigkeit) unterstellt werden. Vielmehr deute das Fahrverhalten darauf hin, dass der Fahrer die Geschwindigkeitsbegrenzung bewusst ignoriert oder zumindest die erhebliche Überschreitung billigend in Kauf genommen hat.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Die Quantität der Überschreitung (45 km/h über dem Limit von 100 km/h) war für das OLG das ausschlaggebende Kriterium, um von Fahrlässigkeit auf (mindestens bedingten) Vorsatz zu schließen.

Folgen für den Autofahrer: Geldbuße und Fahrverbot bleiben bestehen, aber Eintrag als Vorsatztat

Obwohl der Schuldspruch von fahrlässig auf vorsätzlich geändert wurde, hatte dies im konkreten Fall keine Auswirkung auf die Höhe der Geldbuße (320 Euro) und die Dauer des Fahrverbots (ein Monat). Diese vom Amtsgericht festgesetzten Rechtsfolgen wurden vom OLG bestätigt.

Die Änderung der Schuldfeststellung von Fahrlässigkeit zu Vorsatz hat jedoch grundsätzliche Bedeutung:

  • Eintrag im Fahreignungsregister: Vorsatztaten werden im Fahreignungsregister in Flensburg anders bewertet und können bei wiederholten Verstößen gravierendere Konsequenzen haben.
  • Versicherungsrechtliche Aspekte: In manchen Fällen kann eine vorsätzliche Begehung versicherungsrechtliche Nachteile nach sich ziehen (z.B. bei der Regulierung von Schäden durch eine Kaskoversicherung).
  • Signalwirkung: Die Entscheidung unterstreicht, dass Gerichte bei erheblichen Geschwindigkeitsverstößen zunehmend von einer bewussten Inkaufnahme des Regelbruchs ausgehen.

Zusätzlich zu Bußgeld und Fahrverbot muss der Autofahrer auch die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels tragen (§ 46 Abs. 1 OWiG, § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO).

Rechtliche Einordnung: Abgrenzung zwischen Fahrlässigkeit und Vorsatz bei Geschwindigkeitsverstößen

Dieser Beschluss des OLG Brandenburg reiht sich ein in eine gefestigte Rechtsprechung, die bei gravierenden Geschwindigkeitsüberschreitungen von einem (zumindest bedingten) Vorsatz ausgeht. Es gibt zwar keine starre Grenze, ab wann eine Überschreitung als vorsätzlich gilt, jedoch spielen folgende Faktoren eine Rolle:

  • Das Ausmaß der Überschreitung: Sowohl der absolute Wert (km/h über dem Limit) als auch der relative Wert (Prozentsatz über dem Limit) sind relevant. Eine Überschreitung um fast 50% wie im vorliegenden Fall wird oft als starkes Indiz für Vorsatz gewertet.
  • Die Erkennbarkeit der Geschwindigkeitsbegrenzung: Waren die Schilder gut sichtbar und eindeutig?
  • Die Verkehrssituation und die Straßenverhältnisse: Auf einer übersichtlichen Autobahn bei guten Bedingungen kann eine hohe Geschwindigkeit eher als bewusst gewählt angesehen werden als bei unübersichtlichen Verhältnissen.

Die Entscheidung macht deutlich: Wer das Gaspedal weit durchdrückt und Tempolimits massiv ignoriert, kann sich in der Regel nicht mehr erfolgreich auf bloße Unachtsamkeit (Fahrlässigkeit) berufen. Die Gerichte unterstellen in solchen Fällen zunehmend eine bewusste Entscheidung für das zu schnelle Fahren.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil des OLG Brandenburg zeigt, dass bei einer erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitung (45 km/h über dem Limit) regelmäßig von Vorsatz und nicht von Fahrlässigkeit ausgegangen wird, da Autofahrer eine solche massive Überschreitung auch ohne ständigen Blick auf den Tacho wahrnehmen können. Die Quintessenz lautet: Bei deutlichen Tempoverstößen greift die Ausrede des „Nicht-Bemerkt-Habens“ nicht mehr, da Gerichte davon ausgehen, dass korrekt aufgestellte Verkehrsschilder normalerweise wahrgenommen werden. Diese Entscheidung verdeutlicht, dass Gerichte bei gravierenden Geschwindigkeitsüberschreitungen tendenziell von bewusstem Handeln ausgehen und entsprechend härter sanktionieren.

FAQ - Häufig gestellte Fragen

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Welche Faktoren berücksichtigt ein Gericht, um zu entscheiden, ob eine Geschwindigkeitsüberschreitung vorsätzlich begangen wurde?

Ob eine Geschwindigkeitsüberschreitung als vorsätzlich oder nur fahrlässig eingestuft wird, hängt nicht von einer festen Regel ab. Vielmehr prüft das Gericht immer die gesamten Umstände des Einzelfalls. Vorsatz bedeutet vereinfacht gesagt, dass Sie wussten, dass Sie zu schnell fahren, und dies auch wollten oder zumindest billigend in Kauf nahmen. Fahrlässig handeln Sie hingegen, wenn Sie die zulässige Geschwindigkeit überschreiten, weil Sie die nötige Sorgfalt außer Acht gelassen haben (z.B. ein Schild übersehen).

Gerichte ziehen verschiedene Anhaltspunkte (Indizien) heran, um auf einen möglichen Vorsatz zu schließen:

Höhe der Geschwindigkeitsüberschreitung

Ein zentraler Anhaltspunkt ist, wie stark Sie die erlaubte Geschwindigkeit überschritten haben. Je höher die Überschreitung, desto wahrscheinlicher ist es, dass das Gericht von Vorsatz ausgeht.

  • Beispiel: Fahren Sie auf einer Autobahn bei erlaubten 120 km/h tatsächlich 180 km/h (also 60 km/h oder 50 % zu schnell), spricht dies eher für Vorsatz als eine Überschreitung um 15 km/h. Gerichte gehen oft davon aus, dass eine derart hohe Geschwindigkeit kaum unbemerkt bleiben kann.
  • Aber: Eine hohe Überschreitung allein beweist noch keinen Vorsatz. Es ist nur ein starkes Indiz, das zusammen mit anderen Faktoren bewertet wird. Es gibt keine starre Prozentgrenze, ab der automatisch Vorsatz angenommen wird, auch wenn Richtwerte (z.B. 40% oder 50% Überschreitung) in der Praxis eine Rolle spielen.

Äußere Umstände: Straße, Sicht und Fahrzeug

Auch die Bedingungen während der Fahrt spielen eine Rolle:

  • Straßen- und Sichtverhältnisse: Waren die Straße gut ausgebaut, die Sicht klar und die Witterung gut? Unter solchen Umständen ist es unwahrscheinlicher, dass man „aus Versehen“ deutlich zu schnell fährt. Bei dichtem Nebel oder starkem Regen könnte eine Fehleinschätzung der Geschwindigkeit eher als fahrlässig gewertet werden.
  • Fahrzeug und Wahrnehmung: Musste Ihnen die hohe Geschwindigkeit durch Motorengeräusche, Fahrverhalten oder einen Blick auf den Tacho auffallen? Fahren Sie ein sehr leises, PS-starkes Auto, könnte ein kurzzeitiges, unbemerktes Überschreiten eher nachvollziehbar sein als in einem Kleinwagen, der bei hoher Geschwindigkeit deutlich hör- und spürbar reagiert.
  • Kenntnis der Beschilderung: Gab es mehrere Schilder, die auf das Tempolimit hinwiesen? Waren Sie ortskundig und kannten die Geschwindigkeitsbegrenzung?

Verhalten des Fahrers

Das Gericht betrachtet auch Ihr konkretes Verhalten:

  • Haben Sie kurz vor oder in der Messzone sogar noch beschleunigt?
  • Haben Sie technische Hilfsmittel wie Radarwarngeräte benutzt? Dies kann ein starkes Indiz für vorsätzliches Handeln sein.
  • Wie haben Sie sich bei einer Kontrolle oder in einer Anhörung geäußert?

Bedeutung der Unterscheidung zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit

Die Unterscheidung ist wichtig, weil eine vorsätzliche Geschwindigkeitsüberschreitung härter bestraft wird als eine fahrlässige. Bei Vorsatz wird das im Bußgeldkatalog vorgesehene Regelbußgeld in der Regel verdoppelt. Auch bei der Frage, ob ein Fahrverbot verhängt wird oder wie Punkte im Fahreignungsregister bewertet werden, kann der Vorsatz eine Rolle spielen.

Es kommt also immer auf eine Gesamtschau aller Umstände an, ob das Gericht zu dem Schluss kommt, dass Sie die Geschwindigkeitsüberschreitung bewusst und gewollt begangen haben.


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Welche Konsequenzen hat es, wenn eine Geschwindigkeitsüberschreitung als vorsätzlich eingestuft wird?

Wenn eine Geschwindigkeitsüberschreitung als vorsätzlich eingestuft wird, hat das deutlich strengere Konsequenzen als bei einer nur fahrlässig begangenen Überschreitung. Der Hauptunterschied liegt in der inneren Einstellung des Fahrers zum Geschwindigkeitsverstoß.

Fahrlässig handelt, wer die Geschwindigkeitsbegrenzung aus Versehen, Unachtsamkeit oder leichterfertig missachtet. Vorsätzlich handelt hingegen, wer die Geschwindigkeitsbegrenzung kennt und bewusst dagegen verstößt, also die zu hohe Geschwindigkeit willentlich fährt und den Verstoß zumindest billigend in Kauf nimmt.

Die Einstufung als vorsätzlich hat vor allem folgende Auswirkungen:

Höhere Geldbuße

Die wichtigste unmittelbare Folge einer vorsätzlichen Begehung ist in der Regel eine erhebliche Erhöhung der Geldbuße. Der im Bußgeldkatalog vorgesehene Regelsatz für eine fahrlässige Geschwindigkeitsüberschreitung kann bei Vorsatz in der Regel verdoppelt werden (§ 3 Abs. 4a BKatV). Die Behörde geht davon aus, dass jemand, der bewusst zu schnell fährt, ein höheres Maß an Verantwortungslosigkeit zeigt und daher eine empfindlichere Strafe angemessen ist.

Fahrverbot und Fahrerlaubnisentzug

Auch bei der Anordnung eines Fahrverbots spielt die Einstufung als vorsätzlich eine wichtige Rolle. Zwar sieht der Bußgeldkatalog bereits für bestimmte fahrlässige Geschwindigkeitsüberschreitungen (abhängig von der Höhe der Überschreitung und ob innerorts oder außerorts) Fahrverbote vor.

Bei Vorsatz kann jedoch auch dann ein Fahrverbot verhängt werden, wenn der Bußgeldkatalog dies für den reinen Geschwindigkeitswert bei Fahrlässigkeit noch nicht vorsieht, oder ein bereits vorgesehenes Fahrverbot kann länger ausfallen als bei fahrlässiger Begehung. Dies liegt daran, dass vorsätzliches Handeln als schwerwiegender Pflichtenverstoß gewertet wird.

In besonders schweren Fällen oder bei wiederholten vorsätzlichen Verstößen kann die vorsätzliche Geschwindigkeitsüberschreitung zudem als Indiz für eine grundsätzliche charakterliche Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen gewertet werden. Dies kann im äußersten Fall sogar zur Entziehung der Fahrerlaubnis führen (§ 3 StVG, § 46 FeV). Anders als ein zeitlich begrenztes Fahrverbot bedeutet der Entzug der Fahrerlaubnis, dass die Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen komplett erlischt und erst nach einer Sperrfrist und ggf. einer medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) neu beantragt werden muss.

Wann wird Vorsatz angenommen?

Ob Vorsatz vorliegt, prüft die Bußgeldbehörde oder später ein Gericht im Einzelfall anhand der Umstände. Reine Vermutungen reichen nicht aus. Indizien, die für Vorsatz sprechen können, sind beispielsweise:

  • Eine extrem hohe Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit (oft wird von Gerichten eine Überschreitung von mehr als 40% oder 50% als starkes Indiz gewertet, es gibt aber keine feste Grenze).
  • Kenntnis der Geschwindigkeitsbegrenzung, z.B. durch eindeutige und wiederholte Beschilderung auf einer bekannten Strecke oder über eine längere Distanz.
  • Äußerungen des Fahrers oder sonstige Umstände, die darauf schließen lassen, dass er die Begrenzung bewusst ignoriert hat.

Gerade bei sehr hohen Geschwindigkeitsüberschreitungen auf Autobahnen gehen Gerichte häufiger von Vorsatz aus, da angenommen wird, dass dem Fahrer bei solchen Geschwindigkeiten bewusst sein muss, dass er deutlich zu schnell fährt.


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Kann ich gegen ein Urteil, das eine vorsätzliche Geschwindigkeitsüberschreitung feststellt, vorgehen und wenn ja, wie?

Ja, Sie haben grundsätzlich die Möglichkeit, gegen ein Urteil eines Amtsgerichts vorzugehen, das Sie wegen einer vorsätzlichen Geschwindigkeitsüberschreitung verurteilt. Das dafür vorgesehene rechtliche Mittel ist in der Regel die Rechtsbeschwerde.

Was ist eine Rechtsbeschwerde?

Die Rechtsbeschwerde ist ein Weg, um ein Urteil in einer Bußgeldsache, wie zum Beispiel bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung, von einem höheren Gericht überprüfen zu lassen. Dieses höhere Gericht ist das Oberlandesgericht (OLG).

Wichtig zu verstehen ist: Das Oberlandesgericht führt keine neue Beweisaufnahme durch. Es hört also keine Zeugen erneut an oder prüft die Messung noch einmal technisch. Es prüft das Urteil des Amtsgerichts ausschließlich auf Rechtsfehler. Das bedeutet, es kontrolliert, ob das Amtsgericht bei seinem Urteil die Gesetze korrekt angewendet hat. Rechtsfehler können zum Beispiel sein:

  • Das Gericht hat den Begriff des Vorsatzes falsch ausgelegt.
  • Es wurden Verfahrensvorschriften nicht beachtet.
  • Die Begründung des Urteils ist rechtlich nicht haltbar.

Wann ist eine Rechtsbeschwerde möglich?

Nicht jedes Urteil in einer Bußgeldsache kann automatisch mit der Rechtsbeschwerde angefochten werden. Die Möglichkeit dazu besteht hauptsächlich in folgenden Fällen:

  • Wenn eine Geldbuße von mehr als 250 Euro festgesetzt wurde.
  • Wenn eine Nebenfolge angeordnet wurde, die keine Geldbuße ist (das typische Beispiel hierfür ist ein Fahrverbot).
  • Wenn das Amtsgericht oder das Oberlandesgericht die Rechtsbeschwerde ausdrücklich zulässt, weil der Fall zum Beispiel eine besondere rechtliche Bedeutung hat oder zur Fortbildung des Rechts dient.

Trifft keiner dieser Fälle zu, ist eine Anfechtung des Urteils durch Rechtsbeschwerde in der Regel nicht möglich.

Welche Fristen müssen beachtet werden?

Wenn Sie eine Rechtsbeschwerde einlegen möchten, müssen Sie sehr strenge Fristen beachten. Werden diese Fristen versäumt, ist die Rechtsbeschwerde unzulässig und das Urteil wird rechtskräftig.

  • Einlegung der Rechtsbeschwerde: Die Rechtsbeschwerde muss innerhalb von einer Woche nach der Verkündung des Urteils im Gerichtstermin oder – falls Sie bei der Verkündung nicht anwesend waren – innerhalb einer Woche nach Zustellung des schriftlichen Urteils beim Amtsgericht eingelegt werden. Die Einlegung muss schriftlich oder zur Niederschrift bei der Geschäftsstelle des Gerichts erfolgen.
  • Begründung der Rechtsbeschwerde: Nach der Einlegung muss die Rechtsbeschwerde noch begründet werden. Hier müssen die behaupteten Rechtsfehler genau dargelegt werden. Die Frist für die Begründung beträgt einen Monat. Diese Frist beginnt in der Regel mit der Zustellung des schriftlichen Urteils, spätestens aber mit Ablauf der Einlegungsfrist.

Die Einhaltung dieser Fristen ist entscheidend für die Möglichkeit, das Urteil überprüfen zu lassen.


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Gibt es eine Geschwindigkeitsüberschreitung, bei der automatisch von Vorsatz ausgegangen wird?

Nein, es gibt keine feste Geschwindigkeitsgrenze, ab der eine Überschreitung automatisch als vorsätzlich, also mit Absicht, begangen gilt. Die Gerichte entscheiden immer anhand der Umstände des jeweiligen Einzelfalls.

Was bedeutet Vorsatz bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung?

Vorsätzlich handelt, wer weiß, dass er zu schnell fährt und dies auch will oder zumindest billigend in Kauf nimmt. Das Gegenteil ist Fahrlässigkeit: Hier übersieht der Fahrer die Geschwindigkeitsbegrenzung oder verschätzt sich aus Unachtsamkeit.

Die Unterscheidung ist wichtig: Wird Ihnen Vorsatz nachgewiesen, kann das Bußgeld in der Regel verdoppelt werden. Ein mögliches Fahrverbot bleibt von dieser Verdopplung meist unberührt, kann aber ebenfalls von der Frage Vorsatz oder Fahrlässigkeit abhängen.

Warum kann eine sehr hohe Überschreitung trotzdem auf Vorsatz hindeuten?

Eine sehr deutliche Geschwindigkeitsüberschreitung (wie zum Beispiel 45 km/h oder mehr über dem erlaubten Limit auf der Autobahn) ist ein starkes Indiz dafür, dass der Fahrer wusste, was er tat. Gerichte gehen oft davon aus, dass es bei solch hohen Geschwindigkeiten unwahrscheinlich ist, die Überschreitung nicht bemerkt zu haben. Faktoren wie das Motorengeräusch, das Fahrgefühl und der Blick auf den Tacho machen ein unbewusstes Überschreiten weniger glaubhaft.

Stellen Sie sich vor, Sie fahren auf einer Autobahn, auf der 120 km/h erlaubt sind, mit 170 km/h. Es ist schwer vorstellbar, dass Ihnen diese hohe Geschwindigkeit nicht bewusst ist. Deshalb kann eine solche Überschreitung ein starker Hinweis auf vorsätzliches Handeln sein.

Welche Rolle spielen die Umstände des Einzelfalls?

Obwohl eine hohe Überschreitung ein wichtiges Indiz ist, reicht sie allein meist nicht aus, um Vorsatz sicher nachzuweisen. Die Behörden und Gerichte müssen immer die gesamten Umstände betrachten. Dazu gehören zum Beispiel:

  • Kannte sich der Fahrer in der Gegend aus?
  • Wie gut war die Strecke einsehbar? Gab es viele Schilder?
  • Wie lange wurde die Geschwindigkeit überschritten?
  • Gab es technische Probleme am Fahrzeug (z.B. ein defekter Tacho)? Dies muss aber nachvollziehbar dargelegt werden.
  • Was sagt der Fahrer selbst zu dem Vorfall?

Was bedeutet das für den Betroffenen?

Für Sie bedeutet das: Auch wenn Sie erheblich zu schnell gefahren sind, wird nicht automatisch von Vorsatz ausgegangen. Die Behörde oder das Gericht muss Ihnen den Vorsatz nachweisen, wobei eine hohe Überschreitung diesen Nachweis erleichtern kann. Es kommt jedoch stets auf eine Gesamtschau aller Umstände an, ob letztlich von Vorsatz oder Fahrlässigkeit ausgegangen wird.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – Fragen Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung an.


Glossar - Fachbegriffe einfach erklärt

Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

vorsätzlich

Vorsätzlich handelt, wer mit Wissen und Wollen eine rechtswidrige Handlung begeht. Das bedeutet, man kennt die Umstände, die das Handeln verboten machen (z.B. das Tempolimit-Schild) und entscheidet sich bewusst dafür, so zu handeln. Im Gegensatz zur Fahrlässigkeit, bei der man die gebotene Sorgfalt missachtet, nimmt man beim Vorsatz den regelwidrigen Zustand bewusst in Kauf oder will ihn sogar erreichen. Die hohe Geschwindigkeitsüberschreitung im Text wurde als Indiz gewertet, dass der Fahrer wusste, dass er erheblich zu schnell war, und dies zumindest billigte.


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fahrlässig

Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt, obwohl er erkennen konnte oder musste, dass sein Verhalten gefährlich oder regelwidrig sein könnte (§ 276 Abs. 2 BGB ist eine zivilrechtliche Parallele, die das Prinzip verdeutlicht). Man handelt also unvorsichtig oder unaufmerksam, ohne den rechtswidrigen Erfolg (wie die Geschwindigkeitsüberschreitung) direkt zu wollen. Im Gegensatz zum Vorsatz fehlt hier das bewusste Wissen und Wollen der Tatbestandsverwirklichung. Das Amtsgericht nahm ursprünglich an, der Fahrer sei nur aus Unachtsamkeit zu schnell gefahren.

Beispiel: Jemand übersieht beim Abbiegen einen Radfahrer, weil er kurz abgelenkt war – er wollte den Unfall nicht, war aber unachtsam.


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bedingt vorsätzlich

Bedingter Vorsatz (auch „dolus eventualis“ genannt) ist die schwächste Form des Vorsatzes, die aber für eine Verurteilung wegen vorsätzlichen Handelns ausreicht. Er liegt vor, wenn der Handelnde den Eintritt des rechtswidrigen Erfolges (hier: die massive Geschwindigkeitsüberschreitung) für möglich hält und ihn billigend in Kauf nimmt. Das bedeutet, er findet sich damit ab, auch wenn ihm der Erfolg vielleicht unerwünscht ist. Im Gegensatz zur bewussten Fahrlässigkeit vertraut er nicht darauf, dass schon nichts passieren wird. Im Text argumentierte das OLG, dass bei 45 km/h zu viel der Fahrer dies bemerkt haben muss und es zumindest in Kauf nahm, so schnell zu sein.


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Rechtsbeschwerde

Die Rechtsbeschwerde ist ein spezielles Rechtsmittel im Ordnungswidrigkeitenverfahren (Bußgeldsachen), geregelt in § 79 des Ordnungswidrigkeitengesetzes (OWiG). Sie ermöglicht die Überprüfung eines Urteils des Amtsgerichts durch das zuständige Oberlandesgericht (OLG). Wichtig ist: Das OLG prüft dabei nur Rechtsfehler, also ob das Gesetz richtig ausgelegt und angewendet wurde. Es findet keine neue Beweisaufnahme zu den Tatsachen statt (wie etwa in einer Berufung im Strafrecht). Im Text legte der Autofahrer Rechtsbeschwerde ein, um das Urteil des Amtsgerichts Nauen überprüfen zu lassen.


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Verletzung materiellen Rechts

Dies ist ein juristischer Grund, um ein Urteil anzufechten, insbesondere bei der Rechtsbeschwerde. Materielles Recht umfasst alle Rechtsnormen, die inhaltlich regeln, was erlaubt oder verboten ist und welche Rechtsfolgen (wie Bußgeld, Strafe) daran geknüpft sind (z.B. die Vorschriften der Straßenverkehrsordnung über Geschwindigkeit oder das Strafgesetzbuch). Eine Verletzung liegt vor, wenn das Gericht diese Normen falsch ausgelegt oder auf den Sachverhalt falsch angewendet hat. Im Gegensatz dazu steht das formelle Recht (Prozessrecht), das den Ablauf des Verfahrens regelt. Der Autofahrer behauptete hier allgemein („pauschal“), das Amtsgericht habe das Recht inhaltlich falsch angewendet.


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Ordnungswidrigkeit

Eine Ordnungswidrigkeit ist eine geringfügige Rechtsverletzung, die im Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) und in vielen Spezialgesetzen (wie der Straßenverkehrsordnung – StVO) geregelt ist. Sie stellt einen Verstoß gegen Verwaltungsvorschriften dar und wird im Gegensatz zu einer Straftat (die im Strafgesetzbuch steht und kriminelles Unrecht darstellt) in der Regel nur mit einer Geldbuße geahndet (§ 1 Abs. 1, § 17 OWiG). Freiheitsstrafen sind hier nicht vorgesehen, höchstens Erzwingungshaft bei Nichtzahlung der Geldbuße. Im Text handelt es sich bei der Geschwindigkeitsüberschreitung um eine solche Ordnungswidrigkeit nach der StVO (§ 24 StVG i.V.m. § 49 StVO).

Beispiel: Typische Ordnungswidrigkeiten sind Falschparken, kleinere Geschwindigkeitsüberschreitungen oder das Wegwerfen von Müll auf die Straße.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 41 Abs. 1 StVO i.V.m. Anlage 2 (Vorschriftzeichen) zur StVO: Diese Normen regeln in Deutschland die verbindliche Anordnung von Geschwindigkeitsbegrenzungen durch Verkehrszeichen. Verkehrsteilnehmer sind verpflichtet, diese Zeichen zu beachten und ihre Geschwindigkeit entsprechend anzupassen, um die Verkehrssicherheit zu gewährleisten. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht bezieht sich auf diese Vorschriften, um festzustellen, dass die Geschwindigkeitsbegrenzung von 100 km/h auf der Autobahn durch beidseitig aufgestellte Verkehrszeichen ordnungsgemäß angeordnet war und für den Betroffenen galt.
  • § 3 Abs. 3 Nr. 2 lit. a BKatV: Dieser Paragraph des Bußgeldkatalogs legt die Sanktionen für Geschwindigkeitsüberschreitungen außerhalb geschlossener Ortschaften fest. Bei einer Überschreitung von 45 km/h sieht der Katalog üblicherweise ein Bußgeld, Punkte im Fahreignungsregister und ein Fahrverbot vor. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Amtsgericht Nauen hat auf Basis dieser Vorschrift ein Bußgeld von 320 € und ein einmonatiges Fahrverbot verhängt, da der Betroffene die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 45 km/h überschritten hatte.
  • § 3 Abs. 1 OWiG: Diese Vorschrift definiert den Begriff der Ordnungswidrigkeit und legt fest, dass eine Handlung, die den Tatbestand eines Gesetzes verwirklicht und mit Geldbuße bedroht ist, eine Ordnungswidrigkeit darstellt. Geschwindigkeitsüberschreitungen im Straßenverkehr sind typische Ordnungswidrigkeiten. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Geschwindigkeitsüberschreitung des Betroffenen wird als Ordnungswidrigkeit gemäß OWiG eingestuft, was die Grundlage für die Verfolgung und Ahndung durch Bußgeldbehörden und Gerichte bildet.
  • § 25 Abs. 1 StVG: Diese Norm regelt die Anordnung eines Fahrverbots als Nebenfolge einer Ordnungswidrigkeit im Straßenverkehr, insbesondere bei groben oder wiederholten Verstößen. Ein Fahrverbot soll als erzieherische Maßnahme dienen und die Verkehrssicherheit erhöhen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Amtsgericht hat neben dem Bußgeld ein Fahrverbot von einem Monat angeordnet, was die einschneidende Konsequenz der Geschwindigkeitsüberschreitung für den Betroffenen darstellt. Die Gestaltungsmöglichkeit nach § 25 Abs. 2 StVG wurde eingeräumt, um dem Betroffenen eine gewisse Flexibilität bei der Verbotsfrist zu geben.
  • § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG i.V.m. § 349 Abs. 2 StPO: Diese Vorschriften bilden die Grundlage für die Entscheidung des Oberlandesgerichts, die Rechtsbeschwerde des Betroffenen als offensichtlich unbegründet zu verwerfen. Sie regeln das Verfahren der Rechtsbeschwerde in Ordnungswidrigkeitensachen und ermöglichen eine schnelle Entscheidung bei aussichtslosen Rechtsmitteln. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das OLG Brandenburg hat die Rechtsbeschwerde des Betroffenen ohne weitere Begründung verworfen, da es keine Rechtsfehler im Urteil des Amtsgerichts Nauen erkennen konnte und die Rechtsbeschwerde somit keine Aussicht auf Erfolg hatte.

Hinweise und Tipps

Praxistipps für Autofahrer bei erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitungen

Schnell ist es passiert: Auf der Autobahn kurz unaufmerksam gewesen oder das Tempolimit übersehen – und schon blitzt es. Besonders ärgerlich wird es, wenn die Überschreitung sehr hoch ausfällt. Ein aktuelles Urteil zeigt, dass dies gravierende Folgen haben kann.

Hinweis: Diese Praxistipps stellen keine Rechtsberatung dar. Sie ersetzen keine individuelle Prüfung durch eine qualifizierte Kanzlei. Jeder Einzelfall kann Besonderheiten aufweisen, die eine abweichende Einschätzung erfordern.

Tipp 1: Hohe Geschwindigkeitsüberschreitung? Rechnen Sie mit Vorsatz!
Wer das Tempolimit massiv überschreitet (im Beispielfall waren es 45 km/h nach Toleranzabzug auf der Autobahn), muss damit rechnen, dass die Behörde oder das Gericht nicht mehr von einfacher Fahrlässigkeit (einem Versehen) ausgeht, sondern Vorsatz unterstellt. Das bedeutet, man geht davon aus, dass Sie die hohe Geschwindigkeit bewusst in Kauf genommen haben. Dies kann zu härteren Konsequenzen führen, auch wenn sich im konkreten Fall die Geldbuße und das Fahrverbot dadurch nicht änderten.


Tipp 2: Einspruch bei hoher Überschreitung gut überlegen.
Legen Sie gegen einen Bußgeldbescheid wegen einer sehr hohen Geschwindigkeitsüberschreitung Einspruch ein, kann das Gericht im Verfahren die Tat anders bewerten als ursprünglich im Bescheid. Stuft das Gericht die Tat – anders als die Bußgeldstelle – als vorsätzlich statt nur fahrlässig ein, kann dies Ihre Position verschlechtern, selbst wenn der Einspruch ansonsten keinen Erfolg hat.

⚠️ ACHTUNG: Ein Rechtsmittel wie der Einspruch oder die Rechtsbeschwerde kann dazu führen, dass eine ursprünglich als fahrlässig eingestufte Tat im Ergebnis als Vorsatztat gewertet wird. Lassen Sie die Erfolgsaussichten und Risiken vorab anwaltlich prüfen.


Tipp 3: Bewusstsein für Geschwindigkeit und Limits schärfen.
Die Annahme von Vorsatz stützt sich oft darauf, dass eine derart hohe Überschreitung dem Fahrer hätte auffallen müssen (Tachoanzeige, Fahrgeräusche, Geschwindigkeit anderer Fahrzeuge). Achten Sie daher stets bewusst auf die geltenden Tempolimits und Ihre tatsächliche Geschwindigkeit, um gar nicht erst in den Bereich einer massiven Überschreitung zu kommen.


Tipp 4: Bei Vorsatzvorwurf: Anwaltlichen Rat einholen.
Wird Ihnen in einem Bußgeldverfahren Vorsatz vorgeworfen (entweder direkt im Bescheid oder im Laufe eines Einspruchsverfahrens), sollten Sie die Situation unbedingt durch einen auf Verkehrsrecht spezialisierten Anwalt prüfen lassen. Die Abgrenzung zwischen Fahrlässigkeit und Vorsatz ist juristisch komplex und hat erhebliche Bedeutung für die Verteidigungsmöglichkeiten und potenziellen Folgen.

Weitere Fallstricke oder Besonderheiten?
Der entscheidende Punkt ist, dass Gerichte bei erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitungen (Faustregel: oft ab ca. 40% oder absolut hohen Werten wie hier 45 km/h zu viel) eher dazu neigen, Vorsatz anzunehmen. Es kommt nicht mehr nur darauf an, ob Sie zu schnell waren, sondern wie sehr – weil das Rückschlüsse auf Ihre innere Einstellung zulässt. Die Verteidigung „Ich habe es nicht gemerkt“ wird dann deutlich schwieriger.

✅ Checkliste: Erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung

  • Höhe der Überschreitung prüfen: Liegt die gemessene Geschwindigkeit (nach Toleranzabzug) deutlich über dem Limit (z.B. 40 km/h oder mehr)?
  • Vorsatzvorwurf im Bescheid? Prüfen Sie genau, ob Ihnen Fahrlässigkeit oder Vorsatz vorgeworfen wird.
  • Risikoabwägung bei Einspruch: Bedenken Sie das Risiko, dass ein Gericht im Einspruchsverfahren Vorsatz annimmt, auch wenn die Behörde nur von Fahrlässigkeit ausging.
  • Argumente gegen Vorsatz? Gibt es besondere Umstände, die erklären könnten, warum Ihnen die hohe Geschwindigkeit nicht bewusst war (z.B. unübersichtliche Beschilderung, kurzfristiger technischer Defekt am Tacho)?
  • Rechtsberatung einholen: Bei hohen Überschreitungen und/oder Vorsatzvorwurf ist eine anwaltliche Beratung zur Einschätzung der Lage und der Optionen ratsam.

Das vorliegende Urteil


OLG Brandenburg – Beschluss vom 14.02.2025 – Az.: 1 ORbs 280/24


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