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Bussgeldverfahren – Anwalt hat grundsätzlich Anspruch auf Mittelgebühr

LG Cottbus, Az.: 22 Qs 149/17, Beschluss vom 02.10.2017

In dem Kostenfestsetzungsverfahren wegen Verkehrsordnungswidrigkeit hier: sofortige Beschwerde gegen die Kostenfestsetzung hat die 2. Strafkammer des Landgerichts Cottbus am 2. Oktober 2017 beschlossen:

Auf die sofortige Beschwerde vom 4. Juli 2017 wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Königs Wusterhausen vom 28. Juni 2017 dahingehend abgeändert, dass die dem Beschwerdeführer aus der Staatskasse zu erstattenden notwendigen Auslagen anderweitig, und zwar auf 919,24 € festgesetzt werden.

Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers werden der Staatskasse zu 47 % md dem Beschwerdeführer zu 53 % auferlegt.

Der Beschwerdewert wird auf 445,20 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Bussgeldverfahren – Anwalt hat grundsätzlich Anspruch auf Mittelgebühr
Symbolfoto: Piotr Adamowicz/Bigstock

Durch Bußgeldbescheid des Landkreises Dahme-Spreewald vom 5. September 2016 wurde gegen den Beschwerdeführer wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 41 Km/h eine Geldbuße von 200,00 € festgesetzt, die Eintragung von zwei Punkten in das Verkehrszentralregister angeordnet sowie ein einmonatiges Fahrverbot verhängt.

Gegen den Bußgeldbescheid hat der Beschwerdeführer mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 9. September 2016 Einspruch eingelegt. In dem nach Abgabe des Verfahrens an das Amtsgericht durchgeführten 15-minütigen Hauptverhandlungstermin über den Einspruch des Beschwerdeführers wurde ein durch den Beschwerdeführer benannter Zeuge vernommen, der angab, selbst der Fahrer gewesen zu sein. Das Amtsgericht hat im Ergebnis den Beschwerdeführer mit Urteil vom 7. März 2017 freigesprochen. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers wurden der Staatskasse auferlegt.

Mit Kostenfestsetzungsantrag vom 20. März 2017 hat der Verteidiger für den Beschwerdeführer die Festsetzung von Gebühren und in Höhe von insgesamt 985,80 € beantragt. Dabei wurden über den Mittelgebühren liegende Gebühren geltend gemacht. Ferner wurden Auslagen des Beschwerdeführers in Höhe von 218,00 € geltend gemacht.

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 28. Juni 2017 hat das Amtsgericht nach Anhörung des Bezirksrevisors die Auslagen des Betroffenen für den Verteidiger unter Absetzungen bei den Gebührenhöhen auf 699,24 € festgesetzt. Dabei wurden für die in Höhe von 29,40 € Reisekosten der auswärtigen Verteidigerin lediglich die fiktiven Reisekosten eines ortsansässigen Rechtsanwalts in Höhe von 3,60 € berücksichtigt. Die Reisekosten des Beschwerdeführers selbst wurden nur für die Anreise von seinem Wohnort in Höhe von -3,m € festgesetzt. Der in Höhe von 200,00 geltend gemachte Verdienstausfall wurde analog 20 JVEG in Höhe der Zeitentschädigung für Zeugen festgesetzt, da Mehrkosten nicht nachgewiesen seien.

Gegen diesen, am 3. Juli 2017 zugestellten, Kostenfesfetzungsbeschluss richtet sich die sofortige Beschwerde vom 4. Juli 2017, die am 6. Juli 2017 bei dem Amtsgericht eingegangen ist. Das Rechtsmittel wurde hinsichtlich der Verteidigergebühren insoweit beschränkt, als niedrigere Gebühren als die Mittelgebühren festgesetzt wurden.

Im Einzelnen begeht der Beschwerdeführer nach der Beschwerdebegrenzung noch die Erstattung folgender Kosten. Die bisherige Festsetzung ergibt sich aus der vierten Spalte

20.03.2017 i.V.m. dem Schriftsatz vom 4.7.2017 28.06.2017

BI. 76, 63

Nr. VV RVG

Grundgebühr 5100 100,00 100,00

Verf.-Gebühr 5103 160,00 100,00

Verf.-Gebühr 5109 160,00 100,00

  1. 5110 255,00 200,00

Terminsgeb, 5110

Reisekosten 29,40 3,60

Abw.-Geld 7005 25,00 25,00

Zw.-Summe 729,40 528,60

Auslagen AE 7006 12,00 12,00

  1. Telek. 7002 40,00 40,00

Kopien 7000 7,00 7,00

Nettobetrag 587,60

USt 19% 7008 149,80 111,64

gesamt 938,20 699,24

Fahrtkosten BS 18,00 3,00

Verd.Ausf. BS 200,00 8,75

gesamt 710,99

Beschwer 445,20

Der Bezirksrevisor wurde angehört; er hat erklärt, mit Blick auf die aktuelle Rechtsprechung der Kammer zur Gebührenbemessung auf eine weitere Stellungnahme zu verzichten.

II.

Die gem. §§ 464 b StPO, 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO, 11 Abs. 1 RPflG statthafte Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist sie fristgerecht erhoben worden (§ 311 Abs. 2 StPO). Der Beschwerdewert wird erreicht.

Das Rechtmittel hat in der Sache teilweise Erfolg.

Gemäß § 14 Absatz 1 S. 1 RVG bestimmt der Rechtsanwalt in Verfahren, für welche das Vergütungsverzeichnis zum RVG (VV RVG) eine (Betrags)Rahmengebühr vorsieht, die Höhe der Gebühr innerhalb des vorgegebenen Rahmens unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der Bedeutung der Angelegenheit, des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Aufraggebers nach billigen Ermessen. Ist wie im vorliegenden Fall die Gebühr von einem Dritten hier der Staatskasse, zu erstatten, ist gemäß § 14 Absatz 1 S. 4 RVG die vom Rechtsanwalt getroffene Bestimmung der Gebührenhöhe nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.

Ausgangspunkt die Tätigkeit des Rechtsanwaltes ist auch in straßenverkehrsrechtlichen Bußgeldverfahren grundsätzlich die Mittelgebühr für die Gebührenbemessung und keineswegs grundsätzlich ein geringerer Betrag. Sind keine Umstände erkennbar, die eine Erhöhung oder eine Ermäßigung rechtfertigen, entspricht damit die Verteidigung dem Durchschnitt oder dem so genannten „Normalfall“, steht dem Wahlverteidiger grundsätzlich die Mittelgebühr des einschlägigen Gebührenrahmens zu (Mayer in Gerold/ Schmidt, RVG, 22. A., S 14, Rz.10, 54 m.w.N.). Der Ansatz, die Mittelgebühr als Ausgangspunkt für die Ermessensausübung anzunehmen, ist zum einen in der Praxis geboten, um eine einigermaßen gleichmäßige Berechnungspraxis zu erzielen (vgl. Landgericht Potsdam, Rechtspfleger 2015, 23; Hartmann a.a.O. m. w. N.). Ferner wird der Wille des Gesetzgebers, die Einordnung der konkreten Gebühr ausgehend von der Mittelgebühr vorzunehmen, auch aus der aus den Gesetzgebungsmotiven hervorgehenden durch den Gesetzgeber angewandten Systematik bei der Regelung der Gebühren für den Pflichtverteidiger deutlich, wie die in ihren Entscheidungen vom 26. Juli 2016 zu 22 Qs 99/16 und 22 Qs 129/16 im Einzelnen ausgeführt hat.

Unter Beobachtung dieser Maßstäbe, lässt sich — nachdem mit der Beschwerde nur noch die Mittelgebühren beansprucht werden — eine Unbilligkeit der Gebührenbestimmung nicht feststellen. Es sind insoweit hinsichtlich der einzubeziehenden Kriterien, insbesondere nach dem Umfang der Tätigkeit und der tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten keine Umstände erkennbar, die ein Abweichen von der Mittelgebühr rechtfertigen würden. Es handelte sich um einen für Verkehrsordnungswidrigkeitsverfahren normalen Bearbeitungsaufwand; die Sache hatte auch einen durchschnittlichen rechtlichen Schwierigkeitsgrad.

Hinsichtlich der Kürzungen bei den Reisekosten der auswärtigen Verteidigerin und des Beschwerdeführers sowie seinem Verdienstausfall wird auf die zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts in dem angegriffenen Beschluss verwiesen. Der Beschwerdeführer hat zur Begründung des Rechtsmittels insoweit nichts Näheres mehr vortragen lassen.

Insgesamt waren die Gebühren daher wie folgt zu bemessen:

Nr. VV-2VG

Grundgebühr 5100 100,00

Verf.-Gebühr 5103 160,00

Verf.-Gebühr 5109 160,00

  1. 5110 255,00

Reisekosten 7003 3,60

Abw.-Geld 7005 25,00

Zw.-Summe 703,60

Auslagen AE 7006 12,00

  1. Telek. 7002 40,00

Kopien 7000 700

Nettobetrag 762,60

ust 19% 7008 144,89

gesamt 907,49

Fahrtkosten 3,09

BS 8,75

gesamt

Obsiegen 208,25 €/ 47 %

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 46 Abs. OWiG, 473 Abs. 4, 464d StPO.

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