Skip to content
Menü

Bußgeldverfahren – Verbot der Schlechterstellung

Verkehrsrecht: Schutz vor Schlechterstellung im Bußgeldverfahren

Das Kammergericht Berlin (KG Berlin) hat in einem Bußgeldverfahren entschieden, dass eine Erhöhung der Geldbuße im Rahmen einer erneuten Verurteilung nach Aufhebung des ursprünglichen Urteils unrechtmäßig ist. Die Rechtsbeschwerde der Betroffenen führte zur Reduzierung der Geldbuße auf 500 Euro. Zentrale Aspekte waren die Verfahrensfehler und die richtige Auslegung von Verfahrensregeln.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 3 ORbs 5/23 – 122 Ss 138/22  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Herabsetzung der Geldbuße: Aufgrund eines Verfahrensfehlers wurde die ursprünglich erhöhte Geldbuße von 600 Euro auf 500 Euro reduziert.
  2. Verfahrensverstoß: Das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten wurde wegen eines Verfahrensverstoßes aufgehoben.
  3. Rechtsbeschwerde der Betroffenen: Die Betroffene legte erfolgreich Rechtsbeschwerde ein.
  4. Beweisverwertungsverbot: Die Annahme eines Beweisverwertungsverbots wurde nicht bestätigt.
  5. Rolle des Zeugen Y: Bekundungen von Zeuge Y wurden nicht als prozessrechtswidrig angesehen.
  6. Fahrzeughalterstellung: Die Betroffene wurde als Halterin des Fahrzeugs bestätigt.
  7. Innere Tatseite: Die innere Tatseite wurde vom Gericht als ausreichend festgestellt.
  8. Kostenentscheidung: Die Betroffene musste die Kosten des Rechtsmittelverfahrens tragen, da der Erfolg des Rechtsmittels als gering eingestuft wurde.

Rechtsprechung im Fokus: Bußgeldverfahren und Gerechtigkeit

Das Bußgeldverfahren ist ein wesentlicher Bestandteil des deutschen Verkehrsrechts, der regelmäßig für Diskussionen sorgt. Insbesondere das Verbot der Schlechterstellung steht dabei im Zentrum juristischer Debatten. Dieses Prinzip soll sicherstellen, dass Personen im Laufe eines rechtlichen Verfahrens nicht schlechter gestellt werden, als sie es zu Beginn waren. In diesem Kontext spielen Urteile und Entscheidungen bedeutender Gerichte, wie des KG Berlin, eine wichtige Rolle. Sie setzen nicht nur Maßstäbe für die Auslegung und Anwendung des Gesetzes, sondern haben auch direkte Auswirkungen auf die Betroffenen.

Im spezifischen Fall geht es um die Herabsetzung einer Geldbuße und die damit verbundene Rechtsbeschwerde. Diese Entscheidungen bieten Einblicke in die Feinheiten des Verkehrsrechts und die Handhabung von Bußgeldbescheiden. Der folgende Abschnitt wird tiefer in die Details eines konkreten Urteils eintauchen und dessen Bedeutung für die Praxis beleuchten. Tauchen Sie mit uns ein in die Welt der juristischen Entscheidungsfindung und erfahren Sie mehr über die Implikationen dieses speziellen Falls.

Rechtsbeschwerde im Bußgeldverfahren: Eine detaillierte Betrachtung

Im Kern des vorliegenden Falles steht das Bußgeldverfahren gegen eine Betroffene, die ursprünglich vom Amtsgericht Tiergarten wegen einer fahrlässigen Zuwiderhandlung gegen das Berliner Straßengesetz zu einer Geldbuße von 500 Euro verurteilt wurde. Die Komplexität des Falles beginnt mit der Entscheidung des Amtsgerichts, die Geldbuße im nachfolgenden Verfahren auf 600 Euro zu erhöhen, nachdem der Senat das erste Urteil aufgrund eines Verfahrensverstoßes aufhob und die Sache zurückverwiesen hatte.

KG Berlin nimmt Stellung zum Verbot der Schlechterstellung

Das Kammergericht (KG) Berlin griff in diesem Fall ein, indem es die Rechtsbeschwerde der Betroffenen verwarf, jedoch die Geldbuße auf 500 Euro reduzierte. Dieser Schritt des KG Berlins betont das Verbot der Schlechterstellung, welches besagt, dass ein Beschuldigter im Laufe eines rechtlichen Verfahrens nicht schlechter gestellt werden darf als zu Beginn. Die Entscheidung des Gerichts, die Geldbuße auf den ursprünglichen Betrag zu reduzieren, unterstreicht die Bedeutung dieses Grundsatzes im deutschen Rechtssystem.

Analyse der Rechtsbeschwerde und Entscheidungsbegründung

Die Rechtsbeschwerde, die von der Betroffenen eingelegt wurde, wurde teilweise für unbegründet erklärt, insbesondere hinsichtlich der prozessrechtlichen Aspekte und der Verwertung von Zeugenaussagen. Das Gericht folgte der Einschätzung der Generalstaatsanwaltschaft, wonach ein Beweisverwertungsverbot nicht allumfassend galt, sondern sich nur auf spezifische, verfahrensrechtswidrig gewonnene Angaben erstreckte. Die detaillierte Auseinandersetzung mit den einzelnen Punkten der Rechtsbeschwerde offenbart die Sorgfalt, mit der das Gericht die rechtlichen Argumente beider Seiten abwog.

Konsequenzen und Bedeutung der Urteilsfindung

Die finale Entscheidung des KG Berlins beinhaltete auch eine Kostenentscheidung, die der Betroffenen nicht zur Last gelegt wurde. Trotz der Reduzierung der Geldbuße musste die Betroffene die Kosten des Rechtsmittels tragen, da der Erfolg des Rechtsmittels als gering eingestuft wurde. Diese Entscheidung spiegelt wider, wie in Bußgeldverfahren neben den Hauptstrafen auch die Nebenfolgen, wie Kostenentscheidungen, eine Rolle spielen und das Endergebnis beeinflussen können.

Der vorliegende Fall und das Urteil des KG Berlins bieten einen tiefen Einblick in das deutsche Bußgeldverfahren und das Prinzip des Verbots der Schlechterstellung. Sie zeigen, wie Gerichte die Rechte der Betroffenen wahren und gleichzeitig die Integrität des Rechtssystems aufrechterhalten. Dieser Fall illustriert die Wichtigkeit einer sorgfältigen rechtlichen Bewertung in Bußgeldverfahren und die Notwendigkeit, alle Aspekte eines Falles ausgewogen zu berücksichtigen.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Was bedeutet das Verbot der Schlechterstellung im Kontext eines Bußgeldverfahrens?

Das Verbot der Schlechterstellung, auch als Verschlechterungsverbot bekannt, ist ein Grundsatz im deutschen Recht, der in verschiedenen Kontexten Anwendung findet, einschließlich Bußgeldverfahren. Dieses Verbot besagt, dass eine Entscheidung nach einer erneuten Überprüfung oder Berufung nicht zu einer schlechteren Situation für den Betroffenen führen darf als die ursprüngliche Entscheidung.

Im Kontext eines Bußgeldverfahrens kann das Verschlechterungsverbot nur bedingt angewendet werden. Wenn beispielsweise ein Betroffener gegen einen Bußgeldbescheid Einspruch erhebt, darf das Gericht in der Regel nicht eine höhere Strafe verhängen als die, die im ursprünglichen Bußgeldbescheid festgelegt wurde. Dies dient dem Schutz des Betroffenen und soll sicherstellen, dass er nicht durch seinen Einspruch benachteiligt wird.

Allerdings gibt es Ausnahmen von diesem Grundsatz. In bestimmten Fällen, etwa wenn neue Beweise auftauchen oder wenn der Betroffene selbst eine höhere Strafe beantragt, kann das Gericht von dem Verbot der Schlechterstellung abweichen.

Es ist daher ratsam, vor einem Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid sorgfältig abzuwägen, ob sich dieser lohnt. Ein Anwalt für Verkehrsrecht kann hierbei beraten und unterstützen.


Das vorliegende Urteil

KG Berlin – Az.: 3 ORbs 5/23 – 122 Ss 138/22 – Beschluss vom 30.01.2023

Gründe

I. Die Rechtsbeschwerde der Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 31. August 2022 wird mit der Maßgabe nach §§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 349 Abs. 2 StPO verworfen, dass die Geldbuße auf 500 Euro herabgesetzt wird.

Nachdem das Amtsgericht die Betroffene wegen einer fahrlässigen Zuwiderhandlung gegen das Berliner Straßengesetz zu einer Geldbuße von 500 Euro verurteilt und der Senat dieses Urteil wegen eines Verfahrensverstoßes aufgehoben und die Sache zurückverwiesen hatte, hat das Amtsgericht die Betroffene wegen vorsätzlicher Tatbegehung zu einer Geldbuße von 600 Euro verurteilt. An der für die Betroffenen nachteiligen Veränderung des Schuldspruchs (Vorsatz statt Fahrlässigkeit) war das Amtsgericht durch §§ 71 OWiG, 358 Abs. 2 Satz 1 StPO nicht gehindert (vgl. BGH NJW 1960, 732), wohl aber an einer Verschlechterung der Rechtsfolgen. Der Senat entscheidet insoweit nach § 79 Abs. 6 OWiG in der Sache selbst und setzt die Geldbuße auf 500 Euro herab.

Im Übrigen ist die Rechtsbeschwerde offensichtlich unbegründet. Die Erwiderung des Verteidigers vom 26. Januar 2023 lag vor, gab aber zu einer anderen Bewertung keinen Anlass. Erläuternd bemerkt der Senat:

1. Der Senat folgt der Bewertung der Generalstaatsanwaltschaft, dass die Rüge der prozessrechtswidrigen Verwertung der Bekundungen des Zeugen Y ohne Erfolg bleibt. Es ist offensichtlich, dass sich das von der Verteidigung angenommene Beweisverwertungsverbot keinesfalls auf alle, sondern nur auf solche zeugenschaftlichen Angaben erstrecken kann, die ihrerseits verfahrensrechtswidrig gewonnen sind. In Betracht kommen hier nur Bekundungen, welche der Zeuge Y in Bezug auf eine Aussage der (nicht über ein ihr gegebenenfalls zustehendes Schweigerecht belehrten) Betroffenen gemacht hat. Solche sind aber gar nicht Gegenstand der Urteilsfindung geworden. Zutreffend weist die Generalstaatsanwaltschaft darauf hin, dass nicht dasjenige, was die Zeugin gesagt hat, verwertet worden ist, sondern dasjenige, was der Zeugin durch den Zeugen Y gesagt worden ist.

2. Unabhängig davon, dass die Fehlerhaftigkeit des Protokolls keinesfalls zur Fehlerhaftigkeit des angegriffenen Urteils führen könnte, geht die Verteidigung mit ihrer Einschätzung, das Protokoll müsse den Wortlaut der nach § 52 StPO erfolgten Belehrung und zudem die „dazu abgegebene Erklärung des Zeugen“ enthalten, fehl. Dies bleibt aber ohne Bedeutung, weil der behauptete Verfahrensfehler nicht bewiesen ist. Die Tatrichterin hat hierzu eine klare dienstliche Erklärung abgegeben, an deren Richtigkeit zu zweifeln kein Anlass besteht.

3. Die Würdigung, die Betroffene sei im Rechtssinn Halterin des Fahrzeugs gewesen, ist rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstanden. Lediglich informatorisch teilt der Senat mit, dass er diese Bewertung, was im nur kassatorischen Rechtsbeschwerdeverfahren ohne Belang ist, auch für ausgesprochen überzeugend hält. Denn niemand außer der Betroffenen konnte das Fahrzeug nutzen, nachdem sie Schlüssel und Papiere mit ins Ausland genommen hatte (UA S. 4). Lediglich sie konnte durch den Akt der Herausgabe der Schlüssel sowie eine entsprechende Erklärung bestimmen, wer das Fahrzeug nutzt.

4. Auch die innere Tatseite ist ausreichend festgestellt. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde wird sie auch durch die Beweiswürdigung getragen.

5. Fehlerhaft allerdings ist die Kostenentscheidung. Richtigerweise hätte die Betroffene nicht von den Kosten und Auslagen ihrer erfolgreichen Rechtsbeschwerde entlastet werden dürfen. Nachdem sie am Ende verurteilt worden ist, hätte sie auch diese Kosten zu tragen gehabt. Hinsichtlich der Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens gilt nämlich, dass die Aufhebung des zunächst ergangenen Urteils und die Zurückverweisung für sich noch keinen Erfolg im kostenrechtlichen Sinne darstellen. Es kommt vielmehr darauf an, ob und inwieweit die neue Entscheidung – verglichen mit der aufgehobenen – zu Gunsten der Beschwerdeführerin von der aufgehobenen abweicht (vgl. zum Ganzen BGH NStZ-RR 2006, 32).

Durch diese Rechtsanwendung ist die Betroffene aber nicht beschwert.

II. Die Betroffene hat die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen (§§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 StPO). Der Erfolg des Rechtsmittels ist gering, und der Senat geht davon aus, dass die Betroffene es auch eingelegt hätte, wenn bereits das Amtsgericht so entschieden hätte, wie es nun der Senat getan hat.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Haben Sie einen Bußgeldbescheid erhalten?

Mit unserer Hilfe teure Bußgelder und Fahrverbote vermeiden!

Wir überprüfen Ihren Bußgeldbescheid kostenlos und unverbindlich auf Fehler und die Möglichkeit eines Einspruchs.
Blitzer Bußgeld prüfen

Rechtstipps aus dem Verkehrsrecht

Urteile über Bußgeld und Ordnungswidrigkeiten

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!