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Fahrerlaubnisentziehung wegen vieler Parkverstöße

Fahrverbot wegen Parkverstößen: Behörde zieht Konsequenzen

Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis abgelehnt. Der Antragsteller hatte zahlreiche Parkverstöße begangen, die seine Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen in Frage stellten. Trotz Aufforderung legte er kein erforderliches MPU-Gutachten vor, woraufhin ihm die Fahrerlaubnis entzogen wurde. Dieses Urteil bestätigt die Rechtmäßigkeit der Entziehung der Fahrerlaubnis unter diesen Umständen.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.:14 L 2776/23   >>>

Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Entziehung der Fahrerlaubnis: Bestätigung der Rechtmäßigkeit der Entscheidung.
  2. Zahlreiche Parkverstöße: Grundlage für die Infragestellung der Eignung des Antragstellers.
  3. Verweigerung der MPU-Vorlage: Antragsteller legte das geforderte medizinisch-psychologische Gutachten nicht vor.
  4. Öffentliches Vollzugsinteresse: Überwiegt das private Aussetzungsinteresse des Antragstellers.
  5. Rechtsgrundlage: § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG und § 46 Abs. 1 FeV.
  6. Begründungserfordernis: Formelle Voraussetzungen der sofortigen Vollziehung sind erfüllt.
  7. Bewertung des Verhaltens: Hartnäckige Missachtung von Verkehrsvorschriften deutet auf mangelnde Eignung hin.
  8. Bindung an Bußgeldentscheidung: Der Antragsteller konnte nicht nachweisen, dass er nicht für alle Parkverstöße verantwortlich war.

Fahrerlaubnisentziehung: Ein rechtlicher Diskurs

Falschparken
(Symbolfoto: F01 PHOTO /Shutterstock.com)

Der Entzug der Fahrerlaubnis stellt in der rechtlichen Auseinandersetzung ein bedeutsames Thema dar. Dieses Szenario tritt häufig im Kontext von Verkehrsdelikten auf, wie beispielsweise bei wiederholten Parkverstößen. Die rechtlichen Rahmenbedingungen und Folgen solcher Vergehen rücken dabei in den Fokus der Betrachtung. Es geht um die Frage, unter welchen Umständen die Behörden befugt sind, einem Bürger die Fahrerlaubnis zu entziehen, und welche Prozesse in solchen Fällen durchlaufen werden müssen. Insbesondere die Rolle eines MPU-Gutachtens (Medizinisch-Psychologische Untersuchung) und die rechtliche Tragweite von Ordnungsverfügungen sind von zentraler Bedeutung.

Die Entscheidungen der Verwaltungsgerichte, wie beispielsweise des VG Düsseldorf, bieten einen tiefen Einblick in die rechtlichen Überlegungen und Abwägungen, die hinter solchen Entscheidungen stehen. Im folgenden Abschnitt wird ein konkretes Urteil beleuchtet, das zeigt, wie im Rahmen des deutschen Rechtssystems die Balance zwischen individuellen Rechten und öffentlicher Sicherheit gehandhabt wird. Dieser Fall liefert interessante Erkenntnisse darüber, wie sich wiederholte Verkehrsverstöße auf die Fahrerlaubnis auswirken können und bietet eine grundlegende Perspektive auf die Durchsetzung von Verkehrsvorschriften in Deutschland. Lassen Sie uns nun einen genaueren Blick auf dieses spezifische Urteil werfen, um die feinen Nuancen dieses rechtlichen Dilemmas zu verstehen.

Die Rolle des VG Düsseldorf bei der Fahrerlaubnisentziehung

Das Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf stand kürzlich vor der Aufgabe, über einen Fall zu entscheiden, der die Entziehung der Fahrerlaubnis eines Bürgers wegen wiederholter Parkverstöße betraf. Der Kern dieses Falles drehte sich um den Antrag des Betroffenen, die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen die von der Behörde erlassene Ordnungsverfügung wiederherzustellen. Das Gericht hatte zu prüfen, ob die von der Behörde angeordnete sofortige Vollziehung der Entziehung der Fahrerlaubnis rechtmäßig war.

Die juristische Herausforderung: Parkverstöße und MPU-Gutachten

Der Antragsteller hatte im Zeitraum von August 2021 bis Dezember 2022 insgesamt 54 Parkverstöße begangen. Diese Verstöße wurden als Indikator für eine mögliche Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen gewertet. Entsprechend wurde vom Antragsteller die Vorlage eines MPU-Gutachtens (medizinisch-psychologische Untersuchung) gefordert, um seine Eignung zum Führen eines Fahrzeugs zu überprüfen. Der Antragsteller kam dieser Aufforderung jedoch nicht nach, was die rechtliche Problematik weiter verschärfte.

Die Entscheidung des VG Düsseldorf

Das VG Düsseldorf wägte die Interessen des Antragstellers und das öffentliche Interesse an der Sicherheit des Straßenverkehrs ab. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Fahrerlaubnisentziehung überwiegt. In materieller Hinsicht erschien die Ordnungsverfügung rechtens, da sie auf § 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) und § 46 Abs. 1 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) basiert.

Zusammenhang zwischen Ordnungsverfügung und Fahrerlaubnisentzug

Das Gericht stellte fest, dass die Entziehung der Fahrerlaubnis und die damit verbundene Aufforderung zur Abgabe des Führerscheins auf einer soliden rechtlichen Grundlage standen. Die Antragsgegnerin hatte die Anforderung des Gutachtens auf § 11 Abs. 3 Nr. 4 FeV gestützt, wobei die häufigen und beharrlichen Verstöße des Antragstellers gegen verkehrsrechtliche Vorschriften als ausreichender Grund für die Anforderung eines MPU-Gutachtens angesehen wurden.

In Anbetracht der vorliegenden Beweislage und der Tatsache, dass der Antragsteller die geforderte MPU nicht vorgelegt hatte, entschied das Gericht, die Entziehung der Fahrerlaubnis aufrechtzuerhalten. Diese Entscheidung unterstreicht die Bedeutung der Einhaltung von Verkehrsvorschriften und der Notwendigkeit, auf behördliche Anforderungen wie die Vorlage eines MPU-Gutachtens angemessen zu reagieren.

Der vorliegende Fall des VG Düsseldorf zeigt deutlich, wie ernst Verkehrsverstöße genommen werden und welche Konsequenzen sie für die Fahrerlaubnis eines Bürgers haben können. Er dient als warnendes Beispiel für alle Verkehrsteilnehmer, die Bedeutung von Ordnungsvorschriften und die möglichen Folgen ihrer Missachtung zu verstehen.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Welche Rolle spielen Parkverstöße bei der Entziehung der Fahrerlaubnis?

Parkverstöße spielen in der Regel bei der Prüfung der Fahrtauglichkeit keine Rolle. Sie gelten als Bagatellverstöße und führen normalerweise nicht zur Entziehung der Fahrerlaubnis. Allerdings kann eine extreme Häufung von Parkverstößen dazu führen, dass einem Verkehrsteilnehmer die Fahrerlaubnis entzogen wird. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die Ordnungswidrigkeiten zum Standardverhalten eines Verkehrsteilnehmers gehören und dadurch die Sicherheit der anderen Verkehrsteilnehmer gefährdet wird.

Ein Beispiel dafür ist ein Fall, der vom Verwaltungsgericht Berlin entschieden wurde. Ein Autofahrer hatte innerhalb von zwölf Monaten 174 Verkehrsordnungswidrigkeiten begangen, von denen die große Mehrheit (159) Parkverstöße waren. Aufgrund der hohen Anzahl an Verstößen und der daraus resultierenden Zweifel an seiner Fahreignung wurde dem Mann die Fahrerlaubnis entzogen.

In solchen Fällen kann die zuständige Behörde auch eine Medizinisch Psychologische Untersuchung (MPU) anordnen. Wenn diese nicht bestanden oder fristgerecht absolviert wird, kann ebenfalls die Fahrerlaubnis entzogen werden.

Es sollte daher betont werden, dass auch sogenannte Bagatelldelikte wie Parkverstöße ernst genommen werden sollten, da sie bei extremer Häufung durchaus zu ernsthaften Konsequenzen wie dem Entzug der Fahrerlaubnis führen können.


Das vorliegende Urteil

VG Düsseldorf – Az.: 14 L 2776/23 – Beschluss vom 07.11.2023

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung der Klage 14 K 7515/23 gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 13. September 2023 wiederherzustellen bzw. anzuordnen, hat keinen Erfolg.

Der Antrag ist zulässig.

Der erhobenen Klage kommt hinsichtlich der Entziehung der Fahrerlaubnis und der Aufforderung zur Abgabe des Führerscheins wegen der behördlichen Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO und hinsichtlich der Festsetzung unmittelbaren Zwangs nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 112 Satz 1 des Justizgesetzes Nordrhein-Westfalen (JG NRW) keine aufschiebende Wirkung zu.

Der Antrag ist jedoch in vollem Umfang unbegründet.

Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung einer Klage gegen einen belastenden Verwaltungsakt wiederherstellen bzw. anordnen, wenn bei einer Interessenabwägung das private Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung gegenüber dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung überwiegt. Dies kommt dann in Betracht, wenn die angefochtene Verfügung offensichtlich rechtswidrig ist oder aus anderen Gründen das Interesse des Antragstellers an der beantragten Aussetzung der Vollziehung das öffentliche Interesse an der sofortigen Durchsetzbarkeit des Verwaltungsaktes überwiegt.

Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Vorliegend überwiegt das öffentliche Vollzugsinteresse das private Aussetzungsinteresse des Antragstellers.

In formeller Hinsicht genügt die Anordnung der sofortigen Vollziehung im Hinblick auf die Entziehung der Fahrerlaubnis dem in § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO normierten Begründungserfordernis. Die Antragsgegnerin war sich des Ausnahmecharakters der sofortigen Vollziehung bewusst und hat dies in der angefochtenen Verfügung hinreichend zum Ausdruck gebracht. Dem stehen auch möglicherweise formelhaft klingende Wendungen angesichts der Vielzahl vergleichbarer Verfahren und der jeweils sehr ähnlich gelagerten widerstreitenden Interessen nicht entgegen.

Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 19. März 2012 – 16 B 237/12 -, Rn. 2, juris; OVG NRW, Beschluss vom 7. April 2014 – 16 B 89/14 – juris; OVG NRW, Beschluss vom 14. November 2014 – 16 B 1195/14 – juris; VGH Bayern, Beschluss vom 15. Juni 2009 – 11 CS 09.373 -, Rn. 19, juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 16. Januar 2012 – 6 L 1971/11 -, Rn. 2, juris.

Das Erlassinteresse und das Interesse an der sofortigen Vollziehung können – gerade im Gefahrenabwehrrecht – durchaus zusammenfallen, wobei die Frage, ob die Abwägung inhaltlich tragfähig ist, keinen Aspekt des Formerfordernisses gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO darstellt.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. März 2012 – 16 B 237/12 -, Rn. 2, juris; OVG NRW, Beschluss vom 8. August 2008 – 13 B 1122/08 -, Rn. 4, 6, juris.

Die angefochtene Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 13. September 2023 erweist sich bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung auch in materieller Hinsicht als offensichtlich rechtmäßig. Die in der Hauptsache erhobene Klage wird voraussichtlich erfolglos bleiben.

Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ordnungsverfügung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung maßgeblich, hier also der 13. September 2023.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2008 – 3 C 26.07 -, Rn. 16, juris; OVG NRW, Beschluss vom 2. April 2012 – 16 B 356/12 -, Rn. 6, juris.

Die Verfügung findet ihre Rechtsgrundlage in § 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) in Verbindung mit § 46 Abs. 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV -). Nach dieser Vorschrift hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich ihr Inhaber als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Das gilt nach § 46 Abs. 1 S. 2 FeV insbesondere dann, wenn Erkrankungen und Mängel nach den Anlagen 4,5 oder 6 zur Fahrerlaubnisverordnung vorliegen oder erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen wurde und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist. Vorliegend steht die Nichteignung des Antragstellers zwar nicht fest (vgl. § 11 Abs. 7 FeV), jedoch durfte gemäß § 11 Abs. 8 S. 1 FeV mangels Vorlage eines von ihm zu Recht geforderten MPU-Gutachtens auf die Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen geschlossen werden.

Diese Schlussfolgerung ist jedenfalls jeweils zulässig, wenn die Anordnung rechtmäßig ist und für die Weigerung, das geforderte Gutachten beizubringen, kein ausreichender Grund besteht,

vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25. August 2008 – 16 A 1200/07 -, juris; Beschluss vom 8. Januar 2008 – 16 B 1367/07 -, juris.

Der Antragsteller ist vorliegend der nach §§ 11 Abs. 3 Nr. 4, 11 Abs. 6 FeV angeordneten Begutachtungsaufforderung nicht nachgekommen.

Nach § 11 Abs. 1 S. 2 FeV sind die an einen Fahrerlaubnisbewerber bzw. -inhaber zu stellenden notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen insbesondere nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach den Anlagen 4 oder 5 zu §§ 11, 13 und 14 FeV vorliegt oder erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen wurde, wodurch die Eignung oder die bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen wird. Nach § 11 Abs. 3 Nr. 4 FeV kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Klärung der Eignung eines Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen ein medizinisch-psychologisches Gutachten anordnen, wenn ein erheblicher Verstoß oder wiederholte Verstöße gegen verkehrsrechtliche Vorschriften vorliegen.

Erforderlich aber auch ausreichend ist, dass aufgrund konkreter tatsächlicher Anhaltspunkte berechtigte Zweifel an der Kraftfahreignung des Betroffenen bestehen. Die tatsächlichen Feststellungen müssen den Eignungsmangel als naheliegend erscheinen lassen. Bedenken in diesem Sinne verlangen tatsächliche Hinweise auf Umstände, die für die Verkehrssicherheit in so hohem Maße bedeutsam sind, dass die bisher für die Eignungsbeurteilung zu Grunde liegenden Tatsachen fachlich überprüft werden müssen.

Vgl. OVG Niedersachsen, Beschluss vom 11. April 2005 – 12 ME 540/04 -,ZfS 05, S. 575; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 28. Oktober 2004-10 S 475/04 -, VRS 108, S. 127ff.

Die Antragsgegnerin konnte die Gutachtenaufforderung auf § 11 Abs. 3 Nr. 4 FeV stützen. Danach kann die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung bei einem erheblichen Verstoß oder wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften angeordnet werden. Dabei hat allerdings bei Fahrerlaubnisinhabern das Fahreignungsbewertungssystem Vorrang mit der Folge, dass § 11 Abs. 3 Nr. 4 FeV nur dann zur Anwendung kommt, wenn gemäß § 4 Abs. 1 Satz 3 StVG ausnahmsweise vom Fahreignungsbewertungssystem abgewichen werden darf,

vgl. Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 47. Aufl., 2023, § 11 FeV, Rdnr. 34.

Ein Verlassen des Fahreignungsbewertungssystems muss dabei auf eng begrenzte, besonders gelagerte Ausnahmefälle beschränkt sein. Es müssen Umstände vorliegen, die den Schluss darauf zulassen, dass der betroffene Kraftfahrer selbst dann nicht zu einem ordnungsgemäßen Verkehrsverhalten zurückfindet, wenn er die präventiven Maßnahmen nach dem Punktsystem durchlaufen hat. Es muss alles dafür sprechen, dass er ungeeignet ist, am motorisierten Straßenverkehr teilzunehmen und keine Aussicht auf Besserung seines Verkehrsverhaltens besteht. Demgemäß muss sich die Straßenverkehrsbehörde in Zurückhaltung üben und im Einzelfall sehr präzise begründen, warum sie es für unerlässlich hält, die Fahr-Eignungsbedenken sofort durch eine medizinisch – psychologische Untersuchung zu klären, ohne den Betroffenen die Chance zu belassen, zuvor das Hilfsangebot des § 4 StVG wahrzunehmen. Wann ein solcher Ausnahmefall gegeben ist, ist eine Frage der Würdigung der Umstände des Einzelfalls,

vgl. OVG NRW, Beschluss vom 7. Oktober 2013 – 16 A 2820/12 – juris; Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 20. November 2014 – 10 S 1883/14 – juris; Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10. Dezember 2007 – OVG 1 S 145.07 – juris; Koblenz, Beschluss vom 18. Juni 2020 – 4 L 487/20.KO – juris.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. Es bestehen keine Bedenken gegen die materielle Rechtmäßigkeit der Gutachtenanforderung vom 15. Juni 2023. Es bestanden zum Zeitpunkt der Gutachtenaufforderung hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte, die bei vernünftiger Einschätzung die ernsthafte Besorgnis begründeten, dass der Antragsteller zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht (mehr) geeignet sein könnte.

Denn aus dem vorliegenden Sachverhalt ergibt sich, dass der Antragsteller im Zeitraum von August 2021 bis Dezember 2022 mit 54 Verkehrsverstößen bezüglich des ruhenden Verkehrs in Erscheinung getreten ist. Dabei zeigen die Verstöße, dass sich der Antragsteller in diesem Zeitraum beharrlich über die den ruhenden Verkehr regelnden Ordnungsvorschriften hinweggesetzt hat, was eine gleichgültige Grundeinstellung gegenüber Verkehrsvorschriften jedweder Art hindeutet. Dieses hartnäckige Fehlverhalten des Antragstellers, der sich durch die Vielzahl der Verwarnungen und Ordnungsgelder nicht hat beeindrucken lassen, lässt zumindest aufklärungsbedürftige Zweifel daran aufkommen, ob er die im fließenden Verkehr geltenden Verkehrsvorschriften beachtet,

vgl. dazu: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 20. November 2014 – 10 S 1883/14 – juris

Vor diesem Hintergrund hat die Antragsgegnerin in nicht zu beanstandender Weise als Ausnahmefall dargelegt, dass in Fällen des § 11 Abs. 3 Nr. 4 FeV auch nicht eintragungspflichtige Verkehrsordnungswidrigkeiten Zweifel an der Fahreignung begründen können, wenn sie beharrlich und häufig begangen werden, sodass daraus begründete Zweifel an der charakterlichen Eignung des Fahrerlaubnisinhabers gerechtfertigt erscheinen, weil aus der beharrlichen Missachtung der Rechtsordnung (Verkehrsvorschriften) auf derartige charakterliche Mängel geschlossen werden kann bzw. solche vermutet werden können.

Soweit der Antragsteller vorgetragen hat, dass nicht alle Parkverstöße von ihm begangen worden seien, ist dies zum einen zu pauschal, um im fahrerlaubnisrechtlichen Verfahren Berücksichtigung finden zu können. Denn es ist nicht ansatzweise ersichtlich, auf welche Verstöße sich dieser Einwand bezieht. Zum anderen ist dies vor dem Hintergrund des § 3 Abs. 4 StVG unerheblich, demzufolge die Fahrerlaubnisbehörde an die Feststellungen der Bußgeldentscheidung gebunden ist. Da der Antragsteller – soweit ersichtlich – gegenüber der zuständigen Behörde nicht eingewandt hat, dass er für einen Teil der Parkverstöße nicht verantwortlich sei, muss er dies nun gegen sich gelten lassen.

Die Antragsgegnerin hat zudem ihr in Bezug auf die Anordnung des Gutachtens eingeräumtes Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt und die Belange des Antragstellers gegen das öffentliche Interesse am Erlass der Gutachtenanordnung sowie alle für und gegen die Anordnung eines solchen Gutachtens sprechenden Gründe abgewogen.

Insbesondere hat die Antragsgegnerin dargestellt, dass das Punktesystem, wie sich § 4 Abs. 1 S. 3 StVG ergibt, gerade nicht abschließend ist. Insoweit kann nämlich die Fahrerlaubnis auch demjenigen, dessen Eintragungen im Fahreignungsregister unter den jeweiligen Schwellenwerten für eine Ermahnung oder Verwarnung liegen, entzogen werden, wenn er sich aus anderen Gründen als ungeeignet erwiesen hat. Zwar bleiben bei der Prüfung der Fahreignung die durch die Nichterfassung im Fahreignungsregister dem Bagatellbereich zuzurechnen Verkehrsordnungswidrigkeiten grundsätzlich außer Betracht, eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht aber dann, wenn der Fahrerlaubnisinhaber die Rechtsordnung über den ruhenden/fließenden Verkehr nicht anerkennt und offensichtlich nicht willens ist, auch bloße Ordnungsvorschriften, die im Interesse eines geordneten, leicht und ungefährdeten Verkehrs geschaffen sind, einzuhalten, und diese hartnäckig missachtet, wenn diese seinen persönlichen Interessen in der jeweiligen Situation gerade nicht entsprechen. Verstöße gegen derartige Vorschriften können für die Beurteilung der Fahreignung jedenfalls dann aussagefähig sein, wenn sie sich über einen längeren Zeitraum derart häufen, dass dadurch nicht nur eine laxe Einstellung gegenüber den Vorschriften der Straßenverkehrsordnung, sondern auch eine Gleichgültigkeit gegenüber Verkehrsvorschriften jedweder Art offenbart wird.

Vor diesem Hintergrund ist es zur Überzeugung des Gerichts nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin die insgesamt aktenkundigen 54 Verstöße gegen verkehrsrechtliche Vorschriften im Zeitraum von August 2021 bis Dezember 2022 des Antragstellers als Hinweis auf eine Uneinsichtigkeit des Antragstellers gegenüber den Belangen der Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs gewertet hat.

Die Gutachtenaufforderung genügt auch den formellen Anforderungen des §§ 11 Abs. 6 FeV, da sie sowohl die Rechtsgrundlage als auch die konkreten Fragestellungen enthält. Ebenso wurde der Antragsteller auf die Folgen der Nichtvorlage des Gutachtens hingewiesen.

Aus der Gutachtenaufforderung vom 15. Juni 2023 ist auch eindeutig erkennbar, dass der Antragsteller verpflichtet war, das Gutachten vorzulegen. Die Antragsgegnerin hatte ihm eine angemessene Frist zur Vorlage des angeforderten Gutachtens gesetzt. Jedenfalls aber hat der Antragsteller zu keiner Zeit das geforderte Gutachten vorgelegt, wobei es letztlich ihm obliegt, Eignungszweifel auszuräumen und die dafür erforderlichen Unterlagen bei der Antragsgegnerin vorzulegen.

Die Interessenabwägung geht auch im Übrigen zulasten des Antragstellers aus. Aufgrund des bestehenden überragenden Interesses der Allgemeinheit an der Sicherheit des Straßenverkehrs und dem hiermit verbundenen Schutz höchstrangiger Rechtsgüter muss angesichts der Gefahren, die von Personen ausgehen, die die Eignung, ein Kraftfahrzeug zu führen, das private Interesse des Antragstellers, vorläufig weiterhin am motorisierten Straßenverkehr teilnehmen zu können, hinter dem öffentlichen Interesse zurückstehen.

Die mit der Entziehung der Fahrerlaubnis verbundene Aufforderung zur Abgabe des Führerscheins findet ihre Rechtsgrundlage in § 3 Abs. 2 S. 3 StVG, § 47 Abs. 1 FeV. Zweifel an der Rechtmäßigkeit der mit der Entziehungsverfügung nach §§ 57 Abs. 1 Nr. 2, 60, 63 VwVG verbundenen Zwangsgeldandrohung bestehen ebenfalls nicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG). Das Interesse an der Fahrerlaubnis der betroffenen Klassen wird in Klageverfahren nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen,

vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29. Oktober 2012 – 16 B 1106/12 -, Rn. 9, juris,

der das Gericht folgt, mit dem Auffangwert des GKG angesetzt. Im Verfahren betreffend die Gewährung vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes ermäßigt sich dieser Betrag um die Hälfte.

 

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