Skip to content
Menü

Ende einer Dauerordnungswidrigkeit

Verkehrsrecht: Polizeikontrollen, Vollrausch und Doppelbestrafungsverbot

In einem Beschluss vom 27. Februar 2023 hat das Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt die Rechtsbeschwerde eines Betroffenen gegen ein Urteil des Amtsgerichts Eisleben abgewiesen. Der Betroffene hatte gegen die 0,5 Promille-Grenze verstoßen und wurde dafür mit einem Bußgeld belegt. Das Gericht bestätigte, dass kein Rechtsfehler vorlag und wies darauf hin, dass trotz einer zwischenzeitlichen Polizeikontrolle und anschließender Fortsetzung der Fahrt kein Verstoß gegen das Doppelbestrafungsverbot vorlag. Der Fall betont die Bedeutung von Tatmehrheit und die Konsequenzen von Alkoholkonsum im Straßenverkehr.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 1 ORbs 43/23 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

  1. Das Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt bestätigte das Urteil des Amtsgerichts Eisleben, das einen Betroffenen wegen Alkoholkonsums im Straßenverkehr zur Verantwortung zog.
  2. Eine Rechtsbeschwerde gegen dieses Urteil wurde abgelehnt, da keine Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen festgestellt wurden.
  3. Trotz der zwischenzeitlichen Polizeikontrolle und der Annahme, der Alkohol hätte sich abgebaut, fällte das Gericht ein Urteil basierend auf dem Fortsetzen der Fahrt und dem bedingten Vorsatz des Betroffenen.
  4. Der Fall unterstreicht, dass Unterbrechungen einer Fahrt unter Alkoholeinfluss nicht zwingend zu einer Aufspaltung in selbstständige Taten führen.
  5. Der Betroffene wurde auf die Rechtskraft des Beschlusses hingewiesen, einschließlich der Konsequenzen eines nicht eingehaltenen Fahrverbots.
  6. Die Entscheidung verdeutlicht die strengen Regeln bezüglich Alkoholkonsum im Verkehr und die Bedeutung des § 24a StVG.
  7. Die Bedeutung von Tatmehrheit im Zusammenhang mit Dauerstraftaten und die Grenzen des Doppelbestrafungsverbots wurden erläutert.
  8. Der Fall zeigt auf, wie wichtig es ist, nach einer Polizeikontrolle keine Fahrt unter Alkoholeinfluss fortzusetzen.

Ende einer Dauerordnungswidrigkeit – ein Begriff, der im juristischen Kontext eine spezielle Bedeutung hat. Doch was genau versteht man darunter? Laut Strafrecht gilt eine Tat oft nicht als abgeschlossen, wenn sie nur kurzzeitig unterbrochen wurde. Diese Regelung wird bei so genannten Dauerdelikten angewendet. In solchen Fällen kann also eine Tat über einen längeren Zeitraum mit nur kurzen Unterbrechungen begangen werden. Am Ende begangener Taten steht laut Gesetz oft eine Sanktion, ein Bußgeld oder strafrechtliche Konsequenzen. Die Thematik ist komplex und betrifft viele Menschen, die mit Dauerordnungswidrigkeiten konfrontiert werden.

Der Auslöser: Zwei Promilleverstöße in einer Nacht

Im Zentrum dieses Falles steht die rechtliche Auseinandersetzung um zwei Alkoholverstöße im Straßenverkehr, die sich innerhalb weniger Stunden ereigneten. Der Betroffene wurde zunächst am Abend des 28. Januar 2022 für das Überschreiten der 0,5 Promille-Grenze mit einem Bußgeldbescheid belegt. Nur wenige Stunden später, in der Frühe des 29. Januars, fiel derselbe Fahrer erneut auf – diesmal mit einem Alkoholwert von 0,84 Promille. Diese aufeinanderfolgenden Verstöße riefen die Frage hervor, ob es sich um eine fortgesetzte Handlung oder um zwei unabhängige Ordnungswidrigkeiten handelt.

Die juristische Herausforderung: Dauerordnungswidrigkeit und Doppelbestrafung

Die Kernfrage des Falles drehte sich um das Konzept der Dauerordnungswidrigkeit und das Verbot der Doppelbestrafung. Bei Dauerdelikten, die über einen längeren Zeitraum hinweg begangen werden, ohne durch signifikante Unterbrechungen getrennt zu sein, wird üblicherweise von einer einzigen Tat ausgegangen. Dies wirft bei aufeinanderfolgenden Alkoholverstößen im Straßenverkehr komplexe rechtliche Fragen auf, insbesondere wenn es um die Bewertung von Unterbrechungen und die Annahme neuer Tatentschlüsse geht.

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Sachsen-Anhalt

Das Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt bestätigte die Ansicht des Amtsgerichts Eisleben, dass es sich bei den beiden Verstößen um separate Taten handelte. Trotz der kurzen Zeitspanne zwischen den Verstößen sah das Gericht eine wesentliche Zäsur, die durch das Verhalten des Betroffenen nach der ersten Polizeikontrolle gegeben war. Insbesondere die Fortsetzung der Fahrt zu einer Geburtstagsfeier nach der vorherigen polizeilichen Maßnahme wurde als neuer Tatentschluss gewertet. Dies führte zur Ablehnung der Rechtsbeschwerde gegen das ursprüngliche Urteil und zur Bestätigung der separaten Ahndung der beiden Alkoholverstöße.

Die Begründung des Gerichts

Die Gerichtsbegründung hob hervor, dass die polizeilichen Maßnahmen nach dem ersten Verstoß (einschließlich Atemalkoholkontrolle und Blutentnahme) dem Betroffenen sein Fehlverhalten deutlich vor Augen geführt hatten. Dennoch entschied er sich, seine Fahrt fortzusetzen. Diese Entscheidung, kombiniert mit der Missachtung der gesetzlichen 0,5 Promille-Grenze, begründete nach Ansicht des Gerichts einen neuen Tatentschluss. Das Gericht betonte weiter, dass die Annahme, wieder fahrtüchtig zu sein, den Betroffenen nicht entlaste, da der Alkoholabbau in der kurzen Zeit nicht ausreichend gewesen sein konnte.

In einem knappen Schlusswort bestätigte das Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt die Entscheidung des Amtsgerichts Eisleben. Die detaillierte Auseinandersetzung mit den Umständen des Falles und die Anwendung der rechtlichen Grundsätze zu Dauerordnungswidrigkeiten und Doppelbestrafung verdeutlichen die Komplexität solcher Verfahren im Verkehrsrecht. Die Entscheidung unterstreicht die Notwendigkeit, jeden Fall individuell zu betrachten und dabei sowohl die rechtlichen Rahmenbedingungen als auch die spezifischen Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen.

✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt

Was versteht man unter einer Dauerordnungswidrigkeit?

Eine Dauerordnungswidrigkeit bezieht sich auf Handlungen oder Zustände, die über einen längeren Zeitraum hinweg andauern und dabei gegen gesetzliche Vorschriften verstoßen. Im Gegensatz zu einmaligen Ordnungswidrigkeiten, bei denen der rechtswidrige Akt zu einem bestimmten Zeitpunkt stattfindet, zeichnen sich Dauerordnungswidrigkeiten dadurch aus, dass der Täter einen durch die Verwirklichung des Bußgeldtatbestandes geschaffenen rechtswidrigen Zustand aufrechterhält oder eine bußgeldbewehrte Tätigkeit ununterbrochen fortsetzt. Dies bedeutet, dass der Vorwurf sich sowohl auf die Herbeiführung als auch auf die Aufrechterhaltung des rechtswidrigen Zustandes bezieht.

Ein Beispiel für eine Dauerordnungswidrigkeit ist die vorschriftswidrige Nichtanmeldung eines Fahrzeuges zur Hauptuntersuchung. Solche Ordnungswidrigkeiten können über Wochen, Monate oder sogar Jahre andauern, bis sie durch einen rechtskräftigen Bußgeldbescheid oder ein tatrichterliches Urteil beendet werden. Die Besonderheit bei Dauerordnungswidrigkeiten liegt darin, dass kurze Unterbrechungen der rechtswidrigen Handlung oder des Zustandes nicht dazu führen, dass mehrere separate Ordnungswidrigkeiten angenommen werden. Stattdessen bleibt es bei einer einzigen fortlaufenden Ordnungswidrigkeit, bis eine rechtliche Entscheidung die Zäsurwirkung einleitet und den rechtswidrigen Zustand beendet.

In der Praxis bedeutet dies, dass bei der Ahndung von Dauerordnungswidrigkeiten nicht nur die ursprüngliche Herbeiführung des rechtswidrigen Zustandes, sondern auch dessen Aufrechterhaltung berücksichtigt wird. Dies kann zu höheren Bußgeldern führen, da der fortgesetzte Verstoß gegen gesetzliche Vorschriften als schwerwiegender angesehen wird als eine einmalige Ordnungswidrigkeit.

Wie wird das Doppelbestrafungsverbot im Verkehrsrecht angewendet?

Wenn ein Betroffener gegen die Anordnung einer MPU vorgehen möchte, stehen ihm verschiedene rechtliche Schritte zur Verfügung. Zunächst ist es wichtig zu verstehen, dass die Anordnung zur MPU selbst nicht direkt angefochten werden kann, da sie keinen eigenständigen Verwaltungsakt darstellt. Stattdessen ist die MPU eine Aufforderung der Behörde, die als Vorbereitungshandlung für eine mögliche Entscheidung über die Fahrerlaubnis gilt.

### Vorgerichtliche Schritte
Bevor gerichtliche Schritte eingeleitet werden, sollte geprüft werden, ob die MPU-Anordnung rechtlich beanstandet werden kann. Ein erfahrener MPU-Berater kann in den meisten Fällen beurteilen, ob die Anordnung rechtmäßig ist. Sollte sich der Verdacht erhärten, dass die Anordnung unrechtmäßig ist, kann der Betroffene seine Bedenken schriftlich zusammenfassen und der Fahrerlaubnisbehörde mitteilen. Dabei kann die Unterstützung durch einen seriösen und erfahrenen MPU-Berater oder Anwalt hilfreich sein.

### Gerichtliche Schritte
Rechtliche Schritte gegen eine fehlerhafte MPU-Anordnung können erst eingeleitet werden, wenn ein behördlicher Entzugsbescheid vorliegt. Gegen diesen Bescheid kann dann Klage eingereicht werden, wobei im Rahmen der Klage auch die Rechtmäßigkeit der MPU-Anordnung überprüft wird. Es ist jedoch zu beachten, dass die Erfolgsaussichten für eine Klage gegen die MPU-Anordnung oder ein negatives MPU-Gutachten als sehr gering eingeschätzt werden.

### Anfechtung der Fristsetzung
In manchen Fällen kann es sinnvoll sein, die gesetzte Frist zur Vorlage des Fahreignungsgutachtens anzufechten, insbesondere wenn es um den Entzug der Fahrerlaubnis geht.

### Anfechtung eines negativen MPU-Gutachtens
Ein negatives MPU-Gutachten kann theoretisch angefochten werden, wenn nachgewiesen werden kann, dass bei der Begutachtung Fehler gemacht wurden. Dies erfordert jedoch handfeste Beweise und ist in der Praxis oft schwierig durchzusetzen.

### Zusammenarbeit mit Anwalt und Verkehrspsychologe
In einigen Fällen kann es sinnvoll sein, parallel mit einem Anwalt und einem Verkehrspsychologen zu arbeiten, um sowohl die rechtlichen als auch die psychologischen Aspekte der MPU-Vorbereitung zu adressieren.

Es ist ratsam, dass sich Betroffene frühzeitig rechtlichen Rat einholen, um ihre Optionen zu verstehen und angemessen auf die MPU-Anordnung zu reagieren. Ein Anwalt für Verkehrsrecht kann dabei helfen, die Situation zu bewerten und die nächsten Schritte zu planen.

Was sind die Folgen einer erneuten Fahrt unter Alkoholeinfluss nach einer Polizeikontrolle?

Die rechtlichen Folgen einer erneuten Fahrt unter Alkoholeinfluss nach einer Polizeikontrolle können erheblich sein, insbesondere wenn es sich um eine Wiederholungstat handelt. Generell wird bei Alkohol am Steuer zwischen Ordnungswidrigkeiten und Straftaten unterschieden, wobei die Grenzen durch den gemessenen Promillewert und das Vorliegen von Ausfallerscheinungen oder Unfällen bestimmt werden.

Bei einer erneuten Fahrt unter Alkoholeinfluss nach einer Polizeikontrolle gelten die Betroffenen als Wiederholungstäter. Für Wiederholungstäter im Verkehrsrecht sind deutlich härtere Strafen vorgesehen. Die Strafen können von Geldstrafen bis zu Freiheitsstrafen reichen, abhängig vom festgestellten Promillewert und den Umständen der Tat. Bei einer Wiederholungstat mit Alkohol am Steuer ist mit deutlich höheren Strafen zu rechnen.

Zusätzlich kann im Falle eines durch die Alkohol- oder Drogenfahrt verursachten Unfalls eine Anklage wegen fahrlässiger Körperverletzung oder sogar Tötung erfolgen. Die rechtlichen Konsequenzen können also von Geld- und Freiheitsstrafen bis hin zu zivilrechtlichen Forderungen reichen.

Eine weitere wichtige Konsequenz ist die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU), die oft bei Wiederholungstätern angeordnet wird. Die MPU dient der Überprüfung der Fahreignung und schließt ein Gespräch mit einem Psychologen, medizinische Untersuchungen und einen Reaktionstest ein. Empirische Studien haben gezeigt, dass rund ein Drittel der Teilnehmer die MPU nicht sofort bestehen.

Es ist auch zu beachten, dass die Führerscheinstelle nach einem erneuten Verstoß die Fahrerlaubnis entziehen kann. Dies bedeutet, dass der Betroffene seinen Führerschein verliert und ihn erst nach einer erfolgreichen MPU und der Erfüllung weiterer Voraussetzungen wiedererlangen kann.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die rechtlichen Folgen einer erneuten Fahrt unter Alkoholeinfluss nach einer Polizeikontrolle gravierend sein können und von hohen Geldstrafen über Freiheitsstrafen bis hin zum Führerscheinentzug und der Anordnung einer MPU reichen können.

§ Wichtige Gesetze und Paragraphen in diesem Urteil

  • § 46 Abs. 1 OWiG (Ordnungswidrigkeitengesetz): Regelt das Verfahren bei Ordnungswidrigkeiten. Im Kontext des Urteils bezieht sich dies auf die Verpflichtung des Betroffenen, die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
  • § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO (Strafprozessordnung): Legt fest, dass die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten dem Staatskassen zu erstatten sind, wenn das Verfahren eingestellt wird oder der Angeklagte freigesprochen wird. Im vorliegenden Fall bezieht es sich auf die Kostenpflicht des Betroffenen.
  • § 24a Abs. 1 StVG (Straßenverkehrsgesetz): Definiert die Promillegrenzen und die damit verbundenen Sanktionen im Straßenverkehr. Relevant für die Beurteilung des Alkoholverstoßes des Betroffenen.
  • § 142 StGB (Strafgesetzbuch): Betrifft das unerlaubte Entfernen vom Unfallort. Im Urteil wird darauf Bezug genommen, um die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Bewertung einer Zäsur und eines neuen Tatentschlusses zu diskutieren.
  • § 25 Abs. 2a StVG: Regelung zum Fahrverbot. Bestimmt, dass ein Fahrverbot erst mit der amtlichen Verwahrung des Führerscheins wirksam wird. Dies ist relevant für die Rechtsfolgen, die dem Betroffenen im Urteil mitgeteilt werden.
  • § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG: Definiert die Strafbarkeit des Fahrens ohne Fahrerlaubnis. Im Urteil wird darauf hingewiesen, dass sich der Betroffene strafbar macht, wenn er nach Ablauf der Frist zur Abgabe des Führerscheins weiterhin ein Fahrzeug führt.


Das vorliegende Urteil

Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt – Az.: 1 ORbs 43/23 – Beschluss vom 27.02.2023

Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Eisleben vom 07. November 2022 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Rechtsbeschwerdebegründung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben hat.

Der Betroffene hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen (§§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 Satz 1 StPO).

Gründe

Hingewiesen wird lediglich auf Folgendes:

Das Amtsgericht hat zu Recht Tatmehrheit zwischen dem mit Bußgeldbescheid vom 21. April 2022 geahndeten Verstoß gegen die 0,5 Promille-Grenze am 28. Januar 2022 gegen 22:42 Uhr und dem dem Urteil des Amtsgerichts Eisleben vom 07. November 2022 zugrundliegenden Verstoß gegen die 0,5 Promille-Grenze am 29. Januar 2022 um 0:15 Uhr angenommen und damit zutreffend einen Verstoß gegen das Doppelbestrafungsverbot abgelehnt. Zwar ist bei Dauerstraftaten im Straßenverkehr anerkannt, dass die Tat erst nach Abschluss einer von vornherein für einen längeren Zeitraum geplanten Fahrt endet und nicht durch kürzere Unterbrechungen in selbständige Taten aufgespalten wird (BGH, Beschluss vom 7. November 2003, 4 StR 438/03; Beschluss vom 12. August 2015, 4 StR 14/15; Beschluss vom 17. November 2020, 4 StR 390/20; OLG Hamm, Beschluss vom 27. Juni 2017, III-4 RVs 75/17 – alle zitiert nach juris; Fischer, StGB, 70. Aufl., § 52 Rn 3). Dieser Grundsatz ist aber bei Vorliegen einer Zäsur einzuschränken, wenn etwa derjenige, der entgegen einer gesetzlichen Warteverpflichtung, wie sie sich aus § 142 StGB ergibt, weiterfährt und einen neuen Tatentschluss fasst (BGH, Urteil vom 17. Februar 1967, 4 StR 461/66, BGHSt 21, 203-206; OLG Hamm, Beschluss vom 2. Dezember 2008, 4 Ss 466/08 – zitiert nach juris). Hinsichtlich einem Fortsetzen der Fahrt nach einer Polizeikontrolle ist teilweise angenommen worden, dass gleichwohl eine Tat vorliegt, wenn jedenfalls die Polizeikontrolle nicht die eigentliche Tat, etwa das Fahren ohne Fahrerlaubnis, zum Gegenstand hatte (OLG Hamm, Beschluss vom 27. Juni 2017, III-4 RVs 75/17; LG Potsdam, Urteil vom 4. Dezember 2008, 27 Ns 116/08 – alle zitiert nach juris). Andererseits wurde vertreten, dass ein zunächst regelkonformes Verhalten nach der Polizeikontrolle (Schieben des Mofas über eine längere Strecke) und späteres Fortsetzen der Fahrt einen neuen Tatentschluss begründet (AG Lüdinghausen, Urteil vom 2. Februar 2010, 9 Ds 82 Js 8979/09 – 186/09 – zitiert nach juris).

Vorliegend hat der Betroffene jedenfalls nach der Polizeikontrolle und der um 22:42 Uhr durchgeführten Atemalkoholkontrolle, die einen Wert von 0,84 Promille ergab, dem Verbringen des Betroffenen auf das Polizeirevier und anschließend zur Blutentnahme in die … -Klinik, mit dem Fortsetzen der Fahrt zu der Geburtstagsfeier eines Bekannten einen neuen Tatentschluss gefasst. Die polizeilichen Maßnahmen hatten dem Betroffenen eindrücklich sein Fehlverhalten, nämlich den Verstoß gegen die 0,5 Promille-Grenze vor Augen geführt. Zudem hatte die polizeiliche Maßnahme den ursprünglichen Plan des Betroffen, zu der Geburtstagsfeier zu fahren, gehörig durcheinandergebracht, so dass von einem schlichten Fortsetzen der ursprünglich beabsichtigten Fahrt schon nicht ausgegangen werden kann. Schließlich hat die polizeiliche Maßnahme, während der der Betroffene die Polizeibeamten als „Bulle“, „Fotze“ und „Spast“ bezeichnete, wenn auch das Verfahren wegen Beleidigung nach § 153a Abs. 2 StPO inzwischen eingestellt ist, einige Zeit in Anspruch genommen, zumal der Betroffene vom Polizeirevier noch etwa zwanzig Minuten zu seinem Fahrzeug laufen musste, nachdem er das Angebot der Polizeibeamten, ihn nach Hause zu fahren, abgelehnt hatte. Zudem hatte der Atemalkoholschnelltest einen Wert von 0,84 Promille ergeben, der deutlich über dem Grenzwert des § 24a Abs. 1 StVG lag, so dass die Annahme des Vorliegens eines bedingten Vorsatzes bei Wiederantritt der Fahrt nach der Entlassung aus dem Gewahrsam etwa eine Stunde nach Beginn der polizeilichen Maßnahme nicht ferngelegen hätte. Die Annahme des Betroffenen, er sei wieder fahrtüchtig, weil sein Körper in der Zeit der polizeilichen Maßnahme Alkohol abgebaut hätte, spricht wegen der im Hinblick auf den Alkoholabbau relativ kurzen Zeitdauer und dem jedenfalls zu diesem Zeitpunkt bekannten Wert aus dem Alkohol-Schnelltest nicht dagegen, dass der Betroffene den Verstoß gegen die 0,5 Promille-Grenze billigend in Kauf genommen hat. Die Annahme einer fahrlässigen Begehungsweise durch das Amtsgericht beschwert den Betroffenen indes nicht und war hier – wegen einer fehlenden Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft – ohne Belang.

Der Betroffene wird auf Folgendes hingewiesen:

Die Bußgeldentscheidung ist mit Erlass dieses Beschlusses rechtskräftig geworden. Das Fahrverbot wird erst wirksam, wenn der Führerschein in amtliche Verwahrung gegeben wird; das muss binnen vier Monaten vom Datum dieses Beschlusses an gerechnet geschehen (§ 25 Abs. 2a StVG). Die Fahrverbotsfrist beginnt mit dem Tag der Abgabe des Führerscheins (§ 25 Abs. 5 Satz 1 StVG). Der Betroffene macht sich des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG strafbar, wenn er nach Ablauf von vier Monaten seinen Führerschein nicht in amtliche Verwahrung gegeben hat und gleichwohl im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt. Das gilt auch für führerscheinfreie Kraftfahrzeuge.

 

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Haben Sie einen Bußgeldbescheid erhalten?

Mit unserer Hilfe teure Bußgelder und Fahrverbote vermeiden!

Wir überprüfen Ihren Bußgeldbescheid kostenlos und unverbindlich auf Fehler und die Möglichkeit eines Einspruchs.
Blitzer Bußgeld prüfen

Rechtstipps aus dem Verkehrsrecht

Urteile über Bußgeld und Ordnungswidrigkeiten

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!