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Fahrerlaubnisneuerteilung nach strafgerichtlichem Entzug wegen Trunkenheit im Verkehr

VG München – Az.: M 6 K 17.3175 – Urteil vom 11.07.2018

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Durch rechtskräftigen Strafbefehl vom 4. Dezember 2013 wurde dem Kläger unter Anordnung einer Sperrfrist von 7 Monaten für die Wiedererteilung seine Fahrerlaubnis entzogen. Er hatte am …. September 2013 ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr mit einer BAK von 1,41 ‰ geführt; es kam zum Unfall. Wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis wurde der Kläger mit Strafbefehl vom 5. September 2016 zu einer Geldstrafe verurteilt, wobei er am …. Dezember 2015 wiederum unter Alkoholeinfluss am Straßenverkehr teilgenommen hatte (AAK 0.27 ‰).

Der Kläger stellte am …. November 2016 Antrag auf Neuerteilung einer Fahrerlaubnis der Klassen A und B samt Unterklassen, woraufhin die Fahrerlaubnisbehörde der Beklagten von ihm eine MPU forderte.

Das vom Kläger vorgelegte Gutachten der … Begutachtungsstelle vom 3. Februar 2017 kommt zu einem negativen Ergebnis. Es beantwortet die behördliche Fragestellung dahin, es sei zu erwarten, dass der Kläger auch zukünftig ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss führen werde. Beeinträchtigungen, die das sicher Führen eines Kraftfahrzeugs der Gruppe 1 in Frage stellen würden, lägen nicht vor. Zur Begründung ist insbesondere ausgeführt, die Angaben des Klägers zu seinen Konsummengen (2 Bier sollen zu 1,41 ‰ geführt haben) seien unrealistisch. Die Verantwortung für den Unfall schiebe er auf andere und sehe keinerlei Zusammenhang zwischen diesem Geschehen und dem eigenen Alkoholkonsum. Er habe keinerlei Bewusstsein für die eigene Alkoholproblematik entwickelt, obwohl bereits eine hohe Trinkfestigkeit vor dem Hintergrund wiederholter hoher Konsummengen vorgelegen haben müsse. Trotzdem habe sich der Kläger noch fahrtüchtig gefühlt.

Die Behörde hörte den Kläger daraufhin mit Schreiben vom 2. Mai 2017 zur beabsichtigten Ablehnung des Antrags an, wozu sich dieser mit E-Mail ohne Unterschrift vom 24. Mai 2017 äußerte.

Mit Bescheid vom 9. Juni 2017, dem Kläger zugestellt am 13. Juni 2017, lehnte die Beklagte den Antrag auf Neuerteilung einer Fahrerlaubnis ab und begründete dies im Wesentlichen mit dem negativen Gutachten.

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger mit Schreiben vom …. Juli 2017, das am selben Tag einging, Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München und machte darin im Wesentlichen Ausführungen zur aktuellen Gestaltung seines Lebens. Er müsse nicht mehr arbeiten, habe sich entschlossen, in Zukunft südlich der Alpen zu leben und bewältige teilweise sehr große Fahrstrecken auch über die Alpen mittels eines Liegefahrrads, das zur Unterstützung einen E-Motor habe. Der Kläger beantragt sinngemäß den Bescheid der Beklagten vom 9. Juni 2017 aufzuheben.

Unter Aktenvorlage beantragte die Beklagte mit Schriftsatz vom 2. September 2017, eingegangen am 8. September 2017 die Klage abzuweisen.

Sie verteidigt den streitgegenständlichen Bescheid insbesondere unter Hinweis auf das negative Fahreignungsgutachten. Die beiden strafgerichtlichen Verurteilungen zeigten die Unfähigkeit des Klägers, Alkoholkonsum und Teilnahme am motorisierten Straßenverkehr zu trennen.

Nachdem das Gericht mit Verfügung vom 25. Juni 2018 Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 11. Juli 2018 bestimmt hatte, teilte der Kläger mit Schreiben vom …. Juni 2018 mit, am Tag der mündlichen Verhandlung befinde er sich in Süd-Frankreich, um bei einem … zu arbeiten und seinen Geburtstag am …. Juli 2018 zu feiern. Er wolle bis Ende Juli / Anfang August bleiben und bitte daher um Verschiebung des Termins. Das Gericht teilte dem Kläger mit Einwurfeinschreiben vom 4. Juli 2018 mit, der Termin werde nicht aufgehoben. Am 11. Juli 2018 wurde zur Sache mündlich verhandelt, wobei der Kläger nicht erschienen ist.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf Gericht- und Behördenakte sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 11. Juli 2018 ergänzend Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 VwGO).

Entscheidungsgründe

Fahrerlaubnisneuerteilung nach strafgerichtlichem Entzug wegen Trunkenheit im Verkehr
(Symbolfoto: Ground Picture/Shutterstock.com)

1. Über den Rechtsstreit konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung am 11. Juli 2018 entschieden werden, obwohl der Kläger nicht erschienen ist. Er wurde ausweislich der Postzustellungsurkunde am 26. Juni 2018 zum Termin ordnungsgemäß geladen und hat die Ladung ausweislich seines Schreibens vom selben Tag auch erhalten. In der Ladung ist gemäß § 102 Abs. 2 VwGO darauf hingewiesen worden, dass im Falle des Ausbleibens eines der Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden könne. Der Kläger hat gegenüber dem Gericht keine Gründe mitgeteilt, die eine Verlegung des Termins erforderlich gemacht hätten, insbesondere hat er nicht erklärt, weshalb es ihm nicht möglich sein sollte, seine Reise nach Süd-Frankreich zu verschieben. Er hat auch nicht glaubhaft gemacht oder sonst belegt, ob zwischen ihm und dem … eine auf Arbeitsvertrag beruhende Verpflichtung zur Anwesenheit genau zum Termin am 11. Juli 2018 besteht und darüber hinaus nichts dazu vorgetragen, weshalb seine Anwesenheit im Termin erforderlich sein sollte. Das Gericht sah sich daher nicht veranlasst, den anberaumten Termin zu verlegen.

2. Die Klage ist zulässig, bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg. Der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 9. Juni 2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 VwGO analog). Zur Begründung nimmt das Gericht voll inhaltlich Bezug auf die zutreffenden rechtlichen Ausführungen der Beklagten im Bescheid vom 9. Juni 2018 (dort ab S. 3) und macht diese zum Gegenstand der Begründung des vorliegenden Urteils (§ 117 Abs. 5 VwGO). Der Beklagten ist insbesondere in ihrer Einschätzung zuzustimmen, das Gutachten der … vom 3. Februar 2017 sei insgesamt schlüssig und nachvollziehbar und komme zutreffend zu einem für den Kläger negativen Ergebnis. Die vom Gutachter angesprochenen und kritisierten Punkte insbesondere in Bezug auf eine eingehende und glaubhafte Auseinandersetzung des Klägers mit seiner Trinkgeschichte setzen sich im vorliegenden Gerichtsverfahren fort, wo der Kläger hierauf mit keinem Wort eingeht, sondern glauben machen will, die eingetretene Veränderung seiner Lebensführung und Lebensziele würde es problemlos ermöglichen, ihm eine neue Fahrerlaubnis zu erteilen. Dabei ist zunächst festzustellen, dass maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage vorliegend im Falle einer Anfechtungsklage derjenige der Zustellung der letzten Behördenentscheidung ist, somit der 13. Juni 2017, sodass Tatsachen, die nach diesem Zeitpunkt liegen, bei der vorliegenden Entscheidung keine Berücksichtigung finden dürfen. Ob es dem Kläger gelingen könnte, im Rahmen einer neuen Begutachtung glaubhaft und schlüssig darzulegen, er habe sein Leben und seinen Lebensstil grundlegend geändert, was zugleich bedeute, auf Alkoholkonsum entweder ganz zu verzichten oder allenfalls sehr selten Alkohol in kleinen Mengen zu konsumieren, erscheint zwar grundsätzlich nicht völlig ausgeschlossen. Andererseits würde das für sich genommen voraussichtlich nicht genügen, ein positives Gutachtensergebnis zu erzielen, solange sich der Kläger noch nicht eingehend und glaubhaft mit seiner Trinkgeschichte auseinandergesetzt und hieraus die notwendigen Schlussfolgerungen für die Zukunft gezogen hat.

Wollte man – was selbst bei Anlegen des Maßstabs des § 88 VwGO einer Überdehnung des Wortlauts der Klageschrift samt ihrer Begründung gleichkäme – vorliegend annehmen, der Kläger habe nicht nur die Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheids, sondern zugleich die begehrte Neuerteilung einer Fahrerlaubnis im Klagewege erreichen wollen, ändert das im Ergebnis nichts. Denn auch dann gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend. Solange es dem Kläger noch nicht gelungen ist, ein für ihn positives Fahreignungsgutachten beizubringen, kann und wird ihm die Behörde die begehrte Fahrerlaubnis nicht erteilten. Darüber hinaus ist fraglich, ob es bei der bisherigen behördlichen Fragestellung sein Bewenden haben kann oder ob im vorliegenden Fall auch der Gesichtspunkt noch näherer Betrachtung bedarf, dass der Kläger nach Entziehung seiner Fahrerlaubnis vorsätzlich am motorisierten Straßenverkehr teilgenommen hat, ohne im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis zu sein und das auch noch unter fahreignungsrelevantem Alkoholeinfluss. Selbst bei Annahme einer Verpflichtungsklage wäre die Sache somit nicht entscheidungsreif, es bliebe im Ergebnis bei der vorliegenden Klageabweisung, weil die Voraussetzungen für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis vom insoweit beibringungspflichtigen Kläger bislang nicht erbracht sind.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 Zivilprozessordnung ZPO.

Beschluss

Der Streitwert wird auf EUR 10.000 festgesetzt

(§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG-i.V.m. dem Streitwertkatalog, Stand 2013).

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