Anpassung des aktuellen Bußgeldkatalog zum 28.04.2020 – Drastisch erhöhte Strafen zum Schutz von vorallem Radfahrer und Fußgänger.
Die wichtigste gesetzliche Grundlage für den Autofahrer, der sich jeden Tag durch den öffentlichen Straßenverkehr bewegt, ist die Straßenverkehrsordnung. Es kommt durchaus häufiger vor, dass sich gesetzliche Vorschriften im Bereich des öffentlichen Lebens ändern, doch verlaufen diese Änderungen in der Regel abseits der öffentlichen Wahrnehmung. Da jedoch ein Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung sehr schnell sehr kostspielig und im schlimmsten Fall sogar mit einem Fahrverbot bestraft werden kann ist es wichtig, dass im Vorfeld möglichst eine große Bandbreite aller Autofahrer von der Änderung Kenntnis nehmen. Seit dem 28.04.2020 wird es einige wichtige Änderungen in der Straßenverkehrsordnung geben.
Die Änderungen gehen einher mit der neuen Novelle, welche für die StVO ins Leben gerufen wurde. Insbesondere für die sogenannten Raser, die infolge eines Geschwindigkeitsverstoßes als Temposünder die Aufmerksamkeit der Ordnungshüter auf sich ziehen, wird die neue Novelle sehr drastische Änderungen mit sich bringen. Höhere Bußgelder drohen nun bei den Geschwindigkeitsüberschreitungen und von einigen Automobilverbänden wurde die neue Novelle, die mit dem 28.04.2020 in kraft tritt, schon scherzhaft als „Führerscheinvernichtungsmaschine“ bezeichnet. Neu ist die Novelle indes jedoch nicht, denn bereits mit dem 14.02.2020 wurde im Bundesrat der Beschluss mit der Nummer 591-19(B) für die Änderung der StVO gefasst. Die Erhöhung der Bußgelder für Geschwindigkeitsüberschreitungen ist jedoch nur ein Teil der Novelle, da auch neue Verkehrsregelungen und neue Verkehrszeichen eingeführt werden. Alle diese Maßnahmen verfolgen gemeinschaftlich ein Ziel: die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer soll erhöht werden. Dieses Ziel ist menschlich gesehen sicherlich nachvollziehbar und sollte demnach auch im Interesse aller Verkehrsteilnehmer liegen.
Geschwindigkeitsüberschreitungen innerorts und ihre Folgen
Um einmal Licht in die neue Novelle zu bringen wird an dieser Stelle einmal übersichtlich aufgelistet, welche Folgen bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung innerorts für PKW-Fahrer drohen:
- Geschwindigkeitsüberschreitung maximal 10 Km/h kostet 30 Euro ohne Punkt und ohne Fahrverbot
- Geschwindigkeitsüberschreitung maximal 15 Km/h kostet 50 Euro ohne Punkt und ohne Fahrverbot
- Geschwindigkeitsüberschreitung maximal 20 Km/h kostet 70 Euro zzgl. ein Punkt im Verkehrszentralregister
- Geschwindigkeitsüberschreitung maximal 25 Km/h kostet 80 Euro zzgl. zwei Punkte sowie ein Monat Fahrverbot
- Geschwindigkeitsüberschreitung maximal 30 Km/h kostet 100 Euro zzgl. zwei Punkte sowie ein Monat Fahrverbot
- Geschwindigkeitsüberschreitung maximal 40 Km/h kostet 160 Euro zzgl. zwei Punkte sowie ein Monat Fahrverbot
Geschwindigkeitsüberschreitungen außerorts und ihre Folgen
Auch für Geschwindigkeitsüberschreitungen außerorts wird es in dem neuen Bußgeldkatalog nunmehr drastischere Folgen geben:
- Geschwindigkeitsüberschreitung maximal 10 Km/h kostet 20 Euro ohne Punkt und ohne Fahrverbot
- Geschwindigkeitsüberschreitung maximal 15 Km/h kostet 40 Euro ohne Punkt und ohne Fahrverbot
- Geschwindigkeitsüberschreitung maximal 20 Km/h kostet 60 Euro zzgl. ein Punkt im Verkehrszentralregister
- Geschwindigkeitsüberschreitung maximal 25 Km/h kostet 70 Euro zzgl. ein Punkt im Verkehrszentralregister
- Geschwindigkeitsüberschreitung maximal 30 km/h kostet 80 Euro zzgl. zwei Punkte und ein Monat Fahrverbot
- Geschwindigkeitsüberschreitung maximal 40 Km/h kostet 120 Euro zzgl. zwei Punkte und ein Monat Fahrverbot
Problemfall Rettungsgasse
Wenn es auf Deutschlands Straßen zu einem Unfall kommt, muss es in zahlreichen Fällen sehr schnell gehen. Das Problem dabei ist, dass die Rettungskräfte auf vielen Straßen keinen direkten Zugang zu der Unfallstelle erhalten. Aus diesem Grund wird im Grunde genommen jedem Fahrer schon in der Fahrschule eingebläut, wie wichtig die Rettungsgasse ist. Das Problem dabei ist nur, dass sich bei Weitem nicht jeder Autofahrer daran zu erinnern scheint oder der Problematik nicht genügend Aufmerksamkeit schenkt. Mit dem neuen Bußgeldkatalog wird diese Problematik jetzt jedoch angegangen und ein Fehlverhalten auch unter Strafe gestellt. Im Hinblick darauf, dass die Rettungsgasse Leben retten kann, erscheint diese Vorgehensweise durchaus nachvollziehbar. Die sogenannten Rettungsgasssenverstöße können nunmehr empfindliche Strafen nach sich ziehen.
Hier ein Überblick:
- auf einer Außerortstraße oder Autobahn bei stockendem Verkehr für die Einsatzkräfte der Polizei oder Rettungssanitäter bzw. Hilfskräfte keine Rettungsgasse gem. Vorschrift gebildet kostet jetzt 200 Euro zzgl. zwei Punkten im Verkehrszentralregister nebst einem Monat Fahrverbot
- wer als Autofahrer unrechtmäßig die bereits gebildete Rettungsgasse nutzt, muss hierfür 240 Euro Strafe bezahlen und erhält zwei Punkte im Verkehrszentralregister nebst einem Monat Fahrverbot
- Behinderung von Rettungs- oder Einsatzkräften in einer Rettungsgasse kostet 280 Euro Strafe zzgl. 2 Punkten im Verkehrszentralregister nebst einem Monat Fahrverbot
- Gefährdung anderer Straßenverkehrsteilnehmer oder Einsatzkräfte kostet 300 Euro Strafe zzgl. 2 Punkten im Verkehrszentralregister nebst einem Monat Fahrverbot
- Sachbeschädigung in einer Rettungsgasse kostet 320 Euro Strafe zzgl. zwei Punkten im Verkehrszentralregister nebst einem Monat Fahrverbot
Halteverstöße werden künftig stärker bestraft
Wer ab dem 28.04.2020 in zweiter Reihe sein Fahrzeug hält muss nunmehr mit einer Strafe von 55 Euro rechnen. Sollte in diesem Zusammenhang auch eine Behinderung anderer Straßenverkehrsteilnehmer entstehen, so droht als Strafe 70 Euro nebst einem Punkt Verkehrszentralregister. Bei einer Gefährdung erhöht sich der Betrag auf 80 Euro zzgl. einem Punkt im Verkehrszentralregister und eine Sachbeschädigung durch den Halteverstoß wird eine Strafe von 100 Euro nebst einem Punkt im Verkehrszentralregister ausgesprochen.
Auch die Parkverstöße werden künftig noch stärker bestraft. Wer als Autofahrer sein Fahrzeug verbotswidrig auf einem Fuß- oder Rad- bzw. Radschnellweg parkt muss mit 55 Euro Strafe rechnen. Erfolgt durch das Parken eine Behinderung erhöht sich der Betrag auf 70 Euro zzgl. einem Punkt im Verkehrszentralregister. Übersteigt die Parkdauer eine Stunde, so wird ebenfalls ein Betrag von 70 Euro zzgl. einem Punkt im Verkehrszentralregister fällig. Bei einer Behinderung, die mehr als eine Stunde andauert, muss der Fahrzeugbesitzer eine Strafe von 80 Euro bezahlen und einen Punkt im Verkehrszentralregister hinnehmen. Bei einer Gefährdung oder Sachbeschädigung wird ein Betrag von 80 Euro zzgl. einem Punkt im Verkehrszentralregister fällig. Wer als Fahrzeughalter sein Fahrzeug unzulässig auf dem Schutzstreifen für die Radfahrer abstellt muss mit 55 Euro rechnen. Resultiert daraus eine Behinderung erhöht sich der Betrag auf 70 Euro und eine Gefährdung kostet sogar 80 Euro. Bei einer Sachbeschädigung wird ein Betrag von 100 Euro fällig.
Ein wesentlicher Aspekt des neuen Bußgeldkataloges 2020 war die Steigerung der Sicherheit auch für Fahrradfahrer, die im Straßenverkehr im Vergleich zu dem Autofahrer eine deutlich schwächere Position einnehmen. Aus diesem Grund gibt es nunmehr auch neue Verkehrszeichen, die auf den CSU-Politiker Andreas Scheuer zurückgehen.
Die neuen Verkehrszeichen sind:
- der grüne Pfeil jetzt auch für Radfahrer
- der Beginn von einer speziellen Fahrradzone, auf welcher die Höchstgeschwindigkeit von 30 Km/h gilt
- der sogenannte Radschnellweg
- das Überholverbot für einspurige Fahrzeuge
Neu im Bußgeldkatalog: die Lastenräder
In den neuen Bußgeldkatalog sind nunmehr auch die sogenannten E-Scooter mit aufgenommen worden, für die es jetzt – ebenso wie bei Fahrrädern sowie Fußgängern – einen Mindestabstand im Überholvorgang für Autofahrer gibt. Dieser Mindestabstand beträgt außerhalb geschlossener Ortschaften 2 Meter sowie innerhalb von geschlossenen Ortschaften 1,5 Meter. Überdies wurde nunmehr auch festgelegt, dass Fahrzeuge mit einem Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen bei dem Rechsabbiegevorgang nur noch in Schrittgeschwindigkeit bewegt werden dürfen. Wer dies nicht beachtet muss mit einem Bußgeld in Höhe von 70 Euro sowie einem Punkt im Verkehrszentralregister rechnen.
Bei allen Neuerungen, die sich auf den ersten Blick als überaus drakonisch darstellen, bleibt jedoch ein Faktor des neuen Bußgeldkataloges 2020 im Vergleich zu dem vorherigen Bußgeldkatalog gleich: der Faktor Mensch bei der Kontrolle. Auch künftig werden die Verstöße gegen den Bußgeldkatalog weiterhin von menschlichen Ordnungshütern kontrolliert, sodass sich natürlich auch weiterhin Fehlerquellen bei der Kontrolle ergeben werden. Statistisch gesehen ist jeder dritte Bußgeldbescheid, der aufgrund eines vermeintlichen Verstoßes gegen die Straßenverkehrsordnung ausgestellt wird, mit Fehlern behaftet. Diese Fehler bieten natürlich eine Angriffsfläche für das Widerspruchsverfahren, welches dem Fahrzeugbesitzer auch weiterhin offen bleibt. Eine rechtliche Überprüfung des Bußgeldbescheides kann sich daher auch nach den Änderungen lohnen und wir stehen diesbezüglich sehr gern zur Verfügung.