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Fahrerlaubniserteilung nach Entziehung im Strafverfahren – einzutragendes Erteilungsdatum

Führerschein neu: Datum der Entziehung bleibt bestehen

Das Verkehrsrecht umfasst eine Vielzahl von Regelungen, die den Straßenverkehr und die Teilnahme daran betreffen. Ein wesentlicher Aspekt dieses Rechtsgebiets ist die Fahrerlaubnis, die das Recht zum Führen eines Kraftfahrzeugs bescheinigt. In bestimmten Fällen kann es jedoch zu einer Entziehung der Fahrerlaubnis kommen, beispielsweise im Rahmen eines Strafverfahrens. Dies wirft die Frage auf, wie mit der Neuerteilung der Fahrerlaubnis nach einer solchen Entziehung umzugehen ist, insbesondere in Bezug auf das im Führerschein einzutragende Datum der Erteilung.

Die zentrale Rechtsfrage in diesem Kontext betrifft die korrekte Handhabung des Erteilungsdatums nach einer Wiedererteilung der Fahrerlaubnis. Ist das ursprüngliche Datum der Ersterteilung oder das Datum der Neuerteilung im Führerschein zu vermerken? Diese Fragestellung berührt grundlegende Aspekte des Verkehrsrechts und hat weitreichende praktische Konsequenzen, etwa bei der Versicherungseinstufung oder der Anmietung von Fahrzeugen.

Die juristische Problemstellung ergibt sich aus dem Spannungsfeld zwischen dem Bestandsschutz der ursprünglichen Fahrerlaubnis und den rechtlichen Konsequenzen einer Entziehung im Strafverfahren. Dabei spielen auch die Vorgaben der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) und europäische Richtlinien eine Rolle. Die Entscheidung, welches Datum im Führerschein vermerkt wird, hat nicht nur symbolische Bedeutung, sondern beeinflusst auch die rechtliche und soziale Position des Fahrerlaubnisinhabers.

In diesem Kontext ist es von Bedeutung, wie das Verkehrsrecht und die zugehörigen Verordnungen die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach einer Entziehung regeln und welche Auswirkungen dies auf die betroffenen Personen hat. Die Beurteilung dieser Fragestellung erfordert eine sorgfältige Abwägung der rechtlichen Vorschriften und ihrer praktischen Implikationen.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 11 ZB 22.2614   >>>

Das Wichtigste in Kürze


Das Urteil des VGH München (Az.: 11 ZB 22.2614) vom 10.05.2023 bestätigt, dass bei der Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach Entziehung das Datum der letzten Erteilung, nicht das der erstmaligen Erteilung, im Führerschein einzutragen ist.

Zentrale Punkte des Urteils:

  1. Berufungsantrag abgelehnt: Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil wurde abgelehnt.
  2. Hintergrund des Falls: Der Kläger verlor seine Fahrerlaubnis und beantragte nach Aufhebung der Sperrfrist einen neuen Führerschein, in dem das Datum der erstmaligen Erteilung eingetragen sein sollte.
  3. Position des Landratsamts: Das Landratsamt lehnte die Anfrage ab, bot jedoch eine Bescheinigung über das Datum der erstmaligen Erteilung an.
  4. Rechtliche Grundlage: Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) und der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) ist das Datum der letzten Erteilung einzutragen.
  5. Entscheidung des Gerichts: Das Gericht bestätigte, dass im Führerschein das Datum der letzten Erteilung einzutragen ist, da die ursprüngliche Fahrerlaubnis mit der Entziehung erloschen war.
  6. Europäische Richtlinie: Nach der RL 2006/126/EG ist das Datum der ersten Erteilung nur bei Ersetzung oder Umtausch des Führerscheins, nicht aber bei Neuerteilung nach Entziehung einzutragen.

Rechtliches Dilemma bei der Neuerteilung der Fahrerlaubnis

Im Zentrum des vorliegenden Falles steht ein rechtliches Dilemma, das sich aus der Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach deren Entziehung im Strafverfahren ergibt. Der Kläger, dessen Fahrerlaubnis zuvor entzogen worden war, stand vor der Herausforderung, dass das Datum der Erteilung seiner neu erteilten Fahrerlaubnis im Führerschein als das aktuelle Datum und nicht als das ursprüngliche Datum der erstmaligen Erteilung eingetragen wurde. Dies führte zu erheblichen praktischen Problemen für den Kläger, da er aufgrund des neueren Datums in verschiedenen Situationen, wie bei der Anmietung von Fahrzeugen oder beim Abschluss von Versicherungen, als Fahranfänger behandelt wurde.

Die Forderung des Klägers im Verkehrsrecht

Der Kläger argumentierte, dass seine Befähigung durch die Entziehung der Fahrerlaubnis nicht erloschen sei und die Wiedererteilung ohne erneute Prüfung auf der bestandsschützenden Wirkung der früheren Fahrerlaubnis beruhe. Er forderte daher, dass das Datum der erstmaligen Erteilung der Fahrerlaubnis in den Führerschein aufgenommen wird. Das Landratsamt lehnte diese Änderung jedoch ab und bot stattdessen eine Bescheinigung über den Zeitpunkt der erstmaligen Erteilung an.

Gerichtliche Entscheidung und ihre Auswirkungen

Der Fall wirft ein komplexes rechtliches Problem auf, das die Interpretation und Anwendung verschiedener rechtlicher Bestimmungen betrifft, insbesondere im Hinblick auf die Dokumentation von Fahrerlaubnisdaten nach einer Entziehung und späteren Neuerteilung. Der Kläger argumentierte, dass das eingetragene Erteilungsdatum des 28. August 2020 ihn als Führerscheinneuling behandelt, was zu Nachteilen in verschiedenen Bereichen führt. Er sah sich durch das eingetragene Datum der Wiedererteilung lebenslang stigmatisiert und diskriminiert, da die Sanktion der Fahrerlaubnisentziehung sichtbar blieb, obwohl er seine Strafe verbüßt hatte.

Praktische Auswirkungen und zukünftige Implikationen

Das Gericht musste in diesem Fall entscheiden, ob das Datum der erstmaligen oder das der letzten Erteilung der Fahrerlaubnis im Führerschein einzutragen ist. Die Entscheidung des Gerichts basierte auf der Auslegung der relevanten gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) und der Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über den Führerschein. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass im Falle der Entziehung der Fahrerlaubnis das Datum der letzten Erteilung einzutragen ist. Dies reflektiert die Tatsache, dass der Inhaber seit diesem Datum ununterbrochen im Besitz der jeweiligen Fahrerlaubnisklasse ist. Das Gericht stellte fest, dass die ursprünglich erteilte Fahrerlaubnis des Klägers mit der Entziehung vollständig erloschen war und daher das Datum der Neuerteilung maßgeblich ist.

Die Entscheidung des Gerichts berücksichtigte auch die praktischen Auswirkungen dieser Regelung. Es wurde anerkannt, dass der Kläger durch das eingetragene Datum der Wiedererteilung gewisse Nachteile erfahren könnte. Das Angebot des Landratsamts, eine Bescheinigung über den Zeitpunkt der erstmaligen Erteilung auszustellen, wurde als bürgerfreundliche Lösung angesehen, um diese Nachteile abzumildern.

Insgesamt zeigt dieser Fall die Komplexität und die Herausforderungen auf, die sich aus der Anwendung und Interpretation von Verkehrsrecht und Fahrerlaubnisvorschriften ergeben können. Er beleuchtet die Spannung zwischen der Notwendigkeit, die rechtlichen Vorgaben genau zu befolgen, und den praktischen Auswirkungen dieser Vorgaben auf die betroffenen Personen. Das Urteil des Gerichts stellt einen Präzedenzfall dar, der für ähnliche Fälle in der Zukunft richtungsweisend sein könnte.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Inwiefern ist das „Datum der Erteilung“ auf dem Führerschein rechtlich relevant?

Das „Datum der Erteilung“ auf dem Führerschein bezieht sich auf das Datum, an dem die Fahrerlaubnis für die jeweilige Klasse erteilt wurde. Dieses Datum ist rechtlich relevant, da es unter anderem für die Gültigkeit des Führerscheins und für bestimmte Übergangsregelungen bei der Umstellung von alten auf neue Führerscheinklassen von Bedeutung ist.

Ein Beispiel für die Relevanz des Erteilungsdatums ist die Umstellung von alten Führerscheinklassen auf die neuen EU-Fahrerlaubnisklassen. Je nach Erteilungsdatum der alten Klasse 3 werden weitere EU-Fahrerlaubnisklassen erteilt. Darüber hinaus behalten alte Führerscheine grundsätzlich bis spätestens zum 18. Januar 2033 ihre Gültigkeit, und die Umstellung erfolgt nach einem gestaffelten Zeitplan, der sich teilweise am Erteilungsdatum orientiert.

Insgesamt ist das „Datum der Erteilung“ auf dem Führerschein ein wichtiger Faktor, um die Gültigkeit und die entsprechenden Fahrerlaubnisklassen des Führerscheins zu bestimmen.


Das vorliegende Urteil

VGH München – Az.: 11 ZB 22.2614 – Beschluss vom 10.05.2023

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III. In Abänderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung wird der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen auf jeweils 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt die Ausstellung eines Führerscheins mit dem Datum der erstmaligen Erteilung der Fahrerlaubnis.

Dem Kläger war die Fahrerlaubnis erstmals 1983 und 1985 erteilt worden (Klasse 1b: 25.5.1983, Klasse 3: 31.5.1985, Klasse 1: 13.6.1985). Nach einer Trunkenheitsfahrt am 29. August 2019 verurteilte ihn das Amtsgericht Dillingen a.d. Donau mit Strafbefehl vom 27. Dezember 2019, bezüglich der Tagessatzhöhe geändert durch Urteil des Amtsgerichts Dillingen a.d. Donau vom 16. Juli 2020, zu einer Geldstrafe und entzog ihm unter Anordnung einer neunmonatigen Sperrfrist die Fahrerlaubnis. Nach vorzeitiger Aufhebung der Sperrfrist mit Beschluss des Amtsgerichts Dillingen a.d. Donau vom 20. August 2020 erteilte ihm das Landratsamt Dillingen a.d. Donau antragsgemäß die Fahrerlaubnis der Klassen A (einschließlich Unterklassen), B, BE, C1, CE, C1E und L. Als Datum der Erteilung ist im Führerschein für alle Fahrerlaubnisklassen der 28. August 2020 eingetragen.

Mit Schreiben vom 29. Oktober 2020 ersuchte der Kläger das Landratsamt um Ausstellung eines Führerscheins mit den Daten der erstmaligen Erteilung der jeweiligen früheren Fahrerlaubnisklassen. Seine Befähigung sei durch die Entziehung der Fahrerlaubnis nicht erloschen. Die Wiedererteilung ohne erneute Ablegung einer Prüfung beruhe auf der bestandsschützenden Wirkung der früheren Fahrerlaubnis. Mit dem jetzigen Führerschein könne er seine langjährige Fahrerfahrung jedoch nicht nachweisen und gelte beispielsweise bei der Anmietung eines Fahrzeugs oder auch bei der Fahrzeugversicherung als Fahranfänger.

Mit Schreiben vom 29. Oktober 2020 lehnte das Landratsamt eine Änderung des Führerscheins ab und teilte dem Kläger mit, er könne eine Bescheinigung über den Zeitpunkt der erstmaligen Erteilung seiner Fahrerlaubnis zur Vorlage bei der Versicherung oder einem Autovermieter beantragen.

Nach weiterem Schriftwechsel ließ der Kläger beim Verwaltungsgericht Augsburg Klage erheben mit dem Antrag, den Beklagten zur Ausstellung eines Führerscheins mit den Daten der Ersterteilung (AM, A1 und L: 25.5.1983; B, BE, C1, C1E und CE: 31.5.1985; A2, A: 13.6.1985) in Spalte 10 zu verpflichten. Auch bei der Neuerteilung der Fahrerlaubnis sei der Besitzstand zu wahren und deshalb der Zeitpunkt des erstmaligen Erwerbs der Fahrerlaubnis in den Führerschein aufzunehmen. Dem Kläger sei die Fahrerlaubnis nicht dauerhaft aberkannt, sondern nur vorübergehend gesperrt worden. Er habe nach Ablauf der Sperrfrist auch keine nochmalige theoretische und praktische Prüfung ablegen müssen. Durch das eingetragene Erteilungsdatum des 28. August 2020 werde er als Führerscheinneuling behandelt mit Nachteilen beim Abschluss einer Versicherung, bei der Autovermietung und bei Verkehrskontrollen.

Mit Urteil vom 21. November 2022 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Berichtigung seines Führerscheins, da der 28. August 2020 als Datum der Erteilung der Fahrerlaubnis korrekt eingetragen sei. Die ursprüngliche Fahrerlaubnis sei durch die rechtskräftige strafgerichtliche Entziehung erloschen. Damit bestehe auch kein weiterer Bestandsschutz. Daran habe auch die Abschaffung der Pflicht, nach einer mehr als zwei Jahre dauernden Entziehung vor der Neuerteilung in jedem Fall eine Fahrprüfung abzulegen, nichts geändert. Auch nach der RL 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein sei das ursprüngliche Erteilungsdatum nur bei einer Ersetzung oder einem Umtausch des Führerscheins einzutragen, nicht aber bei der Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung. Etwaige Nachteile könne der Kläger unschwer durch die von der Behörde angebotene Bestätigung zum Vorhandensein, zum Umfang und zur Geltungsdauer seiner früheren Fahrerlaubnis abwenden.

Zur Begründung seines Antrags auf Zulassung der Berufung, dem der Beklagte entgegentritt, macht der Kläger ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, grundsätzliche Bedeutung und besondere rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache geltend. In der vorgesehenen Spalte 10 des Führerscheins sei das Datum der Erteilung der Fahrerlaubnis nicht nur nicht korrekt, sondern gar nicht eingetragen. Die Entziehung der Fahrerlaubnis im Strafverfahren bedeute nicht, dass dem Kläger die Befähigung zum Führen von Kraftfahrzeugen für alle Zeit abgesprochen worden wäre. Nach Ablauf der Sperrfrist, die die Erlaubnis zur Nutzung lediglich unterbreche, würden die alten Rechte wieder aufleben und könne die Fahrerlaubnis wieder (nicht: neu) erteilt werden. Die Sperre bedeute somit nur einen vorübergehenden Zustand und führe nicht zum vollständigen Erlöschen der Fahrerlaubnis. Eine Prüfung habe der Kläger aufgrund der schon nachgewiesenen Befähigung, anders als bei der erstmaligen Erteilung der Fahrerlaubnis, nicht nochmals ablegen müssen. Aus Gründen des Bestandsschutzes müsse als Nachweis der Befähigung der bisherige Zeitraum der Fahrpraxis seit der Ersterteilung der Fahrerlaubnis im Führerschein in der Spalte 10 dokumentiert und die Fahrerlaubnis exakt mit den ursprünglich erworbenen Klassen wieder erteilt werden, wenn auch eingeordnet in die aktuellen Fahrerlaubnisklassen. Durch das eingetragene Datum der Wiedererteilung werde er lebenslang stigmatisiert und diskriminiert, indem die Sanktion der Fahrerlaubnisentziehung sichtbar bleibe, obwohl er seine Strafe verbüßt habe. Das ihm angebotene Dokument zur Bestätigung des erstmaligen Fahrerlaubniserwerbs sei gesetzlich nicht vorgesehen und solle nur etwas richtigstellen, was einen falschen Inhalt habe. Die besondere rechtliche Schwierigkeit der Rechtssache ergebe sich aus dem Begründungsumfang der erstinstanzlichen Entscheidung, die grundsätzliche Bedeutung daraus, dass zur angesprochenen Problematik, die einen großen Personenkreis betreffe, keine veröffentlichte Entscheidung aufzufinden sei.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist abzulehnen. Ausgehend von den dargelegten Gründen, auf die sich gemäß § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO die Prüfung im Zulassungsverfahren beschränkt (BayVerfGH, E.v. 23.9.2015 – Vf. 38-VI-14 – VerfGHE 68, 180 Rn. 52; Happ in Eyermann, VwGO, 16. Auflage 2022, § 124a Rn. 54), ist die Berufung weder wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (dazu 1.) noch wegen grundsätzlicher Bedeutung (dazu 2.) oder wegen besonderer rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache (dazu 3.) zuzulassen.

1. Wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ist die Berufung nur zuzulassen, wenn der Rechtsmittelführer einen tragenden Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – NVwZ 2016, 1243 Rn. 16). Dies ist hier nicht der Fall. Aus der Antragsbegründung ergibt sich nicht, dass der Kläger einen Rechtsanspruch auf Ausstellung eines Führerscheins mit den Daten der erstmaligen Erteilung der Fahrerlaubnis hätte.

a) Wer auf öffentlichen Straßen ein Kraftfahrzeug führt, bedarf der Fahrerlaubnis der zuständigen Fahrerlaubnisbehörde (§ 2 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes [StVG] in der Fassung der Bekanntmachung vom 5.3.2003 [BGBl I S. 310, 919], zuletzt geändert durch Gesetz vom 2.3.2023 [BGBl I Nr. 56]; § 4 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr [Fahrerlaubnis-Verordnung -FeV] – vom 13.12.2010 [BGBl I S. 1980], zuletzt geändert durch Gesetz vom 2.3.2023 (BGBl I Nr. 56). Die Fahrerlaubnis wird in bestimmten Klassen erteilt (§ 2 Abs. 1 Satz 2 StVG, § 6 FeV) und ist durch den Führerschein nachzuweisen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 StVG, § 4 Abs. 2 Satz 1 FeV). Liegen alle Voraussetzungen für die Erteilung der Fahrerlaubnis vor, hat die Fahrerlaubnisbehörde den Führerschein ausfertigen zu lassen und auszuhändigen (§ 22 Abs. 3 FeV). Der Führerschein wird nach Muster 1 der Anlage 8 zur FeV ausgefertigt (§ 25 Abs. 1 Satz 1 FeV). Einzutragen sind nach Nr. I.2 der Anlage 8 zur FeV in Spalte 9 sämtliche Fahrerlaubnisklassen, die der Inhaber besitzt, und in Spalte 10 das Datum der jeweiligen Erteilung, wobei das Erteilungsdatum einzelner oder mehrerer Fahrerlaubnisklassen etwa dann, wenn – wie hier – der Erteilungszeitpunkt bei der Herstellung des Führerscheins noch nicht feststeht, auch nachträglich im beschreibbaren Feld 14 unter Angabe der Nummer 10 eingetragen werden kann. In diesen Fällen wird in Spalte 10 mittels „*)“ darauf verwiesen.

b) Wie das Verwaltungsgericht dargelegt hat, auf dessen zutreffende Ausführungen der Senat gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO Bezug nimmt, ist im Führerschein im Falle der Entziehung der Fahrerlaubnis nicht das Datum der erstmaligen Erteilung der jeweiligen Fahrerlaubnisklassen einzutragen, sondern – wie hier geschehen – das Datum der letzten Erteilung.

aa) Das Amtsgericht Dillingen a.d. Donau hat dem Kläger die Fahrerlaubnis mit Strafbefehl vom 27. Dezember 2019 entzogen. Alleiniger Schutzzweck der zur Verfahrensvereinfachung dem Strafrichter gemäß § 69 Abs. 1 Satz 1 StGB übertragenen Befugnis zur Entziehung der Fahrerlaubnis, die ansonsten den Verwaltungsbehörden obliegt, ist die Sicherheit des Straßenverkehrs (BGH, B.v. 27.4.2005 – GSSt2/04 – BGHSt 50, 93 = juris Rn. 18 ff.; v. Heintschel-Heinegg/Huber, MünchKomm zum StGB, 4. Auflage 2020, § 69 Rn. 2; König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 47. Auflage 2023, § 69 StGB Rn. 1; Kerkmann in Haus/Krumm/Quarch, Gesamtes Verkehrsrecht, 3. Auflage 2021, § 69 StGB Rn. 3). Anders als beim befristeten Fahrverbot als Nebenstrafe gemäß § 44 StGB, das die Fahrerlaubnis unberührt lässt und nur deren Ausnutzung vorübergehend hindert, erlischt die Fahrerlaubnis gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 StGB im Falle der Entziehung mit Rechtskraft des Urteils (bzw. Strafbefehls, § 410 Abs. 3 StPO) unbefristet und dauerhaft. Insoweit besteht kein Unterschied zur Entziehung der Fahrerlaubnis durch die Fahrerlaubnisbehörde, die gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 StVG, § 46 Abs. 6 Satz 1 FeV in gleicher Weise das Erlöschen bewirkt (Dauer in Hentschel/König/Dauer, § 3 StVG, Rn. 62).

Die ursprünglich erteilte Fahrerlaubnis des Klägers war damit nicht etwa lediglich ruhend gestellt oder schwebend unwirksam, sondern ist mit der Entziehung vollständig und uneingeschränkt erloschen (vgl. BVerwG, B.v. 6.5.1983 – 7 B 15.83 – DVBl 1983, 1066 = juris Rn. 4; BayVGH, B.v. 12.12.2006 – 11 CE 06.914 – juris Rn. 30 ff.). Nach Ablauf oder Aufhebung der strafgerichtlich angeordneten Sperrfrist (§ 69a StGB) lebt die frühere Fahrerlaubnis auch nicht wieder auf (König in Hentschel/König/Dauer, § 69 StGB Rn. 25), sondern wird nur auf Antrag neu (und nicht „wieder“, vgl. § 20 Abs. 4 Nr. 2 FeV) erteilt, wobei für die Neuerteilung nach vorangegangener Entziehung oder nach vorangegangenem Verzicht die Vorschriften für die Ersterteilung gelten (§ 20 Abs. 1 Satz 1 FeV).

bb) Der im Führerschein in Spalte 10 bzw. Spalte 14 zu dokumentierende Erteilungszeitpunkt ist das Datum der letzten Erteilung, hier also der 28. August 2020. Die RL 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein (ABl L 403/18) bestimmt, dass die Führerscheine im Anwendungsbereich der Richtlinie nach einem einheitlichen Muster ausgestellt werden (Erwägungsgründe 4 und 16 sowie Art. 1 i.V.m. Anhang I der Richtlinie). Dabei ist in Spalte 10 bzw. 14 zwar grundsätzlich das Datum der ersten Fahrerlaubniserteilung für jede Klasse einzutragen. Allerdings ist dieses Datum nur bei späterer Ersetzung (nach Abhandenkommen des Dokuments) oder späterem Umtausch (nach Verlegung des Wohnsitzes in einen anderen Mitgliedstaat) erneut im neu ausgestellten Führerschein einzutragen. Da Art. 11 der RL 2006/126/EG ausdrücklich zwischen Umtausch, Entzug und Ersetzung unterscheidet, ergibt sich daraus im Umkehrschluss, dass bei Entziehung der Fahrerlaubnis nicht das Datum der ersten, sondern das Datum der letzten Fahrerlaubniserteilung einzutragen ist. Hierdurch wird dokumentiert, seit wann der Inhaber ununterbrochen im Besitz der jeweiligen Fahrerlaubnisklasse ist. Wäre hier der Zeitpunkt der erstmaligen Erteilung einzutragen, würde dies den Anschein einer ununterbrochenen und durchgängigen Inhaberschaft erwecken und wäre damit unrichtig, zumindest aber missverständlich. Daher ist nur im Falle der Ersetzung und des Umtauschs, nicht aber im Falle der Entziehung das Datum der ersten Fahrerlaubniserteilung im neu ausgestellten Führerschein einzutragen (so auch VG Augsburg, B.v. 17.10.2014 – Au 7 S 14.1310 – juris Rn. 40).

cc) Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Kläger im Neuerteilungsverfahren vom Nachweis seiner Befähigung in einer theoretischen und einer praktischen Prüfung befreit war, weil keine Tatsachen vorlagen, die die Annahme gerechtfertigt hätten, dass er die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten nicht mehr besitzt (§ 20 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 FeV). Diese Regelung dient ausweislich der Verordnungsbegründung vom 19. Dezember 2008 (https://dserver.bundestag.de/brd/2008/0843-08B.pdf; abgedruckt bei Hentschel/König/Dauer, § 20 FeV vor Rn. 1) der Vereinfachung des Verfahrens für die Fahrerlaubnisbehörden. Darüber hinaus gelten für die Neuerteilung sämtliche Voraussetzungen der Ersterteilung (§ 20 Abs. 1 Satz 1 FeV). Auch wenn dem Bewerber bei fehlenden Anhaltspunkten für den Verlust der Befähigung im Neuerteilungsverfahren eine erneute Prüfung erspart bleibt, bedeutet dies entgegen der Auffassung des Klägers nicht, dass die Entziehung der Fahrerlaubnis gemäß § 69 StGB und die angeordnete Sperrfrist für die Neuerteilung gemäß § 69a StGB nur einen vorübergehenden Zustand begründen und nicht zum vollständigen Erlöschen der Fahrerlaubnis führen würde.

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dd) Gleiches gilt für den in § 76 Nr. 11b FeV festgelegten Bestandsschutz einer früheren Fahrerlaubnis bei Neuerteilung nach Entziehung oder Verzicht (hierzu Dauer in Hentschel/König/Dauer, § 20 FeV Rn. 4). Diese Regelung soll sicherstellen, dass Personen, denen eine Fahrerlaubnis entzogen worden ist, bei Neuerteilung eine Fahrerlaubnis in dem Umfang erhalten, der auch ohne die Entziehung bestanden hätte (Haus in Haus/Krumm/Quarch, Gesamtes Verkehrsrecht, § 20 FeV Rn. 75). Daraus folgt jedoch nicht, dass über diesen Interessenausgleich hinaus das ursprüngliche Erteilungsdatum im Führerschein einzutragen wäre.

c) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils ergeben sich auch nicht daraus, dass das Landratsamt dem Kläger zur Abwendung von Nachteilen eine Bescheinigung über den Zeitpunkt der erstmaligen Erteilung seiner Fahrerlaubnis angeboten hat. Mag eine solche Bescheinigung auch gesetzlich nicht ausdrücklich vorgesehen sein, ist dieses Angebot Ausdruck bürgerfreundlicher Verwaltung (vgl. auch Art. 10 und 25 BayVwVfG) und mit keinerlei Rechtsnachteilen für den Kläger verbunden. Ob er es annimmt, bleibt seiner eigenen Entscheidung überlassen.

2. Die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.

Abgesehen davon, dass die Antragsbegründung keine fallübergreifende konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert, die im Berufungsverfahren zu klären wäre, und damit nicht den Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügt (stRspr, vgl. BayVGH, B.v. 19.4.2023 – 19 ZB 22.2326 – juris Rn. 32 m.w.N.), kommt der Sache auch keine grundsätzliche Bedeutung zu, weil sich die vom Kläger bestrittene Rechtswirkung der strafrichterlichen Entziehung der Fahrerlaubnis gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 StGB und das daran anknüpfende, im Falle der Neuerteilung in den Führerschein einzutragende Erteilungsdatum ohne weiteres aus dem Gesetz ergibt. Dass eine höchstrichterliche Entscheidung hierzu bisher nicht ergangen ist, vermag die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht zu begründen (vgl. bereits BayVGH, B.v. 18.2.2008 – 11 ZB 07.2672 – juris Rn. 32).

3. Der Zulassungsgrund der besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeit (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) liegt ebenfalls nicht vor.

Eine Rechtssache weist besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten auf, wenn die Beantwortung der für die Entscheidung erheblichen Fragen voraussichtlich das durchschnittliche Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten bereitet, wenn sie sich also wegen der Komplexität und abstrakten Fehleranfälligkeit aus der Mehrzahl der verwaltungsgerichtlichen Verfahren heraushebt. Angesichts der sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebenden Folgen der strafrichterlichen Entziehung der Fahrerlaubnis auch für den im Führerschein einzutragenden Erteilungszeitpunkt ist dies hier nicht der Fall.

4. Als unterlegener Rechtsmittelführer hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 2 VwGO).

5. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Dabei macht der Senat von seiner Befugnis zur Änderung des erstinstanzlichen Streitwertbeschlusses gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG Gebrauch.

Der nach der Bedeutung der Sache für den Kläger zu bemessende Streitwert ist niedriger anzusetzen als bei einem Verfahren, in dem es um die Entziehung oder Erteilung einer Fahrerlaubnis geht und für das Nr. 46 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit je nach Fahrerlaubnisklasse einen Rahmen vom halben bis zum doppelten Auffangwert vorsieht. Da zwischen den Beteiligten vorliegend lediglich das einzutragende Erteilungsdatum im Führerschein streitig ist, hält der Senat hier einen Streitwert in Höhe des halben Auffangwerts des § 52 Abs. 2 GKG und somit einen Betrag von 2.500,- Euro für angemessen.

6. Dieser Beschluss, mit dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO), ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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