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Fahrerlaubnisentziehung – 150 ng/ml THC-COOH im Blut regelmäßiger Cannabiskonsum

Fahrerlaubnis und regelmäßiger Cannabiskonsum: Eine rechtliche Betrachtung

Der Fall, der vor dem Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein verhandelt wurde, dreht sich um die Entziehung der Fahrerlaubnis aufgrund von regelmäßigem Cannabiskonsum. Im Zentrum des Falles steht die Frage, ob ein gemessener Wert von 150 ng/ml THC-COOH im Blut als Indikator für regelmäßigen Cannabiskonsum angesehen werden kann und welche rechtlichen Konsequenzen dies für den Führerscheininhaber hat.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 5 MB 2/20 >>>

Die Beschwerde und ihre Ablehnung

Der Antragsteller legte Beschwerde gegen einen Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts ein. Dieses hatte zuvor entschieden, dass das öffentliche Interesse an der sofortigen Entziehung der Fahrerlaubnis überwiegt. Grundlage für diese Entscheidung war der Nachweis von regelmäßigem Cannabiskonsum durch den gemessenen THC-COOH-Wert im Blut des Antragstellers. Das Oberverwaltungsgericht wies die Beschwerde zurück und bestätigte die Entscheidung des Verwaltungsgerichts.

Die rechtliche Grundlage

Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG in Verbindung mit § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV muss die Fahrerlaubnis entzogen werden, wenn der Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen gilt. Ein solcher Fall liegt vor, wenn der Fahrer regelmäßig Cannabis konsumiert. Die Frage, was als „regelmäßiger Konsum“ gilt, ist hierbei zentral.

Die Beweisführung und ihre Kritik

Das Verwaltungsgericht stützte seine Entscheidung auf die Ergebnisse einer Blutprobe des Antragstellers. Diese zeigte einen THC-COOH-Wert von 250 ng/ml. Ein Wert von 150 ng/ml wird allgemein als Hinweis auf regelmäßigen Cannabiskonsum interpretiert. Der Antragsteller argumentierte jedoch, dass er kein regelmäßiger Konsument sei. Er konnte jedoch nicht überzeugend darlegen, warum trotz des hohen THC-COOH-Wertes in seinem Blut kein regelmäßiger Konsum vorliegen sollte.

Die Bedeutung für den Straßenverkehr

Das Gericht betonte, dass die Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs von höchster Bedeutung ist. Selbst wenn die Entziehung der Fahrerlaubnis erhebliche wirtschaftliche und persönliche Folgen für den Betroffenen hat, muss das Risiko, das von ungeeigneten Verkehrsteilnehmern ausgeht, minimiert werden. Das Wohl und die Sicherheit der Allgemeinheit stehen hierbei im Vordergrund.

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Das vorliegende Urteil

Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein – Az.: 5 MB 2/20 – Beschluss vom 14.02.2020

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts – 3. Kammer, Einzelrichter – vom 17. Dezember 2019 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 17. Dezember 2019 ist unbegründet.

Nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO muss die Beschwerde die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts abzuändern oder aufzuheben ist und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Dabei prüft das Beschwerdegericht nur die dargelegten Gründe, § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO. Das Beschwerdegericht trifft insoweit keine eigene, originäre Entscheidung, sondern ist nur zur Überprüfung der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung anhand des Beschwerdevortrages befugt (vgl. OVG Schleswig, Beschluss vom 2. Juni 2014 – 4 MB 27/14 – m.w.N.).

Das Verwaltungsgericht ist zu der Auffassung gelangt, dass nach der nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmenden Interessenabwägung, das öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung der vom Antragsgegner angeordneten Entziehung der Fahrerlaubnis vom 5. Juli 2019 gegenüber dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers überwiege, weil die Entziehung der Fahrerlaubnis auf der Grundlage des § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV offensichtlich rechtmäßig sei. Nach Nr. 9.2.1 i.V.m. Vorbemerkung Nr. 3 der Anlage 4 zur FeV werde ein Kraftfahrer, der regelmäßig Cannabis einnehme, im Regelfall als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen sein. Es sei aufgrund der bei der Untersuchung der Blutprobe des Antragstellers vom 19. März 2019 im Bericht des UKSH vom 13. Mai 2019 festgestellten Werte davon auszugehen, dass es sich bei dem Antragsteller im Sinne der Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur FeV um einen regelmäßigen Konsumenten von Cannabis handele. Die Fahrungeeignetheit habe demnach nach § 11 Abs. 7 FeV festgestanden und die Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zur weiteren Aufklärung sei nicht notwendig gewesen. Das öffentliche Vollzugsinteresse überwiege auch unter Berücksichtigung der beruflichen und persönlichen Folgen für den Antragsteller. Denn selbst erhebliche Folgen für die wirtschaftliche Existenzgrundlage müsse der Betroffene angesichts des von ungeeigneten Verkehrsteilnehmern ausgehenden besonderen Risikos für die Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs zum Schutz vor erheblichen Gefahren für Leib und Leben anderer hinnehmen.

Die zur Begründung der Beschwerde dargelegten Gründe stellen das Ergebnis des angefochtenen Beschlusses im Ergebnis nicht in Frage.

Rechtsgrundlage für die Entziehung der Fahrerlaubnis des Antragstellers ist zutreffend § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV. Danach hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich ihr Inhaber als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Ein solcher Fall liegt gemäß § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV insbesondere dann vor, wenn Erkrankungen oder Mängel im Sinne der Anlage 4 der FeV vorliegen. Nach Nr. 9.2.1 i.V.m. der Vorbemerkung Nr. 3 der Anlage 4 zur FeV wird ein Kraftfahrer, der regelmäßig Cannabis einnimmt, im Regelfall als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen angesehen.

Soweit der Antragsteller vorträgt, dass er kein regelmäßiger Konsument von Cannabis sei, weil dies einen täglichen oder nahezu täglichen Cannabiskonsum voraussetze, was bei ihm nicht der Fall sei, setzt er sich bereits nicht ausreichend mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts auseinander. Das Verwaltungsgericht hat zur Begründung der Feststellung, dass ein regelmäßiger Cannabiskonsum vorliege, auf die Ergebnisse der Blutprobe vom 19. März 2019 verwiesen. Danach betrug die Konzentration des THC-Abbauproduktes THC-COOH im Blut des Antragstellers 250 ng/ml. Das Verwaltungsgericht hat hierzu festgestellt, dass jedenfalls ab einer Konzentration des THC-Metaboliten THC-COOH von 150 ng/ml im Blutserum aufgrund von gesicherter, auf rechtsmedizinischen Untersuchungen beruhender Erkenntnis von einem regelmäßigen Cannabiskonsum auszugehen sei. Es hat dabei auf einen Beschluss des Bayrischen Verwaltungsgerichtshof vom 24. April 2019 (11 CS 18.2605 -, juris, Rn. 13) und die darin dargestellte Literatur und Rechtsprechung verwiesen. Die bloße Behauptung des Antragstellers, er konsumiere nicht regelmäßig Cannabis, bietet keine nachvollziehbare Erklärung für den hohen THC-COOH in seinem Blut. Mit den vom Verwaltungsgericht genannten medizinischen Studien und Untersuchungen setzt er sich nicht auseinander und stellt diese schon nicht in Frage.

Der weitere Einwand, wonach das Verwaltungsgericht sich nicht ausreichend mit einer vorgetragenen Abweichung vom Regelfall im Sinne der Vorbemerkung Nr. 3 der Anlage 4 zur FeV auseinandergesetzt habe, greift ebenfalls nicht durch. Zwar gelten die in Anlage 4 zur FeV vorgenommenen Bewertungen nach Nummer 3 der Vorbemerkung nur für den Regelfall und Kompensationen durch besondere menschliche Veranlagung, durch Gewöhnung, durch besondere Einstellung oder durch besondere Verhaltenssteuerungen und Verhaltensumstellungen sind möglich und bei Zweifeln in dieser Hinsicht kann im Einzelfall eine medizinisch-psychologische Begutachtung angezeigt sein. Dabei obliegt es dem Betroffenen durch schlüssigen Vortrag die besonderen Umstände darzulegen und nachzuweisen, die ein Abweichen von der Regelvermutung rechtfertigen sollen (vgl. VGH München, Beschluss vom 31. Mai 2012 – 11 CS 12.807 -, juris, Rn. 8). Vorliegend fehlt es bereits an einem schlüssigen Vortrag über derartige Kompensationsumstände. Soweit der Antragsteller auf seine körperliche Fitness und seine charakterliche Eignung verweist, trägt er nicht vor, welche Eigenschaften und in welcher Weise zu einer Kompensation führten. Sein Vortrag, wonach „alle Anzeichen darauf deuten, dass es sich hier um eine Verhaltensumstellung handelt“ und der „Betroffene bereit ist nachzuweisen, dass seitdem keine Einnahme mehr vorgenommen wurde und auch keine weitere Einnahme droht“, spricht eher dafür, dass er selbst von einer besonderen Steuerungs- und Kompensationsfähigkeit trotz regelmäßigen Cannabiskonsums nicht ausgeht, andernfalls wäre sein Vortrag zur behaupteten Abstinenz nicht notwendig.

Dass seit dem Vorfall am 19. März 2019 nunmehr knapp 11 Monate vergangen sind und der Antragsteller behauptet seitdem abstinent zu leben und zum Nachweis das Ergebnis einer Blutuntersuchung vom 15. August 2019 vorlegt, führt ebenfalls nicht zu einer offensichtlichen Rechtswidrigkeit des angegriffenen Bescheids. Nach Auffassung des erkennenden Senats ist im Rahmen eines Fahrerlaubnisentziehungsverfahrens ohne Beachtung einer „verfahrensrechtlichen“ Jahresfrist bzw. sonstiger starrer zeitlicher Vorgaben grundsätzlich vom Fortbestand einer zuvor festgestellten oder feststellbaren Fahrungeeignetheit auszugehen, solange der materielle Nachweis der Wiedererlangung der Fahreignung aussteht (vgl. Beschluss vom 20. Dezember 2019 – 5 MB 15/19 -, dies ebenfalls vertretend u.a. OVG Münster, Beschluss vom 3. September 2010 – 16 B 382/10 -, juris, Rn. 5 ff.; VGH Mannheim, Beschluss vom 7. April 2014 – 10 S 404/14 -, juris, Rn. 9 ff.; OVG Greifswald, Beschluss vom 19. März 2004 – 1 M 2/04 -, juris, Rn. 30). Ein solcher Nachweis ist bislang nicht erbracht. Der Vortrag des Antragstellers ist nicht geeignet, die Wiedererlangung der Fahreignung anzunehmen. Er hat schon nicht ausreichend vorgetragen bzw. nachgewiesen, dass es bei ihm – wie für die Wiedererlangung der Fahreignung erforderlich – zu einer stabilen Verhaltensänderung gekommen ist und die Drogenabstinenz über einen ausreichend langen Zeitraum besteht (vgl. hierzu VGH Mannheim, Beschluss vom 7. April 2014 – 10 S 404/14 -, juris, Rn. 14). Die einmalige Blutuntersuchung vom 15. August 2019 ist nicht geeignet, einen solchen ausreichend langen Zeitraum der Drogenabstinenz lückenlos zu belegen. Ob für den Nachweis der Wiedererlangung der Fahreignung daneben ein medizinisch-psychologischen Gutachten zu fordern ist und ob der Antragsteller, die Aufforderung zur Beibringung eines derartigen Gutachtens vom 9. September 2019 tatsächlich nicht erhalten hat – wie von ihm behauptet –, kann vor diesem Hintergrund dahinstehen.

Auch die Interessenabwägung des Verwaltungsgerichts, die sich an den mangelnden Erfolgsaussichten der Klage orientiert, ist nicht zu beanstanden. Die Entziehung der Fahrerlaubnis ist angesichts der Gefahren für Leben, körperliche Unversehrtheit und Eigentum anderer Verkehrsteilnehmer durch fahrungeeignete Personen auch unter Berücksichtigung der persönlichen, familiären und beruflichen Folgen für den Betroffenen regelmäßig nicht unverhältnismäßig (vgl. VGH München, Beschluss vom 26. August 2019 – 11 CS 19.1432 -, juris, Rn. 12). Der Antragsteller hat im Beschwerdeverfahren keine besonderen persönlichen oder beruflichen Folgen vorgetragen, die ein Abweichen vom Regelfall rechtfertigten.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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