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Fahrerlaubnisentziehung zur Fahrgastbeförderung nach Verurteilung wegen Körperverletzung

Fahrerlaubnisentzug zur Fahrgastbeförderung: Gericht bestätigt Entziehung nach Körperverletzung

Das Verwaltungsgericht Saarland hat entschieden, dass der Entzug einer Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung aufgrund einer Verurteilung wegen Körperverletzung und der Verweigerung, ein medizinisch-psychologisches Gutachten vorzulegen, rechtmäßig ist. Dies zeigt, wie ernsthaft Zweifel an der Eignung für die Fahrgastbeförderung genommen werden, insbesondere wenn es um die Sicherheit der Fahrgäste geht.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 5 L 2591/16  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Zentrale Punkte aus dem Urteil:

  1. Entzug der Fahrerlaubnis: Der Antragsteller hat seine Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung nach einer Verurteilung wegen Körperverletzung und Nötigung verloren.
  2. Strafrechtliche Verurteilung: Der Antragsteller wurde wegen Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung verurteilt, was ernsthafte Zweifel an seiner Eignung für die Fahrgastbeförderung aufwirft.
  3. Anforderung eines Gutachtens: Dem Antragsteller wurde aufgegeben, ein medizinisch-psychologisches Gutachten zur Klärung seiner Eignung vorzulegen.
  4. Nichtvorlage des Gutachtens: Der Antragsteller kam der Aufforderung zur Vorlage des Gutachtens nicht nach, was als Indiz für seine Nichteignung gewertet wurde.
  5. Öffentliches Interesse: Die sofortige Vollziehung des Entzugs der Fahrerlaubnis wurde als im öffentlichen Interesse liegend angesehen, insbesondere zum Schutz potentieller Fahrgäste.
  6. Rechtmäßigkeit der Entscheidung: Das Gericht befand, dass die Entscheidung zur Entziehung der Fahrerlaubnis sowohl formell als auch materiell rechtmäßig war.
  7. Berücksichtigung der Gesamtpersönlichkeit: Bei der Entscheidung wurden alle relevanten Umstände, einschließlich der Persönlichkeit des Antragstellers und seiner bisherigen Verkehrsauffälligkeiten, berücksichtigt.
  8. Keine Berücksichtigung wirtschaftlicher Interessen: Mögliche wirtschaftliche Nachteile für den Antragsteller aufgrund des Entzugs der Fahrerlaubnis wurden als irrelevant für die Entscheidung erachtet.

In der Rechtsprechung stellt sich häufig die Frage, inwieweit strafrechtliche Verurteilungen Auswirkungen auf die berufliche Tätigkeit und insbesondere auf die Erteilung oder Beibehaltung von Fahrerlaubnissen haben können. Ein zentrales Thema in diesem Kontext ist die Abwägung zwischen dem Recht des Einzelnen auf Ausübung seines Berufes und dem öffentlichen Interesse an der Sicherheit und Zuverlässigkeit von Personen, die Fahrgäste befördern. Besonders relevant wird dies, wenn es um Verurteilungen wegen Delikten wie Körperverletzung geht, die Zweifel an der Eignung zur Fahrgastbeförderung aufwerfen können.

In solchen Fällen kann die Forderung nach einem medizinisch-psychologischen Gutachten (MPU) als Mittel zur Überprüfung der persönlichen Eignung und Zuverlässigkeit dienen. Die rechtliche Auseinandersetzung dreht sich oft um die Frage, ob undinwiefern eine solche Forderung und ein möglicher daraus resultierender Entzug der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung gerechtfertigt sind. Hierbei spielen sowohl die spezifischen Umstände des Einzelfalls als auch grundsätzliche Erwägungen zur Verhältnismäßigkeit und zum Schutz der Öffentlichkeit eine wesentliche Rolle.

Entzug der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung: Hintergründe des Falls

Der Fall, der vor dem Verwaltungsgericht Saarland verhandelt wurde, dreht sich um den Entzug der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung eines Antragstellers. Dieser hatte seit 1983 eine entsprechende Erlaubnis inne. Die rechtliche Auseinandersetzung begann mit einem Strafbefehl des Amtsgerichts A-Stadt, der den Antragsteller wegen Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung zu einer Geldstrafe verurteilte. Im Kern des Vorwurfs stand ein Vorfall am 30.11.2015, bei dem der Antragsteller einen anderen mit Worten bedrohte und ihm körperliche Gewalt zufügte, was zu einer Arbeitsunfähigkeit des Geschädigten führte.

Die Forderung nach einem medizinisch-psychologischen Gutachten

Der Antragsgegner, vertreten durch die zuständige Behörde, forderte daraufhin ein medizinisch-psychologisches Gutachten vom Antragsteller, um Zweifel an seiner Eignung zur Fahrgastbeförderung zu klären. Die Verurteilung legte die Vermutung nahe, dass der Antragsteller die Rechte anderer Personen den eigenen Interessen unterordnen könnte. Diese Forderung basierte auf dem § 11 Abs. 8 FeV in Verbindung mit § 48 Abs. 9 FeV. Der Antragsteller erhob Widerspruch gegen diese Aufforderung, indem er argumentierte, dass die Auseinandersetzung im privaten Bereich stattgefunden habe und keinen Bezug zu seiner Tätigkeit als Taxifahrer aufweise.

Verwaltungsgerichtliches Verfahren und sofortige Vollziehung

Nachdem der Antragsteller das geforderte Gutachten nicht vorlegte, entzog ihm der Antragsgegner die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung. Dieser Entzug wurde mit sofortiger Wirkung vollzogen. Dagegen erhob der Antragsteller erneut Widerspruch und beantragte beim Verwaltungsgericht einstweiligen Rechtsschutz gegen die sofort vollziehbare Verfügung. Er argumentierte mit einem Ermessensfehlgebrauch durch den Antragsgegner und betonte, dass die Verurteilung kein erheblicher Verstoß gegen die Vorschriften des Strafgesetzbuches gewesen sei und bereits über ein Jahr zurückliege.

Urteil des Verwaltungsgerichts Saarland und dessen Begründung

Das Verwaltungsgericht Saarland wies den Antrag des Antragstellers zurück und bestätigte den Entzug der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung. Das Gericht stellte fest, dass die sofortige Vollziehung der Verfügung rechtens sei und im öffentlichen Interesse geboten war, um potentielle Fahrgäste zu schützen. Weiterhin sah das Gericht keine Erfolgsaussichten für den Widerspruch des Antragstellers, da der Entzug der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung rechtlich begründet war. Die Begründung des Gerichts basierte auf der Annahme, dass die Verurteilung wegen vorsätzlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung erhebliche Zweifel an der Eignung des Antragstellers für die besondere Verantwortung bei der Fahrgastbeförderung aufkommen ließ. Diese Zweifel sollten durch das angeforderte Gutachten ausgeräumt werden, was der Antragsteller jedoch versäumte.

Das Urteil verdeutlicht, wie im Verkehrsrecht die Sicherheit der Fahrgäste und das öffentliche Interesse im Vordergrund stehen, insbesondere wenn es um die Eignung zur Fahrgastbeförderung geht. Die Notwendigkeit, Charaktereigenschaften zu berücksichtigen, die sich zum Schaden von Fahrgästen auswirken könnten, wird hier besonders betont.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Was bedeutet die Entziehung der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung und unter welchen Umständen kann sie erfolgen?

Die Entziehung der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung ist ein behördlicher Vorgang, bei dem einem Fahrer die Erlaubnis entzogen wird, Fahrgäste zu befördern. Dies kann beispielsweise bei Taxifahrern oder Busfahrern der Fall sein. Die Rechtsgrundlage für diese Maßnahme ist in Deutschland § 48 Abs. 10 S. 1 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) verankert.

Die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung kann entzogen werden, wenn eine der in Abs. 4 der Vorschrift genannten Voraussetzungen fehlt. Insbesondere wird dort unter Nr. 2 verlangt, dass der Bewerber für eine Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung die Gewähr dafür bieten muss, dass er der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht wird.

Die Entziehung kann unter verschiedenen Umständen erfolgen. Beispielsweise kann sie angeordnet werden, wenn der Fahrer erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen hat. Auch wenn der Fahrer aufgrund körperlicher oder geistiger Mängel nur bedingt zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet ist, kann die Fahrerlaubnis entzogen werden.

Ein weiterer Grund für die Entziehung der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung kann sein, dass der Fahrer keine Gewähr dafür bietet, seiner besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht zu werden. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn der Fahrer erhebliche Geschwindigkeitsübertretungen begangen hat.

Nach der Entziehung der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung muss der Fahrer, wenn er wieder Fahrgäste befördern möchte, einen Antrag auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis stellen. Dieser Antrag ist bei der zuständigen Führerscheinstelle zu stellen.

Die Entziehung der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung ist eine ernsthafte Maßnahme, die dazu dient, die Sicherheit der Fahrgäste und des Straßenverkehrs zu gewährleisten. Sie wird nur in Fällen angewendet, in denen der Fahrer nachweislich nicht in der Lage ist, seiner besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht zu werden.


Das vorliegende Urteil

Verwaltungsgericht Saarland – Az.: 5 L 2591/16 – Beschluss vom 23.12.2016

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.

Der Streitwert wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

Gründe

Der Antragsteller wendet sich gegen den mit Sofortvollzug angeordneten Entzug seiner Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung, weil er ein ihm aufgegebenes medizinisch-psychologisches Gutachten nicht beigebracht hat.

I.

Dem Antragsteller wurde am 09.06.1983 die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung erteilt.

Mit dem Strafbefehl des Amtsgerichts A-Stadt vom 20.05.2016 wurde gegen den Antragsteller wegen Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung eine Geldstrafe in Höhe von 50 Tagessätzen verhängt. In der Begründung heißt es, die Staatsanwaltschaft lege ihm folgenden Sachverhalt zur Last:

„Am 30.11.2015 gegen 15:00 Uhr bedrohten Sie mit den Worten: „Wenn du noch einmal solche Sachen über mich und meine Frau erzählst, dann schlage ich dich tot.“ Sodann schlugen Sie dem zweimal mit der Faust fest gegen die Brust, wodurch der Geschädigte, wie von Ihnen zumindest vorhergesehen und billigend in Kauf genommen, eine Prellung im Sternumbereich sowie Druck- und Kompressionsschmerzen des Thorax erlitt. Der Geschädigte war von 01.12.2015 bis einschließlich 11.12.2015 arbeitsunfähig geschrieben.“

Gegen den Strafbefehl erhob der Antragsteller Einspruch, den er am 15.07.2016 zurücknahm, nachdem er den Nachweis nicht habe erbringen können, dass er provoziert worden sei. Der Strafbefehl ist damit rechtskräftig geworden.

Mit Schreiben vom 27.09.2016 forderte der Antragsgegner den Antragsteller auf, zur Klärung der bestehenden Zweifel an seiner Eignung zur Beförderung von Fahrgästen bis zum 11.11.2016 ein Gutachten einer amtlich anerkannten medizinisch-psychologischen Untersuchungsstelle (MPU) über seine Eignung beizubringen (§ 11 Abs. 8 FeV i.V.m. § 48 Abs. 9 FeV). Die Verurteilung wegen Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung lasse den tragfähigen Rückschluss zu, dass er bereit gewesen sei, die Rechte anderer Personen den eigenen Interessen unterzuordnen. Deshalb bedürfe es der Klärung der bestehenden Zweifel an seiner Eignung zur Beförderung von Fahrgästen. Insbesondere bedürfe es der Klärung, ob er der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht werde. Die Verurteilung gebe Grund zu der Befürchtung, dass er in Konfliktsituationen, wie sie im Berufsalltag eines Taxifahrers häufig auftreten könnten, nicht situationsangemessen zu reagieren vermöge. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass er die Tat zum Nachteil eines anderen Taxifahrers in Anwesenheit eines Fahrgastes begangen habe. Ein milderes Mittel zur Überprüfung der Eignung stehe nicht zur Verfügung Das Gutachten solle die Frage beantworten, ob er Gewähr dafür biete, dass er der besonderen Verantwortung für die Beförderung von Fahrgästen gerecht werde. Die Anordnung enthält den Hinweis, dass nach § 11 Abs. 8 FeV auf die Nichteignung geschlossen werden dürfe, wenn er sich weigere, sich untersuchen zu lassen oder das geforderte Gutachten nicht fristgerecht vorgelegt werde.

Mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 04.10.2016 erhob der Antragsteller Widerspruch gegen das Schreiben vom 27.09.2016 und machte geltend, es lägen keine Gründe vor, die an seiner Tauglichkeit und Geeignetheit Zweifel ließen oder einen Hinweis darauf geben könnten, dass er nicht in der Lage sei, die Anforderungen des Personenbeförderungsgesetzes zu erfüllen. Die Auseinandersetzung habe sich in einem rein privaten Bereich zugetragen und in keinem Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Taxifahrer gestanden. Die Anordnung berücksichtige nicht, dass er den Personenbeförderungsschein seit 1976 besitze und seitdem beanstandungsfrei Taxi fahre. Seit mehr als zwei Jahren befördere er im Auftrag der Uniklinik psychisch labile Patienten. Die Uniklinik bestehe darauf, dass gerade er die Fahrten mit Problempatienten durchführe, weil er mit denen ein gutes Auskommen pflege und auf die Besonderheiten dieser Patienten besonders gut eingehe.

Der Antragsgegner erwiderte, dass es sich bei dem Schreiben vom 27.09.2016 um eine Aufforderung und nicht um einen Verwaltungsakt handele. Ein Entzug der Fahrerlaubnis zur Personenbeförderung erfolge erst, wenn der Aufforderung nicht nachgekommen werde. Daraufhin nahm der Antragsteller seinen Widerspruch vom 04.10.2016 zurück.

Mit der Anhörung zum Entzug der Fahrerlaubnis vom 15.11.2016 gab der Antragsgegner dem Antragsteller die Möglichkeit, sich zur beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung zu äußern. Dagegen erhob der Antragsteller mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 21.11.2016 vorsorglich Widerspruch, der am 23.11.2016 beim Antragsgegner einging.

Mit Bescheid vom 22.11.2016 entzog der Antragsgegner dem Antragsteller die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung gemäß § 3 Abs. 1 StVG analog in Verbindung mit den §§ 46 Abs. 1 und 11 Abs. 8 Satz 1 FeV analog, forderte ihn auf, seinen Führerschein innerhalb von drei Tagen nach Zustellung der Verfügung abzuliefern und ordnete die sofortige Vollziehung der Verfügung an. Zur Begründung heißt es in dem Bescheid, nach Prüfung der Akte und pflichtgemäßem Ermessen sei die Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens gemäß § 11 Abs. 8 FeV i.V.m. § 48 Abs. 9 FeV angeordnet worden, da er vom Amtsgericht wegen Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung verurteilt worden sei und dies Taten seien, die Rückschlüsse zuließen, dass er bereit gewesen sei, die Rechte anderer Personen seinen eigenen Interessen unterzuordnen. Durch diese Tat habe er der Klärung der bestehenden berechtigten Zweifel an seiner Eignung zur Beförderung von Fahrgästen gegeben. Insbesondere habe es der Klärung bedurft, ob er weiterhin Gewähr dafür biete, dass er der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht werde. Die Verurteilung habe Grund zu der Befürchtung gegeben, dass er in Konfliktlagen, wie sie im Berufsalltag eines Taxifahrers häufig auftreten könnten, nicht situationsangemessen zu reagieren vermöge. Dies gelte insbesondere, weil er die Körperverletzung und Nötigung zum Nachteil eines anderen Taxifahrers in Anwesenheit eines Fahrgastes begangen habe. Demnach bestünden erhebliche Zweifel daran, dass er für die besondere Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen keine Gefahr böte. Ein milderes Mittel zur Überprüfung seiner Eignung habe nicht zur Verfügung gestanden. Er sei daher mit Schreiben vom 27.09. 2016 aufgefordert worden, bis zum 11.11.2016 ein medizinisch-psychologisches Gutachten vorzulegen, dass er weiterhin zur Beförderung von Fahrgästen geeignet sei. Dieser Aufforderung sei er nicht nachgekommen. Bereits mit Schreiben vom 15.11.2016 sei er angeschrieben und über den drohenden Entzug der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung informiert worden. Wenn sich der Betroffene weigere, sich untersuchen zu lassen oder wenn er das geforderte Gutachten nicht fristgerecht beibringe, dürfe die Behörde nach § 11 Abs. 8 FeV bei der Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen. Daher werde von der Nichteignung des Antragstellers zum Befördern von Fahrgästen ausgegangen. Eine erwiesene Ungeeignetheit führe zwingend zur Entziehung der Fahrerlaubnis. Die sofortige Vollziehung der Verfügung sei anzuordnen, weil sie im öffentlichen Interesse geboten sei. Es sei zum Schutze der potentiellen Fahrgäste erforderlich, nicht mehr zur Beförderung von Fahrgästen geeignete Personen von dieser Möglichkeit auszuschließen. Im Übrigen ergebe sich im Bereich des Sicherheitsrechts das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung gerade aus den Gesichtspunkten, die für den Erlass des Verwaltungsakts selbst maßgebend seien.

Am 07.12.2016 hat der Antragsteller beim Verwaltungsgericht einstweiligen Rechtsschutz gegen die für sofort vollziehbar erklärte Entziehung der Fahrerlaubnis beantragt. Zur Begründung beruft er sich auf einen Ermessensfehlgebrauch durch den Antragsgegner. Die Verurteilung durch das Amtsgericht sei kein „erheblicher“ Verstoß gegen die Vorschriften des Strafgesetzbuches und liege bereits mehr als 12 Monate zurück, ohne dass er in der Zwischenzeit auffällig geworden sei. Zudem sei ihm die Fahrgastbeförderungserlaubnis in Kenntnis aller relevanten Umstände zwei Monate nach dem Vorfall am 30.11.2015 verlängert worden. Die Begründung für die Entziehung der Fahrerlaubnis überzeuge ebenso wenig wie die Anordnung des Sofortvollzugs so lange nach dem Vorfall. Indem die Antragsgegnerin das öffentliche Interesse am Sofortvollzug höher gewichtet habe als sein privates Interesse, habe sie ihr Ermessens fehl gebraucht. Hier hätte berücksichtigt werden müssen, dass bei dem Vorfall die Allgemeinheit nicht betroffen gewesen sei, es sich vielmehr um einen privaten Streit zwischen ihm und Herrn gehandelt habe. Sein vom Strafgericht verurteiltes Fehlverhalten habe mit seiner Ausübung der Fahrgastbeförderung nicht im Zusammenhang gestanden. Auch aus dem Strafbefehl selbst ergebe sich, dass er Herrn zur Rede gestellt habe, aus welchem Grund er sich herablassend und beleidigend über seine wesentlich jüngere Frau geäußert habe, indem er seine Frau gegenüber einer Krankenschwester der als „Hure“ bezeichnet und behauptet habe, dass er seine Ehefrau „auf dem Strich aufgegabelt“ habe. Die Krankenschwester habe ihm das später berichtet. Als er Herrn am 30.11.2015 deshalb zur Rede gestellt habe, sei dieser erneut beleidigend geworden, was ihn zu der Tat veranlasst habe, die er bereue und inzwischen auch verarbeitet habe.

Der Antragsteller beantragt, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs vom 21.11.2016 (richtig: 01.12.2016) gegen die Verfügung des Antragsgegners vom 15.11.2016 (richtig: 22.11.2016) wiederherzustellen.

Der Antragsgegner beantragt, den Antrag zurückzuweisen.

Seiner Ansicht nach genügt die Begründung für die Anordnung des Sofortvollzugs den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO. Die Entziehung der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung sei auch materiell rechtmäßig. Rechtsgrundlage der Verfügung sei § 48 Abs. 10 Satz 1 FeV. Danach habe die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung zu entziehen, wenn eine der Voraussetzungen des § 48 Abs. 4 FeV fehle. Zu diesen Voraussetzungen gehöre, dass der Inhaber der Fahrerlaubnis die Gewähr für die besondere Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen biete (§ 48 Abs. 4 Nr. 2a, § 11 Abs. 1 Satz 4, § 48 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 FeV). Begründeten Tatsachen Zweifel an der körperlichen und geistigen Eignung oder an der Gewähr für die besondere Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen, fänden die §§ 11 bis 14 FeV nach § 48 Abs. 9 Satz 1 FeV entsprechende Anwendung. Insbesondere könne bei Bedenken an der Gewähr für die besondere Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen nach § 49 Abs. 9 Satz 3 FeV die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens angeordnet werden. Wenn sich der Betroffene weigere, sich untersuchen zu lassen oder das geforderte Gutachten nicht fristgerecht beibringe, dürfe die Fahrerlaubnisbehörde bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung schließen, worauf der Betroffene bei der Anordnung der Beibringung des Gutachtens hinzuweisen sei. Der Schluss auf die Nichteignung sei aber nur zulässig, wenn die Anordnung des Gutachtens formell und materiell rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig sei.1 Bei der Vorschrift des § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV handele es sich nicht um eine Ermessensvorschrift, sondern um eine Befugnisnorm, so dass insoweit eine gebundene Entscheidung der Behörde vorliege.2 Diese Voraussetzungen lägen vor. Der Antragsteller habe das geforderte Gutachten nicht beigebracht. Die Anordnung entspreche formell den Anforderungen des § 11 Abs. 6 Sätze 1 und 2 sowie des Abs. 8 Satz 2 FeV. Materiell-rechtlich beruhe sie auf § 48 Abs. 9 Satz 1 FeV, weil konkrete und hinreichend gewichtige Eignungszweifel bestünden. Die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung verlange eine besondere charakterliche Eignung. Inhaber müssten die Gewähr dafür bieten, dass sie der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht werden. Dazu gehöre die persönliche Zuverlässigkeit im Bezug auf das besondere Vertrauensverhältnis zwischen dem Fahrer und seinen Fahrgästen für deren ordnungsgemäße Beförderung. Diese sei erforderlich, weil das Beförderungsgewerbe vielfach gerade von Fahrgästen in Anspruch genommen werde, die verstärkt Gefährdungen ausgesetzt seien oder aus sonstigen Gründen auf Hilfe angewiesen seien, etwa infolge Alters, Krankheit, Gebrechlichkeit, Trunkenheit oder Ortsfremdheit.3 Ein Fahrzeugführer biete nicht die Gewähr dafür, dass er der besonderen Verantwortung gerecht werde, wenn nach umfassender Würdigung seiner Gesamtpersönlichkeit anhand aller Umstände des Falles ernsthaft zu befürchten sei, dass er die besonderen Sorgfaltspflichten bei der Beförderung von Fahrgästen zukünftig missachten werde. Dabei könnten auch Straftaten nichtverkehrsrechtlicher Art bedeutsam sein.4 Bei Verfehlungen, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Personenbeförderung stünden, komme es darauf an, ob sie Charaktereigenschaften offenbarten, die sich auch bei der gewerblichen Beförderung zum Schaden der Fahrgäste auswirken könnten. Nicht erforderlich sei hingegen, dass die Verfehlungen bei oder während der Personenbeförderung begangen worden seien.5 Straftaten der vorsätzlichen Körperverletzung gäben Anlass zur Befürchtung, dass ihr Inhaber in Konfliktlagen, wie sie im Berufsalltag eines Taxifahrers häufig auftreten könnten, nicht situationsangemessen zu reagieren vermöge.6 Die Forderung nach besonnenem und gelassenem Verhalten eines Taxifahrers gerade in schwierigen Situationen diene vor allem dem Schutz der Fahrgäste, die durch aggressives und unbeherrschtes Vorgehen eines Fahrers in Gefahr geraten könnten und zwar nicht nur dann, wenn dieser sich durch den Fahrgast provoziert fühle, sondern auch durch gefährliches Fahrverhalten, wenn ein Taxifahrer sich von einem dritten Verkehrsteilnehmer provozieren lasse.7 Aufgrund des der Verurteilung des Antragstellers durch das Amtsgericht A-Stadt zugrunde liegenden Sachverhaltes bestünden auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass er bisher nicht einschlägig aufgefallen sei, erhebliche Bedenken, ob er in ihn belastenden Situationen zu gewaltfreiem Handeln fähig sei. Die vorsätzlich begangene Tat begründe erhebliche Zweifel daran, ob der Antragsteller in konflikthaften Situationen in der Lage sei, aufkommende Aggressionen zu beherrschen und angemessen zu reagieren. Die von ihm versuchte Relativierung des Deliktunrechts (Provokation durch den Geschädigten, keine aggressiven Schläge mit voller Wucht) sei nicht geeignet, die Eignungszweifel zu beseitigen. Entscheidend sei, dass er rechtskräftig wegen vorsätzlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung verurteilt worden sei und damit Charaktereigenschaften offenbart habe, die sich auch zum Schaden von Fahrgästen auswirken könnten. Da die Straftat noch nicht tilgungsreif sei, sei sie in vollem Umfang verwertbar (vgl. §§ 46 Abs. 1, 47 Abs. 1 BZRG). Eine Verwirkung der im öffentlichen Interesse wahrzunehmenden Eingriffsbefugnis komme im Gefahrenabwehrrecht nicht in Betracht.8 Deshalb könne dahinstehen, ob der Antragsgegner, dem der Vorfall vom 30.11.2015 seit Dezember 2015 bekannt sei, die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung im Februar 2016 zu Recht verlängert habe oder aber, ob er berechtigt gewesen wäre, das Verfahren auf Verlängerung der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung bis zum Ausgang des Strafverfahrens auszusetzen. Jedenfalls habe er aus der Nichtvorlage des angeforderten Gutachtens auf die fehlende charakterliche Eignung des Antragstellers schließen dürfen.

II.

Der Antrag, mit dem der Antragsteller sinngemäß die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines fristgerecht eingelegten Widerspruchs gegen die kraft behördlicher Anordnung gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO sofort vollziehbare Entziehung seiner Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung und die Aufforderung zur Abgabe des Scheins in der Verfügung vom 22.11.2016 begehrt, ist gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO statthaft, hat jedoch keinen Erfolg.

Die vom Gericht zu treffende Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO richtet sich danach, ob ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der angegriffenen Verfügung schriftlich hinreichend begründet wurde (§ 80 Abs. 3 VwGO) und ob es gegenüber dem Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs schwerer wiegt (§ 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO). Im Rahmen der Interessenabwägung sind die Erfolgsaussichten des Widerspruchs zu berücksichtigen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs ist in der Regel abzulehnen, wenn der Rechtsbehelf nach dem derzeitigen Erkenntnisstand offensichtlich aussichtslos ist; umgekehrt überwiegt bei einer offensichtlichen Erfolgsaussicht des Widerspruchs das Aussetzungsinteresse des Antragstellers.9

Zunächst hat der Antragsgegner die Anordnung der sofortigen Vollziehung in einer den formalen Erfordernissen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügenden Weise mit der Gefahr für potentielle Fahrgäste von zur Beförderung von Fahrgästen nicht geeignete Personen befördert zu werden, und der angesichts dieser Gefahr bestehenden Notwendigkeit eines schnellen Eingreifens begründet. Diese auf die typische Interessenlage abstellende Begründung ist zulässig und ausreichend, weil es um die Abwehr von Gefahren für die Sicherheit und Ordnung des öffentlichen Straßenverkehrs geht und in Fällen der vorliegenden Art sich das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung gerade aus den Gesichtspunkten ergibt, die für den Erlass des Verwaltungsakts selbst maßgebend sind.10

Weiter ist davon auszugehen, dass der Widerspruch des Antragstellers gegen den Bescheid vom 22.11.2016 nach derzeitigem Erkenntnisstand keine Aussicht auf Erfolg hat, da der Entzug der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung offensichtlich rechtmäßig erscheint. Zur Begründung kann vollumfänglich auf die Ausführungen des Antragsgegners in der Antragserwiderung Bezug genommen werden.

Zutreffend hat der Antragsgegner darin dargestellt, dass bei Zweifeln an der Gewähr dafür, dass der Betreffende der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht wird, gemäß § 48 Abs. 9 Satz 3 FeV die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung angeordnet werden kann. Eine Anordnung hat zu unterbleiben, wenn mit hinreichender Gewissheit feststeht, dass der Betroffene die Gewähr nicht bietet (§ 48 Abs. 9 Satz 1 i.V.m. § 11 Abs. 7 FeV).

Vorliegend ist der Antragsgegner nicht zu der Überzeugung gelangt, dass der Antragsteller der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen nicht gerecht wird; er zweifelt daran aufgrund der rechtskräftigen Verurteilung des Antragstellers wegen Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung lediglich und hat ihm deshalb aufgegeben, diese Zweifel durch die Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens auszuräumen. Dagegen ist von Rechts wegen nichts zu erinnern.

Ein Fahrgast muss darauf vertrauen können, dass er ordnungsgemäß und sicher befördert wird, zumal er sich oftmals allein mit dem Fahrer im Fahrzeug befindet und vielfach besonders hilfsbedürftige Menschen wie etwa ältere Menschen, gebrechliche Kranke, sehr junge Menschen oder durch Übermüdung oder Alkoholgenuss eingeschränkte Personen die Dienste eines Inhabers einer Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung in Anspruch nehmen.11 Ob der Inhaber einer Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung die Gewähr dafür bietet, dass er der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht wird, ist durch Würdigung der Gesamtpersönlichkeit des Betroffenen anhand aller bekannten verwertbaren Straftaten und Ordnungswidrigkeiten verkehrsrechtlicher und nichtverkehrsrechtlicher Art sowie sonstiger Vorkommnisse zu beurteilen.12 Bei Verfehlungen, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Personenbeförderung stehen, kommt es darauf an, ob sie Charaktereigenschaften offenbaren, die sich auch bei der gewerblichen Beförderung zum Schaden der Fahrgäste auswirken können. Die von der Fahrerlaubnisbehörde zu treffende Prognoseentscheidung fällt bereits dann zu Ungunsten des Betroffenen aus, wenn Tatsachen vorliegen, welche die ernsthafte Befürchtung rechtfertigen, dass der Inhaber der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung die besonderen Sorgfaltspflichten, die ihm bei der Beförderung der ihm anvertrauten Personen obliegen, zukünftig missachten werde. Eines zweifelsfreien Nachweises bedarf es nicht. Aggressives Verhalten steht einer Annahme der besonderen Gewähr für die besondere Verantwortung bei der Fahrgastbeförderung entgegen.13

Die Verurteilung wegen vorsätzlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung begründet die Besorgnis aggressiven Verhaltens und damit Zweifel, dass er den erhöhten, an einen Taxifahrer gerichteten Anforderungen zu einem situationsangemessenen Verhalten nicht gerecht werden könne. Diese Zweifel auszuräumen dient die Anordnung des Antragsgegners vom 27.09.2016.

Zur Überzeugung der Kammer bestehen keine und erst recht keine ernsthaften Zweifel daran, dass die materiellen Voraussetzungen für die Anordnung der Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens erfüllt sind.

Neben den materiellen Voraussetzungen für die Anordnung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens sind auch die formellen Anforderungen des § 11 Abs. 6 Sätze 1 und 2 FeV erfüllt. Danach legt die Fahrerlaubnisbehörde unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls und unter Beachtung der Anlagen 4 und 5 in der Anordnung zur Beibringung des Gutachtens fest, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind. Weiter teilt die Behörde dem Betroffenen unter Darlegung der Gründe für die Zweifel an seiner Eignung und unter Angabe der für die Untersuchung in Betracht kommenden Stelle oder Stellen mit, dass er sich innerhalb einer von ihr festgelegten Frist auf seine Kosten der Untersuchung zu unterziehen und das Gutachten beizubringen hat; sie teilt ihm außerdem mit, dass er die zu übersendeten Unterlagen einsehen kann. Nur wenn das behördliche Verfahren rechtsfehlerfrei ist, insbesondere den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet, kann seine Nichtbefolgung die Entziehung der Fahrerlaubnis rechtfertigen. Die behördliche Aufforderung muss aus sich heraus verständlich sein und der Betroffene muss ihr entnehmen können, was konkret ihr Anlass ist und ob die Darlegungen der Behörde die Zweifel an seiner Fahreignung zu rechtfertigen vermögen. Die den konkreten Verdacht begründeten Umstände müssen so genau bezeichnet sein, dass es den Betroffenen möglich ist, unter Heranziehung eines Rechtsanwaltes abzuschätzen, ob nach den Vorschriften der FeV hinreichender Anlass zu der angeordneten Überprüfung besteht.

Diese Vorgaben hat der Antragsgegner in der Anordnung zur Beibringung des Gutachtens vom 27.09.2016 in einer für den Antragsteller hinreichend nachvollziehbaren Weise erfüllt. Durch die Aufforderung, sich einer medizinisch-psychologischen Untersuchung zu unterziehen um die Zweifel an seiner Fahreignung auszuräumen, war für den Antragsteller ohne weiteres und unmissverständlich erkennbar, weshalb und mit welchem Gegenstand die Überprüfung der Fahreignung zur Fahrgastbeförderung erfolgen sollte. Zudem hat der Antragsgegner mit der Frist bis zum 11.11.2016 dem Antragsteller eine hinreichend bestimmte bzw. bestimmbare Frist gesetzt, innerhalb derer er das Gutachten vorzulegen hat.

Die Anordnung zur medizinisch-psychologischen Untersuchung ergibt sich unmittelbar aus § 48 Abs. 9 Satz 3 FeV und ist schon deshalb nicht unverhältnismäßig. Die Anordnung war auch erforderlich, denn eine gleich geeignete, den Antragsteller weniger belastende Maßnahme ist nicht ersichtlich. Die Verhältnismäßigkeit der Untersuchungsanordnung wird entgegen der Ansicht des Antragstellers auch nicht dadurch ernsthaft berührt, dass der Antragsgegner von dem Vorfall am 30.11.2015 bereits unmittelbar danach Kenntnis hatte, jedoch den Ausgang des Strafverfahrens abgewartet und dem Antragsteller im Februar 2016 die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung verlängert hat. Zum einen hat der Antragsgegner insoweit zutreffend darauf hingewiesen, dass die Amtspflicht der Fahrerlaubnisbehörde, für die Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs zu sorgen, nicht der Verwirkung unterliegt. Zum anderen drängte sich ein Zuwarten etwa im Hinblick darauf auf, dass die Umstände bei dem Vorfall am 30.11.2015 von den Beteiligten unterschiedlich dargestellt wurden und deshalb besser einer tatrichterlichen Aufklärung zugeführt werden sollten. Im Falle von wechselseitigen Beleidigungen hatte etwa das OVG Nordrhein-Westfalen im Urteil vom 21.03.2014 – 16 A 730/13 – die Entziehung der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung aufgehoben, weil die Regelung des § 199 StGB, nach der der Richter im Falle einer auf der Stelle erwiderten Beleidigung beide Beleidiger oder einen derselben für straffrei erklären könne, für ein zumindest erheblich herabgesetztes Strafverfolgungsinteresse spreche. Nachdem der Antragsteller indes seinen Einspruch gegen den Strafbefehl vom 20.05.2016 am 15.07.2016 zurückgenommen hatte, durfte und musste der Antragsteller von der Richtigkeit der tatrichterlichen Feststellungen ausgehen.

Die Gutachtensanordnung enthielt auch den nach § 11 Abs. 8 FeV erforderlichen Hinweis, dass die Weigerung eine Eignungsbegutachtung zu absolvieren bzw. die Nichteinhaltung der Frist zur Vorlage des geforderten Gutachtens mit dem Schluss auf die Nichteignung zur Fahrgastbeförderung verknüpft wird.

Aus diesem Grund muss es vorliegend bei der Entziehung der Fahrerlaubnis zumindest so lange bleiben, bis der Antragsteller nachgewiesen hat, dass er die besonderen Anforderungen an die Beförderung von Fahrgästen trotz der Verurteilung wegen vorsätzlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung erfüllt.

Keine Berücksichtigung im Rahmen dieses Verfahrens kann der Umstand finden, dass der Betroffene ggf. auf seinen Führerschein angewiesen ist und ohne diesen der Verlust des Arbeitsplatzes drohe. Eine Gefährdung der beruflichen Existenz ist im Rahmen einer Fahrerlaubnisentziehung grundsätzlich ohne rechtliche Bedeutung, da die Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs den wirtschaftlichen und beruflichen Interessen des Einzelnen vorgeht. Im Interesse der Gefahrenabwehr hat der Betroffene auch die absehbaren Nachteile in Kauf zu nehmen, die insoweit in beruflicher Hinsicht entstehen.14

Damit ist der Antrag mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO zurückzuweisen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 und 2 GKG i.V.m. dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Fassung 2013). Danach ist für die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung der 2-fache Auffangwert (in Höhe von 5.000,00 € = 10.000,00 €) anzusetzen. Dieser Wert ist in Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes mit der Hälfte festzusetzen.


Fußnoten

1) BVerwG, Urteil vom 09.06.2005 – 3 C 21.04 -; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 22.01.2013 – 10 S 243/12 -, juris

2)VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 24.01.2012 – 10 S 3175/11 -, juris; VG Minden, Urteil vom 10.03.2016 – 9 K 2521/15 -, juris; Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Aufl., § 11 FeV Rdnr. 51

3) VG Mainz, Beschluss vom 05.01.2016 – 3 L 1528/15.MZ -, juris

4) VG Stuttgart, Urteil vom 08.09.2016 – 10 K 3061/14 -; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.03. 2014 – 16 A 730/13 -; VG München, Beschlüsse vom 17.02.2012 – M 6b E 11.5987 – und vom 25.06.2007 – M 6a E 07.1782 -; BVerwG, Beschluss vom 19.03.1986 – 7 B 19.86 -, alle bei juris

5) VG Stuttgart, Urteil vom 08.09.2016 – 10 K 3061/14 -; VG Mainz, Beschluss vom 05.01.2016 – 3 L 1528/15.MZ -; VG München, Beschluss vom 25.06.2007 – M 6a E 07.1782 -; alle bei juris

6) Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Aufl., § 48 FeV Rdnr. 26 mit Nachweisen

7) Bay.VGH, Beschluss vom 03.09.2015 – 11 CE 15.1556 -, juris

8) Kopp/Ramsauer, VwVfG, 13. Aufl., § 53 Rdnr. 44

9) vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl., § 80 Rdnr. 158

10) Ständige Rechtsprechung, vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 07.05.2008 – 2 B 187/8 -; VG Saarlouis, Beschlüsse vom 28.07.2011 – 10 L 558/11 –, vom 20.01.2012 – 10 L 1872/11 –, m.w.N., vom 27.10.2014 – 6 L 961/14 – und vom 08.06.2015 – 5 L 555/15 –

11) vgl. VG Hamburg, Beschluss vom 12.03.2012 – 15 E 518/12 -, juris Rn. 24; VG Mainz, Beschluss vom 05.01.2016 – 3 L 1528/15.MZ -, juris Rn. 5

12) VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.05.2016 – 10 S 254/16 –

13) VG Mainz, Beschluss vom 05.01.2016 – 3 L 1528/15.MZ -, juris Rn. 7, 9 mit weiteren Nachweisen

14) Vgl. dazu VG Saarlouis, Beschluss vom 6 L 1295/14; BVerfG, Beschluss vom 20.02.2002 – 1 BvR 2062/96 -, NJW 2002, 2378; ferner OVG Mecklenburg/Vorpommern, Beschluss vom 21.02.2006 – 1 M 22/06 -, juris

 

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