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Übersicht
- ✔ Kurz und knapp
- E-Scooter-Fahrt mit 1,34 Promille: Gericht bestätigt Führerscheinentzug und MPU-Anordnung
- ✔ Der Fall vor dem Verwaltungsgericht Ansbach
- ✔ Die Schlüsselerkenntnisse in diesem Fall
- ✔ FAQ – Häufige Fragen: E-Scooter-Trunkenheitsfahrt
- Welche Promillegrenzen gelten für E-Scooter und welche Strafen drohen bei Überschreitung?
- Wie wirkt sich eine Trunkenheitsfahrt mit dem E-Scooter auf die Autofahrerlaubnis aus?
- Welche Rolle spielt eine hohe Alkoholgewöhnung bei der Beurteilung der Fahreignung?
- Wer trägt die Kosten für eine MPU und mit welchen Gebühren ist zu rechnen?
- § Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- ⬇ Das vorliegende Urteil vom Verwaltungsgericht Ansbach
✔ Kurz und knapp
- Eine E-Scooter-Fahrt mit 1,34 Promille Blutalkoholkonzentration kann auf Alkoholmissbrauch hindeuten.
- Das Fehlen deutlicher Ausfallerscheinungen trotz hoher Alkoholisierung spricht für eine Alkoholgewöhnung.
- Dies begründet Eignungszweifel zum Führen von Kraftfahrzeugen.
- Die Behörde darf die Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anordnen.
- Ohne fristgerechte Gutachtenvorlage darf sie von der Nichteignung ausgehen.
- Die Ablehnung der Fahrerlaubnisneuerteilung war daher rechtmäßig.
- Für eine einstweilige Anordnung zur Fahrerlaubniserteilung besteht keine hinreichende Erfolgsaussicht.
- Der Antrag auf einstweilige Anordnung wurde daher zu Recht abgelehnt.
E-Scooter-Fahrt mit 1,34 Promille: Gericht bestätigt Führerscheinentzug und MPU-Anordnung
Die Nutzung von E-Scootern hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen und ist mittlerweile fester Bestandteil des Stadtbildes in vielen Regionen Deutschlands geworden. Allerdings gehen mit dieser neuen Mobilitätsform auch spezifische rechtliche Herausforderungen einher. Eine besonders brisante Thematik ist der Konsum von Alkohol im Zusammenhang mit der Nutzung von E-Scootern.
Ähnlich wie beim Führen eines Kraftfahrzeugs unter Alkoholeinfluss kann auch eine E-Scooter-Fahrt unter Alkoholeinfluss schwerwiegende rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Denn auch E-Scooter-Fahrer müssen die Fahrtüchtigkeit und Verkehrssicherheit gewährleisten. Liegen Anhaltspunkte für einen Alkoholmissbrauch vor, kann dies Zweifel an der generellen Eignung zum Führen von Fahrzeugen im Straßenverkehr begründen.
Im Folgenden werden wir uns daher mit einem konkreten Gerichtsurteil zu einer E-Scooter-Trunkenheitsfahrt und den daraus resultierenden rechtlichen Konsequenzen befassen. Dies soll ein besseres Verständnis für die komplexen Zusammenhänge in diesem Rechtsgebiet vermitteln.
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✔ Der Fall vor dem Verwaltungsgericht Ansbach
E-Scooter-Fahrt unter Alkoholeinfluss führt zu Führerscheinentzug und MPU-Anordnung
Der Fall dreht sich um einen Antragsteller, der im September 2021 mit einem E-Scooter und einer Blutalkoholkonzentration von 1,34 Promille von der Polizei angehalten wurde. Obwohl ihm der Führerschein bereits entzogen wurde und eine sechsmonatige Sperrfrist verhängt worden war, beantragte er im Mai 2022 die Erteilung einer Fahrerlaubnis der Klasse B. Die Führerscheinstelle forderte daraufhin ein medizinisch-psychologisches Gutachten (MPU), um zu klären, ob der Antragsteller in der Lage sei, Alkoholkonsum und das Führen eines Fahrzeugs sicher zu trennen. Der Antragsteller legte jedoch kein solches Gutachten vor und argumentierte, dass es keine Anzeichen für Alkoholmissbrauch gäbe. Stattdessen schlug er eine verkehrsmedizinische Untersuchung vor.
Die Führerscheinstelle lehnte den Antrag ab und führte zur Begründung an, dass aufgrund der erheblichen Alkoholisierung bei der Fahrt Zweifel an der Fahreignung des Antragstellers bestünden. Die Behörde wies darauf hin, dass bereits eine Fahrt unter erheblichem Alkoholeinfluss Bedenken an der Fahreignung begründet. Der Antragsteller erhob daraufhin Klage und beantragte im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Erteilung der Fahrerlaubnis.
Gerichtliche Entscheidung zur MPU-Anordnung
Das Verwaltungsgericht Ansbach lehnte den Antrag auf einstweilige Anordnung ab. Das Gericht stellte fest, dass die Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens durch die Führerscheinstelle rechtmäßig war. Die Tatsache, dass der Antragsteller trotz einer Blutalkoholkonzentration von 1,34 Promille keine signifikanten Ausfallerscheinungen zeigte, deutete auf eine hohe Alkoholgewöhnung hin. Dies begründet die Annahme, dass der Antragsteller nicht in der Lage sei, Alkoholkonsum und das Führen eines Fahrzeugs hinreichend sicher zu trennen.
Das Gericht führte aus, dass gemäß § 13 Satz 1 Nr. 2 FeV ein MPU-Gutachten gefordert werden kann, wenn Tatsachen bekannt werden, die Bedenken gegen die Eignung des Bewerbers begründen. Der Verzicht auf eine solche Untersuchung wäre nur möglich, wenn keine Zweifel an der Fahreignung bestünden, was im vorliegenden Fall nicht gegeben war. Die Bewertung der Behörde, dass eine hohe Alkoholgewöhnung vorliegt und somit eine erhöhte Gefahr erneuter Trunkenheitsfahrten besteht, war daher nachvollziehbar.
Rechtsgrundlagen und Begründungen des Gerichts
Das Gericht betonte, dass die Fahrerlaubnisbehörde bei der Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach einer Trunkenheitsfahrt berechtigt ist, eine MPU zu verlangen, wenn der Bewerber eine hohe Blutalkoholkonzentration aufwies und keine Ausfallerscheinungen zeigte. Dies entspreche den Vorgaben der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV), die in solchen Fällen eine besondere Untersuchung zur Feststellung der Fahreignung vorschreibt.
Weiterhin erläuterte das Gericht, dass das Fehlen von alkoholbedingten Ausfallerscheinungen bei hohen Blutalkoholwerten auf eine erhebliche Alkoholgewöhnung hinweist. Dies sei ein Indiz für Alkoholmissbrauch, auch wenn keine Alkoholabhängigkeit vorliegt. Da der Antragsteller das geforderte MPU-Gutachten nicht vorlegte, durfte die Behörde gemäß § 11 Abs. 8 FeV auf die Nichteignung des Antragstellers schließen.
Folgen für den Antragsteller
Durch die Ablehnung der einstweiligen Anordnung durch das Verwaltungsgericht Ansbach bleibt der Antragsteller weiterhin ohne Fahrerlaubnis. Die Behörde hat zu Recht Zweifel an seiner Fahreignung aufgrund der festgestellten Tatsachen, insbesondere der hohen Blutalkoholkonzentration und der fehlenden Ausfallerscheinungen, die auf eine besondere Alkoholgewöhnung hinweisen. Der Antragsteller muss nun entweder ein MPU-Gutachten vorlegen, das seine Fahreignung bestätigt, oder auf die Erteilung der Fahrerlaubnis verzichten.
Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsteller zu tragen. Der Streitwert wurde auf 2.500 EUR festgesetzt.
✔ Die Schlüsselerkenntnisse in diesem Fall
Das Urteil bekräftigt, dass eine hohe Blutalkoholkonzentration ohne Ausfallerscheinungen bei der Führung eines E-Scooters auf eine erhebliche Alkoholgewöhnung hindeutet. Dies begründet berechtigte Zweifel an der Fahreignung und rechtfertigt die Anordnung einer MPU durch die Führerscheinstelle. Die Entscheidung unterstreicht die Bedeutung der medizinisch-psychologischen Untersuchung als Instrument zur Überprüfung der Fahreignung bei Trunkenheitsfahrten und trägt somit zur Verkehrssicherheit bei.
✔ FAQ – Häufige Fragen: E-Scooter-Trunkenheitsfahrt
Welche Promillegrenzen gelten für E-Scooter und welche Strafen drohen bei Überschreitung?
Für das Fahren eines E-Scooters in Deutschland gelten dieselben Promillegrenzen wie für Autofahrer. Das bedeutet, dass ab einem Blutalkoholwert von 0,5 Promille eine Ordnungswidrigkeit vorliegt. Bei einem ersten Verstoß drohen ein Bußgeld von 500 Euro, zwei Punkte in Flensburg und ein einmonatiges Fahrverbot. Wiederholte Verstöße führen zu höheren Strafen: Beim zweiten Mal sind es 1.000 Euro Bußgeld, zwei Punkte und ein dreimonatiges Fahrverbot, und beim dritten Mal 1.500 Euro Bußgeld, zwei Punkte und ebenfalls ein dreimonatiges Fahrverbot.
Ab einem Blutalkoholwert von 1,1 Promille liegt absolute Fahruntüchtigkeit vor, was eine Straftat darstellt. In diesem Fall drohen eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr, zwei oder drei Punkte in Flensburg und ein Fahrverbot bis zu sechs Monaten oder der Entzug der Fahrerlaubnis. Bereits ab 0,3 Promille kann ein Strafverfahren eingeleitet werden, wenn alkoholbedingte Ausfallerscheinungen wie Schlangenlinienfahren vorliegen. Dies kann zu einer Geldstrafe, drei Punkten in Flensburg und dem Entzug der Fahrerlaubnis führen.
Für Fahranfänger und Fahrer unter 21 Jahren gilt eine 0,0-Promillegrenze. Verstöße gegen diese Regelung werden mit einem Bußgeld von 250 Euro und einem Punkt in Flensburg geahndet. Zudem kann es zu einer Verlängerung der Probezeit um zwei Jahre und der Anordnung eines Aufbauseminars kommen.
Ein Beispiel für die rechtlichen Konsequenzen ist der Fall eines E-Scooter-Fahrers, der mit 1,34 Promille unterwegs war. Aufgrund des hohen Promillewerts wurden Zweifel an seiner Fahreignung geäußert, was zur Anordnung einer Medizinisch-Psychologischen Untersuchung (MPU) führte. Diese Untersuchung ist notwendig, um die Fahreignung des Fahrers zu überprüfen und festzustellen, ob er weiterhin am Straßenverkehr teilnehmen darf.
Wie wirkt sich eine Trunkenheitsfahrt mit dem E-Scooter auf die Autofahrerlaubnis aus?
Eine Trunkenheitsfahrt mit einem E-Scooter kann erhebliche Auswirkungen auf die Autofahrerlaubnis haben. Ab einem Blutalkoholwert von 1,1 Promille liegt absolute Fahruntüchtigkeit vor, was eine Straftat gemäß § 316 StGB darstellt. In solchen Fällen drohen eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr sowie der Entzug der Fahrerlaubnis. Die Gerichte sehen E-Scooter als Kraftfahrzeuge an, weshalb dieselben Promillegrenzen wie für Autos gelten.
Ein Beispiel hierfür ist der Fall eines Mannes, der mit 1,5 Promille auf einem E-Scooter unterwegs war. Die Polizei nahm ihn mit zur Wache, wo nach einer Blutabnahme der hohe Promillewert festgestellt wurde. Noch vor Ort wurde ihm der Führerschein entzogen, und er erhielt ein Fahrverbot für alle Fahrzeugarten, einschließlich Autos.
Ab einem Blutalkoholwert von 1,6 Promille wird zudem eine Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU) angeordnet, um die Fahreignung des Betroffenen zu überprüfen. Diese Untersuchung ist notwendig, um festzustellen, ob der Fahrer weiterhin am Straßenverkehr teilnehmen darf.
Ein weiteres Beispiel ist ein Fall, bei dem das Oberlandesgericht Frankfurt am Main entschied, dass E-Scooter-Fahrer mit einem Blutalkoholwert von 1,64 Promille als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen sind. Dies führte zur Entziehung der Fahrerlaubnis und zur Verhängung einer Sperrfrist für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis.
Bereits ab 0,3 Promille kann ein Strafverfahren eingeleitet werden, wenn alkoholbedingte Ausfallerscheinungen wie Schlangenlinienfahren vorliegen. Dies kann zu einer Geldstrafe, Punkten in Flensburg und dem Entzug der Fahrerlaubnis führen.
Die Gerichte betonen, dass die abstrakte Gefährlichkeit eines E-Scooters nicht unterschätzt werden darf. Obwohl E-Scooter oft als weniger gefährlich angesehen werden, können sie bei Trunkenheitsfahrten erhebliche Risiken für den Fahrer und andere Verkehrsteilnehmer darstellen.
Insgesamt zeigt sich, dass Trunkenheitsfahrten mit E-Scootern ernsthafte rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen können, die weit über ein einfaches Bußgeld hinausgehen.
Welche Rolle spielt eine hohe Alkoholgewöhnung bei der Beurteilung der Fahreignung?
Eine hohe Alkoholgewöhnung spielt eine bedeutende Rolle bei der Beurteilung der Fahreignung, da sie die Wahrnehmung und das Verhalten des Fahrers erheblich beeinflussen kann. Alkoholgewöhnung bedeutet, dass eine Person durch regelmäßigen Alkoholkonsum eine erhöhte Toleranz gegenüber Alkohol entwickelt hat. Dies führt dazu, dass sie auch bei hohen Blutalkoholkonzentrationen (BAK) keine oder nur geringe äußerliche Anzeichen von Trunkenheit zeigt, wie etwa Schlangenlinienfahren, Lallen oder Torkeln.
Ein Beispiel hierfür ist ein Fall, bei dem ein Fahrer mit einer BAK von 3,05 Promille keine typischen Ausfallerscheinungen zeigte. Der Bundesgerichtshof (BGH) kritisierte, dass das Landgericht die hohe Alkoholgewöhnung des Angeklagten nicht ausreichend berücksichtigt hatte. Trotz der fehlenden äußerlichen Anzeichen war die Fahreignung des Fahrers stark beeinträchtigt, was zur Entziehung der Fahrerlaubnis führte.
Die Auswirkungen einer hohen Alkoholgewöhnung auf das Fahrverhalten sind gravierend. Auch wenn der Fahrer sich subjektiv fahrtüchtig fühlt, sind seine Reaktions- und Aufmerksamkeitsleistungen objektiv stark eingeschränkt. Dies erhöht das Risiko von Unfällen erheblich, da die Person die Gefahren des Alkoholkonsums nicht mehr realistisch einschätzen kann.
Ein weiteres Beispiel ist ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, das entschied, dass bereits ab 1,1 Promille eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) angeordnet werden kann, wenn der Fahrer trotz hoher BAK keine Ausfallerscheinungen zeigt. Dies deutet auf eine außergewöhnliche Alkoholgewöhnung hin und begründet Zweifel an der Fahreignung.
Die Anordnung einer MPU erfolgt, um die Fahreignung des Betroffenen zu überprüfen. Bei einer hohen Alkoholgewöhnung besteht eine erhöhte Rückfallgefahr, da die Person möglicherweise nicht in der Lage ist, den Alkoholkonsum und das Führen eines Fahrzeugs zuverlässig zu trennen. Die MPU soll klären, ob der Betroffene in der Lage ist, künftig verantwortungsvoll am Straßenverkehr teilzunehmen.
Ein Beispiel aus der Praxis zeigt, dass ein Fahrer, der mit 1,34 Promille auf einem E-Scooter unterwegs war, zur MPU aufgefordert wurde. Die hohe Alkoholgewöhnung und die damit verbundenen Zweifel an der Fahreignung führten zu dieser Maßnahme.
Insgesamt zeigt sich, dass eine hohe Alkoholgewöhnung ein ernstzunehmender Faktor bei der Beurteilung der Fahreignung ist. Sie kann zur Anordnung einer MPU und zum Entzug der Fahrerlaubnis führen, um die Sicherheit im Straßenverkehr zu gewährleisten.
Wer trägt die Kosten für eine MPU und mit welchen Gebühren ist zu rechnen?
Die Kosten für eine Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU) müssen grundsätzlich von den Betroffenen selbst getragen werden. Die Gebühren variieren je nach Art der Fragestellung und der Begutachtungsstelle. Seit der Aufhebung der Preisbindung im Jahr 2018 können die Begutachtungsstellen ihre Preise frei festlegen, was zu erheblichen Unterschieden führen kann.
Die Kosten für eine MPU wegen Alkoholproblemen liegen im Durchschnitt bei etwa 450 Euro. Hinzu kommen oft noch Kosten für Abstinenznachweise, wie Urinproben oder Haaranalysen, die zwischen 200 und 600 Euro kosten können. Die Vorbereitung auf die MPU, die dringend empfohlen wird, kann ebenfalls erhebliche Kosten verursachen. Einzelcoachings kosten zwischen 800 und 1.000 Euro, während Gruppensitzungen etwas günstiger sind.
Ein Beispiel für die Gesamtkosten einer MPU wegen Alkoholproblemen:
- Die Begutachtung selbst kostet etwa 450 Euro.
- Abstinenznachweise, wie sechs Urinproben, kosten zwischen 300 und 600 Euro.
- Die Vorbereitung in Einzelsitzungen (8 bis 10 Stunden) kostet zwischen 800 und 1.000 Euro.
- Der Antrag auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis kostet etwa 250 Euro.
Insgesamt können die Kosten somit zwischen 1.800 und 2.300 Euro liegen.
Es gibt keine Möglichkeit, die Kosten für eine MPU durch höhere Geldstrafen zu umgehen. Die MPU ist eine zwingende Maßnahme, die nicht durch eine höhere Zahlung abgewendet werden kann.
Für Hartz-IV-Empfänger gibt es in der Regel keine Unterstützung durch das Jobcenter für die Kosten einer MPU. Das Sozialgericht Heilbronn hat entschieden, dass die Kosten für die MPU und die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis nicht vom Jobcenter übernommen werden müssen, da diese Kosten als Folge einer Straftat gelten und nicht zum soziokulturellen Existenzminimum gehören.
Ein Beispiel aus der Praxis zeigt, dass ein 54-jähriger Hartz-IV-Empfänger, der mit 1,52 Promille am Steuer erwischt wurde, die Kosten für die MPU und die Vorbereitungskurse in Höhe von über 2.400 Euro selbst tragen musste. Sein Antrag auf Kostenübernahme durch das Jobcenter wurde abgelehnt.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Kosten für eine MPU erheblich sein können und von den Betroffenen selbst getragen werden müssen. Eine gründliche Vorbereitung ist entscheidend, um die MPU beim ersten Versuch zu bestehen und zusätzliche Kosten zu vermeiden.
§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- § 13 Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV): Regelt die Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens (MPU) bei Eignungszweifeln, was im Fall des Antragstellers relevant wurde, da er das Gutachten nicht vorgelegt hat.
- § 11 Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV): Bestimmt die Anforderungen an die körperliche und geistige Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen. Der Antragsteller musste diese Eignung nachweisen, was ihm nicht gelang.
- § 2 Straßenverkehrsgesetz (StVG): Regelt die Voraussetzungen für die Erteilung und Entziehung der Fahrerlaubnis, die hier relevant waren, da die Eignung des Antragstellers infrage stand.
- § 20 Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV): Gilt für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach Entzug. Die Behörde muss prüfen, ob die Eignungsvoraussetzungen weiterhin bestehen.
- § 11 Abs. 8 Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV): Erlaubt der Behörde, auf die Nichteignung des Bewerbers zu schließen, wenn das geforderte MPU-Gutachten nicht beigebracht wird.
- Ziffer 3.13.1 der Begutachtungsleitlinien für Kraftfahreignung: Definiert Alkoholmissbrauch, relevant, da der Antragsteller trotz hoher Alkoholwerte keine typischen Ausfallerscheinungen zeigte.
- Nr. 8.1 und 8.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV): Klassifizieren Personen als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, wenn sie Alkoholmissbrauch betreiben und Fahrsicherheit nicht trennen können.
- § 123 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO): Regelt den einstweiligen Rechtsschutz, den der Antragsteller begehrte, um vorläufig seine Fahrerlaubnis zurückzuerlangen.
⬇ Das vorliegende Urteil vom Verwaltungsgericht Ansbach
VG Ansbach – Az.: AN 10 E 23.186 – Beschluss vom 30.05.2023
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Erteilung einer Fahrerlaubnis der Klasse B.
Der Antragsteller wurde mit Strafbefehl vom 28. Februar 2022, rechtskräftig seit 19. März 2022, wegen Trunkenheit im Verkehr zu einer Geldstrafe verurteilt und die Fahrerlaubnis mit einer sechsmonatigen Sperrfrist entzogen. Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Antragsteller am 11. September 2021, gegen 02:50 Uhr, obwohl er infolge des Genusses alkoholischer Getränke dazu nicht in der Lage war, ein Elektrokleinstfahrzeug VOI (E-Roller) führte. Der um 02:53 Uhr durchgeführte Atemalkoholtest ergab einen Wert von 0,78 mg/l. Eine um 04:45 Uhr entnommene Blutprobe wies eine Blutalkoholkonzentration von 1,34 Promille auf.
Mit Antrag vom 3. Mai 2022 beantragte der Antragsteller die Erteilung einer Fahrerlaubnis der Klasse B. Unter Bezugnahme auf vorgenannte Trunkenheitsfahrt forderte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 24. November 2022 den Antragsteller auf, bis 24. März 2023 ein medizinisch-psychologisches Gutachten einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung beizubringen. Die zu klärende Fragestellung lautete:
Ist nicht zu erwarten, dass das Führen von Kraftfahrzeugen und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher getrennt werden kann?
Ein Gutachten wurde innerhalb der Frist nicht vorgelegt.
Der Bevollmächtigte nahm mit Schreiben vom 5. Dezember 2022 dahingehend Stellung, dass eine medizinisch-psychologische Untersuchung nicht erforderlich sei, da keine Anhaltspunkte wegen eines Alkoholmissbrauchs vorlägen. Es werde eine verkehrsmedizinische Untersuchung vorgeschlagen.
Die Beklagte führte hierauf aus, dass das Trennungsvermögen des Klägers in Frage stehe.
Mit Bescheid vom 13. Januar 2023, zugestellt am18. Januar 2023, lehnte die Antragsgegnerin den Antrag auf Fahrerlaubniserteilung ab und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, dass im Rahmen des Neuerteilungsverfahrens gemäß § 13 Nr. 2 Buchst. a FeV zu Recht die Vorlage eines Gutachtens gefordert und dieses vom Antragsteller nicht vorgelegt worden sei. Aufgrund der Fahrt unter erheblichem Alkoholeinfluss seien Tatsachen bekannt geworden, die Bedenken an der Eignung des Antragstellers zum Führen eines Kraftfahrzeugs begründet hätten.
Der Antragsteller ließ Klage erheben und einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz stellen. Zur Begründung ließ er im Wesentlichen ausführen, der Antragsteller habe entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin deutliche Ausfallerscheinungen gezeigt. Die von der Polizei beobachtete Fahrtstrecke von 100 m sei bei einer Maximalgeschwindigkeit von 20 km/h in wenigen Sekunden erreicht und nicht aussagekräftig. In dem vorliegenden Arztbericht sei von leichten bis deutlichen Ausfallerscheinungen die Rede. Der Antragsteller habe keinerlei Voreintragungen im Bundeszentralregister bzw. im Fahreignungsregister. Vorrangig wäre ein verkehrsmedizinisches Gutachten als milderes, verhältnismäßigeres Mittel anzuordnen gewesen.
Der Antragsteller beantragt:
Die Antragsgegnerin wird im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig die beantragte Fahrerlaubnis zu erteilen, befristet bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache.
Die Antragsgegnerin beantragt Antragsablehnung.
Zur Begründung wurde ergänzend zum Bescheid im Wesentlichen vorgetragen, dass bei einer angenommenen Geschwindigkeit von 20 km/h das Zurücklegen einer 100m langen Strecke etwa 18 Sekunden dauere. Angesichts der Tatsache, dass die Strecke auf einem E-Scooter zurückgelegt worden sei und sich beide Füße des Klägers auf dem Trittbrett befanden, genüge diese Zeitspanne, um das Fehlen signifikanter Ausfallerscheinungen feststellen zu können. Dass sich bei einer BAK von 1,34 Promille zu erwartende Gleichgewichtsstörungen oder ähnliche Auffälligkeiten erst auf einer längeren Fahrtstrecke bemerkbar machen würden, sei wenig plausibel. Die konkreten Einzelfeststellungen aus dem Arztbericht hätten keinerlei Anhaltspunkte für die zu erwartenden alkoholtypischen Beeinträchtigungen geboten. Die Bewertung des Gesamteindrucks des Arztes als „leicht bis deutlich beeinträchtigt“ sei für sich genommen wenig aussagekräftig. Unterstelle man die Richtigkeit der Angaben des Antragstellers, dass er zwischen dem Atemalkoholtest und des Blutalkoholtestes für zwei Stunden ausgenüchtert habe, müsse davon ausgegangen werden, dass die Resorptionsphase im Zeitpunkt der polizeilichen Kontrolle bereits abgeschlossen gewesen sei. Für den Tatzeitpunkt ergäbe sich nach Umrechnung der Atemalkoholmessung um 02:53 Uhr ein Wert von 1,56 Promille, bei Rückrechnung auf Grund der Blutprobenentnahme ergebe sich zum Zeitpunkt der Kontrolle eine Blutalkoholkonzentration von etwa 1,54 Promille (bei einem anzunehmenden durchschnittlichen stündlichen Alkoholabbau von 0,1 Promille).
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat in der Sache keinen Erfolg
Gemäß § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte, oder auch wenn sie zur Regelung eines vorläufigen Zustands, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, nötig erscheint, um wesentliche Nachteile für den Antragsteller abzuwenden. Hierbei sind nach § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO sowohl ein Anordnungsanspruch, d.h. der materielle Anspruch, für den der Antragsteller vorläufigen Rechtsschutz sucht, als auch ein Anordnungsgrund, der insbesondere durch die Eilbedürftigkeit einer vorläufigen Regelung begründet wird, glaubhaft zu machen. Eine Vorwegnahme der Hauptsache im Rahmen des § 123 VwGO kommt nur in eng begrenzten Ausnahmefällen in Betracht, wobei das Gewicht des Anordnungsgrundes entscheidend für eine mögliche Vorwegnahme der Hauptsache ist (vgl. Happ in: Eyermann, 16. Aufl. 2022, VwGO, § 123 Rn. 66a). Das Abwarten der Hauptsacheentscheidung müsste für den Antragsteller schwere und unzumutbare, nachträglich nicht mehr zu beseitigende Nachteile zur Folge haben (vgl. BVerwG, B.v. 26.11.2013 – 6 VR 3.13 – NVwZ-RR 2014, 558 Rn. 5 m.w.N.). Voraussetzung dafür ist, dass eine bestimmte Regelung im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG zur Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg auch in der Hauptsache spricht (Schenke in: Kopp/Schenke, VwGO, 26. Aufl. 2020, § 123 Rn. 14). Dies gilt im Fahrerlaubnisrecht angesichts der staatlichen Schutzpflicht für das Leben und die Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer in besonderem Maße, da das Führen fahrerlaubnispflichtiger Fahrzeuge im Straßenverkehr mit erheblichen Gefahren für diese Rechtsgüter einhergeht, wenn der Betroffene nicht fahrgeeignet oder zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht befähigt ist (BayVGH, B.v. 3.6.2022 – 11 CE 22.262 – juris Rn. 11; B.v. 16.8.2010 – 11 CE 10.262 – juris Rn. 20).
Der Antrag ist zulässig aber unbegründet
1.
Es fehlt an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs.
Nach der im Eilverfahren nur möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage hat die Antragsgegnerin zu Recht die Neuerteilung der Fahrerlaubnis abgelehnt, da der Antragsteller nicht die Eignungsvoraussetzungen nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Abs. 4 Satz 1 StVG, § 11 Abs. 1 Satz 1 und 3 FeV erfüllt.
Gemäß § 20 Abs. 1 FeV gelten für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht die Vorschriften für die Ersterteilung. Die Fahrerlaubnisbehörde hat zu ermitteln, ob Bedenken gegen die Eignung des Bewerbers zum Führen von Kraftfahrzeugen bestehen (vgl. § 22 Abs. 2 Satz 1 FeV). Werden solche Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die Eignung des Bewerbers begründen, verfährt die Fahrerlaubnisbehörde nach den § 11 bis 14 FeV (§ 22 Abs. 2 Satz 5 FeV). Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 StVG müssen Fahrerlaubnisbewerber zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet sein. Das Vorliegen der Fahreignung muss positiv gegeben sein, weshalb die Nichtfeststellbarkeit der Fahreignung zulasten des Bewerbers geht (vgl. BayVGH, B.v. 3.6.2022 – 11 CE 22.262 – juris Rn. 13). Ein Anspruch auf Erteilung der Fahrerlaubnis besteht nicht, solange Eignungszweifel vorliegen, welche die Anordnung zur Beibringung eines Gutachtens rechtfertigen (BayVGH, B.v. 3.6.2022 a.a.O. m.w.N.). Die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen besitzt nach § 2 Abs. 4 Satz 1 StVG und § 11 Abs. 1 Satz 1 und 3 FeV, wer die notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllt und nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder gegen Strafgesetze verstoßen hat. Diese Anforderungen sind gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 FeV insbesondere dann nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach den Anlagen 4 und 5 zur FeV vorliegt. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die Eignung des Bewerbers begründen, so kann die Fahrerlaubnisbehörde anordnen, dass der Antragsteller ein Gutachten einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung innerhalb einer angemessenen Frist beibringt (vgl. § 2 Abs. 8 StVG).
Nach Nr. 8.1 der Anlage 4 zur FeV ist ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, wer das Führen von Fahrzeugen und einen die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher trennen kann (Alkoholmissbrauch). Missbrauch liegt nach Ziffer 3.13.1 der Begutachtungsleitlinien für Kraftfahreignung vor, wenn ein Fahrerlaubnisinhaber das Führen eines Kraftfahrzeuges und einen die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher trennen kann, ohne bereits alkoholabhängig zu sein. In einem solchen Fall ist der Betroffene nicht in der Lage, den gestellten Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu entsprechen. Aus Ziffer 8.2 der Anlage 4 zur FeV ergibt sich, dass Eignung und bedingte Eignung nach Beendigung des Missbrauchs wieder bejaht werden können, wenn die Änderung des Trinkverhaltens gefestigt ist.
Gemäß § 13 Satz 1 Nr. 2 FeV ordnet die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis an, dass ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen ist, wenn nach dem ärztlichen Gutachten zwar keine Alkoholabhängigkeit, jedoch Anzeichen für Alkoholmissbrauch vorliegen oder sonst Tatsachen die Annahme von Alkoholmissbrauch begründen (Buchst. a), wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss begangen wurden (Buchst. b), ein Fahrzeug im Straßenverkehr bei einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille oder einer Atemalkoholkonzentration von 0,8 mg/l oder mehr geführt wurde (Buchst. c), die Fahrerlaubnis aus einem der unter den Buchstaben a bis c genannten Gründen entzogen war (Buchst. d) oder sonst zu klären ist, ob Alkoholmissbrauch oder Alkoholabhängigkeit nicht mehr besteht (Buchst. e).
§ 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 2 FeV ist danach eine Auffangvorschrift, bei deren Vollzug die Wertungen der § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b und c FeV zu berücksichtigen sind. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung darf die Fahrerlaubnisbehörde deshalb die Neuerteilung der Fahrerlaubnis nach deren Entziehung im Strafverfahren aufgrund einer einmaligen Trunkenheitsfahrt mit einer Blutalkoholkonzentration von weniger als 1,6 Promille nicht allein wegen dieser Fahrerlaubnisentziehung von der Beibringung eines positiven medizinisch-psychologischen Gutachtens abhängig machen. Anders liegt es jedoch dann, wenn zusätzliche Tatsachen die Annahme künftigen Alkoholmissbrauchs begründen. Als eine solche Zusatztatsache kommt das Fehlen alkoholbedingter Ausfallerscheinungen trotz hoher Blutalkoholkonzentration von 1,1 Promille
oder mehr in Betracht. Nach den Erkenntnissen der Alkoholforschung besteht bei Personen, die aufgrund ihres Trinkverhaltens eine hohe Alkoholgewöhnung erreicht haben, das deutlich erhöhte Risiko einer erneuten Trunkenheitsfahrt. Ihre Giftfestigkeit führt unter anderem dazu, dass sie die Auswirkungen ihres Alkoholkonsums auf ihre Fahrsicherheit nicht mehr realistisch einschätzen können. Ebenfalls auf eine hohe Alkoholgewöhnung hindeuten können eine Alkoholfahrt bereits in den Tagesstunden oder über eine längere Fahrstrecke ohne größere Auffälligkeiten. Dabei hängt das Gewicht, das die Zusatztatsache aufweisen muss, maßgeblich davon ab, in welchem Maße die bei der Trunkenheitsfahrt festgestellte Blutalkoholkonzentration den in § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV genannten Wert von 1,6 Promille unterschreitet, bei dem die Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens auch ohne das Vorliegen von Zusatztatsachen zu erfolgen hat. Für die Anwendung von § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 2 FeV ist außerdem erforderlich, dass das Vorliegen einer solchen Zusatztatsache im Zusammenhang mit der begangenen Trunkenheitsfahrt aktenkundig festgestellt und dokumentiert wurde (vgl. zum Ganzen BayVGH, B.v. 3.6.2022 – 11 CE 22.262 – juris Rn. 15 m.w.N.).
Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er ein gefordertes Gutachten nicht fristgerecht bei, darf nach § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV auf die Nichteignung geschlossen werden. Der Schluss auf die Nichteignung ist allerdings nur zulässig, wenn die Anordnung der Begutachtung formell und materiell rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig ist (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2016 – 3 C 20.15 – BVerwGE 156, 293 = juris Rn. 19). Liegen Eignungszweifel vor, die die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens erfordern, ist die Begutachtungsanordnung aber formell rechtswidrig, hat der Betroffene allein einen Anspruch auf erneute Entscheidung nach ordnungsgemäßer Durchführung des in §§ 11, 13 FeV geregelten Verfahrens (zum Ganzen BayVGH, B.v. 3.6.2022 – 11 CE 22.262 – juris Rn. 16).
Bei Anwendung dieser Maßstäbe hat der Antragsteller keinen Anspruch auf (vorläufige) Erteilung einer Fahrerlaubnis.
a)
Formelle Mängel der Gutachtensanforderung sind weder ersichtlich noch wurden solche vorgetragen. Insbesondere wurde der Antragsteller gemäß § 11 Abs. 8 S. 2 FeV darauf hingewiesen, dass die Erteilung der Fahrerlaubnis versagt werden muss, wenn das geforderte Gutachten nicht fristgerecht vorgelegt wird. Die Eintragung der strafgerichtlichen Verurteilung wegen der Trunkenheitsfahrt im Fahreignungsregister ist auch nicht tilgungsreif; sie darf zum Nachteil des Antragstellers verwertet werden.
b)
Auch materielle Rechtmäßigkeitsmängel des streitgegenständlichen Bescheids sind nicht ersichtlich. Selbst wenn man im Rahmen der nur möglichen summarischen Prüfung im Eilverfahren zugunsten des Antragstellers annimmt, dass im Wiedererteilungsverfahren aufgrund von § 3 Abs. 4 StVG eine Berücksichtigung des nach der Trunkenheitsfahrt um 02:53 Uhr gemessenen Atemalkoholwerts von 0,78 mg/l wegen der im Strafbefehl herangezogenen und später gemessenen Blutalkoholkonzentration von 1,34 Promille nicht möglich ist, liegen dennoch Zweifel an der Fahreignung des Antragstellers vor. Diese Eignungszweifel rechtfertigen die Anordnung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens gemäß § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 2 FeV.
Unstrittig ist, dass die vom Antragsteller am Tag der Trunkenheitsfahrt um 4:45 Uhr entnommene Blutprobe eine Blutalkoholkonzentration von 1,34 Promille aufwies. Angesichts dieses Wertes, der knapp zwei Stunden nach der Polizeikontrolle um 02:53 im Blut des Antragstellers gemessen wurde, ist – selbst wenn man nicht auf die um 02:53 Uhr gemessene Atemalkoholkonzentration von 0,78 mg/l abstellt – davon auszugehen, dass der Antragsteller regelmäßig Alkohol konsumiert und bei ihm eine weit überdurchschnittliche Alkoholgewöhnung gegeben ist. Bereits bei Erreichen oder Überschreiten von Werten ab 1,3 ‰ kann man auf eine hohe, besondere Trinkfestigkeit schließen, die durch ein Trinkverhalten erworben sein muss, das erheblich von dem in der Gesellschaft verbreiteten Alkoholkonsum abweicht (vgl. VGH BW, U.v. 7.7.2015 – 10 S 116/15 – juris Rn. 47 m.w.N.). Aus dem ärztlichen Untersuchungsbericht ergibt sich, dass der Antragsteller einen sicheren Gang hatte, der Drehnystagmus feinschlägig und die Auslenkung schnell war, Finger-Finger-Prüfung sowie Finger-Nase-Prüfung sicher durchgeführt werden konnten, die Sprache deutlich, das Bewusstsein klar, die Orientierung nicht gestört, der Denkablauf geordnet, das Verhalten des Antragstellers unauffällig war und sich der äußere Anschein des Einflusses von Alkohol nur leicht bemerkbar machte. Lediglich die plötzliche Kehrtwendung geriet unsicher und die Pupillen des Antragstellers waren stark erweitert sowie die Pupillenreaktion verzögert. Zwar ist dem ärztlichen Untersuchungsbefund zu entnehmen, dass der Antragsteller nach dem Gesamteindruck „leicht bis deutlich beeinträchtigt“ war. Diese Aussage kann aber nur durch Heranziehung der im ärztlichen Bericht getroffenen Einzelfeststellungen gewertet werden, die gerade ganz überwiegend keine alkoholbedingten Ausfallerscheinungen feststellten. Das festgestellte Verhalten des Klägers weist damit auf eine hohe Alkoholgewöhnung hin. Hierfür spricht auch, dass der Antragsteller im Stande war, seinen E-Roller mit beiden Füßen auf dem Trittbrett mindestens auf einer Strecke von 100 m sicher zu führen (vgl. zu einer Strecke von 150 m mit dem PKW: BVerwG, U.v. 17. März 2021 – 3 C 3/20 – SVR 2021, 433) Wegen der hohen Giftfestigkeit steht einem Alkoholgewöhnten die körperliche Befindlichkeit als Maßstab der aktuellen Alkoholisierung nicht mehr zur Verfügung. Für ihn ist daher die Verhaltenskontrolle im Sinne des Trennens von unzulässiger Blutalkoholkonzentration und dem Führen eines Kraftfahrzeugs weit mehr erschwert als für den Durchschnitt der Kraftfahrer, die lediglich eine „normale“ Giftfestigkeit aufweisen (vgl. zum Ganzen VGH BW, U.v. 7.7.2015 – 10 S 116/15 – juris Rn. 47 m.w.N.). Beim Antragsteller hat sich das aufgrund seiner hohen Giftfestigkeit bestehende Risiko einen die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Alkoholkonsum und das Führen eines Fahrzeugs zu trennen, bereits mit seiner Trunkenheitsfahrt am 11. September 2021 realisiert. Angesichts der oben dargelegten Zusatztatsachen sind die Zweifel der Fahrerlaubnisbehörde, ob der Antragsteller Trinken und Fahren sicher trennen kann, gerechtfertigt. Die Anordnung eines verkehrsmedizinischen Gutachtens kommt – entgegen des Vortrags der Antragstellerseite – nicht als milderes Mittel in Betracht, da in den Fällen des § 13 Satz 1 Nr. 2 FeV zwingend ein medizinisch-psychologisches Gutachten anzuordnen ist und der Fahrerlaubnisbehörde insoweit kein Ermessen zukommt (vgl. Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 45. Auflage, § 13 FeV, Rn. 17).
Demzufolge kommt eine stattgebende Entscheidung auf (vorläufige) Erteilung einer Fahrerlaubnis nicht in Betracht, solange der Antragsteller die bestehenden Zweifel an seiner Fahreignung nicht mittels Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens ausräumt.
2.
Auf die Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes kommt es wegen des Fehlens eines Anordnungsanspruchs nicht mehr an.
3.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.5 und 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.