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Bußgeldverfahren – Reduzierung des Fahrverbotes bei Verfahrensverzögerung

OLG Stuttgart – Az.: 6 Rb 25 Ss 168/22 – Beschluss vom 17.01.2023

Zusammenfassung

Am 8. März 2023 hat der 6. Senat für Bußgeldsachen auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft die Rechtsbeschwerde der Beschwerdeführerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Heilbronn vom 22. November 2021 als unbegründet verworfen. Die Kosten des Rechtsmittels trägt die Beschwerdeführerin. Ob eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung vorliegt, hängt vom Einzelfall ab. Im vorliegenden Fall wurde keine bedeutende Verletzung des Beschleunigungsgebots festgestellt. Die angeordnete einmonatige Fahrverbotsstrafe wurde nicht reduziert, obwohl die Verteidigung eine Reduzierung forderte.

Der 6. Senat für Bußgeldsachen hat auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft und nach Anhörung der Beschwerdeführerin in der Besetzung gemäß § 80a Abs. 1 OWiG beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde der Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Heilbronn vom 22. November 2021 wird als unbegründet verworfen, weil die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Begründung der Rechtsbeschwerde keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Betroffenen ergeben hat (§ 79 Abs. 3 S. 1 OWiG, § 349 Abs. 2 StPO).

Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten ihres Rechtsmittels (§ 46 Abs. 1 OWiG, § 473 Abs. 1 StPO).

Unter Berücksichtigung und in entsprechender Anwendung der vom Bundesgerichtshof in Strafsachen entwickelten Vollstreckungslösung im Falle einer festgestellten rechtstaatswidrigen Verfahrensverzögerung (vgl. etwa BGH, Beschl. vom 17. Januar 2008. GSSt 1/07, BGHSt 52. 124-148) hat der Senat im vorliegenden Einzelfall ungeachtet des Vorbringens der Verteidigung in der Gegenerklärung vom 23. Dezember 2022 im Zuge der von Amts wegen gebotenen Prüfung (noch) keine Veranlassung gesehen, das vom Amtsgericht Heilbronn in seinem Urteil vom 22. November 2022 verhängte Fahrverbot von einem Monat zur Kompensation einer Verfahrensverzögerung in der Weise zu reduzieren. dass ein Teil des angeordneten Fahrverbotes als verbüßt gilt.

Ob eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung vorliegt, d. h. das Verfahren ohne zwingenden Grund für eine nicht unerhebliche Dauer zum Stillstand gekommen ist, hängt von den Umständen des konkreten Einzelfalls ab (vgl. OLG Stuttgart, Beschl. v. 4. Juni 2018, 3 Rb 26 Ss 786/17, Rn. 7, juris). Insoweit verbietet sich eine an feste Zeitgrenzen gebundene generelle Bewertung der bloßen zeitlichen Abläufe.

Zwar sind die Akten vorliegend bereits am 14. Februar 2022 bei der Generalstaatsanwaltschaft eingegangen, wohingegen die Antragsschrift erst unter dem 14. November 2022 gefertigt wurde. was eine Verlängerung des Verfahrens von genau neun Monaten bewirkte, ohne dass aus den Akten eine besondere Notwendigkeit etwa zu einer weitergehenden Förderung des Verfahrens hervorgehen würde oder die Betroffene auf diesen zeitlichen Ablauf hätte Einfluss nehmen können. Allerdings erscheint diese Bearbeitungsdauer unter Berücksichtigung gerade auch des ungewöhnlich umfangreichen Vortrages der Verteidigung in der Begründung der Rechtsbeschwerde vom 27. Dezember 2021 — diese umfasst einschließlich der zitierten Schriftstücke 82 Seiten — und ihrer sehr hohen Begründungstiefe vertretbar. So wurden im Rahmen der Begründung des Rechtsmittels insbesondere nicht nur mehrere Verfahrensrügen erhoben. sondern auch zahlreiche Rechtsfragen im Zusammenhang etwa mit der Verwertung des Messergebnisses, der verweigerten Einsicht in Messunterlagen, der Ablehnung eines Beweisantrages und der Verletzung der richterlichen Aufklärungspflicht aufgeworfen. Dies erforderte eine vielschichtige Prüfung und Bewertung des eingelegten Rechtsmittels durch die Generalstaatsanwaltschaft. die in ihrer 13-seitigen Zuschrift vom 14. November 2022 ihrerseits vertiefte Ausführungen zu der Rechtsbeschwerde und der von der Verteidigung erhobenen Rügen getroffen und diesen im Einzelnen und auch umfassend Rechnung hat.

Auch unter Berücksichtigung der durch die Sachbehandlung bei der General-staatsanwalt erfolgten Verfahrensverlängerung, der Gesamtdauer des Bußgeldverfahrens, der Schwere des Tatvorwurfs, des Umfangs und der Schwierigkeit der Sache sowie der mit der Dauer eines schwebenden Verfahrens verbundenen Belastungen — insbesondere im Zusammenhang mit dem gegen die Betroffene verhängten und im Hinblick auf ihre berufliche Tätigkeit für sie als schwerwiegend anzusehenden Fahrverbot — war eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung im Sinne des § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 199 Abs. 3 Satz 1 GVG im Zuge einer Gesamtabwägung nicht festzustellen. Die Verfahrensweise der Generalstaatsanwaltschaft erscheint unter den gegebenen Umständen — auch im Hinblick auf die aufgeworfenen Rechtsfragen und die gebotene Würdigung der ihrerseits umfangreichen Ausführungen im amtsrichterlichen Urteil — ordnungsgemäß. zumal mit der Sanktionierung im Bußgeldverfahren lediglich eine nachdrückliche Pflichten-mahnung bezweckt wird, sodass die Eingriffsintensität einer staatlichen Bestrafung gerade nicht erreicht wird.

Es bleibt festzuhalten, dass eine maßgebliche, unverhältnismäßige Verletzung des auch im Ordnungswidrigkeitsverfahren geltende Beschleunigungsgebotes mit dieser Verfahrensbehandlung nicht verbunden war.

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